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Farbmanagement: Farben mit CS2, Teil 2

Farbmanagement Teil 2

Farben mit Adobe CreativeSuite 2

Die geniale Farbarchitektur von Adobe InDesign CS2 ermöglicht erstmals ein wirklich medienneutrales Publizieren – und wird allen Situationen gerecht!

PETER LAELY Im ersten Teil dieses Beitrages repetierten wir die ICC-Farbmanagement-Anwendung in Adobe Photoshop. Im zweiten Teil nun steht InDesign mit seiner Farb­architektur auf dem Plan.

Grundsätzliches

Im Bildbearbeitungsprogramm wird immer ein Objekt zur selben Zeit behandelt. Im Layoutprogramm hingegen sind, wie es der Name «lay out» sagt, verschiedene Objekte in einem Dokument betroffen. Das klingt im ersten Moment nahezu stupid, ist aber eine Überlegung wert. Was muss das Layoutprogramm «mehr» beherrschen als ein Bildverarbeitungsprogramm?

Benötigt werden Mechanismen, um allen Situationen gerecht zu werden. Man denke an Bilder, nicht nur in verschiedenen Farbräumen, sondern auch in gleichen Farbmodellen, aber mit divergenten Profilen oder mit fehlenden Profilen; Motive, welche unterschiedliche Rendering Intents verlangen; Datenformate, welche sich bezüglich ICC verschieden verhalten, beispielsweise das PDF- und auch das in die Jahre gekommene EPS-Format etc. Die Liste wird umfangreich, wenn man an alle Möglichkeiten denkt.

Die betroffenen Elemente können Bilder, Texte und Grafiken sein. Entweder werden sie aus anderen Anwendungen platziert oder aber in InDesign erzeugt. Wird beispielsweise ein Farbfeld angelegt, muss klar sein, aus welchem Farb­raum es stammt. Da sowohl RGB- wie auch CMYK-Farben geräteabhängige Farben sind, müssen zwecks Identifikation die «Ausweise» – die ICC-Profile für beide Farbräume – mitgeliefert werden. Dies geschieht in Form der Dokument-standardprofile für RGB und CMYK. Wenn Sie also ein InDesign-Dokument anlegen, definieren Sie – bewusst oder unbewusst – ein Dokument, welches über einen Farb­ausweis in Sachen RGB und CMYK verfügt.

InDesigns Farbarchitektur …

… ist letztendlich einfach! Vielleicht lachen Sie jetzt und denken «das check ich nie». Denken Sie einfach an das, was die Adobe-Gründer John Warnock und Charles Geschke als Vision vor sich hatten, als sie das gute alte PostScript und später auch das PDF-Format gestalteten. Auf den Punkt gebracht heisst das, dass nichts gerechnet wird, bevor es muss. Es sind lediglich Anweisungen enthalten, wie zum gegebenen Zeitpunkt gerechnet werden soll.

Konkreter ausgedrückt: Sie geben einem Dokument Ausweise über die Farbe mit. Sie können sie aber jederzeit wieder ändern. Sie laden Bilder und Grafiken mit oder ohne eingebettete Profile, platzierte Elemente behalten ihre Profile. Elementen ohne Ausweis wird der Dokumentfarbstandard zugewiesen. Sie erstellen Farben und versehen Elemente damit. Erst wenn Sie das Dokument ausgeben, entscheiden Sie sich, ob nun auf ein bestimmtes Ausgabeprofil umgerechnet werden soll oder alle Farbinformationen der Quellprofile erhalten bleiben.

Ein- und Ausgabe haben nichts miteinander zu tun – quasi der ursprüngliche Adobe-Gedanke eines Containers, welcher aufnimmt, was ihm gefüttert wird.

Der CMYK-Retter

Mit der CS2-Version realisiert Adobe einen ­interessanten Schritt: die sichere Verarbeitung von CMYK-Daten. Dieses Setup bewirkt per Voreinstellung, dass CMYK-Dateien mit ­eingebettetem Profil von einer erneuten ­Separation ausgeschlossen werden.

Dies gibt vor allem CMS-unerfahrenen Personen die Chance, ­klassische Fehler in der Ausgabe zu ver­meiden, wie «gerasterte Volltöne», bunt aufgebauter Text, Schwarz überdruckt nicht mehr, und mit etwas Pech, verstümmelte Separationen!

Aber auch den Profis winkt mit diesem Setup eine Chance. Sorgfältig erstellte Separationen, beispielsweise ein spezielles Schwarz-Setup oder extra an gewisse Sujets und Druckbedingungenangepasste Auszüge, bleiben erhalten.

Wichtig kann dieses CMYK-save auch für Anzeigenabläufe und daraus resultierende Reklamationen sein (Stichwort: Das ist nicht meine Separation!).

Wenn es aber erwünscht ist, kann ausgabeseitig dieser Modus überschrieben werden. Dies kann für Proofsituationen und für geänderte Ausgabesituationen Sinn machen.

Nach der Installation

Noch heute erscheint beim Öffnen von CMYK-Daten in Photoshop die Meldung, dass das SWOP-Pofil eingebettet ist. Seit mehr als zehn Jahren entstehen in Europa Separationen nach amerikanischem Muster – unkorrigierte Voreinstellungen aus Adobe Photoshop lassen grüssen. Daraus muss man wohl oder übel schliessen, dass viele User vergessen, die Präferenzen zu überprüfen.

Wie schaut es denn nun mit der Version CS2 aus? Beginnt man nach der Installation mit der Arbeit, so entsteht in InDesign ein Dokument mit den unten abgebildeten Farbeinstellungen. Das Farbmanagement ist im Gegensatz zu InDesign 3.x standardmässig aktiviert. Dank dem «CMYK-sicheren» Modus erfahren bestehende CMYK-Daten keine Änderungen, aber RGB-Daten ohne eingettete Profile wird der sRGB-Farbraum zugewiesen. Ändert man die Einstellung zu «Europa, Druckvorstufe 2» sieht Adobe das Adobe RGB als Standard vor. Zudem werden die Profilwarnungen innerhalb der Richtlinien aktiviert. Meiner Ansicht nach eignet sich das ECI-RGB besser. Primär, weil es sich proportionaler zum CMYK-Farbraum verhält, also geringeren Skalierungen beim photografischen Rendering Intent unterworfen ist. Aber auch hier gilt, dass nur RGB-Bilder ohne Profile dieses Adobe RGB zugewiesen erhalten. Wenn Sie also Ihre RGB-Daten korrekt aufbereiten, betten Sie Ihr Profil ein und Ihren Daten geschieht nichts. Sehr praktisch ist der Hinweis auf das nicht synchronisierte Farbmanagement innerhalb der CS-Anwendungen (ohne Acrobat!). Damit wird man zum zentralen CMS-Schalter innerhalb der Bridge verführt.

Europe ISO coated FOGRA27

Wenden wir uns dem CMYK-Standardprofil innerhalb des CS2-Paketes zu. Viele unter uns werden nicht schlecht gestaunt haben, als sie das Profil «Europe ISO coated FOGRA27» entdeckten. Irgendwie erinnert das doch an die an Popularität gewinnenden ISO-Profile à la ISO coated, ISO uncoated etc. – ISO-Profile? Der Name ISO suggeriert, dass da ein Normierungsgremium Profile freigegeben hat. Hat sie nicht! Bloss die Charakterisierungsdaten dazu. Und davon kann jedermann seine eigenen Profile generieren, die notwendigen Instrumente dazu vorausgesetzt. Und gleiche Profile entstehen nur dann, wenn dieselbe ICC-Software und dieselben Einstellungen verwendet werden. Ein Blick auf die abgebildeten Gradationskurven zeigt, dass der Schwarzaufbau UCR-Charakter besitzt und dass das Gelb nicht so früh kippt. Näher möchte ich im Rahmen dieses Artikels nicht auf diese Diskussion eingehen. Denn es ist Geschmackssache und auch Rendering­Intent-abhängig, wie die beiden Profilvarianten RGB-Motive umsetzen. Wer weitere Informationen sucht, googelt am einfachsten mit dem Begriff EuropeISOCoatedFOGRA27.icc.

Farbeinstellungen = das Land, das Bundeshaus der Schweiz (Legislative), welches vorschreibt, wie was zu handhaben ist

Bilder = Menschen aus verschiedenen Ländern

Profile = Ausweise dieser Menschen

Warnungen beim Öffnen von Dateien = Schweizer Zöllner an der Landesgrenze (Exekutive). Er sorgt dafür, dass beim Eintritt in die Schweiz die Richtlinien der Legislative eingehalten werden.

Dokument mit Bildern, Text und Grafik =Bus mit einer internationalen Fussballmannschaft – ACHTUNG: Diese Insassen repräsentieren ausschliesslich platzierte Objekte, also geladene Bilder und Grafiken – und nicht in InDesign angelegte Objekte.

Die Sache mit dem Zöllner

Der wesentliche Unterschied zwischen dem InDesign-Zöllners und seinem Kollegen im Photoshop besteht darin, dass seine Taten auf die Anzeige am Monitor sowie für Konvertierungs- und Ausgabeausgangslagen beschränkt sind. Was heisst das? Wird in Photoshop eingangsseitig konvertiert, so werden die Pixelwerte umgerechnet. In InDesign hingegen nicht (siehe oben). Sollen Werte von Dokumenten und in InDesign angelegten Farben umgerechnet werden, geschieht dies mittels Befehl «In Profil umwandeln …» – aber ohne platzierte Objekte. Geladene Bilder und Grafiken sind davon ausgenommen. Diese werden allenfalls in der Ausgabe berücksichtigt. Visueller Eindruck sowie Messwerte in der Separationsvorschau hingegen stimmen in jeder Situation.

Verbesserungswürdig

Weshalb das ICC-Grau keine Berücksichtigung erfährt, ist mir unerklärlich. Auch werden in der Ausgabe getagte Graustufenbilder ihrer ICC-Profile beraubt … – und logischerweise auch in exportierten PDFs. Die Dokumentfarbprofile sind nicht einfach einsehbar. Eine Angabe beim Öffnen – beispielsweise in der Bridge – wäre hilfreich.

Die Konsistenz der Farbmanagementbegriffe dürfte besser sein, dies gilt nicht nur innerhalb des Programmes, sondern auch CS2-übergreifend. Speziell für Anfänger sind identische Begriffe wichtig.

Mit der Richtlinie «Werte erhalten» hat Adobe einen wichtigen Schritt gegen «ungewollte» CMYK-zuCMYK-Transformationen realisiert. Chapeau! Was aber, wenn es die Situation dennoch erfordert? Beispiel: Sie haben nur CMYK-Daten für gestrichenes Bogenoffsetpapier vorliegen und sollten eine Ausgabe für eine Offsetanzeige auf Umweltschutzpapier erstellen. Da bei einer erneuten Separation das Quell-CMYK via LAB zum Ziel-CMYK erfolgt, gehen verschiedene Kriterien bezüglich Schwarzkanal verloren. Da wäre die Unterstützung von so genannten Device-Link-Profilen vorteilhaft. Diese ermöglichen kontrollierte Umrechnungen von CMYK zu CMYK, ohne sich die weiter oben beschriebenen Probleme einzuhandeln.

Kompliziert?

Ein Instrument, welches allen Belangen gerecht werden soll, benötigt entsprechend viele Einstellungsmöglichkeiten. Und viele Optionen erfordern Kenntnis eines jeden Schalters, um das Konzert als Ganzes zum Klingen zu bringen.

Mit allem Respekt und in aller Bescheidenheit sei daher als vorläufiger Schluss und Motto dieser Abhandlung frei nach Goethe der Satz gewagt:

Wer sie nicht kennte, die Elemente, die Kraft, die Eigenschaft, der wäre kein Meister über die Geister.

 

 

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