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InDesign als Grafikwerkzeug Nr. 1

Christoph Blum entwickelt Logos in InDesign, befüllt Layouts mit XML und hält InDesign für Effekte häufig für effizienter und flexibler als Photoshop. Eine Arbeitsweise, die weg­weisend ist und die heutigen Möglichkeiten sinnvoll ausreizt.

Haeme Ulrich Christoph Blum ist für das Visuelle beim Medienhaus Jordi, www.jordibelp.ch, zuständig. Als Grafiker mit Interesse an stetiger Qualitätssteigerung ist er sehr früh auf InDesign umgestiegen. Im Alltag geht der begeisterte InDesign-Profi schon mal an die Grenzen der Layoutsoftware.

Das Medienhaus Jordi bietet mit seinen 88 Mitarbeitern einen Rundumservice von der Konzeption und der Kreation über die Produktion bis hin zum Druck. Das Team, in dem Blum wirkt, ist die «Agentur» des Medienhauses. Alles dreht sich um PR, Marketinberatung und Fundraising. «Bei uns im Haus bringt die Zusammenarbeit den Erfolg. Es sitzt Spezialist neben Spezialist», beschreibt Christoph Blum die gelungene Konstellation, in der er arbeitet.

Zu Blums Kernkompetenzen gehört die Entwicklung von Logos und Erscheinungsbildern. Häufig wird er mit anspruchsvollen Corporate Designs beauftragt. Von Imagebroschüren, Geschäftsberichten und Flyern bis hin zu Konzeption und Gestaltung der Websites wird alles an ihn herangetragen. Im Webbereich beschäftigt er sich mehrheitlich mit der grafischen Seite, für die Programmierung stehen ihm Coder zur Seite: «Mein Fokus ist und bleibt das Design.» Dabei teilt sich seine Arbeitszeit in rund fünfzig Prozent Web- und fünfzig Prozent Printdesign auf.

Nach PageMaker folgte glücklicherweise InDesign

Nach der Berufslehre als Elektroniker hat InDesigner Blum den Vorkurs und die Fachklasse Grafik an der Schule für Gestaltung Bern und Biel durchlaufen. Seine ersten praktischen Erfahrungen im Desktop Publishing hat er in kleinen Ateliers als Printdesigner gesammelt: «Ich hatte immer gerne mit PageMaker gearbeitet. Mit der aufwendigen Bedienung von QuarkXpress konnte ich mich nie richtig anfreunden. Zum Glück kam dann InDesign, als PageMaker immer mehr an Boden verloren hat.»

Bevor Christoph Blum beim Medienhaus Jordi eingestiegen ist, hat er sich auf dem damals noch neuen Gebiet des Webpublishing ausbilden lassen und als Print- und Webdesigner in einer klassischen Werbeagentur gearbeitet.

Handskizze auch heute noch

Die Entwicklung eines Designs (Logo, Website) ist bei Christoph Blum ein langer Prozess. Zuerst kommt die Recherche über den Kunden. In einem Gespräch definiert er mit ihm zusammen das Ziel. Blum analysiert die bestehenden Drucksachen und Web­sites. Dann wird die Aussage des Logos bestimmt. Erst jetzt macht er sich an die kreative Arbeit: Er nimmt Bleistift und Papier und skizziert für den internen Gebrauch. Bei Websites plant er die Navigation, strukturiert, gewichtet und ordnet die Inhalte – und versucht damit einen roten Faden zu finden.

Nun folgt bei Logos die Schriftensuche. Meist hat er das optische Erscheinungsbild bereits im Kopf. Er durchsucht die wichtigen Fontlibraries, wobei er meist bei Linotype landet.

Erst jetzt wird es elektronisch. Die Skizze wird gescannt und in Illustrator oder InDesign nachgebaut. Bei Websites folgt auf die Handskizzen der Entwurf in Photoshop, bevor die Layoutumsetzung in Dreamweaver mit XHTML/CSS gemacht wird.

Automation beschleunigt die Arbeit

Christoph Blum schaut sich den funktionellen Umfang einer Software an, reflektiert darüber und kommt zu Ideen für Effizienzsteigerung und Qualitätsverbesserungen in seinen eigenen Projekten.

So war für sein Team schon zu Zeiten von InDesign CS1 klar, dass man im Medien­haus Jordi die Daten für einen Eventkalender nur einmal erfasst und dann über XML aus der Webdatenbank in das Printlayout bringt. Die Formatierung in InDesign geschieht automatisch durch das Zuweisen von XML-Tags zu InDesign-Absatz- und ‑Zeichenformaten. Abschliessend braucht es nur noch ein paar typografische Eingriffe für den optimalen Umbruch durch einen InDesign-Profi, inhaltliche Fehler können dadurch ausgeschlossen werden.

InDesign statt Photoshop

Eine seiner trickreichsten InDesign-Arbeiten war die Printzessin-Anzeige: «Ich wollte unbedingt sämtliche Text­elemente in InDesign haben, um Adaptionen der Anzeige flexibel kreieren zu können. Mir ist klar, dass viele Grafiker solche Arbeiten in Photoshop machen würden, was aber entscheidende Nachteile hat. Sie müssen den Text immer in Photoshop ändern. Bei meiner InDesign-Lösung ist die Schrift auch in der Ausgabe immer noch Schrift und somit qualitativ besser.»

Bei der Erstellung der Printzessin-Anzeige ist Christoph Blum folgendermassen vorgegangen: Der Blendenfleck wurde in Photoshop konstruiert und als native Photoshop-Datei in InDesign platziert. In InDesign hat er die platzierte Photoshop-Datei über das Effekte-Bedienfeld auf «Hartes Licht» gestellt. Dadurch verschwinden die schwarzen Anteile im Bild, es bleibt nur noch der Blendenfleck. Die Schlagschatten sind mit der normalen InDesign-Funktion erstellt worden.

InDesign, wo es Sinn macht

Bei der Gestaltung typolastiger Logos und Schriftzüge arbeitet Christoph Blum heute lieber InDesign als in Illustrator. Dabei zeichnet er häufig Vektoren in Illustrator und kopiert diese dann in die Laytoutsoftware. Auf der ersten Seite in InDesign erstellt er eine erste Variante seines Logos. Im Anschluss dupliziert er diese Seite mehrmals und kann auf den neu entstandenen Seiten im selben Dokument Varianten ausarbeiten. Zudem findet Christoph Blum die Typografiefunktionen in InDesign wesentlich besser als diejenigen in Illustrator. Die Pathfindermöglichkeiten von InDesign würden ihm im Allgemeinen auch reichen.

Satzspiegel rückwärts entwickeln

Interessant auch der Weg, den Christoph Blum in InDesign zum Konstruieren von Satzspiegeln wählt. Zuerst erstellt er eine leere InDesign-Datei in der Grösse des Endformats. Ränder und Spalten sowie Hilfslinien braucht er vorerst keine. Er gestaltet eine Doppelseite durch und vertraut dabei auf sein Gefühl und seine langjährige Erfahrung. Gefällt ihm die gestaltete Seite, sucht er darin Gesetzmässigkeiten und leitet daraus die Ränder- und Spalteneinstellungen ab. Erst jetzt richtet er die InDesign-Datei optimal ein, um später beim Füllen des Layouts viel effizienter arbeiten zu können.

Struktur und Effekt

Gefragt nach seinen liebsten InDesign-Funktionen, nennt er die Objektstile, Ebenen sowie Absatz- und Zeichenformate. Alles Funktionen, die eine strukturierte Arbeitsweise voraussetzen und den Layoutvorgang massiv beschleunigen. Ein Beweis, dass sich Struktur und Design nicht gegenseitig ausschliessen müssen.

Ausserdem liebt Christoph Blum die Transparenzeffekte, die in InDesign mit der Creative Suite 3 Einzug hielten: «Effekte lassen sich in InDesign häufig einiges schneller und flexibler als in Photoshop erstellen. Dazu kommen die bessere Qualität bei der Ausgabe und die Tatsache, dass Vektoren und Schriften stets erhalten bleiben», fügt er hinzu.

Die weiteren Tools

InDesign ist die eine Sache, Betriebssystem, Hilfsprogramme und Ausgabegeräte die andere. «Grundsätzlich bin ich froh, wenn meine Kiste läuft und ich mich nicht mit der IT-Infrastruktur befassen muss», meint der Grafiker. Die Schriften verwaltet er mit der Schriftensammlung von Mac OS X, er arbeitet im Moment noch unter Mac OS X 10.4. Für Christoph Blum gibt es keine andere Plattform als diejenige von Apple; nur zum Testen von Websites steht noch ein Windows-PC an seinem Arbeitsplatz. Die Datenarchivierung sieht er heute lockerer als noch vor ein paar Jahren: «Man könnte alles archivieren – letztlich kann man das Archiv aber nicht mit in den Tod nehmen … Hinzu kommt, dass zum Teil schon heute eigene, vor ein paar Jahren erstellte Daten nicht mehr gelesen werden können. Sei dies, weil die Datenträger durch den Alterungsprozess kaputt gegangen sind, oder weil die Datenformate schlichtweg nicht mehr lesbar sind.» So schätzt Blum heute ab, was wertvoll genug ist, über lange Zeit archiviert zu werden. Dies lässt er dann serverseitig durch die im Medienhaus Jordi eingesetzte Mediendatenbank sauber ablegen.

Ausgabe und Druckfreigabe

Farbige Ausdrucke macht er über einen handelsüblichen Farbkopierer, der nicht kalibriert ist. Geprooft wird über eine EFI-Lösung, auf jeden Proof gehört der Ugra/Fogra-Farbkeil. Denn gearbeitet wird im Medienhaus Jordi nach ISO-Norm. Die Druckfreigabe holt er normal über den Versand von Farbkopien oder Proofs ein, bei Zeitschriften ist dieser Prozess auch über PDF üblich.

«InDesigner»

Mit «InDesigner» startet mit dieser Ausgabe des Publisher eine neue Serie.

InDesign-Freak Haeme Ulrich stellt darin interessante InDesign-Anwenderinnen und -Anwender vor und schaut ihnen in ihrem InDesign-Alltag über die Schultern. Dabei kommen viele Tipps und Tricks an den Tag, die in keinem Fach- oder Handbuch stehen.

Der Autor

Haeme Ulrich, ulrich-media, ist Trainer und Berater für ­Adobe InDesign.

ulrich-media ist bekannt für ­InDesign- und Photoshop-Wissen.

www.ulrich-media.ch

ulrich@ulrich-media.ch

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