Dossiers >> InDesign >> Fachartikel >> R�ckblick und Ausblick
Artikel als PDF

R�ckblick und Ausblick

Von Aldus als «K2-Projekt» an Adobe und im Anschluss als InDesign 1.0 ins Feld. Bereits InDesign 2.0 hat QuarkXpress verdrängt. Heute gilt InDesign als Standard-Design-Werkzeug. Eine Zusammenfassung der letzten zehn Jahre, aber auch eine technische Prognose für die kommenden Jahre.

Haeme Ulrich Am 31. August 1999 veröffentlichte Adobe InDesign 1.0. Hier stellt sich die Frage nach dem Warum. Im Jahr 1994 hatte man ja eigentlich Aldus übernommen und damit PageMaker in das eigene Sortiment aufgenommen.

Laut dem InDesign-Evangelisten Rufus Deuchler ist die Geschichte etwas komplizierter. Adobe kaufte zwar bereits 1994 Aldus, jedoch war PageMaker nicht der einzige Grund. Nicht weniger war Adobe an einem Entwicklerteam bei Aldus interessiert, das an einem Projekt K2 arbeitete, aus dem eine mächtige Layoutsoftware herauswachsen sollte. Mit dem Kauf von Aldus holte man auch gleich dieses Entwicklerteam unter das eigene Dach. An K2 wurde im Geheimen weiterentwickelt, neu unter der Adobe-Flagge.

Es war im Sommer 1996. Adobe PageMaker hatte kaum noch Marktanteile, fast jeder arbeitete mit QuarkXpress 3.3x. Dies beflügelte die Firma Quark dazu, Adobe ein Übernahmeangebot zu machen. Ja, Quark wollte Adobe kaufen!

Adobe lehnte jedoch ab. Um ein Un­friend­ly Takeover zu vermeiden, stellte Adobe kurzerhand das Projekt K2 vor. In der Folge gewann Adobe an der Börse dermassen an Wert, dass der Übernahmetraum für Quark ausgeträumt war.

Nun stand man bei Adobe unter Druck, aus K2 ein marktreifes Produkt zu entwickeln. Am 31. August 1999 wurde aus K2 das lang ersehnte Adobe InDesign 1.0.

Mit einer sehr aggressiven Preispolitik versuchte Adobe, rasch viele Lizenzen in den Markt zu werfen. Das Problem war nur, dass die erste InDesign-Version bei manch einem Dienstleister für rote Köpfe sorgte, da die Dateien nicht belichtet werden konnten. Dadurch entstand rasch der Ruf, dass «aus diesem Newcomer-Superstar nicht einmal ausgegeben werden kann. So was wird unser geliebtes Quark nie verdrängen!»

Unterbau

Ich selbst habe voll auf InDesign 1.0 gesetzt. Und zwar so stark, dass wir darauf begründet die ulrich-media ins Leben gerufen haben. Viele Mitbewerber im Markt haben unseretwegen nur mitleidig gelächelt, andere wollten nichts mehr mit uns zu tun haben. Dies ganz einfach deshalb, weil kaum jemand die Architektur der Software verstanden hat. InDesign stand von Beginn weg auf derart starken Beinen, dass ich schlicht und einfach zu hundert Prozent überzeugt war, dass sich diese Software durchsetzen wird. Auch wenn es ein paar Jahre dauern sollte.

Die Funktionen oder die Ausgabeprobleme interessierten mich anfangs gar nicht so sehr. Vielmehr sah ich ein Programm, das modular aufgebaut ist (InDesign ist eine reine Plug-in-Sammlung) und unendliche Ausbaumöglichkeiten für die Zukunft bietet.

Zweite Chance – 2.0

Wie dem auch sei. Der Markt hatte für InDesign nicht viel übrig. Die günstig erstandenen Lizenzen landeten oft unbenutzt im Regal. Vonseiten der Dienstleister kam der Tenor: «Das Ding lässt sich nicht belichten.» Diese zum Teil aus Trägheit motivierte Aussage führte dazu, dass Agenturen die Hände von der Software liessen, um sich nicht in ein Ausgabedesaster zu manövrieren.

Es folgte schnell InDesign 1.5. Die Version bekam einige neue Werkzeuge, doch bei der Ausgabe hat sich nicht viel getan. InDesign setzte voraus, dass zum Belichten die neusten RIPs im Einsatz stehen, was natürlich nicht überall der Fall war.

Damit wusste Adobe, dass mit InDesign 2.0 – das war im Jahr 2000 – die letzte Chance für den breitflächigen Durchbruch war. Die Ausgabe musste auch auf alter Infrastruktur möglich sein. Doch Adobe brachte mit InDesign 2.0 noch mehr hervor: vermutlich die innovativste InDesign-­Version, die es je gegeben hat.

InDesign 2.0 bot erstmals Unterstützung für native Transparenzen; XML konnte importiert und damit Layouts datengetrieben befüllt werden. Zum ersten Mal konnten Tabellen direkt in einem Layoutprogramm erstellt werden. Schliesslich – und dies traf Quark besondes hart – war InDesign die erste Profisoftware, die nativ unter Mac OS X lief. Für mich war die Version 2.0 von InDesign ganz klar der Todesstoss für QuarkXpress.

Im Jahr 2003 kam die nächste Wende. Adobe führte die Creative Suite ein und InDesign wurde Bestandteil davon.

Zwei Jahre später (2005) kam die zweite Creative Suite, InDesign natürlich in Version CS2 mit von der Partie.

2007 war die Creative Suite 3 am Start und im Herbst 2008 stellte Adobe die heute aktuelle CS4 vor.

InDesigns breiter Einsatz

Als InDesign-Berater und -Trainer gehe ich in den unterschiedlichsten Firmen ein und aus. Das kann eine klassische Agentur sein, wo es um Produktmarketing geht. Da sind vor allem kreative Funktionen wie das gute Zusammenspiel mit Photoshop und Illustrator gefragt.

Oder aber Verlage mit Zeitungen und Magazinen. Da zählt in der Regel nur eines: eine möglichst kurze Produk­tionszeit. Hier wird – unter Beihilfe von Publishing-Systemen – automatisiert, wo es nur geht. Da kommt InDesigns logische Struktur mit den vielen unterschiedlichen Formaten zum Tragen.

Aber auch Versandhäuser, die von einem guten Katalog mit korrektem Inhalt leben, gehören zu den typischen InDesign-Anwendern. Bei einem grossen Katalogkunden ist die zeitliche Vorgabe zum Befüllen einer Seite auf maximal eine halbe Stunde beschränkt – mit allem Drum und Dran wie Litho, Korrekturlesen … Dass man hier bis ins Letzte auf Automation setzt, versteht sich von selbst. Solche Betriebe nutzen zur Lastenverteilung häufig auch InDesign-Server, wo InDesign-Files «preflighted» und PDF/X-Dateien gerechnet werden, damit die Arbeitsstationen nicht zusätzlich belastet werden.

Eine ganz andere Welt ist die technische Dokumentation. Produktbegleitmaterial wird heute oft in InDesign erstellt. Der Inhalt kommt oft aus einer Datenbank und muss nach starren Strukturen umbrochen werden. Hier zählt vor allem die nahtlose Schnittstelle zu den Übersetzern. So öffnet Trados beispielsweise direkt das InDesign-Interchange-Format. Aber auch freie technische Redaktoren müssen eingebunden werden. Dazu reicht oft das Anbinden von InCopy über die in InDesign integrierte Schnittstelle LiveEdit (siehe Publisher 3-09).

Eine InDesign-Hochburg ist der Buchsatz. Da freut man sich über Funktio­nen wie Querverweise, Index oder Fussnoten, über die Buchfunktion und die verankerten Objekte.

Schliesslich soll das Layout auch mal auf die Druckmaschine. Demnach ist InDesign auch in der klassischen Druckvorstufe zuhause. Dabei nutzt man Funktionen wie Separationsvorschau oder seit CS4 den Live Preflight.

Da ist noch mehr

Bis jetzt haben wir nur über die klassischen Drucksachen gesprochen, wo InDesign mittlerweile die Standardsoftware ist. Wie aber Michael Ninness, Adobes Programmmanager für InDesign, so schön sagt: «Print ist nicht tot. Print alleine schon.»

Mit dieser Aussage trifft der Mann mit viel Weitsicht den Nagel auf den Kopf. So ist es nichts als die logische Weiterentwicklung, dass in InDesign CS4 die Flashtechnologie Einzug gehalten hat. Jetzt können Printlayouts mit verhältnismässig geringem Aufwand als Flashdatei für die Website exportiert werden. Ein schönes Beispiel finden Sie unter http://unitus.com/news-and-information/downloads/annual-reports/annual-reports#.

Unitus hat zuerst das Printlayout mit InDesign CS4 erstellt (siehe PDF auf der oben genannten Website). Dann hat der Layouter einen XFL-Export (Exchange for Flash) ausgeführt und das Layout dem Flashprofi übergeben. Für diesen war das ganze Layout schon gemacht, er musste nur noch die Animationen einbauen.

Doch auch InDesign CS4 selbst verfügt über Basisfunktionen, um einfachere Navigationen für Flash und PDF zu bauen. Mit den Buttons und den Seitenübergängen gelangen viele bereits zum gewünschten Ziel. Sie brauchen dann nicht den XFL-Export, sondern können direkt eine SWF-Datei exportieren, die nur noch auf die Website hochgeladen werden muss.

InDesign hebt ab: Cloud Computing

Mir kommt es vor, als wenn InDesign CS4 eine erste Vorversion in Richtung Cloud Computing ist …

Doch was heisst denn Cloud Computing überhaupt. Cloud (engl. Wolke) bedeutet die weltweite Vernetzung. Mit Cloud Computing ist gemeint, dass der Anwender die Software bei den Herstellern als Software as a Service (Saas) mietet. Und die gemietete Software läuft dann eben in der Wolke. Auch der Storage, ganze Serverfarmen zum Speichern gigantischer Datenmengen, sind in der Wolke. Zu dieser Entwicklung gehört natürlich auch Publishing 3.0 mit dazu.

Doch was in aller Welt hat InDesign CS4 damit zu tun? Ich sehe vor allem zwei Ansätze: Datei > Meinen Bildschirm freigeben …, darüber können Sie zwei Personen dazu einladen, Ihren Bildschirm in Echtzeit zu betrachten. Sie können Layouts besprechen, denn eine Sprachübertragung gehört ebenfalls dazu. Das Meeting findet auf Acrobat.com in der Wolke statt.

Auch Kuler ist eine Plattform in der Wolke, wo es primär um Farbfelder geht.

Ein mögliches Szenario: Fritz Farbe surft auf http://kuler.adobe.com. Dort legt er sich eine Farbfelder-Gruppe an und gibt diese in der Wolke frei. Larry Layouter verwendet in InDesign über Fenster > Erweiterungen das Kuler-Panel. Hier sieht er sofort die von Fritz Farbe in der Wolke angelegten Farbfelder. Larry Layouter arbeitet also aus InDesign direkt mit der Wolke. Optisch ändert sich für ihn nichts, das Kuler-Panel sieht aus wie jedes andere InDesign-Panel auch.

Fazit

«In zehn Jahren von null zum Standard-Design-Werkzeug», das ist die kürzeste Beschreibung der Erfolgsgeschichte von Adobe InDesign. «Es ist aber noch lange nicht Schluss», wie es so schön heisst. InDesign steigt sukzessiv in die Wolke auf, ohne dabei die Bodenhaftung zu verlieren. Ich freue mich auf die nächsten zehn Jahre.

InDesign-Icons im Wandel der Zeit

Der Autor

Haeme Ulrich, ulrich-media.

ulrich-media ist bekannt für InDesign- und Photoshop-Wissen.

www.ulrich-media.ch

ulrich@ulrich-media.ch

 

Kostenloser Tricks-Blog:

http://blogs.ulrich-media.ch

Artikel als PDF