Von InDesign auf das iPad
Digitale Magazine für das iPad stürmen die Welt. Für InDesign CS5 hat Adobe eine Lösung zur Erstellung solcher Magazine im Köcher. Bereits länger verfügbar ist ein System von WoodWing. Damit werden das «Time Magazine» oder die «Coopzeitung» erstellt.
HAEME ULRICH Jetzt ist die Zeit reif für das digitale Publishing. Mit Apples iPad hat erstmals ein Tablet-PC die breite Masse an Konsumenten erreicht. Tablets anderer Hersteller werden folgen, gespannt sein darf man auf Geräte mit den Google-Betriebssystemen Android und Chrome OS. Erfolgreich sind Tablets, wenn sie simpel in der Bedienung sind und über Screens mit hohem Kontrast und hoher Auflösung verfügen. Solche Geräte eignen sich als Lesegeräte für digitale Magazine, Zeitungen und Bücher.
Adobe teilt die Welt des digitalen Publishings in drei Bereiche auf. Diese Unterteilung macht aus Sicht des Konsumenten, des Verlegers und des Technikers Sinn:
Im Artikel hier geht es um digitale Magazine für das iPad. Ein solches Magazin ersetzt nie die Printausgabe. Es ist ein neues Medium. Und die Geschichte lehrt uns, dass ein neues Medium nie ein altes ablöst. Ein digitales Magazin muss dem Benutzer ein Erlebnis bieten, das er auf Papier so nicht hat. Artikel müssen mit Bildstrecken, Filmen und 360-Grad-Panoramen ergänzt werden. Bei digitalen Katalogen muss die Bestellung direkt im Katalog möglich sein. Ein Beispiel hierfür ist die bereits als digitales Magazin verfügbare «Coopzeitung» mit Kochrezepten. Mittelfristig muss man die Zutaten und den passenden Wein direkt aus dem digitalen Magazin heraus bestellen können.
WoodWing, bekannt durch das Publishingsystem WoodWing Enterprise, gehörte zu den Ersten, die auch Inhalte für das iPad erstellen konnten. WoodWing hat für InDesign sehr früh Plug-ins zur Erstellung von digitalen Magazinen entwickelt und das Publishingsystem Enterprise um den iPad-Ausgabekanal erweitert. Das «Time Magazine» und die «Coopzeitung» werden damit produziert.
Unterdessen ist auch Adobe in diesen Markt eingestiegen und bietet eine Lösung für InDesign CS5 an. WoodWing ihrerseits hat angekündigt, für grössere Projekte das eigene System einzusetzen und für kleinere auch die Adobe-Lösung zu unterstützen. Auch vjoon wird die Adobe-Lösung in das Publishingsystem K4 integrieren.
Grundsätzlich können Magazine in Hoch- und Querformat konsumiert werden. Dreht man sein iPad von hoch auf quer, wechselt automatisch das Layout. Inhaltlich sollte sich die Hoch- von der Quervariante unterscheiden. Bei der «Coopzeitung» ist es so, dass hochformatig viel Text auf den Seiten gezeigt wird, während im Querformat die Bilder im Vordergrund stehen sollen. Das heisst, jeder Artikel braucht zwei InDesign-Dateien – eine im Hochformat, eine im Querformat –, die individuell erstellt werden.
Bei der Navigation hat es sich bei digitalen Magazinen durchgesetzt, dass man durch vertikales Wischen auf dem Bildschirm innerhalb des Artikels auf die nächste Seite blättert, während horizontales Wischen zum nächsten Artikel führt. Ob sich dies halten kann, wird sich weisen. Bereits gibt es erste Designer, die ausschliesslich ein horizontales Wischen propagieren.
Weil digitale Magazine aufwändig gestaltet sind und Mehrwerte wie Videos und Bildstrecken bieten, können die Seiten nicht vollautomatisiert generiert werden. Der Aufwand, ein tolles digitales Magazin zu erstellen, darf nicht unterschätzt werden. Mit den aktuellen Werkzeugen muss man mindestens mit dem Aufwand rechnen, den man auch für die Printausgabe hat.
Das System zur Erstellung von digitalen Magazinen lässt sich bei WoodWing in die Bereiche Kreationswerkzeuge, Distributionsplattform und iPad App einteilen.
Kreationswerkzeuge: Im Hintergrund arbeitet das Publishingsystem WoodWing Enterprise 7. Artikel werden über die ContentStation zusammengestellt und verwaltet. Die interaktiven Funktionen werden in InDesign CS4 über eigens von WoodWing entwickelte Plug-ins erstellt.
Distributionsplattform / iPad App: Der Reader, in dem die digitalen Magazine gelesen werden, ist eine iPad App. Sie muss über Apples iTunes / App Store bezogen werden. Der Inhalt, also die einzelne Ausgabe, kann direkt mit der App heruntergeladen werden. Häufiger ist jedoch, dass die App eine Art Büchergestell oder digitaler Kiosk ist, wo man die einzelnen Ausgaben beziehen kann. Diese Ausgaben müssen dann nicht mehr bei Apple gehostet sein. Dies hat den Vorteil, die gleichen Inhalte auch für andere Plattformen als das iPad anbieten zu können.
Wie oben beschrieben, braucht jeder Artikel zwingend ein horizontales und ein vertikales Layout. Beide Layouts müssen in der ContentStation im gleichen Dossier liegen. Das Dossier ist eine Art Ordner mit allen zu einem Artikel gehörenden Elementen wie Text, Bildern, Videos. Die neue Seite wird über eine InDesign-Vorlagendatei angelegt. Die Breite der Seite ist fix, die Höhe kann den Bedürfnissen angepasst werden, weil ein vertikales Scrollen im Magazin ja möglich ist. Ein Artikel kann aber auch mehrere InDesign-Seiten enthalten. Der Artikel muss nach getaner Arbeit in das Publishingsystem eingecheckt werden.
In der ContentStation wird dann die Erstellung der iPad App angestossen, worauf die App auf dem iPad-Simulator angezeigt wird.
Wer zu seinem Artikel besonders viele Abbildungen zeigen will, erstellt eine Bildstrecke (Slideshow). Mit InDesign CS5 macht man dies über Objektstatus, bei WoodWing gibt es auch hierfür ein separates Plug-in.
Zuerst muss man die Bilder auf die gewünschte Grösse zurechtstutzen. Auflösung und Farbraum passt WoodWing Enterprise beim Erstellen der App an. Dann werden die zur Bildstrecke gehörenden Bilder ins korrekte Dossier hochgeladen. In InDesign zieht man nun ein erstes Bild aus dem WoodWing-Panel in das Layout. Das Bild wird ausgewählt und über das Slideshow-Panel zu einer Bildstrecke konvertiert. Im Slideshow-Panel weist man der Bildstrecke die gewünschten Bilder zu und bestimmt per Drag&Drop deren Reihenfolge.
Das iPad weigert sich, Flash-Videos abzuspielen. Das heisst, Videos müssen in den Formaten mov (QuickTime) oder mp4 vorliegen. Wie bei der Bildstrecke lädt man sich den zu integrierenden Film in das korrekte Dossier. Zum Film braucht es auch ein Standbild in Form einer normalen Bilddatei.
In InDesign zieht man einen Grafikrahmen in der Grösse des Filmes auf und platziert darin das Standbild. Bei ausgewähltem Grafikrahmen klickt man im Video-Panel auf Enable Video und gibt an, welches Video im ausgewählten Rahmen abgespielt werden soll.
WoodWing erlaubt es, auch Websites in das digitale Magazin einzubauen. So wäre eine Anbindung eines digitalen Kataloges an den Shop möglich. Selbst habe ich damit auch schon Google-Formulare in Magazine eingebaut. Diese Formulare lassen sich auf dem iPad problemlos ausfüllen und absenden.
Mit Hotspots lassen sich durch einen Klick auf ein Objekt überlagerte Fenster öffnen. Die «Coopzeitung» preist so den passenden Wein zum Kochrezept an. In Anzeigen werden damit unterschiedliche Modelle eines Produktes präsentiert.
Auch für Hyperlinks hat WoodWing ein eigenes Plug-in entwickelt. Man wählt das Objekt an, das zu einem Hyperlink werden soll, und gibt im Dossier-Link-Panel den Artikel an, auf den gesprungen werden soll.
Das Wichtigste in einem digitalen Magazin ist die logische Navigation. Verrückt, dass einem in vielen digitalen Magazinen mit umfangreichen Anleitungen erklärt werden muss, wie die Navigation funktioniert. Eine Navigation, die nicht selbsterklärend ist, ist unbrauchbar. Stellen Sie sich dies in der Printwelt vor: Sie müssen dem Leser erst erklären, wie er eine Zeitschrift umblättern soll … Eine unlogische Navigation verleiht dem ganzen Konsumerlebnis einen faden Beigeschmack.
Es muss zum Beispiel auf den ersten Blick ersichtlich sein, ob ein Artikel noch nachfolgende Seiten hat. Dann muss auf jeder Seite die Möglichkeit bestehen, wieder auf die Startseite springen zu können. Sehr dienlich für das «digitale Blättern» sind Thumbnails (kleine Übersichtsbilder) der Seiten.
Bei WoodWing wird die Seitennavigation über die ContentStation definiert. Und zwar werden den Dossiers Metadaten zugewiesen. Über das Metadatenfeld Reader Label kann man jeder Seite einen Namen zuweisen, der dann in der automatisch generierten Seitenübersicht ersichtlich ist. Durch Section Labels werden mehrere Artikel zu Rubriken zusammengefasst.
Das Erstellen von digitalen Magazinen ist für alle Beteiligten eine gefreute Sache. Konsumenten können Inhalt auf eine neue Art erleben, Verlage erschliessen sich damit zusätzliche Geschäftsfelder. Grafiker sind gefordert, gewiefte Designs und Navigationen zu entwickeln, während Layouter auf ihrem InDesign-Wissen aufbauen, um qualitativ hochstehende Layouts in interaktive Erlebniswelten zu verwandeln.
Unter www.adobe.com/digitalpublishing zeigt Adobe, wie sie die Welt der digitalen Medien sehen. Adobe teilt sie in die drei Bereiche Digitale Bücher, Zeitungen und Digitale Magazine auf. Wobei dank des Erfolgs des iPads nur der Bereich Digitale Magazine wirklich neu ist. Adobes Vorzeigeobjekt ist das «Wired Magazine», das mit Adobe-Technologie, basierend auf InDesign CS5, erstellt wurde. Auf der oben genannten Website gibt es auch einen Film über das «Wired Magazine».
Auch die digitale Ausgabe des Publisher, die mit dem Publishingsystem vjoon K4 erstellt wird, greift auf Adobe-Technologie (Betaversion) zurück. Diese wird demnächst im App Store erhältlich sein.
In künftigen Artikeln werde ich die Lösung von Adobe im Detail vorstellen. Wichtig ist mir dabei eine ganzheitliche Sichtweise. Ein digitales Magazin ist nur dann genial, wenn sich Verleger, Designer, Layouter und Techniker optimal in die Hand arbeiten. Wie dies geht, können Sie auf der swiss publishing week im September miterleben.
Haeme Ulrich, ulrich-media.
ulrich-media ist bekannt für InDesign- und Photoshop-Wissen.
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