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Bildschirme im Hochformat: Mehr als eine Spielerei

Bildschirme mit Format

Keine Querulanten

Das Schlüsselerlebnis beim Test zweier TFT-Flachbildschirme: Das Hochformat bedeutet einen Quantensprung in der täglichen Arbeit. Das Beste dabei: Man muss sich nicht festlegen, sondern kann innert Sekunden zwischen Hoch- und Querformat wechseln.

DAVID LEE Die allermeisten Dokumente, die sich auf Papier ausdrucken lassen, liegen im Hochformat vor. Bei ihrer Ansicht am Bildschirm und bei der Bearbeitung bietet ein Fenster im Hochformat den besseren Überblick als eines im Querformat. Doch die üblichen Bildschirmabmessungen liegen buchstäblich quer zu dieser Ergonomie und führen dazu, dass wir wohl etwa einen Viertel unseres Lebens mit Scrollen verbringen.

Arbeiten mit Sicht auf die ganze Seite

Mit einem Querformatbildschirm, der die Grösse eines A3-Blattes hat, kann man zwar zwei A4-Seiten im Originalformat darstellen, aber kaum lesen, geschweige denn bearbeiten. Am Bildschirm muss die Schrift nun einmal grösser sein als auf dem Papier, damit man die Zeichen noch erkennt. Die Doppelseitenansicht ist selbst für Layoutarbeiten, die keine grosse Präzision erfordern, zu klein. Ganz anders bei einem Hochformatscreen in gleicher Grösse: Eine Seite lässt sich ohne lästiges Einzoomen und Scrollen bequem bearbeiten.

Im Querformat erscheint eine einzelne Seite nicht grösser als eine Doppelseite. Da diese Ansicht nicht arbeitstauglich ist, hat man wenig davon, dass man die Paletten des Programms neben der Seite platzieren kann. Seit InDesign in der Version CS eine kontextsensitive Eingabeleiste bietet, hat sich das Problem des Palettenwalds sowieso entschärft. Bei der täglichen Arbeit mit unseren hochkant aufgestellten Bildschirmen (siehe Kasten) stören die Paletten kaum.

Hochkant surfen: ein Genuss

Dass das Hochformat für Layout und Bürokorrespondenz praktisch ist, ahnten wir schon, bevor wir den Bildschirm ausprobierten. Überraschend war dagegen, dass es sich auch beim Surfen im Internet dem Querformat überlegen zeigt. Web­sites sind fast immer länger als breit. Das mag erstaunlich klingen, aber es gibt dafür eine einfache Erklärung. Dass wir Dokumente im Hochformat erstellen, hat unter anderem den Grund, dass zu lange Zeilen das Lesen zur Qual machen. Daher weisen heute die meisten Websites eine fixe Seitenbreite von 700 bis 800 Pixeln auf. Bereits darin enthalten sind Spalten für Navigation und Werbung, sodass der eigentliche Inhaltsbereich höchstens noch 500 Pixel breit ist. Da mehrspaltiger Text in HTML sehr schwer zu erstellen ist, ziehen sich die meisten Websites entsprechend in die Länge. Bei Sites ohne fixe Spaltenbreite ist dieser Effekt zwar nicht vorgegeben, wird aber in der Regel vom Anwender selbst herbeigeführt: Er macht das Fenster schmaler, damit er den Text besser lesen kann.

Mit einem Hochformatbildschirm sieht man einen wesentlich grösseren Teil der Website und muss entsprechend weniger scrollen. Mit einer Auflösung von 1200×1600 verfügen sowohl der LaCie photon20visionII als auch der EIZO FlexScan997 über mehr als genug Pixel, um selbst verhältnismässig breite Internetseiten in der ganzen Breite darzustellen.

Schnelles Umschalten

Natürlich gibt es Anwendungsbereiche, für die das Hochformat ungeeignet ist, etwa die Videobearbeitung. Auch wenn man ganz einfach einen Film ab DVD schauen möchte, brauchts mehr Breite als Höhe. Mit dem LaCie photon20visionII ist das Umstellen aber kein Problem. Er lässt sich ganz einfach um 90 Grad drehen, und mit zwei Mausklicks oder einem Tastaturkürzel ist auch die Bildschirmdarstellung umgeschaltet. Dafür sorgt die mitgelieferte Rotationssoftware Pivot Pro. Sie ist jederzeit über einen Rechtsklick auf den Desktop zugänglich.

Beim EIZO FlexScan L997 dreht sich das Bild sogar automatisch, wenn der Bildschirm gedreht wird. Möglich wird dies dank einem integrierten Schwerkraftsensor. Schade dabei ist, dass dies nur mit bestimmten Grafikkarten funktioniert. Die verbreiteten und beliebten Matrox-Karten werden samt und sonders nicht unterstützt. Eine Liste der kompatiblen Karten findet man auf http://www.eizo.com/support/compatibility/lcd/16.asp.

Wenn die automatische Umschaltung mit der bestehenden Grafikkarte nicht funktioniert, könnte zwar die Pivot-Software in die Bresche springen, doch die gehört beim FlexScan L997 nicht zum Lieferumfang. Allerdings: Verglichen mit den Anschaffungskosten für einen hochwertigen Bildschirm, ist eine neue Grafikkarte keine nennenswerte Investition.

Was ergonomisch ist, hängt von der Tätigkeit ab

Wenn das Hochformat eine so tolle Sache ist, fragt man sich natürlich, weshalb es sich bis heute nicht durchgesetzt hat. Im Zeitalter der Röhrenmonitore gab es eine einfache Erklärung: Man konnte die Bildschirme nicht drehen und musste sich für das eine oder andere Format festlegen. Aber auch heute stehen die meisten Flachbildschirme quer in der Bürolandschaft. Vermutlich hat dies mit der Macht der Gewohnheit zu tun, aber auch mit unserem Gesichtsfeld.

Das menschliche Gesichtsfeld reicht, wie man weiss, in der Horizontalen weiter als in der Vertikalen. Darum ist es bei einem Film leichter, den ganzen Bildbereich zu erfassen, wenn dieser im Querformat läuft. Es ist jedoch fragwürdig, das Argument des Gesichtsfelds auch für die Arbeit mit Text anzuführen. Man sieht ja sowieso nur in einer ganz kleinen Zone genug scharf, um den Text lesen zu können. Was z.B. in der Spalte nebenan steht, braucht man nicht gleichzeitig zu sehen – im Gegensatz zum Film, wo für die Erfassung auch die unscharfen Randzonen wichtig sind.

Ob es überhaupt erstrebenswert ist, dass der Bildschirm das ganze Gesichtsfeld abdeckt, ist auch nicht so sicher. Ich persönlich finde es angenehmer, wenn ich auch noch links und rechts des Monitors etwas wahrnehme. Dies ist mit dem in die Höhe gedrehten LCD der Fall. Der Eindruck, ein Brett vor dem Kopf zu haben, ist weg. Nur weil das Ding Bildschirm heisst, muss man es nicht unbedingt dazu missbrauchen, sich vor seiner Umgebung abzuschirmen.

 

Kasten: Hochklassige Displays

Diese drei Displays aus unterschiedlichen Preisklassen sind alle hochformattauglich. Die ersten zwei davon werden bei uns eingesetzt und sind im Publisher-Shop erhältlich.

LaCie photon20visionII
Am preisgünstigsten ist der von uns getestete drehbare LCD LaCie photon20visionII. Er verfügt über eine Bilddiagonale von 20 Zoll und eine Auflösung von 1600×1200 Pixeln. Das Kontrastverhältnis beträgt 400:1. Der Bildschirm lässt sich um 90 Grad drehen; die mitgelieferte Software Pivot Pro dreht das Bild entsprechend mit. Pivot Pro läuft auf Windows und Mac OS X.
Optional kann ein Schwenkarm dazugekauft werden (Abbildung), der den Bildschirm noch flexibler positionieren lässt.
Der photon20visionII wiegt 9,3 kg.

LaCie photon20visionII mit drehbarem Kunststoff-Standfuss: Fr. 1070.-
LaCie photon20visionII mit Schwenkarm: Fr. 1435.-

EIZO FlexScan L997
Beim EIZO FlexScan L997 dreht sich das Bild automatisch mit – sofern man eine kompatible Grafikkarte hat. Falls dies nicht der Fall ist, muss man auch noch eine Pivot-Software für die manuelle Umschaltung beschaffen. Dafür hat das Gerät sonst mehr zu bieten als der LaCie-Monitor: 21,3 Zoll Bilddiagonale, ein Kontrastverhältnis von 550:1 sowie Bild-in-Bild-Darstellung. Vor allem aber bietet der EIZO FlexScan L997 eine interne 14-bit-Look-up-Tabelle, welche einen grossen Farbraum und besonders feine Farbverläufe und Grauabstufungen ermöglicht. Damit genügt der EIZO auch Ansprüchen von professionellen Bildbearbeitern.

EIZO CG210
Wem auch das noch zu wenig ist, der greift noch tiefer ins Portemonnaie und erhält dafür den EIZO CG210. Es handelt sich dabei um die Weiterentwicklung des in Publisher 5-03 vorgestellten CG21. Ebenfalls mit 1200×1600 Bildpunkten auf 21,3 Zoll ausgestattet, verfügt dieser ebenfalls drehbare Monitor über die Möglichkeit, eine echte Hardware-Kalibrierung vorzunehmen. Damit hält der CG210 bezüglich Farbtreue mit den allerbesten Röhrenmonitoren mit. Preis: ca. 3540 Franken.

Eizo FlexScan L997: grau Fr. 2159.-, schwarz Fr. 2174.-

 

 

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