Heft-Archiv >> 2005 >> Publisher 3-05 >> Fokus >> Book on Demand � ein Erfahrungsbericht
Artikel als PDF

Book on Demand � ein Erfahrungsbericht

Book on Demand

Das Buch zum Selbermachen

Es gibt Dinge, die will man einfach einmal machen: den Mount Everest besteigen, ein Formel-1-Rennen fahren oder ein Buch gestalten. Hier meine persönlichen Erfahrungen mit Letzterem.

ANDREAS FISCHER Meine Vorstellung, mit Hilfe des Computers meine Texte und Bilder sich ergänzend zu präsentieren, geht in die Neunzigerjahre zurück. Damals erlag ich erstmals den Verheissungen von Photoshop, Premiere, Quicktime, XPress, Hypercard und wie die damals auf dem Mac verfügbaren, schönen Programme alle hiessen. Mit Versionen zwischen 1.0 und 1.2 bastelte ich eine CD-ROM, wo der geneigte Nutzer in einem Poesiekino, sobald er das Licht löschte, animierte Illustrationen zu sehen und dazu meine Gedichte vorgelesen bekam. Natürlich konnte das Ergebnis nicht mit einer heutigen Multimedia-DVD mithalten, erregte aber doch einiges Aufsehen. Zu dieser Zeit waren auf CDs Lexika mit einem Link in den nächsten Textabschnitt das höchste der Multimediagefühle.

Zurück in die Vergangenheit

Heute wäre ein solches Unterfangen sehr viel einfacher zu realisieren. Aber vielleicht gerade deshalb faszinierte mich Ende letzten Jahres plötzlich die Vorstellung, ein eigenes Buch zu gestalten – eine Art «best of» aus vierzig Jahren (darum hatte ich alternde Countrysänger immer beneidet) – richtig auf Papier und natürlich wiederum mit Texten und farbigen Illustrationen.

Nun sind aber Gedichtbände, insbesondere mit farbigen Illustrationen, für einen Verleger selten ein Millionengeschäft. Zudem hatte ich meine eigenen Vorstellungen, wie das Buch aussehen sollte. Die Frage war, wer den geplanten Band zu einem vernünftigen Preis drucken und die Beschaffung einer ISBN-Nummer und die Belieferung des Buchhandels übernehmen konnte.

Ende des letzten Jahrhunderts hatte ich in meiner Mailbox einmal eine Ankündigung einer Firma in Deutschland gefunden, die sich anerbot, Bücher auch einzeln zu drucken. Ich machte mich auf die Internetsuche, und tatsächlich wurde ich fündig: Die Firma gabs noch. Sie hiess Book on Demand und war unter www.bod.ch erreichbar.

Professionell und flexibel

Natürlich ist BoD heute nicht mehr allein. Doch das Angebot schien mir nicht nur am professionellsten, sondern auch am flexibelsten. BoD bot nämlich die für mich essentielle Möglichkeit, beliebige Farbseiten einzubinden.

Ansonsten bietet BoD alle üblichen Verlagsleistungen wie Lektorat, Layout- und Umschlaggestaltung sowie Unterstützung bei der Vermarktung.

All das wollte ich aber nicht. Ich entschloss mich für das sogenannte Basispaket, bei dem der Autor Buchblock und Umschlag als PDF zum Druck anliefert. So war ich frei, die Gestaltung ganz nach meinem Gusto anzugehen. Ein Rechner auf der BoD-Site hilft übrigens bei der Kalkulation, so dass schnell klar ist, wie hoch die Marge je nach Ausstattung, Umfang und Franken- oder Euro-Ladenpreis sein wird.

Mit Photoshop und InDesign

Ralf Turtschi möge mir verzeihen, dass ich mich als Amateur-Typograf mit Photoshop und InDesign (MacOS X hatte mich kurz vorher zum Umstieg gezwungen) an die Gestaltung wagte – Spass und Befriedigung hat es gebracht.

Mein Freund Walter als Lektor hat das Ganze gegengelesen. Ich habe seine Korrekturen umgesetzt – und konnte natürlich der Versuchung nicht widerstehen, sie umgehend mit Autorenkorrekturen zu vermischen und entsprechend zu verschlimmbessern. Wie auch immer, Buchblock und Umschlag wurden auf CD gebrannt und fanden zusammen mit den Proofs der Farbseiten den Weg nach Deutschland.

Gut zwei Wochen später brachte die Post zwei Referenzexemplare des Buches. Zwar entdeckte ich darin nochmals ein paar kleinere Fehler, die ich aber schleifen liess, da sonst ein erneutes Mastering notwendig geworden wäre. Ich unterschrieb also den Produktionsvertrag.

Speditive Abwicklung

Nach weiteren drei Wochen hielt ich die Paperbacks in der Hand. Gleichzeitig war der Titel im Internet bei amazon.de und libri.de sowie in deutschen Buchhandlungen erhältlich. Bestellte Bücher werden bei BoD jeweils «on demand» einzeln nachgedruckt. Die Abrechnung über die verkauften Bände erfolgt monatlich und im Gegensatz zu den Gepflogenheiten mancher konventioneller Verlage sehr prompt.

Peinlich ist eigentlich nur, dass das Schweizerische Buchzentrum, das die Auslieferung in der Schweiz betreut, die deutsche ISBN bis heute wegen einer Umstellung ihrer IT-Struktur nicht übernehmen konnte und die Auslieferung an den Schweizer Buchhandel daher auch nach anderthalb Monaten noch nicht klappt.

Aber Spass hats gemacht, und die Reaktionen auf meine in «Old Beatnik» versammelten Poeme und Balladen waren bisher sehr positiv.

 

Kasten: Book on Demand

BoD, ein Tochterunternehmen des deutschen Buchhandelsgrossisten Libri, trägt mit rund 2500 Titeln pro Jahr mittlerweile nach eigenen Angaben mehr als drei Prozent zu den deutschsprachigen Neuerscheinungen bei.

Das Unternehmen arbeitet mit «Book in Time» (BIT), einem System, das die Datenhaltung produktionsfertiger Bücher mit dem Xerox-Laserdrucker DocuTech 6180 verbindet. BIT übernimmt das Bestell- und Produktionsmanagement sowie die Datenspeicherung für Buchblock, Einband und produktrelevante Informationen und übermittelt die Produktionsaufträge an die Produktionsstandorte.

Seit letztem Jahr wurde das System mit einer Xerox-iGen3-Druckmaschine und der eigenen Software-Lösung ColorPlus ergänzt. Letztere ermöglicht die Einbindung von einzelnen Farbseiten an beliebigen Stellen, indem der als PDF gespeicherte Buchblock während der Produktion in den Schwarz-Weiß- und den Farbanteil aufgespalten wird und automatisch die beteiligten Druckmaschinen gleichzeitig angesteuert werden. Auf diese Weise können Bücher mit beliebigen Farbseiten günstig selbst in Einerauflage hergestellt werden.

 

 

 
Artikel als PDF