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Das Problem an der Wurzel packen

Der neue Live Preflight von InDesign CS4 prüft bis ins letzte Detail. Ist er korrekt konfiguriert, erhöht er die Produktionssicherheit enorm.

Haeme Ulrich Ist Ihnen schon aufgefallen, dass seit InDesign CS4 unten links im Dokumentenfenster eine Ampel den Status des Dokumentes angibt? Steht das Licht auf Grün, so ist das Dokument gemäss dem gewählten Preflight-Profil in Ordnung. Leuchtet die Ampel rot, so sind Fehler im Dokument, die zu späteren Ausgabe­problemen führen können.

Preflight CS4

Der neue Preflight in InDesign CS4 ist aus Sicht der Produktion wohl eine der wichtigsten Neuerungen. Denn technologisch hat er nichts mit dem Preflight aus früheren InDesign-Versio­nen gemeinsam. Das ist auch besser, denn jetzt kann er mithalten im Kreise der Profi-Preflight-Tools. Er checkt auf Wunsch schier unendlich viele Optionen. Ich wage zu behaupten, dass ein gutes Preflight-Profil in InDesign weit über neunzig Prozent potenzieller Fehlerquellen aufdeckt und dass dadurch der Durchsatz im Ausgabeworkflow massiv gesteigert werden kann.

Live Preflight

Wird nichts anderes eingestellt, so läuft dieser Preflight live im Hintergrund und prüft jede Manipulation im InDesign-Dokument gegenüber dem gewählten Preflight-Profil. Macht der Layouter etwas «Illegales», so schaltet die Ampel unten links sofort auf Rot.

Der Live Preflight in seiner Art wird dem Ausdruck Preflight gerecht. Alles andere sind «Postflights»: Prüfung im PDF ist eigentlich schon zu spät, um Layoutfehler zu entdecken. Denn das PDF muss wieder zurück zum Kreativen, ein Arbeitsgang, der durch den Preflight von InDesign CS4 verhindert werden könnte. Auch «Hardproofs» oder «Validation Prints» sind hinausgeworfenes Geld, wenn das Layout an sich noch nicht stimmt. Gemünzt auf die Fliegerei würde der Live Preflight einer «Kontrolle vor dem Start» und der Postflight einer «Kontrolle nach der Landung», ob auch wirklich alles funktioniert hätte, gleichkommen.

Ich will damit auf keinen Fall sagen, dass der Preflight von InDesign CS4 eine PDF-Prüfung überflüssig macht! Aber bei der PDF-Prüfung werden dank konsequentem Einsatz des InDesign-Preflights wesentlich weniger Fehler zu erwarten sein.

Und wie heisst es doch so schön: «Je später der Fehler entdeckt wird, desto teurer wird er.» Ist ja auch klar: Ein Arbeitsgang nach der Fertigstellung des Layouts, der mit fehlerhaften Daten gemacht wird, muss wiederholt werden. Was im Umkehrschluss heisst: «Wer preflightet in InDesign, spart Kohle.»

Preflight ein- und ausschalten

Um das «Preflight-Panel» zu öffnen, klicken Sie am einfachsten doppelt in den Bereich der Preflight-Ampel unten links im Dokumentenfenster. Das «Preflight-Panel» zeigt mit dem Haken bei «Ein» an, dass der Preflight für dieses Dokument aktiv ist. Dort könnten Sie denn auch den Preflight fürs aktuelle Dokument deaktivieren. Im Menü des «Preflight-Panels» hingegen könnten Sie sogar den Preflight für alle Dokumente deaktivieren. Das habe ich selber in der Praxis noch nie benutzt.

[Grundprofil]

Hinter «Profil» im «Preflight-Panel» ist das aktuelle Prüfprofil ausgewählt. Wer kein eigenes Preflight-Profil hat, kann hier bloss das «[Grundprofil]» auswählen. Dieses «[Grundprofil]» ist fest mit InDesign verdrahtet, es kann nicht editiert werden. Für die tägliche Prüfung im Ausgabeprozess prüft das Profil weit zu wenig. Es checkt, ob alle Links da und aktuell sind, ob irgendwo Übersatztext ist und ob die notwendigen Schriften geladen sind. Moniert der Preflight bei diesen drei Prüfpunkten kein Problem, muss dies in der Praxis noch lange nicht heissen, dass die Datei fehlerfrei ist.

Eigenes Profil anlegen

Um weitere Kriterien zu prüfen, muss man selber Hand anlegen oder sich natürlich ein bestehendes Preflight-Profil laden.

Wollen Sie selber eines erstellen oder editieren, so wählen Sie aus dem Menü des «Preflight-Panels» den Eintrag «Profile definieren…». Da klicken Sie unten aufs Pluszeichen für ein neues Profil, wählen dieses aus und setzen dann einfach bei all denjenigen Prüfpunkten Haken, die Sie gerne geprüft haben möchten.

Es gibt eigentlich keine allgemein verbindlichen Prüfprofile. Das ist denn auch der Grund, warum Adobe ein bloss so spartanisches «[Grundprofil]» mitliefert. Vielmehr hängen Prüfkriterien vom späteren Workflow ab: Soll das Profil eine Zeitungsseite prüfen, so wird die Bildauflösung garantiert kleiner sein als beim Profil für den Kunstdruck. Im ulrich-media-Profil etwa habe ich RGB bewusst nicht als Fehler drin, weil wir heute ausnahmslos beim direkten PDF-Export aus InDesign zu CMYK umwandeln. So lieben wir RGB-Bilder im Layout, CMYK sind schon Altlasten.

Versuch, zu standardisieren

Der VIGC in Belgien hat nun versucht, ähnlich den weit verbreiteten Ghent-PDF-Prüfprofilen (in der Schweiz PDFX-ready), eigene Profile für InDesign CS4 zu schreiben. Sie können hier kostenlos heruntergeladen werden: http://www.vigc.org/standard-preflight-profiles/

Profil laden

Haben Sie sich ein Profil besorgt oder wollen Sie in Ihrer Firma auf allen Stationen die gleichen Prüfprofile verteilen, so müssen Sie sie in den Preflight importieren. Rufen Sie dafür «Profile definieren…» aus dem Menü des «Preflight-Panels» auf. Beim Icon neben dem Plus und Minus, das ausschaut wie ein Menü, geht es weiter. Hier können Sie bestehende Profile importieren oder selbst erstellte exportieren, um diese andern zur Verfügung zu stellen.

Preflight-Optionen

Im Menü des «Preflight-Panels» finden Sie die «Preflight-Optionen». Da können Sie angeben, welches das «Arbeitsprofil» sein soll. Mit welchem Profil also geprüft wird, wenn kein Prüfprofil im InDesign-Dokument eingebettet ist, das Vorrang hätte.

Weiter unten können Sie angeben, ob eben das eingebettete Profil oder das Arbeitsprofil Vorrang hat. Das belasse ich normal auf «Eingebettetes Profil verwenden».

Bei «Einschliessen» können Sie noch Optionen angeben, was überhaupt geprüft werden soll. Eines müssen Sie wissen: In verborgenem Text («Be-dingter Text», der ausgeblendet ist), in Notizen und in Textübersatz wird grundsätzlich nie geprüft.

Profil einbetten

Bauen Sie für Ihren Kunden eine InDesign-Vorlage auf, die er später dann abfüllen soll, ist es sinnvoll, wenn Sie in diese Vorlage ein geeignetes Preflight-Profil einbetten. So kann der Kunde seine Arbeit nämlich selbst prüfen und Sie wissen, dass er sinnvoll prüft.

Am schnellsten betten Sie ein Preflight-­Profil über die «Heftklammer» oben rechts im «Preflight-Panel» in das Dokument ein. Das «[Grundprofil]» von Adobe lässt sich hierbei nicht einbetten, weil es ja eh auf jedem InDesign CS4 schon vorinstalliert ist.

Preflight in der Praxis

Das «Preflight-Panel» sollte nun klar sein, jetzt geht es um die Praxis. Im Screen­shot (grosses Einstiegsbild) ist die Prüfung einer InDesign-Datei zu sehen, die gemäss Preflight-Profil ulrich-media-offset-v2 neun Fehler hat.

Wählen Sie jetzt einen Fehler im Panel aus und blenden Sie die «Informatio­nen» unten ein. InDesign sagt jetzt, was das Problem ist und wie es allfällig zu lösen wäre.

Um zum fehlerhaften Objekt zu springen, klicken Sie auf den Hyperlink in der Spalte «Seite». Sie landen nun beim bemängelten Objekt und können Hand anlegen. Dabei prüft der Live Preflight Ihren Eingriff und streicht den Fehler, wenn er gelöst ist, in Echtzeit von der Liste.

Ist die Datei nicht ohne grossen Mehraufwand zu reparieren, so lassen Sie sich über das Menü des Preflight-Fensters einen Bericht speichern. Der führt in Textform oder als PDF die gefundenen Fehler übersichtlich auf. Dies kann für interne Belege oder gegenüber Datenlieferanten eine sinnvolle Hilfe sein.

Schier grenzenlos

Der Preflight von InDesign CS4 prüft nicht nur InDesign-eigene Objekte. Alles, was platziert wird, kommt unter die Lupe.

Zwei Beispiele: Ich habe in Illustrator ein CMYK-Dokument angelegt und ein Objekt aufgezogen. Dem Objekt habe ich einen «Schein nach aussen» zugewiesen. Die Rastereffekteinstellungen von Illustrator habe ich bewusst auf 72 dpi gestellt. Sobald ich diese AI-Datei in InDesign platziere, moniert mir der Preflight auch schon ein Bild mit zu wenig Auflösung.

Oder eine Anzeigenseite als PDF, platziert in InDesign. In der Anzeigenseite hat es Text in der «Sonderfarbe all» (Passermarken) und zu niedrig aufgelöste Bilder. Diese PDF-Seite platziere ich in InDesign. Und schon gibt mir der Preflight an, welche Fehler in der platzierten PDF-Datei vorhanden sind.

Dies alles ist nur möglich, weil in InDesign selber ein RIP (Raster Image Prozessor) eingebaut ist, der solche Prüfungen bis ins kleinste Detail vornehmen kann.

Praxistipp: zwei Profile

Erstellen Sie sich zwei Preflight-Profile. Eines für die Kreation und eines für die Produktion (PDF-Export).

In demjenigen für die Kreation sind nur die wirklich kritischen Prüfoptionen aktiv. Das hat zwei Gründe: Erstens wird der Preflight schon nach kurzer Zeit nicht mehr beachtet, wenn er bei jedem Dokument unendlich viele Fehler moniert. Das wäre genau das Gegenteil von dem, was Sie wollten. Zweitens braucht der Live Preflight selbstverständlich gewisse Ressourcen. Prüft er zu viel, so kann dies InDesign schon mal ausbremsen.

Beim Profil für die Produktion müssten dann alle druckspezifischen Parameter eingeschaltet sein. Die Leute in der Produktion wissen mit Fehlern umzugehen und sind froh um alles, was schon im Layout und nicht erst im PDF entdeckt wird.

Fazit

Dass für das InDesign-Team der angestammte Print-Markt ebenso wichtig ist wie die neuen Technologien in Richtung Flash, beweist der Preflight aus InDesign CS4. Durch den korrekten Einsatz des Preflights finden Sie künftig Fehler dort, wo sie entstehen. Damit sparen Sie Zeit, Nerven und Geld.

Schalten Sie also den Preflight sofort ein, erstellen oder besorgen Sie sich vorher aber geeignete Profile.

Übrigens: Gerne maile ich Ihnen mein eigenes Prüfprofil zu, das mir für meine Zwecke gut dient. Eine E-Mail an ulrich@ulrich-media.ch reicht.

Der Autor

Haeme Ulrich, ulrich-media.

ulrich-media ist bekannt für InDesign- und Photoshop-Wissen.

 

www.ulrich-media.ch

ulrich@ulrich-media.ch

 

Kostenloser Tricks-Blog:

http://blogs.ulrich-media.ch

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