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Nachfolgeregelung

Auch wenn am Wirtschaftshimmel düstere Wolken aufziehen: 2012 geht es weiter.

Ralf Turtschi Die Energiezukunft treibt mich seit einiger Zeit um. Sie wissen ja, Atommeiler ja oder nein, Staumauererhöhung ja oder nein, Energieeffizienz ja oder nein, Autobahnen oder ÖV ausbauen ja oder nein, das übliche Gehabe. Da meinte doch der alternative Fuchs, wir hätten überhaupt kein Energieproblem, das sei ein weit verbreiteter Irrtum, so wie es ein Irrtum sei, dass die Politi­ker das uferlose Wachstum der Krankenkassenprämien stoppen könnten.

Das Gegenteil sei der Fall, so Fuchs, wir hätten genügend Energie, und die Stromlücke sei eine dunkle Cloud aus der Fantasy der Energielobby, vertreten durch die Regierungen und Parlamente, Mehrheitsaktio­näre der Energiekonzerne. Die Kantone produzieren und verteilen Energie und kontrollieren sich selber, auf dass dies möglichst billig geschehe. Ein Riesenkäse mit vielen Löchern.

Wir hätten ein Verteilproblem, meint Herr Fuchs, nicht ein Produktionsproblem, nur würden das die Käser von links bis rechts aussen nicht wahrhaben wollen. Genauso wie bei der Lebensmittellüge: Es gibt genügend Lebensmittel, nur kommen sie nicht bis nach Timbuktu (siehe Das Letzte, Publisher 5-11). Stromproduktion, Preis und Nachfrage würden sich nicht decken. Wir wissen, tagsüber wird mehr Energie verbraucht als nachts. Tagsüber ist der Energiepreis höher als nachts. In der Produktion wird rund um die Uhr Bandenergie erzeugt, die nachts nicht direkt genutzt werden kann. Mit solch «überschüssiger» Energie wird dann der Grimselstausee gefüllt. Das Wasser enthält potenzielle Energie, je höher es runterdonnert, desto effizienter kann es genutzt werden. Die Turbinen werden angeworfen, wenn Nachfrage und Preis stimmen: tagsüber und im Winter.

Es geht hier um Energie und Nachfolge­regelungen. Fuchs öffnet einen interessanten Gedanken: Die Steinzeit sei nicht abgelöst worden, weil die Steine ausgegangen sind, nein, sie sei abgelöst worden, weil eben bessere Werkzeuge aus Metall zur Verfügung standen. Die Kohle hat Holz als Energieträger nicht verdrängt, weil das Holz ausgegangen sei, sondern weil wirtschaftliche Vorteile damit verbunden waren. Kohle hat einen besseren Brennwert pro Volumeneinheit. Kohle ist «konzentrierter» und kompakter. Sie lässt sich leichter lagern, transportieren und anwenden. Etwa sieben Milliarden Tonnen Kohle decken heute etwa 27 % des weltweiten Energiebedarfes. 33 % entfallen auf Erdöl, 20 % auf Erdgas, 10 % auf Biomasse, 5 % auf Kernenergie, 3 % auf Erneuerbare, 2 % auf Wasserkraft. So ungefähr halt. An den Hauswänden der dritten Welt getrockneter Kuh- und Yakmist stellt ein Brennwertäquivalent von 3,7 % dar. Kein Witz, es kann in jeder beliebigen Statistik mit einer Abweichung von ± 33 % nachgelesen werden. Das ist so viel, wie sich der führende Verband Viscom beim Berechnen der Beschäftigten seiner eigenen grafischen Branche trompiert hat. Statt der vermuteten 12 000 × 200 Franken waren es leider nur 8000 × 200 Franken, über die der Berufsbildungsfonds finanziert werden muss. Um die Deckungslücke zu stopfen, droht nun eine klitzekleine Erhöhung der Unternehmensabgabe von 200 auf 300 Franken pro Mitarbeiter. Das im ersten Betriebsjahr entstandene Loch von 800 000 Franken deckt der laut Viscom-eigenen Aussagen «kerngesunde Verband» locker, rechnet man nach öffentlich erfolgter Brautschau bereits mit der Mitgift. Dafür gibts an dieser Stelle die Auszeichnung «sprinted in Switzerland». Ich bin sicher, dass auch hier eine kerngesunde Nachfolgeregelung angebracht ist.

Das Erdöl hat die Kohle nicht verdrängt, weil die Kohle ausgegangen ist, sondern weil die Technologie effizienter wurde. Eine Dampflok brachte man mit Kohle zum Laufen, beim Airbus gelang das nicht.

Und nun zur Nachfolgeregelung

Das Öl würde nicht abgelöst werden, weil es ausgeht, moniert Fuchs, auch wenn dies seit Jahren immer wieder nachgeplappert wird. Nein, Erdöl würde durch Strom substituiert werden, weil Strom wirtschaftliche und ökologische Vorteile hätte. Die Produktion von Erneuerbaren müsse jedoch losgelöst von der Speicherung angesehen werden. Denn das Produktionsproblem liegt in der mangelnden Speicherfähigkeit des Stroms. Wir müssen die Speicherform ersetzen, nicht die Batterien in den nächsten Jahren verbessern, um die Reichweite von strombetriebenen Autos von 70 auf 77 km hochzupäppeln. Das Produktionsgut Strom muss in flüssiger Energieform haltbar gemacht werden, das ist der springende Punkt. Der Alternative Fuchs formulierte dies mit folgenden Worten: Heute lasse sich mit dem überschüssigen Nachtstrom (immer mehr mit dezentral produzierter erneuerbarer Energie) mit einem katalytischen Verfahren Methanol produzieren. Die Methanolsynthese sei ein eingeführtes industrielles Verfahren. Methanol lasse sich wie Erdöl leicht transportieren und lagern. Beim Verbrennen des Methanols entsteht eine hochenergetische Lichtquelle, daraus wird mittels Fotovoltaik Strom erzeugt. Methanol und Fotovoltaik können somit die Batterien ersetzen, Laubbläser, Rasenmäher, Autos oder Mobilhomes elektrisch antreiben, Häuser und Büros können geheizt oder gekühlt werden, lautlos und umweltfreundlich. Es ist Blödsinn, stundenlang die Autobatterie nachzuladen, wenn Methanol die gleiche Aufgabe mit fünffach höherer Energieleistung pro Volumeneinheit viel schneller und mit dem vorhandenen Tanknetz erfüllt.

Falls Sie bis jetzt ungläubig mitgelesen haben: Die Technik ist bereits in Betrieb. Das deutsche Unternehmen Lichtblick verkaufte bereits 40 000 «Zuhausekraftwerke», welche vor der Haustür (erdgasbetrieben) Strom produzieren. In der Schweiz kann ich den Besuch der Website des Unternehmens Econimo (www.econimo-drive.com) in Cham empfehlen, welches umweltfreundliche stationäre und mobile Stromversorgung in der Schweiz mit dieser Technologie vorantreibt.

Fotovoltaikkraftwerke in der Sahara oder Windparks in Dänemark können Energie mit Methanolsynthese speicher- und transportfähig machen. Pipelines oder Tanker, die mit ihrer eigenen Fracht umweltfreundlich angetrieben werden, bringen die Energie zu den Verbrauchern. Mit der Lagerfähigkeit von Energie würde die dezentrale Produktion nachhaltig beeinflusst. Die Einspeisevergütung für dezentrale Minikraftwerke erscheint bereits veraltet, da mit Methanol ein eigener Energievorrat angelegt wird, der gehandelt werden kann.

Stromsparen soll man deswegen immer noch, aber mit dem Stromverbrauchen würde die uns heute eingeredete Schlechte-Gewissen-Attitüde etwas an Schärfe verlieren.

Ich wünsche Ihnen besinnliche Festtage und ein gutes neues Jahr.

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