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Durch den PDF/X-Begriffs-Dschungel

High-end-PDF, PDF/X-3, Certified-PDF, PDF/X-Plus, Ghent-Spezifikationen ...

Durch den PDF-Begriffsdschungel

Rund um das Portable Document Format (PDF) wuchert in der grafischen Industrie ein üppiger Begriffsdschungel. Wir geben eine Orientierungshilfe für Prepress-Praktiker.

MARTIN SPAAR Das Portable Document Format ist heute in der Drucksachenproduktion fest etabliert. Gegenüber dem Datenaustausch mit offenen Daten verspricht der PDF-Workflow mehr Effizienz und Produktionssicherheit. Soweit ist die Sachlage klar und unbestritten. Weniger klar präsentiert sich die Situation bezüglich der idealen Beschaffenheit und den Spezifikationen eines solchen Druckvorstufen-PDF. Eine Vielzahl von Begriffen stiftet hier einige Verwirrung: Da spricht man von High-end- oder High-res-PDFs, Certified-PDF, Ghent-Standards und natürlich der ISO-Norm PDF/X. Von dieser wiederum gibt es mit PDF/X-1a und PDF/X-3 unterschiedliche Ausprägungen, die aber offensichtlich auch noch nicht so ganz genügen, so dass man in der bis dahin schon verwirrenden Nomenklatur noch ein PDF/X-Plus obendrauf setzt.

Hier nun also ein Versuch, einen für Praktiker gangbaren Weg durch den Begriffsdschungel zu bahnen!

ISO-Norm als Basis

Während Begriffe wie High-res- und High-end-PDF sehr schwammig sind und quasi nur den seligen Wunsch nach einem produktionssicheren PDF ausdrücken, steht hinter dem Begriff PDF/X eine handfeste ISO-Norm. Es ist also exakt definiert, welche Kriterien eine PDF-Datei erfüllen muss, damit sie im Sinne der ISO als produktionssicher gilt. Es ist genau festgelegt, was in der PDF-Datei drin sein muss und was nicht drin sein darf. So müssen alle verwendeten Schriftzeichen (Glyphen) im Dokument eingebettet sein, es dürfen aber keine Kommentare darin vorkommen. In der Praxis trifft man auf zwei Varianten der ISO-Norm: PDF/X-3 ist die zukunftsgerichtetere Ausprägung der Norm und erlaubt im Gegensatz zu PDF/X-1a auch einen medienneutralen PDF-Workflow mit ICC-basierten Farbdefinitionen.

Die ISO hat die PDF/X-Normen bewusst schlank gehalten und nur als Basis für einen sicheren Datenaustausch konzipiert. PDF/X bildet also nicht mehr und nicht weniger als das Fundament, auf dem sichere PDF-Workflows aufsetzen können (siehe Abbildung). PDF/X alleine garantiert also noch keine Produktionssicherheit! Verfahrensspezifische Qualitätskriterien wie die Bildauflösung oder die Anzahl Farbauszüge sind innerhalb von PDF/X bewusst nicht definiert.

Es braucht also zusätzliche Spezifika­tionen für diese je Druckprozess unterschiedlichen Qualitätskriterien.

PDF/X-Plus und die Ghent-Gruppe

Da diese Spezifikationen auf PDF/X aufsetzen und diese ergänzen, spricht man hier von PDF/X-Plus. Als in Eu­ropa tonangebendes Gremium für die Definition dieser Plus-Kriterien für die wichtigsten Druckverfahren hat sich die Ghent-PDF-Workgroup etabliert. Die Ghent-Gruppe wurde ursprünglich von der Firma Enfocus ins Leben gerufen, die mit Certified-PDF schon früh eine Technologie für sichere PDF-Workflows auf den Markt brachte. Heute ist vieles von dem, was früher nur Enfocus-Certified-PDF bieten konnte, auch mit den Bordmitteln von Acrobat 7 Professional möglich. Certified-PDF als proprietäre Technologie hat aber immer noch bei speziellen Anforderungen seine Berechtigung, indem es unter anderem die Möglichkeit bietet, korrigierend einzugreifen und Preflight-Resultate mit in die PDF-Datei einzubetten.

Heute hat sich die Ghent-Gruppe als herstellerunabhängiges Gremium vollständig von Enfocus emanzipiert. Die Schweiz ist in dieser Gruppe durch den VSD (Verband Schweizer Druck­industrie) und die Initiative PDF/X-ready (siehe Kasten) vertreten. Aktuell gibt es von der Ghent-Gruppe PDF/X-Plus-Spezifikationen für die neun gängigsten Druckprozesse: zwei für Anzeigen, drei für Bogenoffset und vier für Rollenoffset (siehe Grafik). Die Bedeutung der Ghent-Gruppe wird durch den Umstand unterstrichen, dass Adobe deren neun PDF/X-Plus-Spezifikationen in die Preflight-Funktionen von Acrobat 7 Professional integriert hat. Hinter Adobes Beschreibung dieser Profile «auf Basis der Praxisrichtlinien von Industrieverbänden» verbirgt sich nämlich die Ghent-Gruppe.

Damit ist die praktische Umsetzung eines sicheren, PDF/X-basierten Workflows mit Acrobat 7 sehr einfach: Man prüft mit der Preflight-Funktion in einem ersten Schritt den PDF/X-Status des vorhandenen Dokumentes, respektive speichert damit das Dokument als PDF/X, so es noch nicht als solches vorliegt. In einem zweiten Schritt prüft man nun mit dem passenden Preflight-Profil die Plus-Spezifikationen, zum Beispiel «Zeitschriften Anzeige». Hier wird nun unter anderem geprüft, ob alle Bilder eine Auflösung von mindestens 300 ppi vorweisen und ob nur vier Farbauszüge vorliegen.

Hausstandards als oberste Stufe

In gewissen Produktionsumgebungen werden die Plus-Spezifikationen der Ghent-Gruppe nicht genügen. Bei qualitativ hochstehenden Drucksachen zum Beispiel, die im Bogenoffset mit FM-Raster produziert werden, genügen die im Ghent-Profil vorausgesetzten 300 ppi bei der Bildauflösung nicht. In diesem Fall wird eine Druckerei einen eigenen Hausstandard definieren, der alle Kriterien des hauseigenen Produktionsprozesses genau abdeckt. In der Praxis geschieht das sinnvollerweise auf der Basis eines der in Acrobat 7 enthaltenen (Ghent-)Prüfprofile. Im oben zitierten Beispiel wird man also das vorgegebene Bogenoffset-Prüfprofil entsprechend anpassen und die verlangte Bildauflösung auf 400 ppi heraufsetzen. Über die Export- und Importfunktion kann ein Druckdienstleister ein solches Prüfprofil sehr einfach seinen Kunden beziehungsweise den Datenlieferanten (Agenturen) zur Verfügung stellen. Denn – darauf sei hier nochmals ausdrücklich hingewiesen – der Preflight sollte sinnvollerweise immer vor dem «Start», also schon beim Datenerzeuger, stattfinden!


 

PDF-X ready

Ziel der breit abgestützten Initiative PDF/X-ready ist es, der PDF/X-Norm in der Schweiz zu einem raschen Durchbruch zu verhelfen. Im Zentrum der Initiative steht das Qualitätszertifikat «PDF/X-ready», das Personen und Firmen im Publishing-Umfeld auszeichnet, die vom Know-how und der Infrastruktur her für einen PDF/X-Workflow gerüstet sind.

Weitere Infos: www.pdfx-ready.ch

 

 

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