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Einstieg einer Offsetdruckerei in den Digitaldruck

Einstieg einer Offsetdruckerei in den Digitaldruck

Eingestiegen und schon mitten drin

Die einstige «klassische» Druckerei Fotorotar AG hat sich strategisch geschickt für die kommenden Bedürfnisse des Drucksachenmarktes aufgestellt. Im Zentrum steht dabei das leistungsfähige Digitaldrucksystem Xerox DocuColor iGen3.

DAVID LEE Das Unternehmen Foto­rotar wurde in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts gegründet und entwickelte zuerst Maschinen zur Herstellung von Sicherheitsdrucken, sogenannte Guillochen. Auch heute noch ist die Firma im Sicherheitsdruck tätig. Sonst hat sich alles geändert – gerade in den letzten Jahren fanden bedeutende Neuausrichtungen statt.

Noch 1998 verstand sich die Fotorotar als klassische Offsetdruckerei, bei der sich alles nur um das Drucken drehte. Im selben Jahr wurde der bestehende Maschinenpark um eine 10-Farben-Maschine erweitert. Seither geht die Firmenentwicklung weg vom reinen Printgeschäft hin zu spezialisierten Druckdienstleistungen.

Im Jahr 2000 gründete die Fotorotar die Cyberfactory, welche auf neue Medien (Internet/Multimedia) spezialisiert ist. Dabei optimiert und realisiert Cyberfactory nicht bloss «gewöhnliche» Webauftritte, sondern bietet aus nahe liegenden Gründen auch Web-to-Print-Lösungen (siehe Kasten) und Content-Management mit Bild- und Textdatenbanken an.

Wirklich effektiv wird Web-to-Print allerdings erst in Kombination mit dem Digitaldruck. Die Stärke von Web-to-Print ist, dass auch kleinere Aufträge kostengünstig abgewickelt werden können, weil praktisch kein administrativer Aufwand entsteht. Im Gegensatz dazu eignen sich die grossen Offsetdruckmaschinen der Fotorotar hervorragend für die Realisierung von hohen Auflagen.

Abgesehen von Web-to-Print geht der Trend im Druckgeschäft zu kleineren und spezialisierteren Auflagen. So war es für Fotorotar ein logischer Schritt, ins Digitaldruckgeschäft einzusteigen.

Von 0 auf 100 mit der iGen3

Ende 2004 wurde die Xerox DocuColor iGen3 installiert. Jürg Konrad, Geschäftsleiter der Fotorotar, schätzt die iGen3 als stabiler und wartungsfreundlicher ein als vergleichbare andere Drucksysteme. Xerox hinterliess bei der Firma als Service- und Supportpartner bereits bei früheren Zusammenarbeiten einen guten Eindruck. Zudem bot Xerox mehr Möglichkeiten bei der Integration von zusätzlicher Software, beispielsweise mit einem Farboptimierungssystem für Fotobücher. Bezüglich Druckgeschwindigkeit ist die iGen3 im Vergleich mit anderen digitalen Bogenmaschinen deutlich überlegen, und auch das maximale Papierformat von 364×521 mm übertrifft die Werte der Konkurrenz – für die Fotorotar ein entscheidender Pluspunkt.

Als Neuling im Kleinauflagenbereich muss die Fotorotar das gewünschte Auftragsvolumen zuerst generieren. Das Ziel ist eine volle Auslastung der iGen3 in einem Zweischichtbetrieb. Schon heute, wenige Monate nach dem Start, druckt die iGen3 sieben Stunden pro Tag.

«Ein grosser Vorteil ist, dass wir uns nicht selbst Aufträge wegnehmen», meint Jürg Konrad. Einerseits drucken bisherige Kunden ihre Kleinauflagen neu bei der Fotorotar, andererseits spricht die Firma mit innovativen Produkten, die vorher nicht möglich waren, zusätzliche Zielgruppen an.

Breite Palette an Fotobüchern

Zu diesen neuen Produkten gehören die Fotobücher der Fotorotar. Sie tragen wesentlich dazu bei, dass die Xerox DocuColor iGen3 gut ausgelastet ist. Dabei gibt es verschiedene Produktlinien. Das Label easybooks.ch steht für Fotoalben im A5-Format mit maximal 86 Seiten. Solche Alben sind schnell und einfach fertig gestellt, es braucht dazu nicht einmal einen PC. Ende Sommer 2005 wird quickbook.ch lanciert, eine Weiterentwicklung von easybooks.ch. Das produzierte Fotoalbum bleibt dasselbe, aber die Bestellung erfolgt nicht über den Weg zum Fotolabor, sondern direkt über das Internet.

Wer mehr Gestaltungsmöglichkeiten möchte, ist mit myphotofun.ch gut bedient. Man lädt sich kostenlos einen Editor herunter und gestaltet mit diesem ein Fotobuch. Dank vorgegebenen Layouts und Hintergründen geht dies schnell und einfach. Das Label steht für einen spielerischen und kreativen Umgang mit den Fotos zu einem günstigen Preis. Fotoalben oder Jahreskalender von myphotofun.ch haben stets eine Spiralbindung.

smartfoto.ch bietet abgesehen von der Möglichkeit, individuelle Fotobücher zu erstellen, eine umfassende Verwaltung der eigenen Bilder mit der Option, diese in einem externen Archiv medienneutral abzulegen. Zwei weitere Labels werden Ende August 2005 bzw. Anfang 2006 lanciert: bookdesigner.ch bietet dem Kunden grösstmöglichen Gestaltungsspielraum und Hardcover-Bücher mit edler Buchbindung. Unter dem Namen quickcards.ch wird eine Plattform speziell für den Druck von Karten eingerichtet.

Die Fotobücher, die übers Internet bestellt werden können, bieten sowohl für die Kunden als auch für die Druckerei einen äusserst einfachen und unkom­plizierten Ablauf. Dieser lässt sich nicht nur für private Zwecke nutzen – insbesondere, wenn die Gestaltungsmöglichkeiten relativ frei sind. Fotografen, Architekten oder Künstler können sich ohne grossen Aufwand ein ansprechendes Portfolio-Album zusammenstellen. Mit bookdesigner.ch sind zudem auch reine Textbücher denkbar.

Hier sieht Jürg Konrad ein interessantes Potenzial für den «B2B»-Markt.

Alles aus einer Hand

Dank dem Xerox-Digitaldrucksystem kann die Fotorotar für bestehende Kunden nun auch Kleinauflagen produzieren. Der Kunde Phonak AG beispielsweise liess Kleinauflagen früher anderswo drucken; jetzt kann die Fotorotar der Firma eine umfassende Dienstleistungspalette anbieten. Der international tätige Hörgerätehersteller aus Stäfa benötigt eine Vielzahl von Publikationen in bis zu 15 verschiedenen Sprachversionen. Preislisten für die Händler müssen nicht nur nach Sprache, sondern auch nach Währung unterteilt werden. Durch lokale Anpassungen entstehen aus einem grossen Auftrag zahlreiche kleine. Die Listen für die Deutschschweiz werden beispielsweise in Auflagen von etwa 250 Exemplaren gedruckt und sind damit optimales «Futter» für die iGen3.

Komfortable Web-to-Print-Technologie

Ideal auf die Bedürfnisse der Phonak AG und anderer international tätiger Firmen zugeschnitten sind die Web-to-Print-Lösungen der Cyberfactory. Erst kürzlich wurde der Firma Phonak ein Pilotprojekt in Verbindung mit RPS (Remote Publishing System) demonstriert. Für jeden User lassen sich individuelle Rechte festlegen, welche Felder in einem Dokument er bearbeiten darf und welche gesperrt sind. Auf diese Weise lässt sich das Grundlayout schützen. Muss ein Produktkatalog in eine neue Sprache übersetzt werden, können einfach die entsprechenden Textfelder freigegeben werden. In einem sehr einfachen Web-Interface zeigt eine Vorschau das Dokument auf dem aktuellen Stand. Gleichzeitig kann der Text weiter bearbeitet werden. Auf diese Weise ist sofort ersichtlich, ob ein Text die passende Länge aufweist. Dabei sind auch Textstile wie Fett- oder Kursivdruck möglich, und der Texter kann, sofern er die Rechte dazu hat, Stilvorlagen auswählen.

Mit RPS lassen sich auch Bilder skalieren, drehen oder austauschen. Ob und wie weit das im Einzelfall möglich ist, hängt von den Berechtigungen des Users ab. Intern verwendet RPS das QuarkXPress-Dateiformat; es exportiert das Dokument aber auch als niedrig- oder hochauflösendes PDF, PostScript-File oder JPG.

Bessere Wertschöpfung bei bestehenden Jobs

Neben dem Generieren von zusätzlichem Auftragsvolumen kann die Fotorotar dank der Xerox DocuColor iGen3 auch die Wertschöpfung bereits bestehender Aufträge steigern.

Dazu ein Beispiel: Kinobetreiber Pathé verteilt jede Woche sein aktuelles Programm in 10 000 Haushalte. Die Flyer werden auf A3 im 6er-Nutzen gedruckt, was eine Auflage von etwa 1600 ergibt. Dabei ist es für Pathé nicht damit getan, alte Filme durch aktuelle zu ersetzen. Jede Woche werden die Filme neu auf die verschiedenen Säle verteilt, und der Flyer erhält neue Bilder. Mit dem Offsetdruck bedeutete dies Woche für Woche einen enormen Zeitdruck. Jetzt, mit der iGen3, hat Pathé volle zwei Tage länger Zeit, das Kinoprogramm anzupassen. Durch geringeren zeitlichen Druck sinkt natürlich auch die Fehlerquote.

Die gesamte Vorbereitung mit Plattenbelichtung etc. entfällt, und nach dem Druck braucht die Farbe nicht zu trocknen. Im Extremfall werden die Daten am Vormittag angeliefert und bereits am Nachmittag sind die Flyer versandfertig.

Die Fotorotar ermöglichte es Pathé zudem, die Daten jeweils als Certified PDF zu liefern, wodurch sich Fehler bei der technischen Aufbereitung vermeiden lassen.

Nach dem Druck werden die Bogen automatisch geschnitten. Ein Strichcode auf dem Bogen sagt der Schnittmaschine, wie sie den Bogen zu schneiden hat – so wäre es auch möglich, einen heterogenen Stapel verschiedener Dokumente automatisch durch die Maschine zu lassen.

Fazit

Die Xerox DocuColor iGen3 ist das grösste derzeit erhältliche Digitaldrucksystem. Gleich mit diesem Gerät ins Digitaldruckgeschäft einzusteigen, mag riskant erscheinen. Doch die Fotorotar macht den Eindruck eines soliden Unternehmens, und die bisherigen Erfahrungen der Firma zeigen, dass im Digitaldruckbereich viel Potenzial liegt. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Druckerei parallel dazu attraktive Dienstleistungen bietet, die mit dem Gerät zusammenspielen. Bei Fotorotar ist das mit Fotobuch- und Web-to-Print-Lösungen bereits der Fall. Und diese Bereiche will die Firma künftig noch weiter ausbauen.

 

Kasten: Xerox DocuColor iGen3

Die Xerox DocuColor iGen3 war schon in der ersten Version mit einer Druckleistung von 100 Seiten pro Minute das mit Abstand schnellste Bogen-Digitaldrucksystem im Farbbereich. Xerox hat diesen Vorsprung nun noch ausgebaut: Der im März 2005 eingeführte neue Typ der iGen3 druckt 110 A4-Seiten pro Minute. Die iGen3 ist für 1,2 Mio. Drucke pro Monat konzipiert.

Zu einer schnellen Produktion trägt auch der optionale Online-Finisher bei, der im Gleichschritt mit der Druckproduktion automatisch schneidet, falzt oder heftet.

Die maximal 12 Papierschächte sind flexibel verwendbar. In Frage kommen viele für den Offset verwendbare Papiere mit einem Maximalformat von 36×52 cm. Werden die Schächte mit unterschiedlichem Material gefüllt, kann die iGen3 aus mehreren Materialien zusammengesetzte Drucksachen in einem Durchlauf erstellen (z.B. ein Ordner mit den Registern). Alternativ können die Schächte auch mit dem gleichen Medium gefüllt werden, um eine grösstmögliche Kapazität zu erreichen. Natürlich lassen sich die Schächte während des Druckens nachfüllen. Dasselbe gilt auch für die Toner.

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