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Erreicht der Digitaldruck heute Offsetqualit�t?

Hersteller von Digitaldruckanlagen vergleichen die Qualität ihrer Produkte meist mit dem Offsetdruck. Während Vergleiche bisher nach subjektiven visuellen Kriterien erfolgten, hat System Brunner erstmals eine messtechnische Bewertung vorgenommen.

DANIEL WÜRGLER Der elektrofotografische und der Inkjet-Digitaldruck haben sich in den letzten Jahren qualitativ stark verbessert und in der Zwischenzeit einen festen Platz bei der Herstellung von Drucksachen im Kleinstauflagenbereich in Kombination mit individuellen Dienstleistungen erobert. Wenn sich die Hersteller von Digitaldruckmaschinen qualitativ positionieren möchten, vergleichen sie die Druckqualität oft mit dem Offsetdruck. Doch was heisst eigentlich Offsetqualität bei einem Druckverfahren, das grossen Schwankungen unterworfen ist? Bei vergleichbarer Auflösung und gleichem Farbumfang gilt die Sicherheit in der Farbwiedergabe als wichtigstes Kriterium für Offsetqualität. Auch bei der visuellen Beurteilung von Bilddrucken gibt man der Farbwiedergabe höchste Priorität. Erreicht wird die Farbreproduzierbarkeit durch Einhalten von Druckstandards, was wiederum nur mit dem Beherrschen des entsprechenden Verfahrens gelingt.

Bisherige Vergleiche verschiedener Digitaldrucktechniken erfolgten mehrheitlich nach visuellen Gesichtspunkten wie z. B. Passer, Lichter/Tiefenzeichnung, Regelmässigkeit von Flächen oder Verläufen, Auflösung, Wiedergabe von kleinen Schriften usw.

System Brunner hat nun erstmals eine messtechnische Bewertung der Farbwiedergabe vorgenommen und eine Anzahl Digitaldruckanlagen mit dem Industriestandard «Eurostandard System Brunner» verglichen.

Proof Checker bewertet auch Digitaldruck

Analyse und Bewertung erfolgten hauptsächlich mit dem Proof Checker, einem von System Brunner entwickelten Prüfsystem, mit dem schnell festgestellt wird, ob die gelieferten Druckdaten im definierten Offsetstandard liegen und somit problemlos abzustimmen sind. Für die Beurteilung spielt es keine Rolle, ob das Ausgabegerät mit elektrofotografischem Toner oder einem Inkjet-Druckverfahren – mit oder ohne Rasterpunkte – arbeitet.

Das ist auch verständlich, denn jedes Druckbild ist aus Farbpartikeln aufgebaut, und dem Messgerät, welches ausgewählte Referenzfelder im Kontrollstreifen erfasst, ist es egal, ob dies autotypische Raster, Linienraster,

FM-Raster oder Farbtonerpartikel sind. Den Rest besorgen die in die Software integrierten Formeln und Algorithmen.

Die Proof-Checker-Lösung ist das weltweit erste Mess- und Bewertungssystem, welches nicht nur Offsetdrucke, sondern auch Proofs und Digitaldrucke auf ihre Übereinstimmung mit dem Offsetstandard prüfen kann. Dazu dient das Messelement «Proof Zebra­strip», welches gratis von der Website von System Brunner heruntergeladen und mitgedruckt werden kann. Dieses wird mit einem Scanning-Spektrometer sekundenschnell ausgemessen. Die Software analysiert, bewertet und gewichtet über 50 Parameter aufgrund ihres farblichen Einflusses im Bild und bewertet die Druckqualität im Vergleich zum definierten Standard. Mit dem 5-Star-Rating wird die Qualität einfach verständlich bewertet. Hohe Priorität erhält dabei die so genannte HomogenBalance.

Es zeigte sich, dass die Proof-Checker-Bewertung mit dem visuellen Eindruck übereinstimmt und deshalb auch für den Digitaldruck sehr interessant ist.

Verschiedene Digitaldruck­maschinen geprüft

In einer Versuchsreihe wurden bei verschiedenen Anwendern von Digitaldruckdienstleistern deren Systeme geprüft. Mehrere Maschinen von Canon, HP Indigo, Konica Minolta, Kodak, Océ, Xeikon und Xerox druckten zwei anspruchsvolle Testformen im A3-Format. Die Vorgabe zur Herstellung der Digitaldrucke lautete: Einstellungen und Kalibration der Maschine sollen vor dem Druck gemäss Vorschriften der Hersteller erfolgen. Der Druck soll die bestmögliche Übereinstimmung mit dem Offsetdruck ergeben, wie das auch bei Kundenaufträgen der Fall ist. Der Operator erhielt jedoch keine Vorlage als visuelle Referenz, weil er sonst durch verschiedene Korrektureingriffe die gesamte Bestandesaufnahme verfälscht hätte.

Die Testformen enthielten verschiedene Messelemente, homogene Rasterflächen, den bekannten Graubildschirm mit feinsten Grauabstufungen von den Hochlichtern bis zur Tiefe, den Proof Zebrastrip und anspruchsvolle Testbilder. Auswertung und Analyse erfolgten anschliessend bei System Brunner in Locarno mit dem Proof Checker und weiterer Software, welche bei der Auswertung von Druckmaschinentests zur Anwendung kommen.

Resultate im Digitaldruck

Es zeigte sich, dass einzelne Drucksysteme mit 3 Sternen bereits eine gute Annäherung an den Eurostandard Offset erreichen, die meisten jedoch im Qualitätsbereich von 0 bis 2 Sternen liegen. Alle getesteten Systeme weisen aber Schwächen auf, welche zu deutlichen visuellen Abweichungen im Vergleich zu optimalen Druck- oder Proofergebnissen führen.

Dies betrifft beispielsweise die Gradationskennlinien, die mehr oder weniger zackig waren, zu hoch oder zu niedrig gegenüber den Eurostandardkenn­linien liegen oder eine zu hohe Spreizung zeigten. Das wirkte sich auch auf die Graubalance aus, die – mit der HomogenBalance beurteilt – eine mangelhafte Homogenität zeigte.

Die Graubalancefelder von 20 Helligkeitsstufen werden im Messelement über die Remissionskurven erfasst, farbmetrisch umgerechnet und im System Brunner Hexagon dargestellt. Die 20 Messpunkte werden als Abweichungen von der Neutralgrauachse gezeigt und bewertet.

Orientiert sich der Digitaldruck am Offsetdruck?

Die Orientierung des Digitaldrucks am Offsetdruck wird dadurch bestätigt, dass sich bereits verschiedene Digitaldruckanlagen mit ihren Basispigmenten farbmetrisch an die Definitionen im Offsetdruck annähern und nicht wie im heutigen Digitalproofing üblich mit reineren Pigmenten arbeiten.

Dabei könnte sich der Digitaldruck durchaus auch vom Offsetdruck unterscheiden. Verschiedene Anlagen sind beispielsweise in der Lage, einen höheren Farbumfang zu erreichen oder mit anderen Farben spezielle Effekte zu erzielen.

Prozessschwankungen

Die Beurteilung der Testdrucke erfolgte nicht einfach an einem einzelnen, zufällig ausgewählten Druckexemplar. Vielmehr hat System Brunner von jedem Digitaldrucksystem bis zu 100 nacheinander gedruckte Exemplare auf ihre Prozessschwankungen analysiert und mit dem Offsetdruck verglichen. System Brunner hat umfangreiche Erfahrungen anhand Hunderter Testdrucke in allen Formatklassen gesammelt. Mit spezieller Software werden die Prozessschwankungen in verschiedenen Posi­tio­nen des Druckbogens analysiert und zusammenfassend mit dem Sternensystem bewertet. Es zeigte sich, dass die Qualität der Ergebnisse auch im Digitaldruck von der Maschineneinstellung und der Wartung abhängt. Heute weist der Offsetdruck insgesamt eine bessere Prozessstabilität auf, insbesondere bei den Kleinformaten. Die regelmässige Maschinenpflege mit Austausch von Verschleissteilen und die Neukalibration erfordern bei einzelnen Anlagen einen nicht unbedeutenden Aufwand, der jedoch zur Erzielung einer gleichmässigen Qualität notwendig ist. Die Hersteller von Digitaldruckanlagen unternehmen Anstrengungen, um den Anwender zu entlasten und diese Kalibrationsschritte zu automatisieren. Hingegen fällt die Langzeitwiederholbarkeit (wiederholter Test nach ca. einer Woche), welche bei einzelnen Maschinen geprüft werden konnte, eher zugunsten des Digitaldrucks aus.

Digitaldruckmaschinen verbessern

Ob sich das Druckergebnis einer Digitaldruckmaschine verbessern lässt, hängt vom RIP und dem Front-End des jeweiligen Drucksystems mit den Eingriffsmöglichkeiten in die Farb- und Drucksteuerung ab. Professionelle Digitaldruckmaschinen für die Druckindustrie erlauben dem Anwender, Eingriffe in die Tonwertkurven oder die Maximaldichten und weitere Korrekturen vorzunehmen. Dadurch lassen sich die Systeme relativ schnell auf eine höhere Qualitätsstufe kalibrieren.

Einige Hersteller von Digitaldrucksystemen haben inzwischen eine messtechnische Kontrolle in ihre Drucksysteme integriert, welche die Ergebnisse auf bestimmte Sollwerte hin automatisch ausgleichen oder auch Einflussgrössen wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Drucksystem konstant halten.

Die Zusammenarbeit mit System Brunner und die Integration der Kalibrationstechnik von System Brunner ermöglichen enorme Qualitätsverbesserungen sowie die Übereinstimmung mit dem Offsetstandard und speziellen Druckbedingungen.

Wen interessiert das?

Mit der Instrument-Flight-Technologie hat System Brunner 1993 ein System eingeführt und stetig weiterentwickelt, das die Verfahrensbeherrschung im Offsetdruck wesentlich gesteigert und der Branche zu einer höheren Konkurrenzfähigkeit verholfen hat.

Heute wird mit einem Scanning-Spek­trometer ein gedruckter Kontrollstreifen gemessen, die beste Farbkorrektur mit Priorität Graubalance berechnet und ausgeführt. Es wird eine detaillierte Analyse des Druckergebnisses zum definierten Standard vorgenommen und die Qualität mit bis zu fünf Sternen bewertet. Seit mehreren Jahren bewährt sich diese Technologie in der Praxis. Sie ist in der Qualitätskontrolle der Manroland-Bogendruckmaschinen integriert. Erfolge erzielt sie auch mit dem Mess- und Regelsystem Quad Tech Inline in Rollenoffsetmaschinen. Gegen 400 Rotationsmaschinen weltweit sorgen dank dem integrierten Instrument-Flight-System dafür, dass die Anlaufzeit und damit der Zeit- und Materialaufwand an der Druckmaschine so klein wie möglich sind und die Auflage farblich konstant gehalten wird.

Aus der Entstehungsgeschichte des Proof Checker wird deutlich, dass die Rollenoffsetdrucker mit dem Quad-Tech-Instrument-Flight den Eurostandard Offset von System Brunner akzeptiert haben, weil er aufgrund der erweiterten Definitionen (inklusive Graubalance) eine sehr hohe Farbkonstanz gewährleistet. Anwender aus Deutschland sagen, dass dieser Standard genau in der Mitte jenes Scheunentores liegt, den der Prozessstandard Offset wegen seiner grossen Toleranzen offen lässt.

Doch auch für den Digitaldruck ist die Proof-Checker-Technologie interessant:

  • Offsetdruckereien und Vorstufenbetriebe können nicht nur ihre Proofs auf den Offsetstandard abstimmen, sondern auch ihre Digitaldruck­maschinen.
  • Digitaldruckereien können objektiv prüfen, wie nahe ihre Druckresultate an den Offsetstandard herankommen, die Druckausgabe – wenn möglich – optimieren und damit bei ihren Kunden Vertrauen schaffen. Das Qualitätslabel Proof Report weist die erreichte Qualität aus und gibt dem Anwender die Sicherheit, dass die vom Kunden erwarteten Ansprüche eingehalten werden.
  • Einzelne Digitaldrucker benutzen ihr System, um zwischendurch «Proofs» für den Offsetdruck herzustellen. Hier schafft die Proof-Checker-Bewertung mit dem Qualitätslabel die notwendige Klarheit, ob und wie gut das Ergebnis den Offsetstandard erreicht.
  • Offsetqualität erreichen heisst Druckstandards einhalten

    Der Offsetdruck ist bekanntlich grossen Schwankungen unterworfen, die Resultate werden von vielen Faktoren beeinflusst: Druckfarben, Papier, Feuchtmittel, Gummitücher, Maschineneinstellung und Wartung, Rasterfrequenz, Druckplattenbebilderung usw. Ohne die ständige Überwachung der Prozesse fallen die Ergebnisse von Druckmaschine zu Druckmaschine, von Tag zu Tag, sogar von Druckform zu Druckform sehr unterschiedlich aus.

    Der Eurostandard System Brunner wurde von Felix Brunner Mitte der Siebzigerjahre aufgrund breit abgestützter Praxisergebnisse als erster Industriestandard definiert und in den letzten 30 Jahren kontinuierlich erweitert, präzisiert und den sich ändernden Technologien angepasst. Er erreichte bald europaweite und in den 80er-Jahren weltweite Anwendung. Heute sind 50 Parameter in den Definitionen, welche in den Softwarelösungen von System Brunner hinterlegt sind, enthalten. Die erreichte Qualität wird zusammenfassend nach ihrem farblichen Einfluss im Bild mit Sternen bewertet. Die Sollwerte des Eurostandards liegen zugleich in den Toleranzen der ISO 12647-2, sind aber viel umfassender.

    Die Parameter setzen sich aus 37 prozessbezogenen Bewertungskriterien (BCMY-Tonwertzunahmen, Volltondichten, Übertragungskennlinien, verschieden wirksame Farbbalancen, Übereinanderliegen der drei Primär­farben usw.) und 13 farbmetrischen Bewertungskriterien (farbliche Erscheinung der Primär- und Sekundärfarben in Vollflächen und Rasterstufen, Homogenität der Graubalance von den Lichtern bis zur Tiefe, Weissegrad des Papiers usw.) zusammen.

    Dank den umfassenden Einflusskriterien lassen sich verschiedene Prozesse und Drucktechnologien besser analysieren, regeln und kalibrieren. Dies führt zu einer höheren Prozesssicherheit in allen Arbeitsstufen.

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