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Farbmanagement: Farben mit CS2

Farbmanagement Teil 1

Farben mit Adobe Creative Suite 2

Mit der jüngsten Version legt Adobe in Sachen Medienneutralität ein Brikett nach! Zuerst aber die etwas andere Farbmanagement-Repetition :-)

PETER LAELY Dieser ­Artikel gibt allen Farbmanagement-­Muffeln die Chance, eventuell bisher Verpasstes nachzuholen, quasi mit Schirm, Charme und Melone. Der Artikel basiert auf dem Vortrag anlässlich der InDesign-Konferenz auf dem Gurten Anfang September 2005.

Man erlaube mir zum Einstieg einen kleinen Ausflug ins unvermeidlich Philosophische – nämlich die Frage, ob, wo, wie und wann Farbmanagement aktiv betrieben werden soll.

CMS im Layoutprogramm ­aktivieren oder nicht?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es kommt auf die Aufgabe an. Was für einmal richtig ist, muss in einer anderen Situation nicht unbedingt zutreffen. Das Sprichwort «Schuster, bleib bei deinem Leisten» besitzt nach wie vor Gültigkeit. Wer das Thema Separation oder auch Farbmanagement scheut wie der Teufel das Weihwasser, soll sich damit also auch nicht auseinander setzen (müssen). Denn was man nicht mag, macht man nicht gut.

Immer wieder wird die Frage gestellt, ob denn nun CMYK- oder RGB-Daten die richtige Wahl sind. Siehe oben! Wenn die fotografierende Person nichts über die CMYK-Welt weiss, liefert sie vorzugsweise den RGB-Datenbestand ab und vertraut darauf, dass die Daten «prozessgerecht» von Fachleuten separiert werden – hoffentlich ist das denn auch so! Und sehen Sie, da liegen ja meine persönlichen Zweifel. Als Sachverständiger separiere ich auch heute noch selbst, weil ich weiss, was ich tue, und eben nicht weiss, wer später im Ablauf was mit welcher Fachkompetenz mit meinen schönen Bildchen macht. Konkreter? Nehmen wir diesen Fachartikel als Beispiel. Wie kann ich wissen, dass meine Screen­shots richtig separiert werden? Da stellt sich zuerst mal die Frage, wie man denn Farbstrichvorlagen richtig in CMYK zerlegt, und zweitens wird ein entsprechendes ICC-Profil benötigt, in diesem Falle also möglichst ein starker Unbunt-Aufbau. Die Separation mit den heute üblichen ISO-Profilen führt nicht zum gewünschten Ergebnis. Wenn ich also in der glücklichen Situation bin, dies zu wissen, wieso soll ich die Kontrolle über mein Produkt aus der Hand geben? Für diesen Artikel schalte ich das CMS ab und übergebe fertig separierte Dateien

Denoch, es gibt auch für Profis einige gute Gründe, das CMS in InDesign CS2 zu aktivieren. Beispiele können gewisse Proofsituationen bei ungenügender RIP-Funktionalität sein, ausgabeseitig erforderliche Umrechnungen in andere Zielfarbräume bei der PDF-Erzeugung, ein durchgehender RGB-Arbeitsablauf für Fotografen oder auch das echtfarbige Arbeiten im Gestaltungsprozess.

Primär jedoch, und dies ist relativ neu, ermöglicht InDesign CS2 den gemischten RGB-CMYK-Ablauf. Seit der CS2-Version kann man die Variante «Save» benutzen, um die CMYK-Daten unberührt zu erhalten. Dies hilft vor allem CMS-unerfahrenen Personen, Fehler zu vermeiden, beispielsweise der bunte Textaufbau nach einer CMYK-LAB-CMYK-Transformation. Dieser Modus verhindert aber auch die Neuseparation von bereits vierkanaligen Bildern, wenn Quell- und Zielprofil nicht übereinstimmen.

Für den Laien bedeutet es aber viel mehr. Exakt dahin geht die Reise. CMYK-Novizen, farb­unerfahrene Personen, an Farbe schlicht und einfach nicht interessierte Anwender/innen erhalten dank InDesign CS2 den Freiheitsgrad, den sie sich wünschen. Nämlich ihre Daten farbmodellunabhängig zu platzieren, Farben nach Geschmack zu definieren und in der Ausgabe festzustellen, dass es funktioniert. So sollte es doch sein, das wollen alle. Machen wir uns mit den Spielregeln vertraut!

ID CS2 nach der Installation

InDesign CS2 hat das CMS standardmässig nach der Installation aktiviert. Sind Sie damit nicht einverstanden, so wählen Sie am besten die Variante «Simulieren: InDesign 2.0 CMS deakti­viert»!

Mit der Adobe Bridge können Sie im BridgeCenter gleich alle Adobe-CS2- Applikationen mit demselben ICC-Farbsetup versehen. Ausser Adobe Acrobat, welches offensichtlich noch keinen CS2- Status besitzt. In Acrobat 7 müssen Sie also das CMS unter den Grundeinstellungen manuell abgleichen.

Was muss ich können?

Ein Muss ist das Beherrschen der ICC-Farb­architektur in Adobe Photoshop. Im Gegensatz zu Layoutprogrammen ist unserer Ansicht nach das sichere Anwenden von CMS im Bildprogramm ausschlaggebend. Also müssen Sie zumindest in Adobe Photoshop CMS-tauglich sein.

Sie sollten die Richtlinien kennen, nach denen das Programm Warndialoge mit Multiple-Choice-Fragen stellt, wie denn nun je nach Situation weiterzufahren ist. Dabei sollten Sie sich im Beantworten dieser Fragen sicher und wohl fühlen, weil Sie um die Zusammenhänge wissen. Das darf nicht unterschätzt werden.

Ab Version 6.01 ist das Farbhandling von Photoshop praxisgerecht.

Weiter ist natürlich der kalibrierte Monitor eine grosse Hilfe. Lassen Sie sich zu Weihnachten ein Monitor-Kalibrier-gerät schenken – für einige hundert Franken sind Sie dabei.

Die heutige Praxis in der Druckvorstufe

Ausnahmen mögen die Regel bestätigen. Die Regel ist, dass im Bildbearbeitungsprogramm mit CMS gearbeitet wird (hmm, und doch nicht immer) und die Bilder abschliessend in das Ziel-CMYK separiert werden. Im Layoutprogramm hingegen wird CMS kaum eingesetzt. Proofen aber zählt nebst der echtfarbigen Darstellung in Adobe Photoshop zu der Paradedisziplin im Farbmanagement. Klar, der Zielfarbraum, sprich das endgültige Druck­resultat, soll im Farbraum des Proofers dargestellt werden. Die definitive Ausgabe wieder­um kann ohne CMS erfolgen, da ja im Bildbearbeitungsprogramm bereits für den Zielfarbraum separiert wurde.

Wo bleibt der RGB-Arbeits­ablauf?

Tja, Macht der Gewohnheit vielleicht? Strategie? Immer wieder postuliert, jedoch selten bis gar nie realisiert. Dass ältere Lithografen CMYK bevorzugen, ist ja verständlich. Ich vergesse den Augenblick nie in meinem Leben, als ein derartiger Künstler mit Blick auf vier schwarze Filmauszüge bemerkte, dass das Grasgrün zu fest verschmutzt sei! Strapaziertes Vorstellungsvermögen, an Abstraktheit kaum zu übertreffen, dachte ich, an was alles sich der Mensch doch anpassen respektive gewöhnen kann! Diese Personen lassen sich aber davon überzeugen, dass die meisten Farbkorrekturen im RGB- oder CMYK-Modus leichter zu bewerkstelligen sind. Genügend Fachkenntnisse und Erfahrung der ausbildenden Person vorausgesetzt. Weiter ist es eine Tatsache, dass das Berufsbild Lithograf (fast) gestorben ist. Die heutigen jungen Polygrafen lernen die Bildbearbeitung an farbig leuchtenden Monitoren. Die von früher her bekannte Farbsicherheit, also Farben alleine aufgrund von Werten beurteilen zu können, ist kaum mehr anzutreffen. Man sieht ja, wie es ausschaut, sofern der Monitor kalibriert ist. Zudem bietet Adobe Photoshop die Möglichkeit, dreikanalig zu arbeiten und in Abhängigkeit des ICC-CMYK-Profils vierkanalig zu messen und Auszüge zu betrachten, ohne separiert zu haben. Soweit nichts Neues.

Zurück zur Macht der Gewohnheit. Wie lautet – bloss ungefähr – der Wert eines RGB-Orange? Zugegeben, 30/100 ist auch für mich einfacher, da gewohnt! Genau da aber liegt ein Hase im Pfeffer. Wer den RGB-Ablauf befürwortet, meint damit ausschliesslich die Bilder. Aber vor allem Text und wohl auch die meisten geometrischen Figuren wurden und werden in CMYK angelegt. Stellen Sie sich mal all die bereits existierenden Logos aus Adobe Illustrator und Freehand vor, welche allesamt in CMYK definiert wurden.

Langer Rede schwacher Sinn: Heutzutage gibt es im besten Falle einen gemischten Ablauf mit RGB- und CMYK-Farbdefinitionen. Und dazu bedarf es einer perfekt funktionierenden Software, welche es erlaubt, beide Farbmodelle gleichzeitig einzusetzen. Geneigte Leser/innen vermuten richtig: Adobe InDesign CS2 bietet exakt diese Funktionalität.

Die etwas andere CMS-­Repetition

Bevor wir uns nun diesem Bollwerk InDesign farblich nähern, möchte ich das Funktionieren der Farbe in Adobe Photoshop erläutern. Nicht schon wieder, mögen Sie denken, aber leider ist es immer noch vielen Leuten nicht geläufig oder zu kompliziert. Oft wird uns in Vorabklärungen zu Schulungen versichert, dass alle Mitarbeiter die ICC-Farbarchitektur von Adobe Photoshop im Griff haben. Die Praxis aber zeigt nicht selten ein anderes Bild. Die wichtigsten Grundeinstellungen sollten allen bekannt sein:

  • Arbeitsfarbräume für RGB, CMYK, Graustufen und Volltonfarben
  • CMS-Richtlinien für das Verhalten bei Profilkonflikten­Optionen zum Rendering Intent sowie Tiefenkompensation

Weiter sollte auch Sicherheit resp. Bewusstsein in den folgenden Punkten herrschen:

  • wahr­scheinlich haben Sie für Bogen- oder Rollenoffset separiert, überprüfen Sie dies und weisen Sie den Bildern korrekte Profile zu.
  • Seien Sie kreativ und probieren Sie verschiedene Profile aus. Stammt ein Bild von einer digitalen Kamera ohne RAW-Unterstützung, starten Sie meist mit sRGB richtig.
  • Für viele Situa­tionen sind die frei erhältlichen ISO-Profile richtig.
  • Aktivieren Sie «Schwarze Druckfarbe simulieren» und speichern Sie das Setup so ab, dass es mit den Farbeinstellungen übereinstimmt. Tun Sie dies, wenn keine Datei geöffnet ist, wird das Setup zur Programmvorgabe.
  • Mit dem Aufkommen des Internets nehmen Logos in Bilddatenformaten zu. Diese Strichvorlagen benötigen für eine bessere Wiedergabe im CMYK einen Unbuntaufbau.

Es leuchtet ein, dass Personen, welche das Farbmanagement nicht «mögen» oder sich unsicher fühlen, es schwerer haben, all diese Regeln sicher anzuwenden. Basierend auf einer Idee meines Kompagnons «Schnasy» versuchen wir, die gesamte «Konvertieren»- resp. «Nichtkonvertieren»-Angelegenheit mit einem Rollen­spiel darzustellen:

Farbvoreinstellungen = das Land, das Bundeshaus der Schweiz (Legislative), welches vorschreibt, wie was zu handhaben ist

Bilder = Menschen aus verschiedenen Ländern

Profile = Ausweise dieser Menschen

Profilwarnungen beim Öffnen von Dateien = Schweizer Zöllner an der Landesgrenze (Exekutive). Er sorgt dafür, dass beim Eintritt in die Schweiz die Richtlinien der Legislative eingehalten werden.

Mit diesem Rollenspiel versteht sogar meine Mama, wie Photoshop arbeitet. Ist beispielsweise ECI-RGB als RGB-Arbeitsfarbraum voreingestellt und man öffnet ein RGB-Bild, welches das Adobe-RGB-Profil beinhaltet, erscheint die Warnung, welche darauf hinweist, dass nun ein Konflikt mit den getroffenen Farbeinstellungen vorliegt. Um Konvertierungen zu vermeiden, entscheidet man sich, temporär das eingebettete Profil zum Arbeitsfarbraum zu erheben. In unserem Rollenspiel ist es der Italiener, welcher an der Grenze steht und das Bild repräsentiert. Sein Pass ist das Adobe-RGB-Profil, die Schweiz ist in diesem Falle das ECI-RGB-Profil. Der Zöllner lässt sich überzeugen, dass der Italiener bloss zu Besuch durch unser Land reisen will, wie auch das Bild mit dem Adobe-RGB-Profil quasi als Tourist durch den Photoshop reist. Am Beispiel dieses Szenarios ist es ein Kinderspiel, zu verstehen, dass es sich dabei um die PhS-Richtlinie «Eingebettetes Profil verwenden» (anstelle des Arbeitsfarbraumes) handelt.

Soll in einer anderen Situation konvertiert werden, so entspricht dies simpel und einfach der Einbürgerung. Der Italiener mutiert auf dem Papier zum Schweizer, sprich das Adobe-RGB wird in den ECI-RGB-Farbraum umgerechnet. Der Italiener wird auch als Schweizer Italiener bleiben, mit seiner Mentalität und mit seinem Aussehen. Genau wie das Adobe-RGB-Bild, welches in den ECI-Farbraum umgerechnet wurde. Die Bildverhältnisse bleiben erhalten, das Aussehen mehr oder weniger auch. Und eventuelle Verluste, egal ob dank Einbürgerung oder Konvertierung, sind genauso nachvollziehbar. Oder kennen Sie einen Italiener, welcher nach einer CH-Einbürgerung nicht blasser wird…?

Vom Bild- zum Layoutprogramm

Im Bildprogramm wird immer nur mit einem Farbmodell je Datei gearbeitet. In Layoutprogrammen hingegen sind in der Regel mehrere Objekte integriert. Damit nun effizient gearbeitet werden kann, soll es möglich sein, diverse Farbmodelle gleichzeitig in einem Dokument anzuwenden. Beispielsweise eben Bilder im RGB- und CMYK-Modus, Text im Schwarz, Grafiken im CMYK-Modell.

Auf unser Rollenspiel bezogen, benötigen wir somit einen zusätzlichen Schauspieler. Die Rolle soll einem Container entsprechen, welcher verschiedene Personen (Bilder) aufnehmen kann:der britische Bus mit einer Fussballmannschaft! Sie werden sehen, damit werden die CMS-Optionen von Adobe InDesign CS2 leicht verständlich.

Mehr dazu in der nächsten Publisher-Ausgabe.

CMS-Serie

Dieser Artikel wird im Heft 1-06 fortgesetzt. Schwerpunkt: Adobe InDesign CS2.

Heft 6-05 CMS-Überlegungen und Farbarchitektur-Repetition Adobe Photoshop ab Version 6
Heft 1-06 Farbmanagement mit Adobe InDesign CS2, Fortschritte in der Medienneutralität

 

 

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