Dossiers >> Photoshop >> Fachartikel >> Flexibilit�t ohne Ende
Artikel als PDF

Flexibilit�t ohne Ende

Flexible Reaktion auf Kundenwünsche ist für Dienstleister im modernen Publishing (über-)lebenswichtig. Das gilt auch für die Bildbearbeitung. Umso erstaunlicher ist es, dass viele Anwender die entsprechenden Möglichkeiten in Photoshop wenig nutzen.

Sven Fischer Jeder, der Bildbearbeitung im Kundenauftrag durchführt, weiss, dass immer wieder kurzfristige Änderungen gemacht werden müssen. Dann ist meist die Zeit knapp und die Nerven liegen blank. In solchen Situationen ist es äusserst vorteilhaft, Änderungen schnell, flexibel und mit minimalem Aufwand vornehmen zu können.

In der Bildbearbeitung bedeutet dies, vorgenommene Modifikationen jederzeit editieren und ändern zu können, ohne alles neu machen zu müssen oder immer wieder neu in ein Bild einrechnen zu lassen.

Zerstörungsfreie Bildbearbeitung hat das Ziel, ein digitales Bild weitgehend im Originalzustand zu belassen und möglichst viele Bearbeitungen oder Veränderungen so anzulegen, dass sie diesen Originalzustand nicht beeinträchtigen. Darüber hinaus sollen Veränderungen am Bild, also Korrekturen und Montagen, so durchgeführt werden, dass sie jederzeit wieder editier- und änderbar sind.

Der Trend zu dieser modernen Form der Bildbearbeitung zeigt sich in Photo­shop schon seit einigen Versionen und ist inzwischen ziemlich ausgeprägt.

Farbraum

Zerstörungsfreie Bildbearbeitung be-​­​​ginnt mit einem kalibrierten Monitor, die Daten sollten im RGB-Farbraum vorliegen und in diesem Farbraum bleiben. Die Umwandlung in CMYK erfolgt, wenn überhaupt, beim Druckvorgang im RIP. Eine zwingende Notwendigkeit, die Originaldaten überhaupt in den CMYK-Modus zu übertragen, gibt es eigentlich nicht, da jeder Druckertreiber und jeder PostScript-RIP eingehende RGB-Daten automatisch in CMYK wandelt. Die Steuerung dieses Prozesses erfolgt mithilfe von Farb­managementprofilen.

Ohne Farbprofile ist eine konsistente Verarbeitung und Bearbeitung von Farbinformationen sowieso nicht möglich. Konsequentes Farbmanagement ist gerade in Zeiten des Crossmedia-Publishing eine grundlegende Notwendigkeit.

Ebenen

Ein zentrales Element zerstörungsfreier Bildbearbeitung bilden die Ebenen, in all ihren Erscheinungsformen. Das beginnt mit dem Einsatz von Einstellungsebenen. Sie dienen dazu, Bearbeitungsschritte aus dem Menü Korrekturen verlustfrei auf Ebenen anzuwenden.

Normalerweise sind solche Korrekturen zu einem späteren Zeitpunkt nicht wieder revidierbar, da es dann keinen Zugriff auf die einmal vorgenommenen Einstellungen mehr gibt. Bildveränderungen, die über eine Einstellungsebene erzielt werden, lassen sich hingegen jederzeit wieder variieren. Die vorgenommenen Einstellungen bleiben erhalten und sind komplett editierbar. Die Veränderungen werden also nicht in die Bildpixel hineingerechnet, sondern liegen auf einer eigenen Ebene, wodurch das Originalbild unverändert bleibt.

Ein typisches Beispiel für den Vorteil der zerstörungsfreien Bildbearbeitung bietet die Gradationskurve. Dieser Dialog wird von den meisten Anwendern eingesetzt, um Helligkeit und Kontrast eines Bildes zu optimieren. Vielen ist dabei allerdings nicht bewusst, dass jeder Einsatz der Gradationskurve die Anzahl der Tonwertstufen im Bild reduziert.

Ein übliches 8-Bit-Bild besitzt maximal 256 Helligkeitsabstufungen. Durch Korrekturen mithilfe der Gradationskurve werden Tonwerte eliminiert. Die Menge ist abhängig von der verwendeten Korrekturkurve. Die Anzahl der Abstufungen lässt sich später nicht wieder erhöhen.

Eine solche Korrektur führt schnell zu so genannten Tonwertsprüngen, die sich als Abrisse im Bild zeigen. Je stärker die Änderung bei Helligkeit oder Kontrast ausfällt, umso deutlicher sind die Sprünge zu erkennen. In Verläufen oder Farbübergängen zeigen sie sich beispielsweise in Form von abgerissenen Kanten anstelle kontinuierlicher Übergänge.

Beim Einsatz der Gradationskurve mithilfe einer Einstellungsebene wird die Korrektur zunächst auf eine Ebene gelegt, die Pixel der eigentlichen Bild­ebene bleiben unverändert. Darüber hinaus haben wir jederzeit Zugriff auf die verwendete Kurve und können diese nachträglich anpassen. Das ist mit dem Menübefehl Gradationskurve nicht mehr möglich. Hier zeigt Photo­shop bei erneutem Aufruf des Dialogs die bekannte schräge Linie, geht also von dem aktuellen Zustand des Bildes aus. Eine erneute Gradationskorrektur würde zur bereits erfolgten Korrektur hinzugerechnet werden und die Abrisse im Bild verstärken.

Seit Version CS 4 bietet Photoshop über das Bedienfeld Korrekturen eine direkte Möglichkeit, automatisch Einstellungsebenen anzulegen. Über das Menü Ebene > Neue Einstellungsebene ist diese Technik schon lange in Photo­shop verfügbar.

Die Einstellungen zum jeweiligen Korrekturbefehl erfolgen in den aktuellen Photoshop-Versionen über das Bedienfeld Eigenschaften. Als Ebeneninhalt können fast alle Befehle aus dem Menü Korrekturen verwendet werden, beispielsweise die Helligkeits- und Kontrastkorrekturen (Tonwertkorrektur, Gradationskurve), Farbkorrekturen sowie auch der Kanalmixer oder Schwarzweiss.

Neben der Deckkraft, also der Wirkungsstärke einer Einstellungsebene, kann die Wirkung einer Einstellungsebene auch mithilfe der Füllmodi modifiziert werden. Diese ermöglichen in vielen Fällen einen wesentlich flexibleren und variationsreicheren Einsatz der bekannten Bildkorrekturen. Und sollte eine Korrektur einmal nicht mehr gebraucht werden, macht man die Einstellungsebene einfach unsichtbar, dann wirkt die darauf enthaltene Korrektur nicht mehr, lässt sich aber jederzeit wieder aktivieren.

Da eine Einstellungsebene auch eine Ebenenmaske besitzen kann, ist es zudem sehr schnell und einfach möglich, eine Korrektur nur auf bestimmte Bildteile wirken zu lassen.

Ebenenmasken

Gerade bei Montagen oder klassischen Freistellern bieten Ebenenmasken eine enorme Flexibilität und sind für eine moderne Bildbearbeitung unverzichtbar. Die aktuellen Photoshop-Versionen bieten geeignete Techniken, Ebenenmasken schnell und effektiv zu erstellen.

Vereinfacht ausgedrückt steuern Ebenenmasken das, was man von den Objekten der jeweiligen Ebene sieht oder nicht sieht beziehungsweise wie viel davon zu sehen ist. Schwarze Bereiche der Maske machen den betreffenden Bildbereich unsichtbar, weisse Bereiche sichtbar und graue Bereiche regeln die Abstufungen dazwischen.

Mithilfe des Masken-Bedienfeldes beziehungsweise des Bedienfeldes Eigenschaften in Photoshop CC lassen sich Deckkraft und Härte der Kanten auch flexibel steuern. Da wir eine Maske jederzeit bearbeiten und verändern können, ist es möglich, beispielsweise Bildmontagen flexibel aufzubauen, ohne irgendwelche Bildteile löschen zu müssen. Da sich in einem kreativen Prozess jederzeit Änderungen an einem Bildprojekt ergeben können, spart eine solche zerstörungsfreie Vorgehensweise viel Zeit und schont die Nerven.

Smartfilter

Die interessantesten Möglichkeiten aber beim Thema zerstörungsfreie Bildbearbeitung stellen die so genannten Smartfilter und Smartobjekte zur Ver-fügung. Smartfilter-Ebenen ermöglichen inzwischen für sozusagen alle Photo­shop-Filter einen verlustfreien Einsatz. Die Einstellungen eines Filters lassen sich jederzeit verändern und bearbeiten. Damit sind die Smartfilter für Photoshop-Filter das, was Einstellungsebenen für die Korrekturbefehle sind.

Ein Filter, beispielsweise eine Un­scharfmaskierung oder ein Verzerrungsfilter, verändert die Pixel einer Bildebene unwiderruflich. Bei Kontrastfiltern wie Scharfzeichnern kommt erschwerend hinzu, dass sie teilweise massiv in die Qualitätsstruktur eines Bildes eingreifen.

Es wäre also in jedem Fall sinnvoller, Filter so einsetzen zu können, dass die Bildebene unverändert bleibt und die Wirkung des Filters jederzeit editierbar ist. Genau das ermöglichen Smart­filter-Ebenen.

Um Filter verlustfrei einzusetzen, muss eine Bildebene mit dem entsprechenden Menübefehl im Menü Filter > für Smartfilter konvertiert werden. Natürlich können Sie dann auch mehrere Filter auf eine Ebene anwenden. Sie werden alle unter der Ebene im Ebenen-Bedienfeld aufgelistet. Smartfilter können ebenfalls eine Maske besitzen, allerdings gilt die Maske für alle verwendeten Filter gemeinsam.

Smartfilter lassen sich, wie auch Einstellungsebenen, jederzeit ausblenden. In diesem Fall wirkt der Filter nicht und das Bild zeigt sich im unveränderten Zustand. Auch die Maske für Smart­filter kann beliebig ein- oder ausgeblendet werden.

Smartfilter-Ebenen stellen quasi ein «Bild im Bild» dar, d.h. eine Originalversion der jeweiligen Ebene wird im Hintergrund gespeichert. Eine solche Ebene lässt sich per Doppelklick in einem eigenen Fenster öffnen und bearbeiten. Auch hier stehen dann wieder alle Möglichkeiten wie Einstellungsebenen und weitere Smartfilter zur Verfügung.

Der zerstörungsfreie Einsatz von Filtern ist nicht der einzige Grund, Smartfilter-Ebenen zu nutzen. Ein wichtiger Korrekturdialog, der Befehl Tiefen/Lichter, ist beispielsweise nicht als Einstellungsebene verfügbar. Aber er kann mithilfe einer Smartfilter-Ebene ebenfalls verlustfrei und flexibel eingesetzt werden. Das gilt leider nicht für die HDR-Tonung.

Der Dialog «Tiefen/Lichter» ermöglicht ein differenziertes Aufhellen oder Abdunkeln von Bildpartien, wie es mit einer Gradationskurve kaum oder gar nicht möglich ist. Der Algorithmus geht zudem wesentlich schonender mit der Histogrammstruktur eines Bildes um. Dadurch sind stärkere Korrekturen möglich, ohne Gefahr zu laufen, Abrisse zu produzieren.

Smart Objects

Ähnliche Vorteile bieten die Smart Objects. Dabei werden beim Platzieren von Vektor- oder Pixelbilddaten Smartfilter-Ebenen angelegt. Ein Pixelbild lässt sich dadurch beispielsweise jederzeit verlustfrei skalieren. Natürlich nur bis zur ursprünglichen Bildgrösse. Bei einer Vergrösserung über die Originalbildgrösse hinaus gelten auch hier die Gesetze der Interpolation, die dann, je nach optischer Qualität des Originals, zu sichtbaren Verschlechterungen führen können.

Bei Vektordaten bleibt ein Bezug zur Originaldatei erhalten. Eine Bearbeitung erfolgt in diesem Fall beispielsweise per Übergabe an Illustrator. Dort wird die geänderte Grafik gespeichert und in Photoshop auf ihrer Ebene automatisch aktualisiert. Die Vektor­information wird also nicht gerastert und bleibt auflösungsunabhängig und editierbar.

Auch bei einer Bearbeitung von Rohdaten im Camera-Raw-Modul lassen sich Smart Objects nutzen. Wenn Sie ein bearbeitetes Bild aus Camera Raw an Photoshop weitergeben wollen, drücken Sie dabei die Shift-Taste. Der Button Bild öffnen ändert sich dann zu Als Smart Object öffnen und das Bild lässt sich flexibel in Photoshop weiterbearbeiten. Per Doppelklick auf die Smartfilter-Ebene wird das Original dann wieder im Camera-Raw-Modul geöffnet und die vorgenommenen Einstellungen lassen sich jederzeit editieren.

Gibt es einen Haken?

Der einzige Nachteil der zerstörungsfreien Bildbearbeitungstechnik ist der deutlich erhöhte Speicherplatzbedarf. Die Dateimenge wächst bedingt durch die ineinander verschachtelten Ebenenoriginale deutlich an. Demgegenüber stehen eine hohe Flexibilität und eine immense Zeitersparnis beim Nacharbeiten von qualitativen Bildkorrekturen und Montagen.

Sobald auch nur der leiseste Verdacht besteht, ein Kunde könnte im Verlauf eines Projekts einmal seine Meinung ändern und mit geänderten Vorschlägen um die Ecke kommen, macht es also Sinn, sich bei der Bildbearbeitung die grösstmögliche Flexibilität zu erhalten. Ganz abgesehen davon, dass in den meisten Fällen auch die optische Bildqualität gesteigert werden kann.

Nicht nur die Kunden, vor allem auch Ihre Nerven werden es Ihnen danken.

Der Autor

Sven Fischer ist seit mehr als 25 Jahren als Prepress-Trainer und -Berater unterwegs. Er ist Adobe Certified Instruc­tor und führt neben firmenspezifischen Trainings auch Schulungen für den Verband Druck und Medien durch.

www.mediadigitale.de

Artikel als PDF