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Flyer gestalten am Beispiel der LetziKids

Kinderfussball

Flyer gestalten

Die talentierten Kleinsten des FC Zürich und des FC Blue Stars sind unter dem gemeinsamen Label «LetziKids» zusammengefasst. Die Gestaltung eines Flyers zum Thema Gesundheit und Ernährung im Kinderfussball.

RALF TURTSCHI Es besteht die Idee, einen Flyer herauszugeben, der durch die LetziKids zu Hause verteilt wird. Im Flyer soll ein Informationsabend mit zwei Vorträgen und einem Apéro angekündigt werden. Der erste Vortrag behandelt Ernährung, Leistungsfähigkeit, Wachstum, Regeneration, im zweiten geht es um sportmedizinische Aspekte. Es wird also nicht zu viel Text geben, so dass eine doppelseitig bedruckte Karte ins Auge gefasst werden kann, die in 300 Exemplaren digital gedruckt wird. Der Flyer soll nicht versandt werden. Format, Schriften oder Farben sind nicht vorgegeben, ein Logo «LetziKids» existiert. Zusätzlich werden ein paar Kleinplakate verlangt, die im Stadion und an bestimmten Treffpunkten angeschlagen werden. Der Flyer wird gesponsert, muss aber selbstredend günstig produziert werden. Die Agenturtschi übernimmt Gestaltung und Druckvorstufe. Eine gute Lernaufgabe für Tilman (Tille) Milde, Polygraf, 2. Lehrjahr. Hier ist die Entstehungsgeschichte.

Am Anfang steht die Bildidee

Man könnte jetzt ganz bequem eine rein typografische Lösung inszenieren, das noch unfertige Manuskript in eine Gestaltung überführen. Der Reiz einer solchen Aufgabe ist jedoch die Visualisierung des Themas mit einer treffenden Bildidee. Tille setzt sich hin und sucht überspitzte Situtionen, die mit dem Thema zu tun haben: Verschwitzte Jungs, Zunge raus, total ausgepumpt, Burger konsumierend, an Vitaminschläuchen hängend, die Sporttasche voller Riegel. Die Ideen werden gewertet und auf ihre einfache Machbarkeit hin überprüft. Fotoshootings mit lebenden Personen auf dem Sportplatz sind komplex und liegen ausserhalb des angestrebten Lernniveaus. Eine unbewegte Aufnahme hingegen ist für diesen Zweck gut machbar. Wir entscheiden uns für ein Fussballertrikot und verschiedene Nahrungsmittel, die wir darum herum anordnen. Für die Requisiten benötigen wir ein Fussballer­trikot, Fastfood, einige Riegel, Gemüsesaft, Äpfel, Bananen und Vitamine in Tablettenform. Über Mittag wird im Hauptbahnhof Zürich eingekauft. Die Nahrungsmittel werden am Boden für ein Casting ausgelegt. Tille lernt, verschiedene Perspektiven in Bezug auf ihre Aussagekraft zu beurteilen. Zudem verdecken Produkte im Vordergrund solche weiter hinten, auch das will bedacht sein. Das Casting in der Agentur mit einer Nikon Coolpix zeigt die Resultate am Bildschirm. Sie werden im Lehrgespräch diskutiert, Vor- und Nachteile werden sichtbar. Anschliessend gehts nach draussen, um bei Tageslicht zu fotografieren, da wir keine Studioausrüstung besitzen. Die gleiche Situation wird nochmals ausgelegt und mit Stativ fotografiert. Tille muss sich mit Sonnenlicht und der Schattenzeichnung auseinander setzen, Gegenlicht und Aufhellen sind weitere Lernthemen. Ein paar wenige Aufnahmen genügen jetzt, um zum fertigen Rohbild zu kommen. Es geht ja nicht darum, das perfekte Bild zu inszenieren, vielmehr um eine kombinierte Übung. Eine Idee soll mit eigenen Kräften realisiert werden, die Probleme der Druckvorstufe müssen Schritt für Schritt begleitet und gemeistert werden. Ausserdem ist eine solche Aufgabe eine Sehschule mit Bild und Text.

Die Nachbearbeitung mit Photoshop stellt verschiedene Anforderungen: 1. Die einzelnen Produkte sollen freigestellt und mit Schatten versehen werden. 2. Das Trikot soll statt Rot mit der Zürcher Farbe Blau eingefärbt werden. 3. Der Schriftzug TOTTI über der 10 im Tricot soll durch Letzikids ersetzt werden.

Die Typografie

Eine Schwierigkeit, die sich Gestaltern oft stellt, ist das unfertige Manuskript, welches eher den Namen Briefing verdient. Die inhaltliche Ordnung, der logische Aufbau, das Abholen der Leser, Wichtiges von Unwichtigem unterscheidbar machen sind Dinge, die immer vorkommen, die aber nicht einfach so theoretisch gelernt werden können. Mit einem unfertigen gedanklichen Konstrukt kann man keine Typografie machen. Das muss Tille erfahren, der erst einmal das «Manu­skript» eins zu eins umsetzt. In einer Besprechung werden Fragen gestellt wie: Ist dies für die Informationsaufnahme nützlich? Ist das nötig oder eher Beigabe? Ist diese Information doppelt vorhanden? Was sieht man auf den ersten Blick? Was gehört auf die Vorder-, was auf die Rückseite? Der Lernende beginnt die Gedanken zu ordnen, Logik in den Text hineinzubringen. Der Weg ist beschwerlicher als angenommen.

Weshalb hast du die Univers als Schrift gewählt? Tille: «Weil sie mir gefällt und ich eher eine neutrale Schrift nehmen wollte, die es auch schmal in unterschiedlichen Stärken gibt.»

Der erste Entwurf (1) folgt einem gewissen gewohnten Aufbau: Links sind die Referenten vorgestellt und rechts ist die zeitliche Abfolge des Abends ersichtlich. Die Aufmunterung, vom Gewohnten abzuweichen und etwas Gewagteres zu gestalten, zeigt Früchte (2): Ein Blocksatz, mit einer Gewichtung durch verschiedene Grössen, Fetten, Farbe und durch Aufrasterung. Was nun nicht gerade einfach ist, wie der Entwurf zeigt. Da ist die Leselogik nicht in Ordnung, der Apéro wird plötzlich viel zu wichtig. Die Blocksatz­idee wird verfeinert und auch auf die erste Seite übertragen. Noch fehlt jedoch etwas Farbe auf der Seite. Farbige Schrift wirkt nicht so stark wie eine farbige Fläche (3). Auf dieser wirken nun aber die Produkte wieder anders als auf Weiss.

Vielfach sieht man es einem Druckprodukt nicht an, mit welchem Aufwand es hergestellt wurde. Aber ist es nicht so, dass man eher hinsieht, wenn es mit einer wirkungsvollen Idee versehen daherkommt?