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Innovative Werbetechniker

Unternehmensberater empfehlen, sich in schwierigen Wettbewerbssituationen in Nischen zu spezialisieren, da dort der Margendruck geringer ist. Diese Aussage wird anhand von drei Beispielen auf den Prüfstand gestellt.

Thomas riebel In der Werbetechnik lediglich Standardprodukte herzustellen, bedingt einen hohen Automatisierungsgrad. Dieser wiederum fordert entsprechend hohe Auflagen, um mit einem solchen Geschäftsmodell Geld verdienen zu können. Ob sich der überschaubare Schweizer Markt dafür eignet, ist zu hinterfragen. Nur als Nischenplayer aufzutreten, kann auch nicht die Lösung sein, ausser man besetzt eine wirklich lukrative Nische mit einem einzigartigen Alleinstellungsmerkmal. Nischen aber haben nun einmal einen enormen Unsicherheitsfaktor und sind mit einem nicht zu unterschätzenden Veränderungspotenzial behaftet. Die Lösung liegt wie so oft in einem Mittelweg: Die Brot-und-Butter-Aufträge nicht verschmähen, sich aber trotzdem so aufstellen, dass man als Betrieb in der Lage ist, einen interessanten und lukrativen Sonderauftrag an Land zu ziehen. In Zeiten von Preiszerfall und zunehmender Konkurrenz aus umliegenden Ländern ist es damit möglich, aussergewöhnliche Projekte zu realisieren. Beispielhaft für die Branche werden drei Werbetechniker vorgestellt, welche nebst den Standard­produkten auch besondere Arbeiten realisieren können.

Vielfalt und Know-how

Die Alpha Sign AG wurde 1984 gegründet und hat sich zur innovativen Werbemanufaktur entwickelt, die alle Segmente bedienen kann. Neben der klassischen Werbetechnik werden Schaufenster verschönert, der Laden- und Messebau bedient sowie interessante LED-Installationen entworfen. Dazu gehören Aussenbeschriftungen, Orientierungssysteme und die Glasgestaltung. Der Betrieb verfügt neben einem Fotostudio und der Vorstufe, dem UV-Direktdruck und den Eco-Solvent-Drucksystemen der neuesten Generation über alle Möglichkeiten der Endverarbeitung. Die grosse Erfahrung lässt es heute sogar zu, mit digitalen Druckverfahren Wanderwegbeschilderungen herzustellen, die dem Siebdruck bezüglich Haltbarkeit in nichts nachstehen.

Als Werbetechniker mit langjähriger Siebdruckerfahrung ist es bei Alpha Sign möglich, Glas zu bedrucken. Kunden sind unter anderem Küchenstudios, welche ihren Kunden individuelle, hinterleuchtete Glaswände anbieten können. Es brauchte vier Jahre Entwicklungsarbeit, bis diese neue Technologie mit ihren unzähligen Möglichkeiten von den Anbietern eingesetzt werden konnte. In einem auf kurzfristige Gewinnmaximierung ausgerichteten Unternehmen wäre eine derart lange Zeit für die Produkt­entwicklung niemals möglich.

In einer weiteren interessanten Anwendung wird ein hauchdünner Dispersionsfilm bedruckt und auf mineralische Untergründe aller Art, im Indoor- und Outdoorbereich appliziert. 2013 wurde eine Bunkerfassade mit Bildern aus dem Stadtarchiv von Näfels geschichtsträchtig verschönert. Ein weiteres, sehr interessantes Projekt wurde dieses Jahr in Hamburg realisiert. Eine Bar im Hafenviertel wurde durch Alpha Sign verschönert: Kunst am Bau als Unterabteilung des Ladenbaus. Der bedruckte Dispersionsfilm wurde an eine Wand appliziert und durch mechanische Einwirkung mit der rauen Fassade aus Ziegelsteinen verbunden. Dadurch blieb die ursprüngliche Struktur und Haptik erhalten. Es ist eine Verbindung zwischen neuer digitaler Technologie, neuen Materialien und alter Handwerksarbeit. Die Kombination von modernster Technik und Materialien aus traditionellem Handwerk führt zu neuen Möglichkeiten. Die Reaktionen in Hamburg waren überwältigend, sodass die nächsten Projekte bereits anstehen.

Alle reden von der Nische, um erfolgreich zu sein – oder von der Massenproduktion, um im Preiskampf zu bestehen. Bruno Neuschwander vertritt mit Alpha Sign eine andere Philosophie: hohe Vielfalt mit gut ausgebildeten Werbetechnikern, um neben den Standardprodukten auch herausragende Produkte herstellen zu können. Das Leuchten in den Augen von Neuschwander ist Ausdruck grosser Zufriedenheit mit seinem Geschäftsmodell.

Werbetechnik in Modebranche

Movingposter wurde 2001 gegründet. Der Firmenzweck des Unternehmens lag ursprünglich in der Vermarktung von Werbeflächen auf Lastwagen, woher auch der Firmenname rührt. Bereits nach kurzer Zeit erschloss man sich über den Grossformatdruck und die Werbetechnik neue Märkte. Seit 2003 ist Movingposter unter der Leitung des Werbetechnikspezialisten Philipp Gloor. Mit 25 Mitarbeitern bearbeitet man die Bereiche der klassischen Werbetechnik wie Plakate, Blachen, Displays, Platten und Schaufensterbeschriftungen. Grossformatige Arbeiten bis hin zu Baureklame sind im Portfolio von Movingposter. 2013 erhielt das Unternehmen von der europäischen Branchenorganisation Fespa die Auszeichnung «Digitaldruckerei des Jahres».

Ein Segment, in dem man eine grosse Expertise aufgebaut hat, ist die Modebranche. Mit zehn ausgebildeten Werbetechnikern ist man in der Lage, Schaufenster vor Ort zu dekorieren oder Montagearbeiten durchzuführen und sowohl in der Schweiz als auch international aktiv zu sein. Schaufenster­dekoration hat die Aufgabe, den Kunden zu begeistern und dafür zu sorgen, dass er das Ladengeschäft betritt. Klassische Deckenhänger oder Aufkleber reissen niemanden mehr vom Hocker. Mit innovativen Materialien und aussergewöhnlichen Ideen begeistert das Unternehmen seine Kunden aus der Modebranche. Dazu gehören grosse Labels wie Tommy Hilfiger oder Strellson.

Neue Technologien einsetzen

Während der Evaluation für einen neuen Drucker wurde man auf die Droptix-Technologie von SwissQPrint aufmerksam. Dieses Verfahren, bei dem ein 3D-Moiré-Effekte entsteht, ist eine Kombination aus einem auf der Rückseite einer Scheibe gedruckten Bild und mikroskopischen auf der Vorderseite gedruckten Lacktropfen. Jeder dieser Lacktropfen wirkt wie eine winzige Lupe, die das auf der Rückseite gedruckte Muster vergrössert. Die Droptix-Technolgie eignet sich für die Gewinnung von Neukunden, erfordert aber einen intensiven Abstimmungsaufwand mit dem Kunden und ein spezialisiertes Know-how in der Datenaufbereitung.

Der Mut, den Movingposter in die Entwicklung neuer Produkte investiert, wird auch von den Lieferanten erwartet. «Mit Ausnahme einiger Schweizer Hersteller fühlt man sich nach der Installation neuer Technologien oft als Beta-Tester», meint Gloor. Er wünscht sich ausgereiftere Systeme. Im Material- und Hardwarebereich erhofft er sich mehr Innovation und eine grössere Bereitschaft der Hersteller, Märkte und Verfahren anzugehen. Derzeit liegt der Schwerpunkt bei den Herstellern oft bei etablierten Anwendungen und nicht in der Weiterentwicklung der Märkte und Technologien. Seit 2009 gehe es im Hardwarebereich nur noch in kleinen Schritten vorwärts. Hier wartet man in Cham gespannt auf die neuen Entwicklungen, um weiter als Innovator den Markt bedienen zu können.

Komplettdienstleistung als Schlüssel zum Erfolg

Plotfactory steht für ein umfassendes Angebot in der Werbetechnik wie auch im grossformatigen Digitaldruck. Das Unternehmen positioniert sich als Spezialist für Raumgestaltung, POS und Promotion mit klassischen Werbetechnikaufgaben wie Signal­etik und Beschriftungen. Als moderner Werbetechniker werden auch Sonderprojekte wie 3D-Formenbau übernommen. Neben den bewährten Standards, bietet Plotfactory Massgeschneidertes an, das sich individuell aus den gestellten Aufgaben ergibt. Dank der langjährigen Erfahrung, der 50 Spezialisten und über 40 Grossformatdruckern schöpfen Rinaldo Fochetti und seine Mitarbeiter aus einem riesigen Fundus an Wissen, Kompetenz und Möglichkeiten. Als Generalunternehmer übernimmt die Plotfactory die gesamte Verantwortung von der Idee über den Entwurf bis hin zur akkuraten Ausführung. Diese Komplettdienstleistung in enger Abstimmung mit dem Kunden gilt im immer härter umkämpften Markt als Schlüssel zum Erfolg.

Ein Projekt der besonderen Art wurde im Museum der Kulturen in Basel realisiert. Im Rahmen der Sonderausstellung «Opium» sollte den Besuchern durch das Begehen einer Höhle, die Illusion des Opiumkonsums vermittelt werden. Die Höhle besteht aus bedruckten Einzelteilen mit einem Durchmesser von 5,5 Metern und einer Höhe von 3,2 Metern. Stabilität, Statik und Sicherheit waren die grossen Herausforderungen. Nach einer Konzeptphase mit einem Modell aus Karton und der regelmässigen Abstimmung mit dem Museum konnte die Produktion beginnen. Die Einzelteile und Verbindungen wurden mit 10 Millimeter dickem Acrylglas gefertigt. Vor dem Druck wurde die Opiumhöhle vollständig in der Werkstatt montiert, um die Statik und Sicherheitsberechnungen zu überprüfen. Nach der Vormontage wurden die Einzelteile mit einem UV-Drucker direkt bedruckt und für den Transport vorbereitet. Drei Tage vor Beginn der Ausstellung wurde die Opiumhöhle von Plotfactory installiert. Dieses Beispiel zeigt deutlich, welches Potenzial in der Werbetechnik steckt. Für ein aufstrebendes Unternehmen wie die Plotfactory ist da sicher noch Luft nach oben. Und die Aussicht auf neue Herausforderungen treibt das Team um Rinaldo Fochetti zu neuen Höchstleistungen.

Was uns diese Beispiel lehren

Die drei Betriebe haben eine Gemeinsamkeit: Der Markt wird in der Breite bedient und durch Spezialisierung und Innovationsfreude veredelt. Es wäre zwar verfehlt, dies hier als Erfolgsrezept zu propagieren, da muss jedes Unternehmen seinen eigenen Weg finden. Zumindest zeigt dies aber auf, dass eine zu rigide Spezialisierung, wie sie von einigen Unternehmensberatern empfohlen wird, nicht zu den Erfolgsfaktoren der beschriebenen Unternehmen gehört.

Weitere Infos

Alpha Sign AG
Bruno Neuschwander

info@alphasign.ch

Movingposter.ch GmbH
Philipp Gloor

info@movingposter.ch

Plotfactory AG
Rinaldo Fochetti

info@plotfactory.ch

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