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Mit Stil ans Ziel verirrt

Wie viele Schilder braucht der Mensch, um ans Ziel zu gelangen? Die Signaletik zeigt auf, welche Rolle Farbe und Form bei Leitsystemen spielen. Weitere Faktoren sind das Licht, bauliche Gegebenheiten und die Situation, in welcher sich der Orientierungslose befindet.

Katrin Koch Jährlich besuchen knapp 90 Millionen Menschen als Fluggäste den John F. Kennedy Airport in New York. Von dieser Menschenmenge verirrten sich rund 25 Prozent in den weit verzweigten Terminals und weiteren Flughafengebäuden, welche nach Lust und Laune und sehr individuell ausgeschildert waren. Bis der Holländer Paul Mijksenaar mit einem klaren Leitsystem Abhilfe schuf.

Der Tragweite eines Beschilderungskonzepts, gerade wenn dieses schlecht umgesetzt wird, sind wir uns oft nicht bewusst. Es kann sich um Minuten des Suchens handeln – möglicherweise einige zu viel. 1996 führte ein Brand in den Terminals A und B des Flughafens Düsseldorf zum Tod von 17 Menschen. Sie fanden die Notausgänge nicht rechtzeitig, was auf eine unklare und teilweise fehlende Beschilderung zurückzuführen war.

Das heute verwendete Leitsystem, welches von Erik Spiekermann entwickelt wurde, garantiert Sicherheit durch eine hohe Verständlichkeit.

Inwiefern sind diese Tatsachen für Werbetechniker relevant? Die verschiedenen Aspekte eines gelungenen Orientierungssystems sollen im Folgenden aufgeschlüsselt werden. Dabei spielen die Form, die Farbe und die verwendete Schrift genauso eine Rolle wie die Art und die Anzahl der Elemente sowie deren Platzierung.

Viele Einflüsse

Räumliche Orientierungssysteme sollen es Ortsunkundigen ermöglichen, in komplexen Gebäuden den direkten Weg ohne Probleme zu finden. Dabei geht es nicht darum, möglichst viele Schilder anzubringen, sondern um die richtige Platzierung aller wichtigen Elemente. Dabei spielen viele Einflüsse mit: die Zielgruppe und ein möglicher Ausbau des Systems in Etappen, beispielsweise bei der Beschilderung von Quartieren und weitläufigen Firmenarealen, genauso wie die baulichen Vorgaben.

Optimales Zusammenspiel von Schrift und Farbe

Ein auf einer hellgrünen, hinterleuchteten Fläche platzierter Hinweis mag ins Auge stechen, doch wirklich direkt in diese Lampe sehen will wohl keiner. Hingegen ist die Signalwirkung einer schwarzen Schrift auf gelbem Hintergrund kaum zu übertreffen – eine blaue Tafel müsste bis viermal grösser sein, um die gleiche Leuchtwirkung (resp. Aufmerksamkeit) zu erzielen. Der Kontrast hebt die Schrift hervor, ohne die Augen zu überreizen.

Einige Schriften aus der Klasse der serifenlosen Linearantiqua wie Frutiger, Info und Myriad eignen sich in besonderem Masse für Orientierungsbeschriftungen. Die Gleichförmigkeit der Buchstaben und die sehr offenen Punzen beispielsweise beim kleinen e und beim kleinen a verbessern die Lesbarkeit auf Distanz.

Insbesondere muss auf den richtigen Zeichenabstand geachtet werden. Ist er zu eng, können die Buchstaben auf Distanz schlecht auseinandergehalten werden, bei zu grossem Abstand entstehen Löcher. Dem optischen Kerning, dem Unterschneiden von Buchstaben, sollte daher grosse Beachtung geschenkt werden.

Die Farben der Umgebung und das vorherrschende Licht haben ebenfalls einen Einfluss darauf, wie das Schild wahrgenommen wird. Einem sehr hellen Schild vor einer weissen Wand wird nicht viel Beachtung geschenkt, ist es aber zu knallig, wird es möglicherweise als irritierend empfunden.

Colour Coding

Bei grossen Gebäuden wie Flughäfen, wo gestresste und gelangweilte Reisende aufeinandertreffen, bietet sich Colour Coding an. Um auf das Beispiel des JFK-Flughafens zurückzukommen: schwarz auf gelb steht für das Stresslevel, wie komme ich schnell an mein Gate, zu meinem Gepäck, zum Check-in? Grün sind alle Ausgänge angeschrieben, da in den USA die Autobahnbeschilderung ebenfalls grün ist: der Weg nach Hause. Der dritte Schildertyp mit gelber Schrift auf dunkelgrauem Hintergrund beinhaltet Hinweise zum Zeitvertreib: Shops, Toiletten, Cafés.

Wie stark Farben auf unser (Unter-)Bewusstsein wirken, wird spätestens in Deutschland klar, wenn ich gelben (statt grünen!) Tafeln folgen muss, um auf die Autobahn zu gelangen.

Von der Analyse zur Ausführung

Bei der Signaletik hat die Analyse von Gebäuden oder einem Gelände erste Priorität. Daraus entsteht das Wegkonzept, in welchem die signaletischen Elemente platziert werden. So wird sichergestellt, dass kein Bereich vergessen geht und Besucher stressfrei an ihr Ziel kommen. Paul Mijksenaar hat über Tage, wenn nicht Wochen, Filmmaterial über das Verirrverhalten von Flugpassagieren gesammelt, um daraus ein Wegkonzept erarbeiten zu können. Die Analyse des Gebäudes und der möglichen Wege führt zum Beschilderungskonzept. Dabei handelt es sich um Elemente zur Wegweisung, zur Orientierung und als Zielbestätigung.

Wegweiser kennen wir von der Stras­senbeschilderung her, sie enthalten eine Richtungsangabe. Wobei Strassenbeschilderungen nicht in den Bereich der Signaletik gehören, sondern eine eigene, gesetzlich geregelte Kategorie bilden.

Orientierungstafeln können einen vereinfachten Grundriss des Gebäudes enthalten oder auch eine komplexe Wanderkarte mit Hinweis «Sie sind hier» zeigen. Auch Übersichtstafeln mit Fotos der Mitarbeitenden zählen hierzu.

Schilder zur Zielbestätigung sind wichtig, weil sie Sicherheit verleihen: wenn ich immer dem Schild «Gate F» folge, muss ich auch die Bestätigung finden, dass ich dort angekommen bin. Auch Türbeschriftungen helfen, sich auf unbekanntem Gebiet zurechtzufinden.

Kommunikationswissenschaft Signaletik

Die Informationsführung ist heute ein Teil der Kommunikationswissenschaft und eine wichtige Dienstleistung. Dies ist der Grund, warum unter anderem an der Fachhochschule Bern ein Nachdiplomstudiengang in Signaletik angeboten wird. Dieser Weiterbildungslehrgang richtet sich genauso an Tourismusfachleute wie an Architekten, denn er vereint alle gestalterischen Disziplinen (Grafik-, Kommunikations-, Landschafts-, Industrie-, Produktdesign, Szenografie, Innenarchitektur, Architektur).

Wechselschilder

Vor allem in Geschäftshäusern kommt die Signaletik zum Einsatz. Die Palette reicht von Schildern mit CAD-Schriften und -Prints bis zu solchen mit Papiereinschüben, welche der Kunde selbst auswechseln kann. Dieses Thema kam vor etwa zehn Jahren mit der zunehmenden Verbreitung von Computern auf. Gerade in Spitälern und grossen Bürogebäuden kommt es immer wieder zu Wechseln in der Belegschaft, was einen relativ grossen Aufwand für die Anpassung einzelner Schilder nach sich zieht. Es gab zwar viele gute Systeme auf dem Markt, doch Arthur Bachmann von der Arthur Bachmann Schriften AG liess der Gedanke an ein eigenes System nicht los. Der Geistesblitz kam ihm während seiner Ferien im November 1999. Aus einer schnellen Skizze entstand bald die jetzige Form, welche auf den Verhältnissen des goldenen Schnittes aufbaut.

Varioplus besteht aus einer Grundplatte aus Aluminium mit einer v-förmigen Einkerbung. Der Aufbau mit Spacern und der Deckplatte aus Axpet, welche im Siebdruck hinterdruckt wird, gibt die Form für den Einschub vor. Raumnummern werden je nach Wunsch ebenfalls hinterdruckt oder aber CAD-geschnitten und von vorn appliziert, damit sie ohne grossen Aufwand gewechselt werden können.

Varioplus wird seinem Namen insofern gerecht, als dass es problemlos in Grösse und Form angepasst werden kann. So kam beispielsweise die Variante mit dem Hinweis «frei/besetzt» dazu, der notwendige Schieber konnte einfach integriert werden. Eine neue Variante ist das Varioplus-Portrait, das wie eine Fotogalerie eingesetzt werden kann, damit beispielsweise historische Ansichten eines Gebäudes oder Angestellte eines Alterszentrums gezeigt werden können.

Montiert wird das Schild mithilfe einer Montageplatte, welche dem Schild durch den Wandabstand eine gewisse Eleganz verleiht.

Ein weiteres System, auf der Basis von Acrylglas, ist Dekoplex, welches ebenfalls die Möglichkeit von Papiereinschüben bietet, die der Kunde selbst auswechseln kann. Montiert wird es mit Dekofix-Montagebolzen. Diese zeichnete Patrik Arnold von Arnold Reklamen AG vor knapp 20 Jahren selbst, da er auf dem Markt kein entsprechendes Produkt fand. Seit 2007 wird Dekofix firmenintern produziert. Die dekorativen Befestigungselemente gibt es in verschiedenen Formaten aus Messing (verchromt, vergoldet) und neu aus Aluminium (farblos eloxiert oder als «titangrau») für Innen- und Aussenanwendungen.

Auswahlkriterien

Holz, Forex, Glas, Plexiglas, Aluminium- und Schichtplatten: sehr viele Materialien eignen sich als Grundplatten für Orientierungsbeschriftungen. Nicht nur der Preis sollte eine Rolle spielen, sondern auch die Ästhetik und die Dauerhaftigkeit des Materials. So kostet ein Forexplättchen praktisch nichts, doch eine harte Berührung reicht und die Kanten sind dahin. Ausserdem wirkt eine wasserstrahlgeschnittene Kante eines Aluminiumschildes weitaus eleganter als der geschäumte Querschnitt von Forex.

Beschriftet wird der gewünschte Untergrund im Siebdruckverfahren, mit CAD-geschnittenem Text oder mittels Gravur. Ersterer ist vor allem dann abriebfest und sehr resistent gegen Vandalismus, wenn die Deckplatte hinterdruckt wird. Glasschilder werden oftmals mit Galerieschrauben (zum Beispiel aus Messing) montiert. Bei Aluschildern bietet sich eine verdeckte Montage an: Die Montageplatte wird in die Wand verschraubt und darauf die Grundplatte befestigt.

Fazit

Einheitliches Design ist eine unendliche Aufgabe. Es braucht nur ein Architekt oder ein Hauswart die gloriose Idee zu haben, selbst ein Schild beizutragen, und der Schilderwald wuchert wild drauflos. So geschehen auch beim Flughafen München.

Im Idealfall bekommt der Reisende von der Arbeit der Signaletikerin und des Informationsdesigners nichts mit. Jedenfalls nicht bewusst – weil die Schilder prägnant im Unterbewusstsein hängen bleiben und ohne Umwege ans Ziel führen. Was klar erkennbar gestaltet ist, bleibt nachweislich besser im Gedächtnis haften.

Arthur Bachmann Schriften AG

1973 von Arthur Bachmann als Schriftenmalerei gegründet, ist die Arthur Bachmann Schriften AG heute ein moderner Werbetechnikbetrieb mit vielseitigem Angebot: Dazu gehören Fahrzeugbeschriftungen, Innen- und Aussenbeschriftungen, Digitaldruck, Planung und Ausführung von Beschriftungsprojekten und der technische Siebdruck.

Das patentierte Schildersystem Varioplus kommt in Geschäftshäusern, Pflegezentren sowie öffentlichen Gebäuden als Leitsystem zum Einsatz und wird je nach Anwendung durch neue Varianten ergänzt.

Weitere Informationen

Arthur Bachmann Schriften AG

Wieshofstrasse 24

8408 Winterthur

Tel. 052 222 01 48

Fax 052 222 33 07

www.bachmann-schriften.ch

info@bachmann-schriften.ch

W. Keller AG

Gerade für Betriebe aus der Werbetechnik ist die Firma W. Keller AG ein wichtiger Lieferant im Bereich von Innen- und Aussenbeschilderungen. So wurde zum Beispiel ein neues Lichtrohrsystem mit einem asymmetrischen Reflektor zum Anstrahlen von Werbeschildern, Einzelbuchstaben und Plakatwänden neu in das Sortiment aufgenommen. Die Produkt­palette ist gross und umfasst nebst den ausgeklügelten Strahlern auch Leit- und Orientierungssysteme für innen und aussen, Infokästen, ­Vitrinen, Fahnenmasten und diverse Profilsysteme. Diese Produkte können aus dem Katalog oder konfektioniert geliefert werden. ­Weitere Informa­tionen sind auf der Website zu finden.

Weitere Informationen

W. Keller AG

Abt-Beda-Strasse 22

9245 Oberbüren SG

Tel. 071 951 73 11

Fax 071 951 73 14

www.w-kellerag.ch

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