Dossiers >> Digitaldruck >> Fachartikel >> Technologiemesse mit dem & zur Unternehmensentwicklung
Artikel als PDF

Technologiemesse mit dem & zur Unternehmensentwicklung

Technologische Megatrends haben der Drupa schon immer ihren Stempel aufgedrückt. 2008 drehte sich alles um Inkjet, zuvor fanden die JDF-Drupa, die digitale Drupa, die CtP-Drupa statt. Unter welchem Motto steht die Drupa 2012?

Barney Cox Nach allem, was bisher zu vernehmen ist, dürften gleich mehrere Themen um die Aufmerksamkeit der Messebesucher konkurrieren. «Klarer Fall, das wird die &-Drupa», meint etwa Philip Cullimore, Geschäftsführer von Kodak EAMER. «Das Printmedium steht sozusagen ganz im &-Zeichen – Print & Apps, Print & Online, Print & Tablet, Print & Mobile. Und nicht, dass es bei Kombinationen mit anderen Medien aufhört! Nicht minder wichtig sind Verbindungen von Druckprozessen, bei denen das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile – insbesondere Digital- und Offsetdruck.»

Weitere Themen, die die Drupa 2012 prägen dürften, sind Wandel und Um­stellung. Mit welchen Tools können Anbieter die Unternehmensentwicklung in einer sich wandelnden Branche unterstützen? «Das Motto der Drupa 2012?», fragt sich Graham Moore, Leiter der Sparte Production Printing bei Ricoh Europe. «Für Ricoh ganz klar: Umstellung. Angesichts des technologischen Wandels stehen Druckdienstleister vor der Herausforderung, alle Fäden zusammenzuhalten und fachkundige Unterstützung für die Unternehmensentwicklung und das Änderungsmanagement zu finden. Beispiele notwendiger Richtungsänderungen sind die Umstellung von Offset oder Digital zu Offset und Digital oder von Druckdienstleistungen zu Crossmedia-Dienstleistungen und entsprechend vom Druckdienstleister, dem Print Service Provider (PSP), zum Marketingdienstleister, also zum Marketing Service Provider (MSP).»

Orientierung auf neuem geschäftlichem Terrain

«Druckdienstleister werden natürlich nicht einfach über Nacht zu Marketingprofis», erläutert Branchenanalyst Andrew Tribute, «vielmehr erfordert dieser Schritt tatkräftige Unterstützung – und genau hier kommen Instrumente zur Unternehmensentwicklung, oder Business-Development-Tools, ins Spiel.» Ähnlich sieht das David Preskett, Leiter der Sparte Professional Print bei Canon Europe: «Traditionell ist die Drupa zwar eine Technologiemesse, doch das heisst nicht, dass Geschäftsprozesse und unternehmerische Innovation keine Rolle spielen. Wir selbst werden demonstrieren, was einige unserer Kunden durch Prozessinnovation erreicht haben – und den Messebesuchern damit, so hoffen wir, eine Kostprobe bieten, die sie zu weiteren Schritten inspiriert.»

Damit aber das Printmedium in der crossmedialen Welt bestehen kann, muss es seinen betriebswirtschaftlichen Nutzen beweisen – sei es in Konkurrenz zu anderen Medien oder im Zusammenspiel mit diesen. Dass sich diese Erkenntnis durchsetzt, das dürfte auf der Drupa nicht zuletzt die Allgegenwart des Begriffs «ROMI» – der Return on Marketing Investment – bezeugen.

Dabei beginnt sich das Image des Mediums bei Markenartiklern durchaus bereits zu wandeln, meint François Martin, globaler Marketingleiter bei HP GSB: «Schwerfällig und materialintensiv – eine Zeit lang war Print gegenüber Online geradezu verrufen. Mehr und mehr wird jedoch erkannt, dass ein kluger, zielgerichteter Einsatz des Mediums durchaus einen Mehrwert durch positive Assoziationen schaffen kann.» Dass aber technologische Neuerungen gegenüber solchen betriebswirtschaftlichen und letztlich richtungsbestimmenden Fragen ins Hintertreffen geraten, ist kaum zu befürchten. Denn was auch für wen gedruckt wird: Ein besserer Maschinenpark ist das A und O, um die anstehenden Herausforderungen überhaupt erst ins Auge fassen zu können.

Offset bleibt im Rennen

Bei allem Wirbel um Digital- und insbesondere Inkjet-Druck, den es auch auf der Drupa 2012 wieder geben wird, muss man sich doch vor Augen halten, in welch enormem Umfang nach wie vor analog gedruckt wird – ein Umstand, an dem sich auch bis auf Weiteres nichts ändern wird. Ralph Hilsdon etwa, Produktmarketingleiter bei Agfa Graphics, sieht die Branche noch weit entfernt von dem Wendepunkt, an dem der Digital- den Offsetdruck überholen wird: «Letztlich steuern wir darauf zu, doch auf absehbare Zeit wird der Offsetdruck im Rennen bleiben.»

Eine Leitidee bei der Weiterentwicklung des Offsetdrucks ist die Automatisierung als Mittel zur Betriebskostenreduzierung. Insbesondere sollen die Einricht- und Umrüstzeiten minimiert werden, um die Auftragsbearbeitung zu beschleunigen und die Wirtschaftlichkeit kleinerer Auflagen zu steigern. Dies aber sind nicht die einzigen Vorteile der Automatisierung. Jeder automatisierte Arbeitsschritt verringert die Stückkosten in der Druckproduktion – ein wesentlicher Erfolgsfaktor angesichts knapper Margen und der Notwendigkeit, Print als rentables Marketingmedium zu positionieren.

«Die Verbesserungen im Bogenoffsetdruck dürften so weit gehen, dass es fast schon ohne Bediener geht», prognostiziert Andrew Tribute. Als Beispiel nennt er neue Verfahren der Inline-Messung, die nicht nur die Farbmessung und -regelung beschleunigen, sondern auch – durch Erfassen des gesamten Bogens – Druckfehler, wie etwa Butzen, erkennen können. Derartige Neuerungen dürften den Offsetdruck bereits ab wenigen hundert Bogen rentabel machen – und damit weit im bisherigen Terrain des Digitaldrucks platzieren.

Der Nutzen kürzerer Einricht- und Umrüstzeiten bleibt indes begrenzt, wenn zwischen Druck und Weiterverarbeitung übermässig lange Trocknungszeiten liegen. Gleich mehrere Möglichkeiten zu ihrer Verkürzung dürften auf der Drupa von sich reden machen. Eine davon sind UV-härtende Druckfarben. UV-Lampen der jüngsten Generation härten die zugehörigen Farben bei niedrigeren Temperaturen als je zuvor. Kostspielige Systeme zur Kühlung und Ozonabsaugung erübrigen sich – bei einem geringeren Energieverbrauch, längeren Standzeiten und einer breiteren Materialauswahl, so versprechen es die Hersteller. Die Umstellung auf UV-Härtung aber erfordert meist die Anschaffung einer neuen Druckmaschine. Wer eine solche Investition scheut, sollte sich bei Farbherstellern umhören, von denen gleich mehrere klassische Offset-Druckfarben in neuen, schneller wegschlagenden Rezepturen angekündigt haben. Der möglicherweise höhere Preis dieser Farben sollte nicht abschrecken, denn verglichen mit Tonern und Tinten ist er kaum der Rede wert. Auch bei den Verbrauchsmaterialien ist also einiges in Gang, um den Offsetdruck fit für kürzere Bearbeitungszeiten und kleinere Auflagen zu machen – kurz, um ihn gegenüber dem Digitaldruck zu behaupten.

Doch auch im Rollenoffsetdruck gibt es Neuerungen. Dazu Greg Norris, Marketingleiter von Goss International: «Der Schwerpunkt liegt ganz klar auf der Reduzierung des Material-, des Personal- und damit letztlich des Kostenaufwands bei der gewünschten Seitenzahl – sei es durch grössere Druckmaschinen oder durch eine stärkere Automatisierung.» Künftig, so meint er, könnten sich einige Vorgänge bei der Rüstung und Umrüstung sogar ganz erübrigen. Das Ergebnis wäre eine neue, agilere Form des Rollenoffsets, die dem Bogenoffset durchaus bestimmte Aufträge streitig machen könnte – denn schliesslich ist jenseits der Analog/Digital-Alternative auch die Wahl des geeigneten Papiertransports (Rolle/Endlosdruck oder Bogen/Einzelblattdruck) von Bedeutung.

Die Inkjet-Drupa: zum Ersten, zum Zweiten …

Wenn die Drupa 2008 im Zeichen des Inkjets stand, welche Technologie wird dann 2012 den Digitaldruck prägen? Nun ja, wieder Inkjet, doch Graham Leeson, Marketingkommunikationsleiter bei Fujifilm Europe Grafische Systeme, sieht einen kleinen Unterschied: «2008 war die Drupa des Inkjet-Konzepts. 2012 wird die Drupa der Inkjet-Realisierung sein. Konkret bedeutet das: wesentlich mehr Inkjet-Drucksysteme für wesentlich mehr Anwendungen.» Der Siegeszug, den der Inkjet seit der vergangenen Drupa im Digitaldruck angetreten hat, ist also noch längst nicht beendet.

Das sieht auch Jim Hamilton, Gruppenleiter beim Beratungsunternehmen InfoTrends ähnlich: «2008 hatten geschwindigkeitsorientierte Inkjet-Produktions-Drucksysteme weltweit einen Anteil von gerade einmal zehn Prozent am farbigen Digitaldruck. Diese Zahl ist seither in die Höhe geschnellt: Bis zur Drupa 2012 werden wir von einem Viertel, bis 2014 gar von über einem Drittel sprechen.»

Dahinter steht eine rasante Entwicklung im Rollen-Inkjet-Druck. Die meisten Anbieter, darunter auch HP, bieten nicht mehr nur eine Maschine, sondern ganze Produktfamilien mit unterschiedlichen Druckbreiten, Ge­schwindigkeiten und anderen Leistungsmerkmalen. Glaubt man dem Branchenanalyst Andrew Tribute, wird die nächste Kategorie dieser Maschinen mit einem Produktionstempo von 50 Metern pro Minute und günstigeren Preisen von rund 500 000 US-Dollar zusätzliche Zielgruppen ansprechen und dabei das Einsatzspektrum – sowohl hinsichtlich der Anwendungen als auch der Produktionsmengen – noch einmal wesentlich erweitern.

Wie aber ist es um den Inkjet-Druck auf B2-formatigen Bogen bestellt? Wiederum Graham Leeson: «Der Rollendruck kam nach der vergangenen Drupa schneller aus den Startlöchern – ganz einfach, weil die qualitativen und damit auch technologischen Anforderungen nicht ganz so hoch sind wie im Bogendruck.»

Die Frage lautet: Werden andere Hersteller Fujifilm und Screen mit Inkjet-Bogendruckmaschinen im B2-Format Konkurrenz machen? Man darf gespannt sein. In jedem Fall dürfte auch in diesen Bereich Bewegung kommen. Und in jedem Fall beginnt sich abzuzeichnen, dass eine neue Generation von Digitaldruckmaschinen, möglicherweise bereits auf der Drupa 2012, auf genau jene Anwendungen abzielen wird, die derzeit im B2-Bogenoffsetdruck produziert werden – und damit auf das Kerngebiet der Druckbranche schlechthin. Diese strategische Ausrichtung besagt allerdings noch längst nicht, dass das künftige «Arbeitspferd» der Druckbranche den B2-Offsetdruckmaschinen in allen Aspekten bis auf das Druckverfahren gleichen muss.

Automation und Integration

Welches Verfahren auch im Spiel sein mag: Nur wer sämtliche Prozesse der Auftragsakquise, Verwaltung, Produktion und Lieferung unter einen Hut bringt, will heissen integriert, kann hoffen, der Nachfrage nach kostengünstigeren, wirkungsvolleren und schneller produzierten Druckerzeugnissen gerecht zu werden – zumal sich integrierte Prozesse auch leichter automatisieren lassen. «Ein wesentlicher Aspekt des Digitaldrucks, der häufig ausser Acht bleibt, ist seine Eignung für automatisierte Workflows», meint Jim Hamilton von InfoTrends. «Dabei sind die Reduzierung manueller Arbeiten und die Maximierung dessen, was ein einzelner Bediener leisten kann, in den heutigen Produktionsumgebungen nicht selten erfolgsentscheidend.»

Doch Automation und Integration kommen nicht nur der Produktion zugute. Angesichts schrumpfender Auflagen und steigender Auftragszahlen wächst der Anteil der Verwaltung und des Kundendiensts an den Kosten pro Druckauftrag – und entsprechend wichtig sind Einsparungen in diesen Bereichen. Dazu noch einmal Ralph Hilsdon von Agfa: «Die Automatisierung des Workflows und die Integration der Systeme – insbesondere über Unternehmensgrenzen hinaus zum Kunden sowie zwischen Content-Systemen und Geschäftsprozessen – wird sich zweifellos fortsetzen.»

Kombinierte Druckumgebungen – mehr als die Summe ihrer Teile

Keine Frage, digitale und analoge Druckverfahren konkurrieren weiterhin untereinander. Den Drupa-Besuchern kann nur geraten werden, die jüngsten Entwicklungen – seien es kleinere Auflagen im Offsetdruck oder höhere Leistung im Digitaldruck – unter die Lupe zu nehmen und gegebenenfalls auch die eigene Produktion zu überdenken. Dabei stehen sie jedoch keineswegs vor einer Entweder-Oder-Alternative. Vielmehr können die beiden Technologien – getreu dem von Philipp Cullimore geprägten Wort von der «&-Drupa» – durchaus ein leistungsfähiges Doppel bilden. Möglich sind sowohl Hybriddruck-Konfigurationen – variable Daten werden digital in vorproduzierte Offset-Erzeugnisse eingedruckt – als auch der separate Betrieb Seite an Seite, wobei Aufträge jeweils zum geeigneteren System geleitet werden.

«Wer die Produktion von Druckseiten digitalisieren möchte, braucht keineswegs einen einzigen, grossen Schritt ins Auge zu fassen», so Philipp Cullimore. «Immer wieder bewähren sich auch kombinierte Umgebungen. Auch in Fällen, in denen eine vollständige Digitalisierung nicht in Betracht kommt, lässt sich der Wert der hochauflagigen Offset-Produktion durch die digitale Individualisierung erheblich steigern.» Greg Norris von Goss: «Wir sehen ein Potenzial für die Integration des Rollenoffset- und Digitaldrucks in Hybridsystemen.» Das Fazit? Zwar dürfte der Konkurrenzkampf in einigen Bereichen anhalten, doch mehr und mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass jedes Verfahren seine Stärken aufweist. Wer Digital- und Offsetdruck kombiniert, ist daher ganz sicher nicht schlecht beraten.

Thomas Hauser, Leiter Corporate Marketing und Kommunikation bei manroland, erläutert: «Wir beschreiben die Aufgabenteilung zwischen dem Offset- und dem Digitaldruck so: Druckereien, die mit beiden Verfahren arbeiten, können sich auf die eigentliche Stärke des Offsetdrucks – nämlich grössere Auflagen – besinnen, und dadurch wird die Offsetproduktion wirtschaftlicher. Eine solche gemischte Produktionsumgebung aber steht und fällt mit dem Workflow. Daher raten wir unseren Kunden, vorhandene Abläufe in einen übergreifenden Metadaten-Workflow einzubinden, mit dem die digitalen Systeme für Druck und Weiterverarbeitung gesteuert werden. So können Offset-Anwender ihr Digitaldrucksystem nahtlos mit dem Offset-Datenfluss integrieren, ohne auf ihre vertraute Umgebung zu verzichten.»

Mit dieser Sichtweise steht manroland keineswegs allein da. Die Partnerschaft des deutschen Unternehmens mit Océ mag zwar als erste zwischen den Sparten Offset- und Digitaldruck für Furore gesorgt haben, doch weitere derartige Bekanntgaben liessen nicht lange auf sich warten: Heidelberg vertreibt nun Digitaldrucksysteme von Ricoh ergänzend zu seinen Offsetdruckmaschinen, und KBA verbindet sein Können im Druckmaschinenbau mit dem Know-how und geistigen Eigentum von RR Donnelley im Bereich des Digital- und Hybriddrucks, um neue Digitaldruckplattformen zu entwickeln. Weitere Allianzen zwischen Firmen, die bis dato als Konkurrenten galten, sind ganz sicher nicht ausgeschlossen.

Viele Mottos – viele Gründe für einen Drupa-Besuch!

«Der wahre Nutzen eines Messebesuchs liegt darin, Abstand zum hektischen Tagesgeschäft zu gewinnen und den Ideenaustausch mit Gleichgesinnten zu suchen», weiss David Preskett von Canon. «Anwendungen hautnah zu erleben ist der eine Aspekt, informelle Kontakte sind der andere. Kurz: Grosse Fachmessen zählen zu den wenigen Gelegenheiten, einmal über den eigenen Tellerrand zu schauen und einen Blick auf kommende Geschäftsideen und Innovationen zu erhaschen.» Und weiter zur Frage des Mottos: «Das ist nicht leicht. Meist wird erst nach einigen Messetagen deutlich, was die Besucher am meisten interessiert.»

Unter welcher Devise auch immer – Automatisierung, Crossmedia, Inkjet, Revival des Offsetdrucks, Umstellung oder ganz einfach «&»: Mehr als alles andere ist die Drupa das, was Sie daraus machen. Seien Sie mit dabei, bilden Sie sich Ihre Meinung und nehmen Sie mit, was Ihr Unternehmen voranbringt. Es ist Ihre Drupa.

Die Drupa im Spiegel der Zeit

… gesehen von Professor Frank Romano

1972 – Drupa der kleinen Akzidenzdruckmaschinen

1977 – Drupa der elektronischen Druckvorstufe für Farbe

1982 – Drupa des Fotosatzes

1986 – Drupa des vollständigen Layouts auf Film

1990 – Digitale Drupa

1995 – Produktivitätssteigerung (CtP, DI-Druckmaschinen, Farb-Digitaldruck)

2000 – Druckmaschinen- und Workflow-Automatisierung

2004 – JDF-Drupa

2008 – Inkjet-Drupa

2012 – Inkjet-Drupa hoch 2, Drupa des Inline-Finishing

Der Autor

Barney Cox ist leitender ­Consultant für On-Demand-Druck/Publishing Europa bei InfoTrends, dem inter­national aufgestellten ­Beratungsunternehmen der grafischen Industrie.

barney_cox@infotrends.com.

Artikel als PDF