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Was bringt das neue Mac OS f�r Print und Publishing?

Apples Betriebssystem ist in einer neuen Version verfügbar

Tiger für Print und Publishing

Kaum ist Panther mehr oder weniger flächendeckend eingeführt, steht schon das nächste grosse Systemupdate auf der Apple-Plattform zum Sprung bereit. Was bringt 10.4 alias Tiger für uns?

DAVID UHLMANN «Was, schon wieder ein Update», mögen Mac-User stöhnen, angesichts der Geschwindigkeit, die Apple bei den neuen Systemen an den Tag legt. Inzwischen hinlänglich bekannt, benennt der Hersteller aus Cupertino seine Betriebssysteme nach Raubkatzen. Für analytisch denkende Leute handelt es sich bei Tiger um die Version 10.4 von Mac OS X. Da jeweils recht viel im Unterbau des Systems geändert wird, ist die Aktualisierung keine Ruck-zuck-Übung, auch wenn der Hersteller dies immer wieder gerne weismachen möchte. Vielmehr muss die Kompatibiliät zwischen Programmen und Betriebssystem jedes Mal von neuem überprüft werden und die Softwarehersteller ihrerseits müssen entsprechende Aktualisierungen ins Netz stellen. Änderte zwischen Jaguar (10.2) und Panther (10.3) recht viel im Bereich des Treibermanagements, so scheint dies bei Tiger weitaus weniger der Fall zu sein.

Änderungen an der Oberfläche

Die Zeit der grossen Umstellung ist (zum Glück) vorbei: Apple hat behutsam den Panther an verschiedenen Stellen verändert, Tiger ist keine Revolution, sondern eine Evolution. So sind z.B. die Streifen in den Menüs noch weiter zurückgenommen worden, was der Übersichtlichkeit dient. Dem Menü verpasste man einen «Glossy»-Effekt. Dadurch finden sich Windows-User schneller zurecht, da es seine wichtige Funktion so besser zur Geltung bringen kann.

Der Finder

Für einmal hat Apple dem Benutzer eine Verschnaufpause gegönnt: Der Finder ist fast gleich geblieben und fühlt sich von der Geschwindigkeit her auch so an. Natürlich wurden die Dialoge überarbeitet, Kopieren und Verschieben wird auf Wunsch mit einem Audio-Feedback quittiert und die Entleerung des Papierkorbs geht bei einer grossen Anzahl Dateien endlich schneller.

Mail, Safari & Co.

Seit der Einführung von Mac OS X ist Apple ernsthaft bestrebt, Programme mitzuliefern, die im täglichen Einsatz brauchbar sind. Dies wird nun mit dem Tiger weitergeführt. Das Mailprogramm «Mail» hat eine neue Oberfläche bekommen, die deutlich professioneller wirkt. Das Prinzip der intelligenten Wiedergabelisten in iTunes entwickelt Apple konsequent weiter: Eine Regel in Mail kann nun auch als «Intelligenter Ordner» erzeugt werden, dies wird direkt im Hauptfenster und nicht in einem versteckten Dialogfeld erledigt.

Safari, der Web-Browser (Internet Explorer wird gar nicht mehr installiert), ist ebenfalls in einer neuen Version beigepackt, die nun sog. «RSS-Feeds» auslesen und darstellen kann. Tageszeitungen und News-Seiten verwenden häufig diese Darstellung mit XML. Das Adressbuch wurde ebenfalls einer Aktualisierung unterzogen, es ermöglicht jetzt die Freigabe eines oder mehrerer Datensätze im gleichen Netzwerk via Bonjour (dem Nachfolger von Rendezvous).

Drucken und PDF

Die Druckereinrichtung wurde gründlich überarbeitet. So wird AppleTalk nur noch bei Bedarf geladen. Ausserdem wurde die Datenbank der verfügbaren Treiber und Druckerbeschreibungen (PPDs) stark erweitert. Für die Druckvorstufe interessant: Die Installation eines «VirtualPrinters» wird hinfällig. Apple hat nachgebessert und bietet im Drucken-Dialog an vorderster Stelle die Option zur Sicherung einer PostScript-Datei an.

Im PDF werden die Schriften nach wie vor als Untergruppen eingebettet, wenn dies aus lizenzrechtlichen Gründen gestattet ist. Mac OS X schreibt seit 10.3 die PDF-Dateien mit einem Adobe Normalizer Framework in der Version 3011.104, bekannt aus Acrobat Distiller 5. In Tiger kommt die gleiche Bibliothek zum Einsatz, allerdings wurden die Möglichkeiten im DruckenDialog erweitert. So steht nun die direkte Sicherung von PDF-Dateien in verminderter Qualität zur Verfügung, was vor allem beim Austausch via E-Mail praktisch ist. Hinter diesen Funktionen stehen AppleScripts, die ggf. mit dem «Automator» eingesehen und editiert werden können.

Als besonders praktisch erweist sich die Möglichkeit, Webseiten als PDFs zu versenden. Beispielsweise wird beim Autor die Buchhaltung extern erledigt. Wenn Waren via Internet eingekauft werden, gibt es oft eine elektronische Quittung im Browser. Rasch in den Drucken-Dialog und dort unter PDF die Option «PDF versenden» angewählt und schon wird eine neue E-Mail mit der PDF-Datei als Anhang erstellt. Empfänger eingeben, weg und fertig. Sicher, das ging auch in Panther, aber Tiger bietet das nun von Haus aus und damit wird die Funktion allgemein bekannt und damit eher angewendet.

Programmieren fürs Fussvolk

Apple bot seit jeher mit AppleScript eine relativ einfach zu erlernende Sprache, um Automatismen selbst zu erstellen. Mit Tiger steht nun eine grosse Neuerung bereit: Automator bietet vorgefertige Routinen, die mit Drag and Drop zu kompletten Abläufen zusammengestellt werden können. Es gibt verschiedene Rubriken, die sich an den installierten Applikationen orientieren. Dabei können auch Dritthersteller deren Funktionen «einbauen» und so dem Benutzer zugänglich machen. Es ist aber auch möglich, einen Mix aus Automatorabläufen und z.B. Photoshop-Aktionen zu kombinieren.

Das Potenzial der neuen Applikation ist sehr gross – in einem weiteren Beitrag werden wir mehr darüber berichten.

Wer sucht, der findet

Ein weiteres, für die Druckvorstufe sehr interessantes Feature stellt «Spotlight» dar. Wie vielleicht bekannt, ist in Mac OS X eine SQL-Datenbank integriert. Diese wurde nun von Apple dazu verwendet, eine sehr leistungsfähige Datenbank dem Benutzer zugänglich zu machen. Spotlight durchsucht die gesamte Festplatte, CD-ROMs, Servervolumen usw. nach Dateien und sichert diese in einem Index. Dabei werden nicht nur Dateiname und Attribute wie das Datum, sondern ganze Inhalte von Text- und PDF-Dokumenten im Index gesichert. Das Verhalten von Spotlight kann in den Systemeinstellungen beeinflusst werden. Dabei lassen sich einerseits Kategorien aktivieren und deaktivieren und in ihrer Reihenfolge festlegen, andererseits können Orte von der Indexierung ausgenommen werden. Leider vermissen wir die Funktion, dass externe Volumen nur bei Bedarf durchsucht werden. So wird jedes Volumen, das auf dem Mac gemountet wird, automatisch indiziert. Besonders bei portablen Geräten sinkt die Arbeitsgeschwindigkeit während der Indexierung merklich.

Spotlight begegnet dem Benutzer überall: im Finder (Suchen-Fenster), bei Sichern- und Öffnen-Dialogen, im Mailprogramm und im Adressbuch, um nur einige zu nennen. Das macht die Anwendung zu einer zentralen Schnittstelle. In Kombination mit der Verschlagwortung von Bildern, Logos und Dokumenten ist der Weg nicht mehr weit zu einem Asset-Management. Mit Automator lassen sich Hotfolder einrichten, die Objekte automatisch mit den richtigen Eigenschaften versehen. So kann einerseits auf das Dateisystem via Finder zugegriffen, auf der anderen Seite eine direkte Suche via Spotlight gestartet werden, um die Daten schnell zu finden.

Im Suchen-Fenster kann eine häufig benutzte Suchabfrage mit allen Parametern gesichert und in die Seitenleiste bewegt werden – gerade für Layouter von Zeitschriften und Fotografen ein tolles Feature. Der Finder wird so zum Asset Management Tool, das in der Bedienung nicht neu erlernt werden muss. Leider lässt sich die Grösse der Objekte in der Seitenleiste noch immer nicht definieren, es gibt halt immer etwas zu verbessern.

Da es sich bei Spotlight grundsätzlich um eine offene Technologie handelt, ist es gut vorstellbar, dass Hersteller auf den Zug aufspringen und es so zu weiteren interessanten Entwicklungen kommt. Apple hat erkannt, was System­integratoren seit einiger Zeit beobachten: Der Speicherplatz steht in rauen Mengen zur Verfügung – nun muss der Benutzer nur noch mit der Menge der Dateien umgehen können. Spotlight bietet diese Möglichkeit und ist aus unserer Sicht eines der wegweisendsten neuen Funktionen für die Druckvorstufe im neuen Mac OS X.

Fazit

Apple hat die Zeichen der Zeit erkannt, setzt auf behutsame Neuerungen und lässt ihr Betriebssystem reifer werden. Technologien, die noch vor einiger Zeit den Spassprogrammen wie iTunes oder iPhoto vorbehalten waren, halten Einzug in die Arbeitsumgebung. Das System der intelligenten Suchordner ist ein Beispiel dafür; die Oberfläche ist trotz den neuen Funktionen nicht überfrachtet und wirkt auf den ersten Blick noch immer aufgeräumt. Nur dort, wo es Sinn macht und der Benutzer einen echten Nutzen hat, wurden die Schleusen geöffnet, um das normale Fussvolk an Technologien teilhaben zu lassen, deren Administration noch vor einiger Zeit Tage und Wochen verschlungen hätte. Natürlich ist Tiger noch jung und es gibt noch ein paar fehlende Optionen, damit er wirklich «fini» ist.

 

 

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