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Wie das Material zur Form kommt

Reines und mit Abrasivsand versetztes Wasser dringt in Sekundenschnelle durch fast jedes Material. Die Technologie ergänzt das Laserschneiden nicht nur, sondern erweitert das Spektrum an trennbaren Materialien enorm.

KATRIN KOCH Schriften cad-schneiden und Schilder auf das gewünschte Endformat ablängen gehören zum Alltag eines Werbetechnikunternehmens. Bei komplexen Beschilderungen und Fassadenbeschriftungen mit Einzelbuchstaben sind die meisten Werbetechnikbetriebe jedoch auf kompetente Partner angewiesen, die mit einem entsprechenden Maschinenpark ausgerüstet sind und bei welchem diese Schneidegeräte im Schichtbetrieb arbeiten.

Rund vierzig Firmen bieten quer über die Schweiz verteilt Wasserstrahl- und Laserschneiden an, wobei einige davon für die Industrie, beispielsweise den Apparatebau, produzieren und nicht für die Werbetechnik. Da Schriften im Vergleich zu mechanischen Werkstücken einfacher zu schneiden sind, lohnt sich das Nachfragen bestimmt. Schneidedaten können dazu beispielsweise als DXF-Datei übertragen werden, welche sich aus Illustrator exportieren lassen.

Wasserstrahlschneiden

Die Möglichkeiten des Wasserstrahlschneidens sind noch lange nicht ausgereizt. Es gibt kaum Werkstoffe, die diesem Trennverfahren widerstehen können. Hier liegt das grosse Potenzial dieser Technologie. Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts wurde sie zum Schürfen in Ton- und Kiesablagerungen verwendet, wenige Jahrzehnte später versuchten sich damit die Russen und die USA beim Erzabbau. Boeing sorgte schliesslich in den 1960er Jahren für den Durchbruch, als das Trennverfahren für den Zuschnitt von Verbundwerkstoffen im Flugzeugbau eingesetzt wurde. Heute werden damit Tunnels gebohrt, die Tortenstücke bei Grosskonditoreien und die einzelnen Stoffstücke der Jeans, die Sie tragen, zugeschnitten. Für die Trennung neuer Verbund- und Strukturwerkstoffe – ob faserverstärkte Kunststoffe, Keramiklegierungen oder Werkstoffe mit Wabenstrukturen – steht eine solche Maschine seit Jahren bereit und muss nicht erst erfunden werden.

Wasserstrahlschneiden gehört zu den Kalttrennverfahren. Somit können auch Materialien geschnitten werden, die keinen thermischen Einflüssen ausgesetzt werden dürfen. Mit dieser Technologie können auch Werkstoffe, die nicht oder nicht mehr mit Laser geschnitten werden können, verarbeitet werden. Oftmals sind die Bearbeitungsköpfe zusätzlich mit Bohrachsen ausgestattet, um Faserverbund- und andere Schichtwerkstoffe vorbohren zu können und so einer möglichen Delamination, einem Ablösen oder Aufplatzen der Schichten, beim Einstechprozess vorzubeugen.

Funktionsprinzip

Um Wasser zur Materialtrennung verwenden zu können, braucht es Hochdruck. Es wird zwischen Abrasiv- und Reinwasserschneiden unterschieden. Beim Abrasivschneiden wird Wasser mit einer Hochdruckpumpe bis auf 4000 bar Druck erhöht. Anschliessend wird es mit einem geeigneten Abrasivmittel vermischt und trifft mit 550 bis 900 Metern pro Sekunde als energiereicher Strahl auf das Werkstück. Dabei entsteht eine gleichmässige, saubere und gratfreie Schnittfuge von etwa 0,8 mm. Beim Reinwasserschneiden werden weiche Werkstoffe ohne Abrasivmittel mit einem sehr feinen Was-serstrahl von circa 0,1 mm mit rund 3000 bar Druck geschnitten.

Laser

Die Materialtrennung mit dem Laser ist gerade im Dünnblechbereich sehr interessant, weil hohe Geschwindigkeiten erreicht werden. Die gefertigten Teile sind aber öfter für die Industrie denn für die Werbetechnik gedacht. Wenn es jedoch um komplexe Formen aus Acrylglas geht, deren Kanten sichtbar bleiben und deswegen poliert werden müssen, kann mit dem Einsatz des Lasers Zeit und Geld eingespart werden. Für einfache Formen, beispielsweise ein rechtwinklig zugeschnittenes Schild aus Acrylglas, welches in einem Leuchtkasten zum Einsatz kommt, wäre dieses Trennverfahren aber reiner Luxus. Beim Kunststoffverarbeiter AV Bürge kommt in solchen Fällen das Sägeblatt zum Zug, bei Bedarf werden die Kanten mit dem Diamantpolierer veredelt, eine weitere Möglichkeit wäre das Beflammen der Kanten. Ein weiterer Aspekt, der gegen den Zuschnitt von Acrylglas (PMMA) mit Laserverfahren spricht, sind die entstehenden Emissionen. Diese müssen mit speziellen Lüftungsanlagen abgesaugt werden.

Spanabhebende Verfahren

Der Vollständigkeit halber gehören auch Trennverfahren erwähnt, bei denen das Material in Spänen abgetragen wird, also beispielsweise das Fräsen und Sägen. Wie oben erwähnt, kommt diese Art der Bearbeitung vor allem beim Zuschnitt von Platten und Schildern zum Tragen. Bei einfachen Formen also, wo dem Aussehen der Schnittkanten keine grosse Bedeutung zukommt, weil diese im Endprodukt nicht mehr zu sehen sind oder das Material noch weiter verarbeitet wird.

Raum zur Entfaltung

Die breite Palette an möglichen Werkstoffen lässt der Werbetechnik viel Raum zur Entfaltung. Sind die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten bekannt, so können Grenzen auch besser ausgelotet werden: Welche Formstabilität weist ein Material auf, wie ist die Tiefenwirkung? Welches Material ist wirklich gefragt – denn wird ein Schriftzug lackiert, so spielt der Werkstoff eine untergeordnete Rolle, und ökonomische Interessen können stärker gewichtet werden. Einige Punkte, die es weiter zu bedenken gilt: Wie sollen Schilder oder Schriften montiert werden? Braucht es Ansatzpunkte für Winkeleisen, oder kann direkt an die Wand montiert werden? Sollen Bolzen aufgeschossen werden und wo? Was geschieht mit Punzen bei Negativschriften oder mit i-Punkten?

Aufträge aus dem Bereich der Werbetechnik wie Buchstaben für eine Fassadenbeschriftung erfordern prioritär eine effiziente Arbeitsweise, die etwas gröber ausfallen darf und nicht die filigrane Arbeit eines Lasers mit durchschnittlich 0,2 mm Schnittfugenabfall erfordert. So sind nebst dem Material und dessen Stärke auch die Geometrie und Wirtschaftlichkeit des Werkstücks für die Wahl des Trennverfahrens ausschlaggebend. Bei der Firma LIDAG AG in Flurlingen wird beim Wasserstrahlschneiden mit Doppelkopf gearbeitet, was das Verfahren noch wirtschaftlicher macht. Bestimmte Werkstoffe wie Aluminium, welche einen wichtigen Platz in der Werbetechnik innehaben, eignen sich grundsätzlich besser für den Zuschnitt mit Wasserstrahl. Das Laserschneiden nämlich neigt zur Gratbildung, sodass der zusätzliche Aufwand des Entgratens zum Kostenfaktor wird. Auch für die Produktion von Schildersystemen, bei denen die Kanten sichtbar bleiben, bietet sich der Zuschnitt mit Wasserstrahl an: Die Schnittfläche wirkt scheinbar sandgestrahlt und edel.

Ein klarer Fall für diese Technologie ist auch die Kombination verschiedener Werkstoffe bei Intarsien: So können Edelmetalle und Stein passgenau wassergestrahlt und als Fliesen im Eingang eines Geldinstitutes zusammengefügt werden. Gerade bei Buntmetallen wie Kupfer ist der Laserschnitt problematisch, denn die Oberfläche reflektiert den Laser zu stark und müsste mattiert werden.

Umweltfaktoren

Beim Laserschneiden fällt im Vergleich zum Fräsen von Werkstücken sehr wenig Abfall an. Dank intelligenter Programmier-Software wird der Platz optimal ausgenutzt, der Schnittfu-genabfall beträgt zwischen 0,1 bis 0,3 mm. Das zurückbleibende Gitter wird via Schrotthändler zum Sekundärrohstoff, durch saubere Trennung nach Werkstoffart entsteht praktisch kein Materialabfall. Beim Wasserstrahlschneiden sieht es etwas anders aus: Restgitter aus Verbundwerkstoffen, Kunststoffen und Stein müssen entsorgt werden, wodurch die optimale Ausnutzung noch mehr Gewicht erhält. Das Restwasser wird gefiltert und dem Abwasser zugeleitet.

Zukunftsaussichten

Im Bereich der Trennverfahren ist vieles in Bewegung. Laser schneiden Dünnbleche dank Plasmaschneidetechnologie noch schneller, Wasserstrahlschneidmaschinen laufen schon mit vier Schneideköpfen.

Das Spektrum an Materialien, welche mit Laser- oder Wasserstrahlverfahren bearbeitet werden können, entwickelt sich ebenfalls stetig weiter. Die Neu- und Weiterentwicklung von leichten, witterungsbeständigen und möglichst auch günstigen Werkstoffen ist auch für die Werbetechnik sehr interessant: Diese ermöglichen teils mehr Freiheit beim Gestalten verschiedenster Anwendungen und sorgen für eine Vereinfachung in der Verarbeitung.

Werkstoffe mit Laser und Wasserstrahl schneiden

Werkstofftabelle mit dem Materialquerschnitt der entsprechenden Fertigungsmethode. Die Zahlen sind als Richtwerte anzusehen, gerade Nicht-Eisenmetalle werden auch schon unter 4 mm Dicke wasserstrahl­geschnitten.

Quelle: LIDAG.

Werkstoff

Laserschneiden    

Wasserstrahlschneiden

Baustahl

bis 25 mm

bis 60 mm

Werkzeug- und Federstahl

bis 15 mm

bis 60 mm

Chromstahl oxidfrei

bis 20 mm

bis 60 mm

Titan

bis 5 mm

bis 50 mm

Aluminium

bis 12 mm

bis 100 mm

Kupfer, Messing, Bronze

bis 4 mm

bis 60 mm

Plexiglas, Gummi, Holz, Leder

auf Anfrage

bis 100 mm

Kunst- und Schaumstoffe

bis 200 mm

Dichtungsmaterialien (Gummi)

bis 200 mm

Hartgewebeplatten

bis 100 mm

Dämm- und Isolierstoffe

bis 200 mm

Verbund- und Strukturwerkstoffe (CFK, Alucobond, Dibond)

bis 100 mm

Naturstein, Glas, Keramik

bis 100 mm

 

Weitere Informationen

Die Firma AV Bürge AG ist ein spezialisierter Zulieferer von Kunststoffen und Kunststoffbauteilen für die Industrie. Dabei liegt das Schwergewicht in der spanabhebenden Bearbeitung von u.a. transparentem und farbigem Acrylglas, was das Unternehmen auch zu einem wichtigen Zulieferer für Werbetechnikbetriebe macht. Mit etlichen Tonnen an gelagertem Plattenmaterial und einem umfangreichen Maschinenpark können kurze Durchlaufzeiten gewährleistet werden.

AV Bürge AG
AMP-Strasse 2
9552 Bronschhofen
Tel. 071 913 80

www.av-buerge.ch

 

Auf die drei Kernkompetenzen Laserschneiden, Laserschweissen und Wasserstrahlschneiden hat sich die 1987 gegründete Firma LIDAG festgelegt. Durch die Verknüpfung der verschiedenen Trennmethoden kann jederzeit die technisch und wirtschaftlich optimale Lösung eingesetzt werden. Ob Grossschilder mit negativen Schriften, mehrteilige oder mehrschichtige Reklametafeln oder Elemente für den Ladenbau, das Unternehmen zeigt in seiner Spezialisierung eine grosse Vielfalt an Umsetzungsmöglichkeiten.

LIDAG AG
Gewerbezentrum Arova

8247 Flurlingen
Tel. 052 647 48 48

www.lidag.ch

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