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Wohin der Digitaldruck sich entwickelt

Auf der Drupa 2012 war der Digitaldruck mit all seinen Facetten das überragende Thema. Bisherige Hersteller zeigten Weiterentwicklungen ihrer Produkte, aber auch neue Anbieter zeigten neue Technologien und Produkte. Dadurch entwickelt der Digitaldruck mehr Möglichkeiten, was den Drupa-Besuchern die Auswahl erschweren dürfte.

kurt k. wolf Mehr als 20 Anbieter von Hochleistungs-Digitaldruckmaschinen zeigten auf der Drupa ihre Weiter- und Neuentwicklungen. Um die Übersicht zu gewinnen, sollte man sie einteilen nach Bogen- oder Rollendruck, nach Anwendungsgebieten wie Transaktionsdruck, Direktwerbung und Akzidenzfarbdruck, und vielleicht nach Technologien wie Inkjet- oder elektrofotografischem Druck. Würde man alle 20 Anbieter hier mit ihren Maschinen erwähnen, würde man den Rahmen der Berichterstattung sprengen, hätte mehr Informationen, aber weniger Klarheit.

Was am meisten neu angeboten wurde, war der Sprung vom bisherigen B3- zum B2-Format, entweder aus der 45 Zentimeter breiten Rolle (oder Bogen) oder aus einer 75 Zentimeter breiten Rolle oder sogar aus 40 Zoll, also 102 Zentimeter, Druckbreite für das B1-Format. In diesem Artikel wol­len wir einen Überblick schaffen über die neuen Technologien, welche auf der Drupa neu vorgestellt wurden.

Zwei neue Technologieanbieter, Landa Corporation und MemJet, brachten neue Inkjetlösungen, die bereits an viele andere Hersteller lizenziert wurden. Vier bestehende Hersteller stellten neue, elektrofotografische Druckmaschinen mit Flüssig- und Pudertoner vor.

Technologische Weltpremiere: die Nanografie

Den grössten Auftritt machte Benny Landa, Gründer der Landa Corporation, der auf der Drupa die Nanotechnologie als neue «Digitaldrucklösung für den Mainstream-Offset» vorstellte. Im Prinzip besteht Benny Landas Nanografie aus vier Elementen: der Nanotinte, dem Druckprozess, den Druckmaschinen und den Partnerschaften für den Vertrieb.

Die Nano-Ink besteht aus Farb­pigmenten, die nur etwa zehn Nanometer klein sind, deshalb weniger Licht schlucken und dadurch brillantere Farben zeigen sowie einen erweiterten Farbraum darstellen. Diese Farbpigmente werden in Wasser transportiert und mit den Piezo-Inkjetdüsen auf ein Gummiband gesprüht, auf dem das Wasser verdunsten muss, bevor die Nanopartikel auf das Papier übertragen werden. Zwar ist Wasser als Transportmittel umweltfreundlicher als Lösungsmittel oder UV-Tinten, muss aber trotzdem mit Hitze blitzschnell auf dem Gummiband verdampft werden. Dafür sind die Farbpünktchen im Vergleich zum Offsetdruck oder zum bisherigen Inkjetdruck auf dem Papier extrem scharf.

Im Druckprozess verwendet Landa Piezo-Inkjetköpfe von Kyocera mit 600 dpi und druckt mit ihnen Bildpunkte mit hoher Randschärfe, weil sie nicht wie im Offset- oder Inkjetdruck auslaufen. Wenn nun aber nur eine einzige Düse verstopft oder ausfällt, erhält man deutlich sichtbare Linien im Druckbild (Banding), die stärker auffallen als im Offset- oder UV-Inkjetdruck.

Beim Vergleich der Druckmaschinenmodelle in Landas Prospekt fällt auf, dass alle mit 600 dpi drucken, manche aber nur durch doppeltes Takten in Laufrichtung 1200 Punkte schiessen. Bisher hat man nämlich noch keinen Inkjetkopf gefunden, der mit echten 1200 dpi drucken kann und damit schnell genug ist, um die versprochenen 6500 doppelseitig bedruckten Bogen pro Stunde zu drucken. Und wenn man versuchen würde, die Auflösung mit doppelter Anzahl der 600-dpi-Druckköpfe zu erreichen, würde die Maschine erheblich teurer. Kein Wunder also, dass Benny Landa in seiner Präsentation vor der Fachpresse versprach, dass erst in der zweiten Hälfte 2013 die ersten Beta-Maschinen von ihm lieferbar sind und bis dahin alle noch bestehenden Probleme gelöst sein werden.

Als Druckmaschinen stellte Landa ein Programm aus Bogen- und Rollendruckmaschinen vor. Den Bogendruck gibt es in den Formaten B3, B2 und B1, wobei es die B1-Maschine für den Akzidenz- oder Faltschachteldruck geben wird. Die Rollenmaschinen gibt es als W5 in 56 Zentimeter Druckbreite für Etiketten und flexible Verpackungen, als W10 in 102 Zentimeter Druckbreite für flexible Verpackungen und als W50 in 56 Zentimeter Druckbreite für Direktwerbung, Transpromo und Publishing. Der gesamte Papiertransport aller Maschinen wird von Komori produziert, die Bebilderungstechnologie von Landa Corporation ebenso wie das futuristische Bedienfeld, das sowohl den Druckvorgang als auch die zu druckenden Jobdokumente grafisch eindrucksvoll darstellt. Da sich das Bedienfeld über die gesamte Länge der Druckmaschine erstreckt, kann der Drucker alle Funktionen an beiden Enden der Maschine bedienen. Die gesamte Konzeption gab uns Fachredaktoren einen starken Eindruck und das Gefühl, wirklich im 21. Jahrhundert angekommen zu sein. Keine zweite Maschine auf der Drupa, kein zweiter Stand war so beeindruckend für die Besucher.

Die Partnerschaften

In der Pressepräsentation kam Benny Landa auf seine Erfahrungen mit Indigo zurück und erklärte, dass er die damaligen Fehler, seine technischen Erfindungen allein zu nutzen, mit der Nanografie nicht wiederholen wolle. Er wolle nicht noch einmal ein Monopol schaffen und werde deshalb seine Nanografie anderen Herstellern von Offsetdruckmaschinen lizenzieren und ihnen helfen, eigene Nanografiedruckmaschinen zu entwickeln, zu bauen und zu vertreiben. Natürlich werde auch er mit Partnern seine hier vorgestellten Nanografiedruckmaschinen auf den Markt bringen. Er werde aber aus patentrechtlichen Gründen als einziger die Nano-Ink herstellen und vertreiben, werde aber auch hier bei steigendem Tintenvolumen Rabatte an die Lizenznehmer weitergeben. Drei Lizenznehmer verkündete Landa zu Beginn der Drupa: Komori, Manroland und Heidelberger Druckmaschinen.

Komori, welche den Papiertransport von Landas Maschinen baut, kommt dank der Nanografie in das Geschäft mit Inkjetdigitaldruck zur Ergänzung des Offsetdrucks. Manroland kann damit Zeichen der Wiederbelebung ihrer Aktivitäten setzen und zeigen, dass es ihnen wieder besser geht. Heidelberg wiederum kann sich weiterhin auf seine neuen Highend-Offsetdruckmaschinen konzentrieren und warten, bis Benny Landa die Lösungen für die heute noch bestehenden Probleme für seine Lizenznehmer entwickelt hat. Damit ermöglicht er drei der vier grössten Offsetdruckmaschinenherstellern der Welt, mit seiner Technologie und Hilfe in den Digitaldruck einzusteigen.

Der vierte im Bunde, KBA, hat Landas Lizenz nicht nötig, denn sie zeigten mit dem RotaJet 76 bereits ihre eigene Digitaldruckmaschine. Die KBA RotaJet 76 druckt mit einer maximalen Papierbahnbreite von 78,1 Zentimetern im beidseitigen Vierfarbendruck mit einer Geschwindigkeit von bis 150 Metern pro Minute mit 600 dpi nativer Auflösung, was 3000 A4-Seiten entspricht. Und sie wird 2013 bereits in Serie gehen.

Kein Ersatz für den Offsetdruck

Benny Landa sagte klar, dass die Nanodruckmaschinen nicht den Offsetdruck ersetzen werden, denn für hohe Auflagen werde immer der Offset wirtschaftlicher sein. Ein Bild seiner Präsentation zeigte, dass der elektrofotografische Farbtonerdruck ab einigen hundert Bogen zu teuer wird und der Offsetdruck bei niedrigen Auflagen zu unwirtschaftlich ist. Diese Lücke zwischen Farblaserdruck und Offsetauflage könne ein Akzidenzoffsetdrucker mit der Nanotechnologie nutzen, um in diesem Niedrigauflagenbereich Geld zu verdienen.

Zumal die Nanotechnologie billiger als Offsetdruck sei und dank niedrigem Tintenverbrauch den niedrigsten Seitenpreis habe. Zwar konnte er der Presse weder den Preis der Maschinen, der Seiten oder Tinten sagen, wies aber darauf hin, dass er ab sofort Bestellungen mit Anzahlung für die Maschinen annehme.

Weltpremiere: Memjet-Inkjetdüsen vorgestellt

1995 gründete der ehemalige Direktor des Canon-Forschungslabors CISRA, Kai Silverbrook, sein eigenes Forschungslabor MEMS (Mikro Elektro-Mechanische Systeme), mit dem er inzwischen über 3000 Patente bekommen und 2000 weitere angemeldet hat. Darunter befinden sich auch Inkjetköpfe und deren Controller, die von der Firma Taiwan Semiconductor Manufacturing Company gebaut und von den «Memjet Companies» in San Diego vertrieben werden. Sie bieten die Lizenzen und Produkte für die Geschäftsfelder Etikettendruck, Wide-Format-Druck, Home & Office sowie Fotodruck an mit Vertriebsbüros und in einigen Fällen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Dublin, Taipeh, Singapur und Sydney.

Auf der Drupa zeigten die Lizenznehmer Delphax, Canon, Xanté, Caldera, Rapid und Neopost Drucksysteme mit dem schnellen Memjet-Druckkopf. Er ist 22,3 Zentimeter breit, enthält 70 400 Düsen, die mit Drop-on-Demand-Thermo-Technologie arbeiten. Er ist als Verschleissteil konzipiert, soll nur 300 US-Dollar kosten und eine Lebensdauer von 10 000 laufenden Metern erreichen. Er wird fest in die Drucksysteme einzeln oder versetzt nebeneinander eingebaut und druckt im One-Pass-Verfahren auf die durchlaufenden Substrate. In der Werbung wird die Arbeitsweise der Memjets Wasserfall-Technologie genannt. Das erinnert an die Arbeitsweise der Pros­per-Technologie von Kodak. Die bisherigen Anwendungen für Etikettendruck oder Adressendruck arbeiten mit einem einzigen Druckkopf. Hier die Produkte, die auf der Drupa zu sehen waren.

OWN-X: Der Etikettendrucker des ungarischen Unternehmens, OWN-X Speedstar 3000, druckt in 22 Zentimeter Breite einfarbig 30 Zentimeter pro Sekunde oder 2000 Etiketten pro Minute. Der Drucker OWN-X WF 42 druckt mit fünf nebeneinander versetzten Druckköpfen in 106 cm Breite.

Rapid: Rapid X-1 und Rapid X-2 drucken 5-farbig mit 30 Zentimetern pro Sekunde oder 18 Metern pro Minute bei 1600 × 800 dpi Auflösung, können aber auch mit halber Geschwindigkeit hochauflösende 1600 × 1600 dpi drucken.

Caldera: Der RIP- und Management-Softwareanbieter zeigte einen Single-Pass-Inkjetdrucker, der auf Rollenmaterial in 106 Zentimeter Breite vierfarbig wasserbasierte Pigmenttinten mit der Wasserfall-Technologie von Memjet verdruckt. Der von FujiXerox entwickelte Posterdrucker kann auf die unterschiedlichsten Substrate von gestrichenem Papier mit 85 g/m2 bis zu wesentlich schwereren Materialien wie Leinwand oder Folien auf Polyesterbasis drucken. Er druckt mit dem rasanten Tempo von 15 Zentimetern pro Sekunde mit 1600 × 1600 dpi dank dem schnellen Caldera-RIP. Das Drucktempo kann durch Reduzierung der Auflösung auf 1600 × 800 dpi von 14 auf 28 A1-Poster pro Minute verdoppelt werden.

FujiXerox will den Drucker noch in diesem Jahr im asiatisch-pazifischen Raum für die Zielmärkte CAD und Geoinformationssysteme auf den Markt bringen. Xerox hingegen, für den Fuji-Xerox-Vertrieb in den USA und Europa zuständig, will ihn auch in der Druckindustrie verkaufen. Das zeigt die Wahl der Druckvorlagen und Bedruckstoffe wie hinterleuchtete Folie, Polyester, Leinwand, Netzgitter und Block­out-Banner bei den Livedemos und im Musterbuch am Stand von Caldera.

Neopost: Der AS-970C von Neopost bedruckt Umschläge, Briefpapier, Hochzeits-, Geburtstags- und Urlaubskarten ebenso wie Adress-, Barcode-, Portoaufdrucke und mehr.

Er erzeugt mit der Memjet-Technologie von 1600 × 1600 dpi scharfe, brilliante Drucke. Durch den starren Druckkopf wird eine Geschwindigkeit von 7500 Umschlägen pro Stunde erreicht. Laserdrucker erreichen bei 1200 dpi nicht mehr als 3000 Exemplare pro Stunde.

Xanté: Der amerikanische Hersteller zeigte den Excelgraphix 4200, einen Flachbettposterdrucker, der fünf Memjet-Druckköpfe versetzt nebeneinander montiert hat und damit bis zu 19,5 Quadratmeter pro Minute oder 1171 Quadratmeter pro Stunde drucken kann. Das ist unglaublich schnell für Inkjetdrucker, die normalerweise 140 Quadratmeter nur im Draft-Modus drucken können. Sogar der schnellste HP Scitex Turbojet druckt nur mit 500 Quadratmeter pro Stunde, wenn auch mit 6-Farben-UV-Tinten, mit reduzierter Auflösung und 42-Picoliter-Tröpfchen. Memjet druckt doppelt so schnell mit 1600 × 800 dpi und 1,2-Picoliter-Tröpfchen, wenn auch zurzeit noch mit fünf wasserbasierten Pigmenttinten (CMYKK). Hinzu kommt, dass die Platten bis zu 106 Zentimeter breit und bis zu 15 Meter lang sowie bis zu 9,5 Zentimeter hoch sein dürfen. Bedruckt werden können alle Substrate, die wasserbasierte Pigmentfarben annehmen, und damit sogar Schaumstoffplatten oder Wellpappe.

Es dürfte spannend werden, wenn Memjets OEM-Partner von Wide-Format-Printern mit noch breiteren Druckköpfen und mehr Druckfarben kommen.

Canon: Wenn ein globaler Grosskonzern wie Canon sich entschliesst, einen Posterdrucker in 106 cm Breite mit den Inkjetköpfen von Memjet als «Projektstudie» mit dem Namen Velocity (Geschwindigkeit) auf den Drupa-Stand zu bringen und live vorzuführen, kommt dies einer Taufe der Wasserfall-Technologie gleich. Der im letzten Moment auf die Drupa gebrachte Velocity druckt bis zu 500 A0-Poster pro Stunde und ist nach Canons Angaben damit 15-mal schneller als konventionelle Tintenstrahldrucker. Während die Highspeed-Farbdrucktechnologie des Drucksystems von Memjet stammt, bringt Océ sein Know-how aus den Bereichen Produktionsdruck und Workflow in die Entwicklung mit ein. Der Velocity verwendet die Sechs-Medienrollen-Technologie des Océ-Druckers ColorWave 650, dadurch erfolgt der Rollen- und Medienbreitenwechsel automatisch. Das Konzept unterstützt zudem einen echten Adobe-PDF-Workflow. Ob und wann Velocity erhältlich sein wird, dürften wir bald erfahren.

Delphax: Das kanadisch-amerikanische Unternehmen hat inzwischen 30 Jahre Erfahrung mit dem monochromen Transaktions- und Bücherdruck mit der Elektronenstrahlbebilderung, die bis zu 2200 Seiten pro Minute im Rollendruck produzieren kann. Zur Drupa stellen sie nun mit der Elan 500 ein erstes Inkjetdrucksystem mit der Memjet-Technologie vor, das 5-farbig auf A2-Bogen 250 oder 500 A4-Seiten drucken kann, auf Papiere von 60 bis 350 Gramm pro Quadratmeter. Damit bieten sie ihren bisherigen Zielgruppen eine preiswerte und hervorragend schnelle Alternative an. Mit 1,2 Picoliter kleinen Tröpfchen und der Auflösung von 1600 × 800 dpi wird in einer Qualität gedruckt, auf der Delphax jetzt mit Elan ihre weiteren Modelle aufbaut.

Wird Inkjet zum Monopol im Digitaldruck?

Wenn man betrachtet, welche Eindrücke Benny Landa mit seiner Nanografie und der Lizenzierung an die drei grössten Hersteller von Offsetdruckmaschinen erreicht hat und wie schnell sich Inkjetsystemhersteller der neuen Memjet-Wasserfall-Technologie bemächtigen, könnte man meinen, dass der elektrofotografische Farbtonerdruck keine Zukunft mehr hat.

Das könnte stimmen, wenn man den Pudertoner betrachtet, die These wird aber durch neue Flüssigtoner­farben widerlegt. Schon Benny Landa hat mit Indigo gezeigt, dass Flüssigtoner die offsetähnlichste Bildqualität drucken kann. Zudem kann sie kleinere Pigmente aufnehmen, schneller verdrucken und auch breiter drucken, wie HP jetzt mit der Indigo 10000 zeigt. Zwar kann die Indigo auch mit 2 Metern pro Sekunde drucken, was 120 Metern pro Minute entspricht. Allerdings muss die Maschine immer erst eine Farbe drucken, bevor sie die nächste druckt, sodass der Vierfarbendruck auf 30 Meter pro Minute zurückfällt.

Mit neuen, hochviskosen Flüssig­farben ist es nun möglich, alle Farben übereinander auf das Papier zu drucken und damit die hohe Druckgeschwindigkeit zu behalten, wie Xeikon, Miyakoshi und Océ jetzt zeigten.

Xeikon zeigte auf der Drupa ein erstes Druckwerk seiner Trillium genannten, in Entwicklung befindlichen Druckmaschine, die im elektrofotografischen Verfahren mit einer neuartigen Druckfarbe arbeiten wird. Dabei handelt es sich um eine gelartige Tonersuspension in einem Weiss­öl von pharmazeutischer Qualität als Trägerflüssigkeit, die Tonerpartikel von nur 2 Mikrometern Grösse ermöglicht. Diese sind damit bis zu vier Mal kleiner als Trockentoner. Die kleineren Tonerpartikel erlauben eine hohe Auflösung und verringern den Tonerverbrauch. Der hochviskose Toner ergibt eine Kombination aus hoher Bildqualität und Geschwindigkeit. Dank der mittleren bis hohen Deckkraft eignet sie sich hervorragend für Direktmarketing- und Akzidenzdruckanwendungen. Darüber hinaus erlaubt die Technologie, in Zukunft noch breitere und schnellere Maschinen zu bauen. Geplant ist eine Vierfarbenmaschine, die mit der bewährten LED-Bebilderung mit 1200 dpi Auflösung die vier Farben des Flüssigtoners hintereinander auf das Papier druckt und damit die volle Geschwindigkeit von 120 Metern pro Minute nutzt. Die Trägerflüssigkeit wird beim Druck entfernt und wiederverwendet. Gedruckt werden kann auf Rollen von gestrichenem oder ungestrichenem Papier. Die ersten Maschinen werden in zwei Jahren erwartet und wie bisher in 46 Zentimeter Rollenbreite drucken.

Zur Drupa 2016 erwartet Xeikon, eine ganze Palette von Anwendungen wie Illustrationsdruck, Verpackungsdruck, flexible Materialien und Etikettendruck vorzustellen. Da der Flüssigtoner im Gegensatz zum Pudertoner erlaubt, die Druckbreite auf bis zu einen Meter zu vergrössern, ist auch eine breitere Maschine zu erwarten.

Miyakoshi stellte auf ihrem Stand die Miyakoshi Digital Press 8000 vor, die im elektrofotografischen Prinzip mit einem Flüssigtoner mit ultrafeinen Pigmenten in 1200 × 1200 dpi Auflösung 10 000 Bogen pro Stunde im B2-Format drucken soll. Die Papiere können von 64 Gramm bis 360 Gramm pro Quadratmeter bedruckt werden. Die Maschine ist 2013 lieferbar.

Canon zeigte im Werk in Poing während der Drupa ihren Kunden aus dem Verpackungsdruck ihre neueste Entwicklung: die Verpackungsdruck­maschine Océ InfiniStream, die für schweren Faltschachtelkarton konzipiert ist. Von einer 71 Zentimeter breiten Rolle lief der Hochglanzkarton mit 120 Metern pro Minute durch die Infini­Stream und druckte 14 000 B2-Bogen oder 7200 B1-Bogen pro Stunde. Gedruckt wurde mit dem elektrofotografischen Verfahren und mit dem hochviskosen Flüssigtoner. Sie druckt nur Simplex, da man im Faltschachteldruck keine Rückseite bedruckt. Beim Drucken wird das Trägeröl mit einem Rakelmesser und durch einen gasbetriebenen Heisslufttrockner entfernt. Eine Wärmerückgewinnungsanlage sammelt die heisse Luft und führt sie in den Heisslufttrockner zurück. Die Druckqualität ist ausgezeichnet, vergleichbar mit dem, was man von den Indigo-Maschinen her kennt.

KIP Deutschland zeigte auf der Drupa mit ihrem KIP C7800 Posterdrucker, dass man auch mit Pulver­toner im elektrofotografischen Verfahren in über 90 Zentimeter Breite vierfarbige Poster in Hochgeschwindigkeit drucken kann. Mit einer LED-Leiste von 1200 dpi Auflösung wird eine OPC-Bildtrommel aufgeladen und im geschlossenen Tonersystem mit CMYK-Puder versehen, das in einem Druckgang über ein Trägerband auf das Papier gedruckt und mit einer Heissdruckrolle fixiert wird. Damit produziert der C7800 390 Quadratmeter in Schwarzweiss und 325 Quadrat­meter im Farbdruck auf Rollenbreiten bis zu 91,4 Zentimeter und in beliebiger Länge. KIP hatte bereits vor der Drupa acht C7800 mit dem Listenpreis von 60 000 Euro in Deutschland verkauft. Für höchste Druckgeschwindigkeit und anspruchsvolle Farbdruckqualität gab KIP zur Drupa den Einsatz der Fiery-Technologie von EFI bekannt.

Schlussbetrachtung

Neben Landa Corporation werden also die vier grössten Hersteller von Offsetdruckmaschinen in den nächsten Jahren grossformatige und schnelle Digitaldruckmaschinen auf den Markt bringen.

Und Xeikon, Miyakoshi, Océ und auch KIP zeigten, dass der elektrofotografische Tonerdruck noch nicht am Ende seiner Entwicklung ist. Hinzu kommen die mehr als 20 weiteren Anbieter von Digitaldruckmaschinen, die bereits bekannt sind und ihre Maschinen verbessert oder durch weitere Modelle ergänzt haben.

Der Unternehmer in der grafischen Industrie muss in seiner Unternehmensplanung langfristig und mit dem Rechenstift planen, wie er sein Unternehmen erfolgreich in die Zukunft führen wird. Denn eines ist sicher: Die Zukunft ist Digital!

Müssen Offsetdrucker ihre Pressen durch digitale ersetzen ?

Es sind nicht nur einzelne Maschinen auf der Drupa, welche den Fachbesucher beeindrucken, sondern die Gesamtheit des Angebotes und die Stimmung des P­ersonals an den Ständen sowie die Gespräche mit den Fachkollegen. Kein Zweifel: Die Zukunft des Druckens ist digital.

Das betrifft alle Technologien der bisherigen Drucksysteme wie Offset-, Flexo- und Siebdruck und die Arbeitsweise ihrer Maschinen und Prozesse, betrifft aber ebenso die Digitaldruckverfahren wie den elektrofotografischen Tonerdruck oder den Inkjetdruck.

Eigentlich interessiert den Druckereibesitzer auf der Drupa aber nur, wie er seinen Ertrag verbessern kann und welche Druckprodukte, Dienstleistungen und ­Services er seinen Kunden besser, schneller und billiger bieten kann. Auf die Inspiration der Drupa-Angebote hat also dringend die Transpiration mit dem Rechenstift zu folgen.

Die Inspirationen der Nanotechnologie basieren auf den Verspechen, dass die Druckqualität besser ist als der bisherige Digital- und Offsetdruck, was nicht gezeigt werden konnte. Weiter auf der Behauptung, dass sie billiger ist, wobei weder Maschinen- noch Tintenpreise genannt wurden. Also bleiben nur der schnelle Jobwechsel und der Wegfall der Druckplatten im Offsetdruck als beweisbare Vorzüge der Nanotechnologie. Aber diesen Vorzug hat jede andere Digitaldruckmaschine auch.

Dass Benny Landa nicht den Fehler seiner Indigo-Zeit wiederholen muss und die ganze Nanotechnologie alleine im Monopol nutzen will, zeugt von seiner Lernfähigkeit. Mit der Lizenzierung an Komori, Manroland und Heidelberg schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe. Einerseits macht das den Eindruck, dass die drei Hersteller an die Nanografie und die Landa Corporation glauben, andererseits dürfen alle drei mit Landas Hilfe ebenfalls solche Digitaldruckmaschinen entwickeln, bauen und vertreiben.

Allerdings ist der vierte Offsetdruckmaschinenhersteller im Bunde, KBA, mit dem RotaJet 76 schon da und zeigte mehr Druckqualität, als er vorher versprochen hatte. Immerhin konnte er sich auf die Erfahrung von Donnelley mit dem Proteus-Jet abstützen.

Dank der Erfahrung im Bau von Offsetdruckmaschinen können all diese fünf Hersteller nun Maschinen bauen, die dank ihres Grossformates als B2-Maschine 3000 A4-Seiten pro Minute drucken. Da ist die Grafik hilfreich, welche Benny Landa der Weltfachpresse auf der Drupa zeigte: Dass sich die Nanografie für Auflagen eignet, bei der der Farblaserdruck bereits zu teuer wird und der Offsetdruck noch zu teuer ist. Das sind die Auflagen zwischen 500 und 5000 A4-Seiten.

Wenn Ihnen als Druckunternehmer die KBA-Qualität genügt, sollten Sie mit dem Rechenstift prüfen, ob sie für die beschriebenen Auflagen in Ihrer Druckerei eine RotaJet 76 rechtfertigen können. Ganz anders sieht das aus, wenn Sie regelmässig hohe Auflagen mit variablen Daten drucken können. Wenn Sie solche Aufträge heute schon haben, sollten Sie dringend mit KBA sprechen.

Wenn Sie aber den freien Markt nutzen wollen, lohnt sich das weitere Warten, denn falls die nanografische Druckqualität tatsächlich sichtbar bessere Druckergebnisse liefert und die Preise für Druckmaschinen und Nano-Ink offen genannt werden dürfen, haben Sie vier Anbieter, mit denen Sie die Listenpreise zu Strassen­preisen machen können. Die nächste Drupa findet bereits vom 2. bis 15. Juni 2016 statt.

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