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Word-Import: T�cken & Alternativen

InDesigns Word-Import ist vorbildlich. Trotzdem prallen Office- und Kreativ-Welt gnadenlos aufeinander. M�glichkeiten, Grenzen und Alternativen des Word-Imports.

HAEME ULRICH Texte werden gewöhnlich nicht in InDesign erfasst. Sie entstehen in Microsoft Word. Daher werden täglich unzählige Word-Dateien zu Textquellen für InDesign-Layouts. InDesign hat zwar ausgereifte Word-Import-Funktionen, doch die strukturellen Unterschiede zwischen einem Textverarbeitungsprogramm wie Word und einer professionellen Layoutapplikation wie InDesign sind enorm und führen in der Praxis oft zu Problemen.

In diesem Artikel werden die Möglichkeiten und Grenzen des Word-Imports aufgezeigt und mögliche Alternativen vorgestellt. So nervend wir Word auch finden mögen, als Dienstleister sind wir gezwungen, eine optimale Schnittstelle zum Kunden zu schaffen, ihm die Grenzen eines «Word-Workflows» aufzuzeigen und ihm allenfalls Alternativen schmackhaft zu machen.

RTF statt Word-Dateien

Word-Dateien sind nicht gleich Word-Dateien. Es kommt darauf an, in welcher Version von Word, auf welcher Plattform und in welcher Programmsprache die Datei erzeugt wurde. Ein Word-Importfilter von InDesign kann nie für alle möglichen Kombinationen perfekt gewappnet sein. Viel zu schnell ändert Microsoft das Word-Format wieder.

Darum mein oberstes Gebot für den Word-Import: Importieren Sie nie direkt Word-Dateien (doc und das neue docx)! Speichern Sie diese WordDateien vor dem Import zu InDesign immer zuerst als RTF (Rich Text Format) ab. Dies können Sie mit Word oder jedem anderen Textverarbeitungsprogramm tun. Ich selbst habe die besten Erfahrungen mit OpenOffice gemacht. Auf dem Mac verwende ich NeoOffice, eine freie Java-Variante des OpenOffice (www.neooffice.org). Keine Angst, beim Konvertieren zu RTF verlieren Sie keine Funktionen, die Sie in InDesign brauchen würden. Formate, Tabellen, alles bleibt erhalten. Mit ebendem Vorteil, dass man mit RTF ein standardisiertes Datenformat und nicht eine unberechenbare Word-Datei importiert. Der Importdialog von RTF und Word ist in InDesign identisch.

Aufbau von Dateien

Wenn Sie Einfluss auf die Art und Weise haben, wie Ihr Kunde die Word-Dateien aufbaut, dann nehmen Sie sich diese Tricks zu Herzen: Eine Word-Datei sollte bloss eine Textfahne sein. Der Kunde soll noch nichts an Umbruch und Spaltigkeit gestalten. So richtig mühsam wird die Übernahme, wenn mit verankerten Kasten gearbeitet wird.

Weiter sollte der Autor in Word auf die Standard-Formatvorlagen verzichten und eigene, logisch benannte verwenden. Tabellen können beim Import zu InDesign zu echten InDesign-Tabellen konvertiert werden.

Word-Vorlage aus InDesign

Kunden, die regelmässig Text anliefern, sollte man eine Word-Vorlage liefern, die sie mit Text abfüllen können. Ich selbst erstelle diese Vorlagen in InDesign. Nötig sind ein paar Mausklicks zur Erstellung, was Stunden bei der späteren Textübernahme spart.

Zuerst ziehen Sie einen Textrahmen auf und schreiben darin pro Absatzformat, das der Kunde verwenden soll, eine Textzeile. Als Text nehmen Sie den Namen des Formates. Diesen Zeilen weisen Sie das entsprechende Absatzformat zu. Jetzt setzen Sie den Textcursor in den Rahmen und erstellen über Datei > Exportieren > Rich Text Format eine RTF-Datei. Der Kunde kann die in Word, Pages oder OpenOffice öffnen und mit den in InDesign erstellten Formaten arbeiten. Das funktioniert mit Absatz- und Zeichenformaten gleichermassen.

Strategien beim Word-Import

Im Word- und RTF-Importdialog von InDesign gibt es grundsätzlich zwei Strategien: möglichst viel Formatierungen aus der zu importierenden Datei ziehen oder möglichst alle Formatierungen entfernen.

In der Praxis kann man die Formatierungen in der Regel nur von Autoren gebrauchen, die gute Word-Kenntnisse haben oder entsprechend eingewiesen wurden. Die Einweisung wiederum rechnet sich nur dann, wenn der Autor regelmässig mit Aufträgen kommt. So ist denn auch klar, dass die Strategie der Übernahme von Formatierungen normal nur bei Periodika wie Magazinen oder Zeitungen zum Einsatz kommt.

Ein weiterer Weg, wenn auf Formatierungen verzichtet werden kann, wäre natürlich Copy/Paste aus Word nach InDesign. Hier muss man vor allem bei fremdsprachigem Satz vorsichtig sein, weil über die Zwischen­ablage häufig Kodierungsprobleme entstehen, die beim Import über RTF nicht auftauchen. Diese Probleme äussern sich in InDesign in fehlenden oder falschen Glyphen.

Der Importdialog

Über Datei > Platzieren holen Sie die RTF-Datei nach InDesign. Wählen Sie hier Importoptionen anzeigen oder halten Sie zum Klicken auf Öffnen die Hochstelltaste gedrückt, damit die Import­optionen angezeigt werden. Die Optionen im Einzelnen:

Einschliessen: Sie können hier den Text aus Word-Inhaltsverzeichnissen, Indextext, Fussnoten und Endnoten importieren. Mit Ausnahme der Fussnoten wird in InDesign alles zu statischem Text, die Fussnoten werden zu echten InDesign-Fussnoten konvertiert.

Typografische Anführungszeichen verwenden wandelt Zollzeichen (") zu Anführungszeichen. Dabei wird auf die in den Voreinstellungen von InDesign hinterlegte Anführungszeichen-Variante zurückgegriffen.

Formate und Formatierungen aus Text und Tabellen entfernen kann wörtlich genommen werden. Lokale Abweichungen beibehalten behält die in einem Teil eines Absatzes gemachten Formatierungen wie kursiv oder bold bei.

Formate und Formatierung in Text und Tabellen beibehalten schaltet die Übernahme der Formate ein.

Die Seitenumbrüche aus Word passen in der Regel in InDesign nicht und sollten daher ignoriert werden.

Eingebundene Grafiken importieren holt die in Word eingefügten Bilder nach InDesign. Die Qualität der Clip­arts bleibt natürlich schlecht.

Nicht verwendete Formate importieren sollten Sie nie anwählen. Das würde sämtliche Formatvorlagen aus Word nach InDesign übernehmen, auch diejenigen, die nicht gebraucht werden.

Änderungen verfolgen würde Tracking-funktionen in einem Redaktionsworkflow nach InCopy durchreichen, was für die Praxis in der Regel unwichtig ist.

Aufz. und Nummerierung in Text konv.: Normal werden Word-Aufzählungen zu dynamischen InDesign-Aufzählungen. Wird diese Option angekreuzt, wird aus den Aufzählungen statischer Text.

Jetzt geht es um die Übernahme der Formate, wenn weiter oben die entsprechende Option gewählt wurde. Formate automatisch importieren verwende ich in der Praxis nie, weil die Steuerungsmöglichkeiten beschränkt sind. So richtig hilfreich ist Formatimport anpassen. Nach einem Klick auf Formatzuordnung können Sie sich eine Mapping-tabelle zusammenstellen. Diese regelt, welches InDesign-Format welchem RTF-Format zugewiesen werden soll. Vorteil hier: Formate müssen in RTF und InDesign nicht gleich heissen und können trotzdem einander zugewiesen werden. Ein Formatkonflikt bedeutet, dass ein Format in RTF und InDesign gleich heisst, aber nicht die gleichen Formatoptionen hinterlegt hat. Übergeben Sie InDesign das Zepter und lassen Sie nie Ihre typografisch perfekten Absatz- und Zeichenformate durch schäbige Word-Formatvorlagen umdefinieren. Alternativ dazu könnten Sie auch das bestehende InDesign-Format, das die Kollision verursacht, umbenennen lassen.

Seit InDesign CS3 können Absatz- und Zeichenformate in Ordnern organisiert werden. Leider weist InDesign die Formate in der RTF-Datei nur dann automatisch dem gleich lautenden in InDesign zu, wenn das Format in InDesign nicht in einem Ordner verstaut wurde.

Verknüpfen und aktualisieren

In den Voreinstellungen von InDesign in der Abteilung Eingabe kann man angeben, dass Beim Platzieren von Text- und Tabellendateien Verknüpfungen erstellt werden sollen. Die Idee ist grundsätzlich genial. Durch den Kunden getätigte Textänderungen könnten über das Verknüpfungen-Bedienfeld von InDesign aktualisiert werden. Das Problem dabei ist, dass es sich um einen kompletten Reimport der Daten handelt. In InDesign gemachte Änderungen an Formatierung und Umbruch gehen dabei verloren.

Alternative Wege

Wer die Nachteile und Risiken einer Word-Textübernahme ausschliessen will, braucht alternative Wege. Und die gibt es. Allen voran natürlich den InCopy-Workflow von Adobe. Adobe InCopy hat die gleiche Textengine wie InDesign, lässt sich aber eher bedienen wie ein Word. InDesign hat die InCopy-Plug-ins seit CS3 bereits dabei. Diese sind für das nahtlose Zusammenspiel der beiden Applikationen notwendig. InCopy ermöglicht auch einen Layout-vor-Text-Workflow, in dem der Layouter zuerst die Gestaltung macht und der Autor dann mit InCopy das InDesign-Layout mit Text abfüllt. In auf InDesign basierenden Redaktionssystemen arbeiten Redaktoren häufig mit InCopy. Allerdings kommt da als Bindeglied zwischen den beiden Applikationen statt der einfachen InCopy- Plug-ins ein komplexes System zum Einsatz.

Mit InDesign Tagged Text gibt es eine proprietäre Auszeichnungssprache, die extra für InDesign entwickelt wurde. Damit können über Tags sämtliche Text- und Tabellenformatierungen in InDesign aufgerufen werden. Viele Datenbank-Publishing-Lösungen basieren auf dieser Technologie.

Traum in der Luft

Die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Autor und Layouter liegt in Web­2.0-Technologien. Der Kunde erfasst den Text im Webbrowser oder noch besser mit einer AIR-Applikation. Dabei muss es gar nicht immer ein ausgewachsenes Web-to-Print-System sein.

Adobe AIR (www.adobe.com/de/products/air/) ermöglicht es, mit bekannten Webtechnologien (Flash, Flex, HTML) ausgewachsene Programme zu schreiben, die auf allen relevanten Plattformen laufen.

Von Adobe gibt es mit Buzzword unter www.acrobat.com schon ein Textverarbeitungsprogramm, das mit dieser Technologie arbeitet.

Ich wünsche mir einen AIR-Client für InDesign, den man seinen Textlieferanten frei verteilen kann. Dieser Client steuert und füllt InDesign. Da es sich um AIR handelt, funktioniert eine solche Lösung on- und offline – auf allen relevanten Plattformen. Damit träume ich von der Ablösung von Microsoft Word als Standardtextquelle für Layouts.

 

Der Autor

Haeme Ulrich, ulrich-media, ist Trainer und Berater für Adobe InDesign. ulrich-media ist bekannt für InDesign- und Photoshop-Wissen.

www.ulrich-media.ch
ulrich@ulrich-media.ch

 

Tipp

An den beiden ersten Tagen(15. und 16. September 2008) der swiss publishing week dreht sich alles um InDesign.

www.swiss-publishing-week.ch

 

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