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Zensur irritiert � in doppeltem Sinn

Sara Moser ist Gewinnerin des zweiten Canon Graphic Arts Award. Ihr Cover zum Thema Irritation hat die Jury überzeugt. Nicht Irritation im visuellen Sinn steht dabei im Mittelpunkt, vielmehr die Verunsicherung und die Auseinandersetzung damit.

romeo hutter Die Irritation durch die Veränderungen in der Welt, durch die Schnelligkeit des Wandels sowie durch die Unsicherheit und die Veränderung der Werte provoziert neue Denk- und Lösungsansätze. Genau solche wurden Anfang September anlässlich des Cover-Briefings von den angehenden Dipl. Gestalter und Gestalterinnen HF in Kommunikationsdesign gefordert. Aus der Auseinandersetzung mit diesem Thema sollte schliesslich die Gestaltung eines Publisher-Covers hervorgehen – wobei die beste Arbeit mit dem Gewinn des diesjährigen Canon Graphic Arts Award und der Veröffentlichung in diesem Heft belohnt wird.

Der Graphic Arts Award wird jeweils mit einer Fachklasse der visuellen Gestaltung durchgeführt und fand in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit der Berufsschule für Gestaltung Zürich statt. 15 Studierende hatten sechs Wochen Zeit, um sich mit Irritation zu beschäftigen und die äusseren Umschlagseiten zu gestalten. Im Anschluss an das Briefing wurden die Studierenden während des «Magazin-Unterrichts» von Richi Frick betreut, der für seine Buch- und Plakatgestaltung bereits verschiedene Auszeichnungen im In- und Ausland erhalten hat.

Irritation durch Zensur

Mit dem quasi zensurierten Cover hat Sara Moser den Wettbewerb für sich entschieden. Erst wollte sie Irritation anhand einer optischen Täuschung umsetzen. Solche sind in den letzten Jahren vermehrt ins Blickfeld der Werbeforschung gerückt. Das Gefühl von Verunsicherung, Störungen und extremen Farbkontrasten verstärkt allenfalls die Aktivierung der emotionalen Verarbeitung von Botschaften.

Doch die angefertigten Skizzen wollten nicht recht überzeugen. Ein erneutes Brainstorming brachte eine Fülle von Ideen hervor, verwirrte und irritierte aber auch gleichzeitig. Schliesslich stellte Moser die Frage: «Was irritiert mich wirklich? Im Alltag? In der Kommunikation und der Medienwelt ...?» Die 29-Jährige beschäftigt heute vor allem das Medium Presse, die Zeitung und deren Rolle in einer liberalen Demokratie. In ihrem Konzept erwähnt sie Ludwig Snell, der bereits 1830 festhielt, dass Zeitungen Marktplatz für verschiedene Meinungen und Ideen sein sollen, Medien Missstände aufdecken und die Staatstätigkeit hinterfragen und ein gesundes Misstrauen gegenüber der Macht hegen sollen. Auch sollen Zeitungen Sorgen und Bedürfnisse der Bevölkerung aufnehmen und behandeln.

Sie hat allerdings das Gefühl, dass die Zeitungen heute immer mehr selbst die Rolle des Zensors einnehmen und Themen aufnehmen, die uns weder interessieren noch gross tangieren. «Die 20-Minuten-Ausgabe im Zug – Boulvard, der Relevantes zu Nebensächlichem macht», sagt Moser und meint auch: «Journalisten dürfen heute nicht alles schreiben, und diese Auslassung ist ja nichts anderes als Zensur.» Das ist es, was sie im Alltag besonders irritiert. Diese Irritation durch Zensur — und «Zensur ist ja auch ein Informationsfilter».

Der Ausspruch «Sie lügen wie gedruckt» war schliesslich Anstoss, den Publisher in ein zensuriertes Zeitungscover zu hüllen.

Vom Entwurf zum Cover

Auch im Plakatschaffen hält das Element Irritation vermehrt Einzug und ersetzt häufig den klassischen Begriff des Plakativen. Dabei versucht der Gestalter die Betrachterin mittels einer Irritation an die Plakatwand zu locken. Ähnliches soll auch mit dem Cover erreicht werden.

Für die Gestaltung baute die gelernte Polygrafin die erste und letzte Seite eines Zeitungsbundes nach. Auf der ersten Seite irritieren den Betrachter vor allem die drei geschwärzten Texte. Titel und Lead sind gerade noch lesbar. Konzeptionell ist auch der gelayoutete Artikel «Macht und Ohnmacht der Symbole» wichtig. Vorlage dazu ist ein Kapitel aus dem gleichnamigen Buch des Schweizer Philosophen Hans Saner. Dieses vertieft das Thema auf der Metaebene. Zudem werden zwei Texte durch Bilder unterstützt. Beide Fotografien stammen von der Gestalterin selbst. Sie sind bewusst kühl gehalten, um das Cover nicht zu dominieren. Das eine ist ein Spiel mit Symbolen und deren Spiegelung. Das andere ein «Magritte der Moderne», eine Anspielung auf die zunehmende Dominanz audiovisueller Inhalte und den aktuellen Selfiekult.

Unsere Vorgaben an die Gestaltung, also Logo, Ausgabennummer und Anreissertexte hat Moser vom Rest abgekoppelt, damit die Hinweise auf den Inhalt lesbar bleiben. Angelehnt an die zur Schwärzung der Texte verwendeten Zensurbalken ist unser Original-Logo – nach mehrjähriger Abstinenz – auf das Cover zurückgekehrt.

Knappes Rennen

Anders als im letzten Jahr fiel der Entscheid für das beste Cover nicht auf Anhieb. Die drei bestplatzierten Cover wurden rege diskutiert. In der Jury waren Richi Frick und Stefanie Preis von der Schule für Gestaltung Zürich, Rudy Felber, Inhalber und Creative Director der Felber Kristoferi Group, Siegfried Alder, Senior Market Business Developer Professional Print bei Canon (Schweiz) AG, Marie-Françoise Ruesch, Head of Corporate & Marketing Communications bei Canon (Schweiz) AG und ich von Seiten des Publisher.

Während der Jurierung zeigte sich, dass Gestaltung immer auch Geschmacksache ist und Kriterien, die für den einen wesentlich sind, für die andere weniger Bedeutung haben. Zwar war die engere Auswahl unstrittig. Wer aber letztlich das Rennen für sich entscheiden soll schon. So galt es, die Argumente für und wider das jeweilige Cover abzuwägen und einen Konsens zu finden, hinter dem jedes Jurymitglied stehen kann. Der Entscheid war schliesslich ein demokratischer. Neben der Veröffentlichung des Covers gewinnt Sara Moser einen A3+-Fotodrucker Canon PIXMA iP8750 mit sechs Farben. Aber auch die zweit- und drittplatzierten Martina Brönnimann und Sandro Süess gehen nicht leer aus. Auch sie erhalten für ihre gelungenen Coverentwürfe je einen solchen Drucker.

Produktion auf Canons Arbeitspferd

Unter den sechs Papieren, die für die Gestaltungsarbeit zur Auswahl standen, unterstützte das Canon Fine Art Paper die Zeitungsanmutung am ehesten. Wegen Schwierigkeiten bei der Umsetzung der unterschiedlich transparenten Textschwärzungen musste jedoch auf das konventionelle Offsetpapier Red Label Professional von Canon mit einer Grammatur von 200 g/m² ausgewichen werden. Sara Moser ist es recht. So ist das Cover noch näher an der Zeitungsimitation dran, denn das ursprünglich gewählte Kreativpapier hätte den Zeitungslook zu wertig erscheinen lassen.

Gedruckt wurden die Umschläge von der Rohner Spiller AG auf einer Canon imagePRESS C10000VP. Seit einem halben Jahr steht das digitale Arbeitspferd im Betrieb. Gemäss Geschäftsführer Remo Martin konnte die Produktivität und die Zuverlässigkeit gegenüber der Vorgängerin, einer C6000VP, nochmals gesteigert werden. Um das Tagesgeschäft nicht zu tangieren, wurden die knapp 10 000 Cover an zwei Abenden in knapp sieben Stunden produziert.

Engagierte Zusammenarbeit

Mit dem nationalen Graphic Arts Award engagiert sich Canon für die Aus- und Weiterbildung in grafischen Berufen. Der Publisher ist Partner und stellt das Cover gerne als Plattform für junge Gestaltungstalente zur Verfügung und freut sich jeweils auf die anregende Zusammenarbeit mit den Studierenden, den Dozenten und der Schule. In ein solches Projekt sind stets viele Leute involviert. Dass die Zusammenarbeit jeweils funktioniert, ist dem Engagement aller Beteiligten zu verdanken.

Canon imagePRESS C10000VP

Mit der ImagePRESS C10000VP hat Canon im Herbst 2015 ihr aktuelles Spitzenmodell der ImagePRESS-Familie lanciert. Das tonerbasierte Vollfarb-Bogendrucksystem druckt mit einer konstanten Produktionsgeschwindigkeit von 100 A4-Seiten pro Minute.

Das System verarbeitet Medien mit einer Grammatur von 60 bis 350 g/m2.Selbst bei hohen Auflagen oder Druckaufträgen mit gemischten Medien bietet es die volle Produktivität. Die Druckauflösung beträgt maximal 2400 × 2400 dpi bei einem 190-lpi-Raster.

Der CV-Toner (Consistently Vivid), welcher bereits in der C800-Serie verwendet wird, verspricht eine effiziente Tonerübertragung sowie eine niedrige Fixiertemperatur. Selbst auf strukturierten Papieren ist eine hohe Bildqualität gewährleistet. Die überarbeitete Papierführung ermöglicht ausserdem das Drucken auf dünne, beschichtete Medien.

Das System bietet diverse, erweiterte Endverarbeitungsoptionen von Canon selbst, aber auch von Drittanbietern. Es erlaubt die Auswahl zwischen diversen Front-End-Controllern (PRISMAsync, EFI Fiery und Creo).

Durch die so genannte Multi-Density-Adjustment-Technologie ist eine automatische Dichtekorrektur in Echtzeit möglich. Ein zusätzlicher spektroskopischer Sensor dient der Farbkalibrierung.

www.canon.ch

Rohner Spiller AG

Die Rohner Spiller AG bietet ein breites Angebot an Drucksachen und ist bestrebt, technologisch immer auf dem neuesten Stand zu sein. Qualität, Vielfalt, Spezialitäten und technologischer Vorsprung sind Schlagworte, die für Rohner Spiller an oberster Stelle stehen.

Seit über 65 Jahren dreht sich bei Rohner Spiller alles um die Erstellung von Drucksachen. Es ist das älteste Repro-Unternehmen in der Umgebung. Der Geschäftssitz befindet sich mitten in Winterthur. Die Einrichtungen für die Produktion verteilen sich über mehrere Stockwerke eines Altbauhauses. Egal, ob Briefschaften, Baupläne oder Beschriftungen, das Dienstleistungsangebot ist umfangreich. Und wenn einmal etwas nicht im Sortiment ist, finden die Mitarbeiter auch dafür eine Lösung.

Im Digitaldruck erstreckt sich das Sortiment über nahezu alle Bereiche des Möglichen: personalisiert, individualisiert oder einfach und normal. Auf Wunsch ergänzt Rohner Spiller Drucksachen für crossmediale Kampagnen mit weiteren Kanälen. Mit der 2015 gegründeten Querfeld1 setzt das Unternehmen einen Schwerpunkt für die Zukunft. Webauftritte, Newsletter, Automatisierung von Marketingprozessen und Applikationsentwicklungen für das «Aftersales Marketing» gehören zum Angebot.

Anfang 2017 wird Rohner Spiller mit einem breiten Angebot online gehen. Im neuen Webshop werden Kunden eine grosse Auswahl an Drucksachen finden. Dateien können hochgeladen oder direkt online aus Vorlagen erstellt, individualisiert oder personalisiert werden. Den Kontakt zu den Kunden will man aber nicht auf die virtuelle Welt beschränken. Beratung, Gut zum Druck und die Übergabe sollen so persönlich wie eh und je erfolgen.

www.rohnerspiller.ch / www.querfeld1.ch

Produktionspartner

Bei der Produktion des Covers unterstützten uns folgende Partner, bei denen wir uns herzlich bedanken:

Berufsschule für Gestaltung Zürich – Medien Form Farbe
Konzeption und Gestaltung des Covers: Einzelarbeiten in der Abschlussklasse zum/ur Dipl. Gestalter/in HF Kommunikationsdesign. Projektverantwortung: Richi Frick und Jonas Schudel
Beste Arbeit sowie Umsetzung des Covers: Sara Moser

www.medienformfarbe.ch

Canon (Schweiz) AG
Initiatoren des Graphic Arts Award: Siegfried Alder, Marie-Françoise Ruesch

www.canon.ch

Rohner Spiller AG
Druck auf imagePRESS C10000VP: Remo Martin

www.rohnerspiller.ch

Bruhin AG
Druck Heftinhalt und Ausrüsten der Zeitschriften
Projektleitung: Valentin Rüfenacht

www.bruhin-druck.ch

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