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Nichtdestruktive Bildbearbeitung

Fortgeschrittene Technologien in Photoshop CS3, Teil 1

Die neuen Smart-Filter von Photoshop CS3 ermöglichen einen nichtdestruktiven, bild-grössenunabhängigen Optimierungsworkflow. Wie diese Bildoptimierung funktioniert, beschreibt dieser erste Teil einer Serie zu fortgeschrittenen Technologien in Photoshop CS3.

 

GÜNTER SCHULER Als Einzelkomponente des Creative-Suite-Pakets geht der Bildbearbeitungsklassiker Photoshop nunmehr in die dritte Runde. Stärker als sonst üblich sind diesmal auch allgemeine Komponenten von Veränderungen betroffen: Auf der Mac-Plattform winkt die UB-portie­rte CS3 mit wesentlichem Geschwindigkeitszuwachs. Zudem gibt es das aktuelle Photoshop in zwei Versionen: einer normalen und einer mit dem Zusatztitel Extended. Letztere enthält einige spezielle Zusatzfunktionen – vor allem im Bereich 3-D. Auch für das Bearbeiten von HDR-Bildern ist die Extended-Version etwas besser ausgestattet. Doch auch die normale Version hat einiges zu bieten. Deutlich aufgestockt präsentierten sich vor allem der Bereich der Digitalfotobearbeitung sowie die Sektion der klassischen Bildbearbeitungsbefehle. Eine weitere Neuerung sind die so genannten nichtdestruktiven Bildbearbeitungsbefehle.

Die Technik: Smart-Filter

Was hat es damit auf sich? Zunächst einmal ist die Begriffsgebung verwirrend. Nichtdestruktive Bildbearbeitungsbefehle gibt es in Photoshop nämlich bereits sehr lange. Einstellungsebenen – aufrufbar entweder über das Menü Ebenen oder ein Popup-Menü in der Fussleiste der Ebenen-Palette – ermöglichen bereits seit mehreren Programmversionen ein einstellungsbasierendes Optimieren von Bildern. Die Vorgehensweise: Anstatt Optimierungsfunktionen wie Tonwertkorrektur, Gradationskurven oder Farbbalance über das Menü Anpassen aufzurufen und direkt auf das Bild anzuwenden, wird in der Ebenen-Palette eine entsprechende Einstellungsebene darübergelegt. Die Befehle, die zur Verfügung stehen, sind identisch mit den Optimierungs-Basisbefehlen im Menü Anpassen. Anders als diese weisen die Einstellungsebenen jedoch einen entscheidenden Vorteil auf: Die getroffenen Einstellungen lassen sich im Nachhinein jederzeit verändern. Modifizierbar bleiben auch die Füllmethoden-Zuweisung sowie die Deckkraft-Einstellung. Darüber hinaus ermöglichen Einstellungsebenen einen Zugriff auf die komplette Funktionsvielfalt der Ebenen-Palette – insbesondere beim Arbeiten mit Ebenenmasken. Vorteil: Ist aktuell eine Auswahl aktiv, wird diese beim Erstellen einer Einstellungsebene selbsttätig in eine Ebenenmaske umgewandelt.

Neuer Ebeneneffekt-Typ

Füllmethoden- und Deckkraft-Zuweisung per Ebenen-Palette anstatt Verblassen, automatisch generierte Ebenenmaske anstelle des ständigen Herumjonglierens mit Auswahlen, im Nachhinein modifizierbare Einstellung anstatt realer Bildveränderung – für die anspruchsvolle Bildbearbeitung sind Einstellungsebenen das Fortschrittlichste, was Photoshop in petto hat. Version CS3 geht noch einmal einen Schritt weiter. Stringent draussen bei den Einstellungsebenen blieben bislang nämlich sämtliche Bearbeitungsbefehle, die mit Radius-einstellungen arbeiteten. Schmerzlich vermisst wurden in diesem Sektor nicht nur Basisfilter wie Unscharf maskieren oder der Gauss‘sche Weichzeichner, sondern auch der «digitale Blitz» Tiefen/Lichter im Menü Anpassen. Damit ist nun Schluss. Die aktuelle Programmversion stellt erstmals einen komplett geschlossenen Workflow für die rein einstellungsbasierende Bildbearbeitung zur Verfügung. Allerdings: Zu finden sind die bislang vermissten Features nicht in der Liste der Einstellungsebenen-Befehle, sondern als ebeneneffektähnliche Erweiterungen der bereits in der Vorversion implementierten Smart Objects. Name des neuen Ebeneneffekt-Typs: Smart-Filter.

«Smart» sind die neuen Filter in der Tat: Als reine Einstellung anwenden lassen sich mit ihnen nicht nur Filter, sondern auch die beiden Anpassen-Features Tiefen/Lichter und Variationen. Vorgehensweise: Um etwa eine Unscharfmaskierung oder eine Tiefen/Lichter-Bearbeitung rein einstellungsbasiert vorzunehmen, sind zwei Schritte erforderlich. Im ersten wird die Bildebene über den Befehl Convert for Smart-Filters in ein Smart Object umgewandelt. Die eigentliche Filter- oder Befehlsanwendung erfolgt im zweiten Schritt. Die Filter- oder Befehlseinstellungen werden dabei in gehabter Manier vorgenommen. Anders als bei einer normalen Ebene wird die Einstellung allerdings nicht direkt ins Bild hineingerechnet, sondern der entsprechenden Ebene – ähnlich wie ein Ebeneneffekt – als Einstellung zugeordnet. Zusätzlich generiert wird dabei auch eine Ebenenmaske. Anders als bei echten Ebenen erzeugen Maskierungen innerhalb dieser Ebenenmaske jedoch keine Transparenz, sondern beschränken – ebenso wie bei Einstellungsebenen – lediglich die Auswirkungen des zugeordneten Filters oder Befehls. In der Ebenen-Palette werden die getroffenen Filter oder Befehle auf eine ähnliche Weise aufgelistet wie Ebeneneffekte. Im Nachhinein modifizieren lassen sie sich auf zweierlei Weise: zum einen durch Doppelklicken auf den Smart- filter-Namen in der Ebenen-Palette. Der Doppelklick bewirkt, dass der entsprechende Filter oder Befehl (zum Beispiel Unscharf maskieren) erneut erscheint und im Anschluss verändert werden kann. Veränderbar sind darüber hinaus auch die Blendmodus- und Deckkraft-Einstellungen einer Smart-Filter-Einstellung: Durch Doppelklick auf das Icon rechts in der entsprechenden Zeile werden auch diese zur Bearbeitung freigegeben.

Einstellungsbasierender Optimierungsworkflow

Was bedeuten diese neuen Funktionen in der Praxis? Für rein einstellungsbasierende Bildoptimierungs-Workflows schliesst sich durch sie eine nicht unwesentliche Lücke. Komplett als Einstellung vorgenommen werden können in Photoshop CS3 nicht mehr nur Kontrast-,Farb- und Helligkeitsoptimierungen, sondern auch Tiefen/Lichter-Optimierungen sowie die obligatorische Scharfzeichnung am Schluss. Da die finale Scharfzeichnung erst anhand der Ausgabegrösse erfolgen sollte, bestand in der Vergangenheit das Problem, dass man die eigentliche Bildoptimierung zwar durchaus einstellungsbasiert an einer Masterdatei vornehmen konnte, nicht jedoch die finale Scharfzeichnung. Die neuen Smart-Filter können hier entscheidende Abhilfe schaffen. Zugegeben – ambitionierte Bildbearbeiter und Digitalfotografen werden die Scharfzeichnungsdosierung bei einem A3-Bild und einer A6-Bildvariante möglicherweise variieren wollen. Grundsätzlich gilt das jedoch ebenso für Kontrast- und Farbkorrekturen über Einstellungsebenen. Geht man indes von der Prämisse aus, dass eine Standardscharfzeichnung für alle Bildgrössen «passt», lässt sich eine Unscharf­ maskieren-Dosierung wie beispielsweise Stärke 100/Radius 1,5 Pixel fast eins zu eins übernehmen. Falls die Dosierung hingegen angepasst werden sollte, ist das nicht schlimm: Vonnöten ist hierzu lediglich das Öffnen der entsprechenden Smart-Filter-Einstellung und ein Modifizieren der Parameter.

Tonwertkorrektur, Gradationskurven, Farbton/Sättigung und Farbbalance als Einstellungsebene, Scharfzeichnung sowie (die sowieso optionale) Tiefen/Lichter-Optimierung als Smart- filter-Einstellung: Konserviert in den Formaten Photoshop oder Tiff, lässt sich eine bildgrössenunabhängige Komplettbearbeitung nunmehr in einer einzigen Masterdatei speichern. Auch anspruchsvollere Detailbearbeitungen sind mit der neuen Smart-Filter-Technologie durchaus möglich. Spätestens beim Maskieren von Smart-Filter-Einstellungen wird ihre Handhabung allerdings etwas komplizierter. Für High- end-Bildbearbeiter, die es gewohnt sind, mit Ebenenmasken zu jonglieren, an dieser Stelle ein Tipp: In manchen Situationen ist es effektiver, eine Ebenenmaske in einem eigens angelegten Ebenen-Ordner anzubringen anstatt in der Ebenenmaske des jeweiligen Smart Object. Alles in allem nicht ganz unkompliziert. Photoshop stellt für die einstellungsbasierende, nichtdestruktive Bildbearbeitung nunmehr nicht mehr eine, sondern gleich zwei Ebenentechnologien zur Verfügung. Wie Einstellungsebenen und Smart- filter in der Praxis miteinander harmonieren, zeigt der folgende Workshop.

Originalbild öffnen

Das mit einer Canon EOS 10D aufgenommene Originalbild liegt in den Abmessungen 30x20 cm vor (siehe auch Bildausschnitt). Um den Workflow hier möglichst anschaulich darzulegen, wurde auf eine Voroptimierung in Camera Raw verzichtet.

Grundkorrektur: Einstellungsebenen anbringen

Drei Einstellungsebenen (Tonwertkorrektur, Gradationskurven und Farbton/Sättigung) optimieren sowohl die Bildhelligkeit und den Kontrast als auch die Farbsättigung. Die Einzel­einstellungen sind bildabhängig. Im konkreten Fall vorgenommen wurden: eine Tonwert­spreizung und Gammawertaufhellung via Tonwertkorrektur, eine zusätzliche Kontrast- und Helligkeitsoptimierung via Gradationskurven und schliesslich eine Sättigungserhöhung via Farbton/Sättigung. Vorgehensweise: Über die Fussleiste der Ebenen-Palette Popup-Liste mit den Einstellungsebenen aufklappen (vierter Button von links), entsprechenden Typ auswählen, Einstellung tätigen und mit OK bestätigen.

Farbbalance: Einstellungs­ebene mit Ebenenmaskenfüllung

Wie in der abgebildeten Ebenen-Palette zu sehen, generiert Photoshop Ebenenmasken für Einstellungsebenen automatisch mit. Bislang blieben diese leer. Das Generieren einer Ebenenmaskenfüllung ist jedoch ebenfalls recht einfach. Die Auswirkung der vierten Einstellungsebene – eine stimmungsvollere Gesamtfarben-Akzentuierung via Farbbalance – soll sich lediglich auf die hellen Töne auswirken. Auswählen lassen sich diese durch einen einfachen Klick mit gehaltener Befehls­taste auf den Composite-Kanal in der Kanäle-Palette. Wird im Anschluss eine Einstellungsebene angelegt (Farbbalance), setzt Photoshop die aktive Auswahl in eine Ebenenmaske um. Einstellungen im Detail: eine stärkere Akzentuierung der warmen Farben Rot und Gelb. In der Ebenen-Palette wird als Füllmethode der letzten Einstellungsebene schliesslich Farbe ausgewählt.

Standard-Scharfzeichnung per Smart-Filter

Die Scharfzeichnung der Bilddatei wird über eine Smart Filter-Einstellung vorgenommen. Vorgehensweise: Über Für Smart-Filter konvertieren Ebene in ein Smart Object umwandeln. Im Anschluss Unscharf maskierenaufrufen und Parameter für die Scharfzeichnung einstellen. Werte im Beispielbild: Stärke 150, Radius 1,8 und Schwellenwert 0. Mit OK bestätigen.

Tiefen/Lichter-Bearbeitung per Smart-Filter

Last but not least soll die Detaildurchzeichnung der Tiefentöne erhöht werden. Als Smart-Filter lässt sich auch der Anpassen-Befehl Tiefen/Lichter anwenden. Vorgehensweise: Da die Bearbeitung an der bereits vorliegenden Smart-Object-Ebene vorgenommen werden soll, genügt es, den entsprechenden Anpassen-Befehl aufzurufen. Einstellungen: Stärke 30, Tonwertbereich 30 und Radius 120. Der Optimierungsprozess ist nunmehr abgeschlossen. Die ungefähr A4 grosse Master-Bilddatei kann nun in einem geeigneten Format abgespeichert werden.

Modifizierung von Einstellungen und Bildgrösse

Der Vorteil der so konservierten Bearbeitungseinstellungen liegt auf der Hand: Jede der getroffenen Einstellungen bleibt weiterhin veränderbar. Vorteil: Soll das Bild verkleinert oder vergrössert werden, ist ein erneutes Scharfzeichnen prinzipiell nicht erforderlich. Über Bildgrösse wird das neue Format eingegeben – das wars dann. Lediglich ein finales Herunterrechnen auf die Hintergrundebene ist für die Weitergabe an Kunden oder andere Dienstleister in aller Regel zu empfehlen.

Radius-Einstellung und Bildgrösse

Sind Radiuseinstellungen durchwegs bildgrössenunabhängig? Die korrekte Antwort lautet: teils, teils. Bei Scharfzeichnungen sind Änderungen eigentlich nur dann vonnöten, wenn aus ästhetischen Erwägungen Detailanpassungen vorgenommen werden. Ob doppelseitengross oder postkartenklein: Grundsätzlich ist eine printübliche Einstellung wie 1,5 oder 2 bei keiner Bildgrössenvariante ganz falsch. Lediglich bei Bildern für das Internet ist eine deutliche Reduzierung des Radius-Werts unbedingt anzuraten. Etwas anders sieht der Fall indes bei Weichzeichnungen aus. Wird eine Radiuseinstellung bei einer kleineren Bildversion unverändert übernommen, ändert dies auch den Charakter des Weichzeichnungseffekts. Folge: Trotz gleichem Radiuswert sieht das Bild weichergezeichnet aus. Ähnliches gilt im Prinzip auch für Radius­einstellungen unter Tiefen/Lichter. Allerdings sind deren Auswirkungen weitaus weniger gravierend. Möglich, dass Photoshop CS4 hier grundsätzliche Abhilfe bietet – etwa eine Wahlmöglichkeit ähnlich wie bei den Ebeneneffekten, ob Radiuseinstellungen bei Bildgrössenskalierungen mitskaliert werden sollen oder nicht.