Jedes Cover ein Unikat
Romeo Hutter8000 Cover – jedes ein Unikat?! Das war die Zahl, mit der die acht AbsolventInnen der Abschlussklasse in Kommunikationsdesign (visuelle Gestaltung) an der Höheren Fachschule (HF) der Schule für Gestaltung Basel etwas überrascht und gleichzeitig irritiert zurück gelassen wurden. «Wie soll man 8000 verschiedene Cover kreieren?» Zwei Monate standen nach dem Briefing zum 4. Canon Graphic Arts Award und der anschliessenden Einführung in die generative Gestaltung zur Verfügung, um sich dem Thema Original Digital und dem Unterthema Zeit zu widmen und Entwürfe und ein Konzept zur Umsetzung zu präsentieren.
Ende Oktober konnten die acht Arbeiten einer Jury, bestehend aus Vertretern von Canon, der Schule für Gestaltung Basel und des Publisher, vorgestellt werden. Marisa Bürgi, Jan Aebersold und Baptiste Babey konnten schliesslich Mitte November am Tag der offenen Tür einen Preis in Form eines Canon-Pixma-Druckers in Empfang nehmen.
20³ – drei potenzierte Ebenen
Trotz des generell sehr hohen Niveaus der diesjährigen Arbeiten hat die Umsetzung von Baptiste Babey einstimmig gewonnen.
«Wow, 8000 Cover», sagt er rückblickend, «das war zu beginn ein Schock – für die ganze Klasse.» Es galt, sich erst einmal mit der Umsetzung 8000 verschiedener Covers zu beschäftigen. Ein System musste her, um diese Aufgabe lösen zu können. Nach ein paar unsinnigen Rechenversuchen entdeckte er die Lösung: 20 × 20 × 20! Nicht ganz so spektakulär wie Einsteins E=mc², aber brillant genug, um elegant auf 8000 Unikate zu kommen. Denn er wollte 8000 Cover kreieren, dessen jeweilige Motive nicht dem Zufall überlassen werden und wofür er seine Kreativität maximal ausleben kann. Auch deswegen hat er sich für das berufsbegleitende HF-Studium an der Schule für Gestaltung Basel entschieden.
Original Digital ist für den 33-jährigen ein technisches Thema, das Subthema Zeit ein inhaltliches. Zeit hat für den Jurassier, der in Delémont wohnt und in Biel als Grafiker in einer Agentur arbeitet, viel mit Erinnerung zu tun – und Zeit ist es auch, die eine Erinnerung verändert. Erinnerungen sind meist verschwommen und lückenhaft. Und oft genug interferieren sie mit anderen Erlebnissen. Baptiste Babey hat 20 Erinnerungen mit 20 Lücken und 20 Interferenzen kombiniert, wodurch 8000 Unikate entstanden sind. Die Rückseite des Umschlags zeigt alle möglichen Varianten der drei Ebenen: Erinnerungen, Lücken, Interferenzen.
Babey hebt das Spiel mit den Erinnererungen auf eine abstrakte Stufe. «Meine eigenen Erinnerungen interessiert niemanden», sagt er, «vielmehr sollen die Bilder beim Betrachter eine Erinnerung auslösen.» So verwendet er für die Ebene der Erinnerung 20 verschwommene, nur rudimentär erkennbare Motivausschnitte, darüber sind 20 verschiedene Lücken gelegt, dessen Originale er mit unterschiedlichen Techniken von Hand gemalt oder gedruckt und dann digital in Weiss umgewandelt hat. Darauf kommt die Ebene mit 20 Interferenzen, die ebenfalls analog gefertigt und dann digital umgesetzt und mittels vergrösserten Aufnahmen eingefärbt wurden.
120 Stunden und viel Kreativität
Babey schätzt den Gesamtaufwand auf etwa 120 Stunden, die er mit Konzeptionieren, Malen, Basteln, Layouten und schliesslich mit der Umsetzung verbracht hat. Denn, als die 60 Motive digital vorlagen, ging es darum, diese in InDesign so zu platzieren, dass 8000 Cover mit überschaubarem Aufwand ausgegeben werden konnten. Für den Druck hat er 20 PDFs mit je 400 Covers ausgegeben. Basis dazu ist jeweils ein InDesign-File, das 400-mal die gleiche Erinnerungsebene enthält. Da rein hat er dann eine InDesign-Datei geladen, die die beiden anderen Ebenen für die Lücken und die Interferenzen in der richtigen Reihenfolge enthält: 20 gleiche Lücken auf den ersten 20 Seiten gefolgt von den nächsten 20 usw. Darauf befinden sich die Interferenzen, dessen 20 Varianten sich nach 20 Seiten jeweils wiederholen.
Die Ausgabe eines PDFs hat dann den Rechner gut eine halbe Stunde absorbiert und gut zwei Gigabyte Daten generiert. Aber in dieser Zeit konnte sich Babey bereits wieder neuen kreativen Projekten widmen. ↑
Alle eingereichten Arbeiten sowie Bilder der Award-Übergabe finden Sie unter canon.ch/graphicartsaward.
Graphic Arts Award
Canon engagiert sich mit dem Graphic Arts Award für die Aus- und Weiterbildung in der grafischen Industrie. Junge Berufsleute erhalten so an einer jährlich wechselnden Schule für Gestaltung die Möglichkeit, Wissen und Kreativität einem grösseren Publikum vorzustellen.
Schule für Gestaltung BaselEinzelarbeiten in der Abschlussklasse HF Gestalter/in Kommunikationsdesign Visuelle Gestaltung (Leitung: Anne-Christine Krämer und Hans Krenn)
Projektbetreuung: Anne-Christine Krämer, Marianne Diethelm
Beste Arbeit sowie Umsetzung des Covers: Baptiste Babey
Initiatoren des Graphic Arts Award: Siegfried Alder