Cover_19-6_gruen_low

Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


Heft-Archiv >> 2018 >> Publisher 6-18 >> Digitaldruck >> Im Zukunftslabor der Zeitschrift �

Im Zukunftslabor der Zeitschrift �

Um exemplarisch zu zeigen, was mit Highspeed-Inkjet schon heute möglich ist, haben wir mit Canon, Müller Martini und der Swiss Direct Marketing AG zusammengespannt und 8000 einzigartige Publisher in zwei Ausgaben produziert.

Romeo HutterNach Ausgabe 2-18 erscheint diese Zeitschrift bereits zum zweiten Mal total digital. Und sogar in zwei Varianten mit 8000 Einzelexemplaren. Wir nehmen die Möglichkeiten der Océ ProStream 1000 von Canon bezüglich Druckqualität und variablem Datendruck zum Anlass, zu experimentieren.

Das Experiment besteht aus zwei individualisierten redaktionellen Aufmachungen zum einen und einer Handvoll Inserateseiten, die die Nähe zu den Abonnenten suchen, zum anderen. Damit nicht genug: Im Rahmen des jährlich stattfindenden Canon Graphic Arts Award hat sich die Abschlussklasse zum HF Gestalter/in Kommunikationsdesign Visuelle Gestaltung an der Schule für Gestaltung Basel mit generativer Gestaltung auseinandergesetzt. Die Gewinnerarbeit von Baptiste Babey macht es möglich, dass jedes Exemplar ein Unikat ist – ganz ohne Personalisierung. Mehr auf Seite 27.

Redaktionell und kommerziell

Initiiert haben dieses Projekt Siegfried Alder und Daniel Sauter von Canon, die uns mit ihrer Vision der «Zeitschrift der Zukunft» zum Experimentieren animiert haben. Redaktionell haben wir uns entschieden, die Variante für die Druckdienstleister und diejenige für die Vorstufen-Profis und Inhouse-Publisher – also Drucksachenauftraggeber – inhaltlich identisch zu halten, allerdings die Dramaturgie beziehungsweise die Aufmachung jeweils anzupassen. So startet die Ausgabe der Druckdienstleister (DL) mit News aus Digitaldruck und Large Format Printing, während sich die Ausgabe für die Inhouse-Publisher (IH) gleich des Publishings annimmt und Trends, Tipps und Tricks an den Anfang stellt. Beide Ausgaben widmen sich nach der ersten Rubrik dem Heftschwerpunkt Highspeed-Inkjet. Den Druckdienstleistern werden dann Publishing-Artikel serviert, wohingegen bei den Inhouse-Publishern die News erscheinen.

Die beiden Ausgaben beziehungsweise deren Empfänger sind nicht trennscharf definiert. Sie sollen vielmehr exemplarisch zeigen, wie sich eine Zeitschrift zielgruppenspezifisch aufbereiten lässt. Interessanter als der redaktionelle Inhalt ist dabei der kommerzielle. Wir stellten Druckdienstleistern via Inserenten-Mail fünf Seiten der IH-Ausgabe zur Verfügung, um zu einem attraktiven Preis die Empfänger zu erreichen, die in ihrer Nähe domiziliert sind. Dadurch erreicht man zwar nicht die gesamte Leserschaft, dafür aber die nächstliegenden. So sind 23 Inserate eingegangen, die entsprechend der Postleitzahl des Inserenten und des Lesers geografisch auf fünf Seiten verteilt sind.

Viele an einem Strang

Die Océ ProStream 1000 ist qualitativ im Highend-Bereich positioniert. Damit lassen sich Drucksachen in einer Qualität und Geschwindigkeit realisieren, die bis vor kurzem dem Offset vorbehalten waren. Grosser Vorteil: Jede Seite lässt sich theoretisch individuell drucken. So wird Papier zum Bildschirm, und was dort möglich ist, zeigt der tägliche Blick ins World Wide Web. Da das redaktionelle und kommerzielle Individualisieren einer Zeitschrift erst im Experimentierstadium ist, ist auch noch keine Produktionsumgebung vorhanden, die ein gedrucktes Magazin unter einem Dach fertigen könnte. Die Swiss Direct Marketing AG (SDM) ist seit diesem Sommer der erste Betrieb in der Schweiz, der eine Océ ProStream 1000 im Einsatz hat. Als Direct-Marketing-Spezialist ist sie nicht für die Zeitschriften-Herstellung eingerichtet, weshalb das Finishing bei Müller Martini erfolgte. Und für die Datenaufbereitung kam die Commercial Print Group von Canon an Bord, die bereits Erfahrung im Einrichten und Aufbereitung individualisierter und komplexer Druckprojekte hat.

Ready to Print

Nachdem alle Seiten inhaltlich fertiggestellt und ausgegeben waren, wurden diese von Canon geprüft und an Müller Martini weitergereicht. Ein Team um Dragan Volic hat dann über das modulare Workflow-System Connex von Müller Martini die beiden Ausgaben ausgeschossen und mit den nötigen Markierungen und Codes für die spätere Weiterverarbeitung der bedruckten Rollen versehen. «Da wir das Ausrüsten der Zeitschriften auf dem Sammelheftsystem Presto ll Digital quasi als externer Dienstleister ausgeführt haben, haben wir auch gleich das Ausschiessen der Druckdaten mittels Connex Imposition übernommen. So ist eine reibungslose Verarbeitung garantiert», sagt Volic, der den Partnerkanal Digital verantwortet.

Statisch gedruckte Publisher-Ausgaben wären jetzt parat zum Drucken, nicht aber die zwei aktuellen Ausgaben. Diese wurden nun von Canon in Poing bei München für den individualisierten Druck auf der Océ ProStream 1000 aufbereitet. Das Team um Michael Meier, European Product Manager innerhalb der Commercial Print Group von Canon, verknüpfte über das Canon-eigene Production Management System PRISMAproduction und Quadient Inspire die für die Anzeigen vorgesehenen Seiten mit den Datenbank-Informationen unserer Abonnenten. Anhand der Adresse erhält so ein Abonnent aus St. Gallen die fünf Anzeigen der Druckdienstleister, die ihm gemäss Postleitzahl am nächsten sind. Den Heften ohne konkreten Empfänger wurden die 23 Inserate der Aktion randomisiert zugeteilt.

Die Gesamtauflage von 8000 Exemplaren unterteilt sich schliesslich in neun Inhalts- und fünf Coversorten. Die 8000 Exemplare der Inhaltsorten wurden schliesslich als Datenstrom in gut 20 Pakete gepackt und druckbereit an die Swiss Direct Marketing AG (SDM) übermittelt.

Digitale Highspeedproduktion

Das Direct-Marketing-Geschäft bei SDM in Brugg brummt – nicht nur gedruckt, sondern über alle Kanäle. Für den Druck des Publisher stand die Océ ProStream 1000 nur sehr beschränkt zur Verfügung, weshalb die Datenströme «nur noch» gedruckt werden mussten. Geript werden die Daten schliesslich «on the fly», erst wenn sie auf die Maschine kommen. Mittels vorgängiger Tests konnte die reibungslose Produktion durchgespielt und ein Papierentscheid gefällt werden. Das Cover ist gedruckt auf Sappi GalerieArt Silk mit 250 g/m², der Inhalt auf Sappi Magno Plus Gloss mit 115 g/m².

SDM druckt seit einigen Jahren auf einer Océ ColorStream 3500. Mit der ProStream hat man nun bewusst in ein System investiert, mit dem man dank der Druckqualität und der Medienvielfalt neue Märkte erschliessen kann. «Mit der ProStream ist die Druckqualität auf einem ganz anderen Niveau, das bis anhin in dieser Produktivitätsklasse unerreichbar war», sagt Thomas Ziegler, Geschäftsführer der Swiss Direct Marketing AG, «jetzt können wir das Drucksachenspektrum erweitern und gleichzeitig Branchen ansprechen, die höhere Qualitäts­anforderungen stellen.»

Gedruckt wird von Rolle zu Rolle. Der Inhalt gelangte schliesslich auch auf Rolle an Müller Martini. Die Cover wurden hingegen bereits bei SDM auf das Bogenformat geschnitten. Bei Müller Martini in Zofingen wurden die Cover direkt im Sammelhefter Presto II Digital gefalzt und verarbeitet. Dabei handelt es sich um ein modulares Sammelheftsystem, das durch OEM-Module ergänzt wird und eine ununterbrochene Produktionskette bildet. Der Inhalt auf insgesamt neun Rollen gelangte so erst auf das Abrollmodul UW6 und das Querschneidmodul CS6-HS von Hunkeler, dann über den Heidelberg Stahlfolder TH56, wo die Bogen quergefalzt werden, auf das Durchlauffalz-Modul mit integriertem Sammelschwert und schliesslich auf den eigentlichen Sammelhefter, wo die 10 Inhaltsbogen und das Cover zu fertigen Zeitschriften geheftet und geschnitten wurden.

Im Zukunftslabor

«Bis jetzt wurden Ideen entwickelt, die sich dann technisch nicht umsetzen liessen», so Daniel Sauter, der die Gesamtleitung über das ganze Projekt innehatte, «heute sind wir soweit, dass die Technik nicht mehr im Weg steht.» Workflows, mit denen sich individualisierte Drucksachen realisieren lassen, existieren bereits oder liessen sich mit überschaubarem Aufwand erstellen. Kataloge werden heute mit individualisierten Bestandteilen produziert. Mit Erfolg: «Es gibt solche Katalogproduktionen, wo der Response von 0,8 auf vier Prozent gesteigert wurde», fügt Michael Meier hinzu.

Was bei Zeitschriften noch kommen mag, darüber lässt sich nur spekulieren. Auf verlegerischer Seite braucht es kluge und vor allem mutige Köpfe, die Ideen entwickeln und in erfolgreichen Konzepten umsetzen. Denn am Schluss entscheidet der Return on Investment über Erfolg oder Scheitern.

Die Individualisierte Zeitschrift der Zukunft ist noch nicht geschrieben, und noch fehlen die Konzepte, um ein redaktionell durchdachtes und kommerziell erfolgreiches Magazin zu publizieren. Wir haben einen weissen Kittel übergezogen und sind mit dieser Ausgabe ins Zukunftslabor gegangen, um mit den technologischen Möglichkeiten des Inkjetdrucks zu experimentieren. Zugegeben, noch ist das sehr spielerisch, die Zukunft wird aber sicherlich innovative und wirtschaftliche Projekte bringen. ↑

Swiss Direct Marketing AG

Getreu dem Claim «Creating Response» entwickelt die Brugger Swiss Direct Marketing AG personalisierte, medienübergreifende Direct-Marketing-Kampagnen und setzt diese um. Dabei übernimmt das Unternehmen von der Konzeption über das Daten­management bis hin zur Realisation alle Dienstleistungen, die den Kampagnenerfolg zum Ziel haben. Das Unternehmen ist seit 2012 eine Tochtergesellschaft der Elco AG (Wipf Gruppe).

Die Verknüpfung von klassischen Direct Mailings und Onlinemedien ermöglicht innovative Kommuni­kationslösungen, die einen überdurchschnittlichen Response generieren. Mit gut 50 Mitarbeitenden und modernen Geräten verfügt der Direct-Mailing-Spezialist über beachtliche täglich Produktions­kapazitäten: 1 800 000 Digitaldruckprodukte, 800 000 integrierte Ausweise und Etiketten, 800 000 Kuvertierungen, 200 000 Inkjet-Adressierungen, 200 000 Mailerprodukte.

Neben klassischen Direct Mailings bietet die Swiss Direct Marketing AG auch Selfmailer, Kartenanträge, Ausweise, Etiketten und weitere auf Kundenwunsch zugeschnittene Drucksachen an. Alles personalisiert und individualisiert in Text, Bild, Perforation. Als erfahrener Partner im Bereich Online, sei es bei der Programmierung und Aktivierung von Landingpages oder dem Versand von E-Mails, können zahlreiche Online-Dienste angeboten werden, die das Direct Marketing noch effektiver machen. www.mysdm.ch

Océ ProStream 1000 von Canon

Das Rollen-Inkjetdrucksystem Océ ProStream 1000 produziert mit hoher Druckqualität und unterstützt eine grosse Medienvielfalt. So entstehen neue Geschäftsmöglichkeiten für Druckdienstleister, die damit in der Lage sind, hochwertige Anwendungen mit variablem Inhalt anzubieten. Dazu gehören Direct Mailings im Premiumsegment und Marketingmaterialien, Kataloge, Broschüren oder eben (Fach-)Zeitschriften. Mit der Océ ProStream 1000 sßollen sich auch anspruchsvolle Druckaufträge von Offset zu Inkjet migrieren lassen, wodurch Druckdienstleister und Markeninhaber das volle kreative Potenzial des variablen Datendrucks ausnutzen können, um die Wirksamkeit von gedruckter Kommunikation zu steigern.

Mit einer Druckbreite von 540 mm und einer maximalen Druckgeschwindigkeit von 80 Metern pro Minute (1076 Blatt A4 duplex) bietet die Océ ProStream 1000 eine hohe Produktivität von bis zu 35 Millionen A4-Seiten pro Monat. Die nach eigenen Angaben exzellente Ausgabequalität wird durch die neue, hochauflösende Océ-DigiDot-Technologie erreicht. Sie sorgt für gestochen scharfe Bilder mit feinen Details, stufenlosen Halbtönen und grossem Farbauftrag bei hoher Tintendeckung. Eine neue Polymer-Pigmenttinte ermöglicht die Reproduktion eines im Vergleich zum Offset grösseren Farbraum. In der Océ ProStream 1000 kommt ausserdem die ColorGrip-Technologie von Canon zum Einsatz, welche eine optimale Druckqualität auf beschichtetem und unbeschichtetem Standard-Offsetpapier von 60 bis 160 g/m² garantiert. www.canon.ch

Müller Martini Presto ll Digital

Das Sammelheft-System Presto II Digital bietet neue Anwendungsmöglichkeiten und erschliesst in Verbindung mit dem Digitaldruck neue Marktsegmente. Mit dem System lassen sich individualisierte Magazine, Kataloge oder personalisierte Druckprodukte effizient weiterverarbeiten – egal, ob diese im Offset oder digital gedruckt wurden oder einer hybriden Umgebung entstammen.

Auf dem Presto II Digital können variable Produkte auch eine variable Dicke haben. Die Heftmaschine passt sich automatisch der Produktdicke an und steuert entsprechend die Heftung (inkl. Drahtlänge). Dieser Vorgang sorgt unabhängig von der Produktdicke für eine hohe Heftqualität. Durch die flexiblen Konfigurationsmöglichkeiten können die unterschiedlichsten Produkte hergestellt werden.

Die Beschickung der digitalen Sammelheftlinie ist sowohl ab Rolle als auch ab Bogenanleger möglich. Die Umstellung ist schnell und einfach mit wenigen Handgriffen erledigt, wodurch der flexible Einsatz von Rollen- und Bogendigitaldruckmaschinen möglich ist. www.mullermartini.com/de

Sappi – Papier für Cover und Inhalt

Das für die 8000 Cover verwendete GalerieArt Silk von Sappi hat eine gleichmässige, glatte Oberfläche, die einen hohen Kontrast ermöglicht und so für eine gute Lesbarkeit und Bildwiedergabe sorgt. Es ist in Grammaturen von 90 bis 400 g/m² erhältlich.

Der Inhalt wurde auf Magno Plus Gloss von Sappi gedruckt. Das Papier hat eine glänzende Oberfläche mit besonderer Haptik und Optik, die durch ein höheres spezifisches Volumen erreicht werden. Das Papier besitzt einen hohen Opazitätsgrad und ist in Grammaturen von 90 bis 350 g/m² erhältlich. www.sappi.com/de