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Interview mit Alexandre Salzmann von Adobe


Alexandre Salzmann, Country Manager Adobe Systems (Schweiz) GmbH

Ein evolutionärer Schritt von Quark, eine Revolution von Adobe!

Alexandre Salzmann führt in unserem Gespräch aus, worin sich Adobes Philosophie von jener der Mitbewerber unterscheidet, und lüftet etwas den Schleier über «Apollo», das Pub­lishing- und Businessprozesse näher zusammenrückt, und gleichzeitig auch Flash und PDF!

Publisher: Mit der Version 7 hat Quark ihre Layoutsoftware auf eindrückliche Weise generalüberholt und schickt sich nun an, Marktanteile zurückzuerobern. Wie ist dabei die Ausgangslage im Markt der Layoutsoftware?

Alexandre Salzmann: Die Marktanalysen zeigen, dass der Marktanteil von QuarkXPress in den letzten zwei Jahren markant eingebrochen ist. Seit dem Jahr 2004 hat InDesign umsatzmässig die Nase vorn, von den Stückzahlen her sowieso. Im letzten Jahr hat sich das nochmals stärker akzentuiert. Dabei gilt es zu beachten, dass das Rennen heute nicht mehr zwischen QuarkXPress und InDesign läuft, sondern zwischen QuarkXPress und der Adobe Creative Suite. Dass das Konzept der Suite am Markt sehr gut ankommt, zeigen uns die Verkaufszahlen: Drei Viertel der Käufer ziehen die komplette Suite– das heisst die Premium-Version – der Standard-Version vor.

Was macht den Erfolg der Creative Suite aus; der günstige Preis?

Wir haben mit der Suite sicher ein preislich sehr attraktives Angebot geschnürt. Wichtiger ist jedoch der durch das Konzept der Suite optimierte Workflow über die einzelnen Applika­tionen hinweg. Die dadurch gewonnene Produktivität zählt für unsere Kunden mehr als ein «Bundle-Rabatt».

Das Konzept der Suite bringt aber auch einen Verlust an Flexibilität mit sich. Wenn jede Applikation ihren eigenen Zyklus hätte, könnte Adobe rascher reagieren und beispielsweise schneller auf die Intel-Macs angepasste Versionen von Photoshop und InDesign liefern. So hat Quark hier im Moment die Nase vorne!

Es ist richtig, dass wir heute für die ganze Suite einen Produktezyklus von 18 bis 24 Monaten haben. Das wird von den professionellen Kunden sehr geschätzt, die ihre IT-Strategie darauf abstimmen können und für eine längere Zeit eine stabile Plattform und Ruhe vor Updates haben. Natürlich gibt es die Freaks, die immer gerne das Neueste hätten und dafür auch bereit sind, viel Zeit in Updates und die damit verbundene Systempflege zu investieren. Aber das ist nicht der grosse Markt.

Mit den Composition Zones und den Job-Jackets bringt Quark auch viel Innovatives im Bereich Workflow und Team-Publishing. Der Fokus auf den Workflow ist also keineswegs eine Exklusivität der Creative Suite.

QuarkXPress 7 bedeutet sicher auch seitens unseres Mitbewerbers einen guten Schritt in diese Richtung. Nach einer langen Pause kommen jetzt von Quark wieder neue Impulse und das bringt wieder mehr Dynamik in den Markt. Das tut sicher auch Adobe gut. Nun sind wir wieder am Zug: Mit der nächsten Creative Suite werden wir nächstes Jahr wieder einen entscheidenden Schritt vorwärts tun!

Können Sie schon konkret etwas zur neuen Creative Suite sagen?

Die nächste Version der Creative Suite wird den kreativen Freiraum des Publishers nochmals markant erweitern. Man wird verblüffende Kreativfeatures sehen, wir werden damit aber auch in Sachen Produktivitätssteigerung viel Applaus ernten. Aber ich betone es nochmals: Nicht die Features einzelner Applikationen sind entscheidend, sondern Lösungen, die den ganzen Publishing-Workflow abdecken. Und in dieser Beziehung unterscheidet sich unsere Philosophie grundsätzlich von der unserer Mitbewerber.

Was ist denn speziell an Adobes Philosophie?

Wir wollen nicht alles selbst machen, sondern setzen konsequent auf die Kooperation mit Partnern. Schon in den Anfängen von Adobe war das so: Mit Postscript lieferten wir die Basis für das Desktop-Publishing. Die fertigen Lösungen entstanden dann aber in Kooperation mit Firmen wie Apple, Aldus und Linotype. Und auch heute setzen wir stark auf Drittanbieter und Systemintegratoren, zum Beispiel bei Redaktionssystemen. Während Quark mit QPS (Quark Publishing System) ein eigenes Produkt im Angebot hat, überlassen wir dieses Geschäftsfeld bewusst Partnern wie Softcare und Woodwing. Und der durchschlagende Erfolg der InDesign-basierten Redaktionssysteme gibt uns Recht! Unsere Partner können besser auf spezielle Bedürfnisse eingehen und einen besseren Service vor Ort bieten, als wir es als weltweit agierender Konzern könnten. Der neue InDesign-Server wird hier – um beim Beispiel der Redaktionssysteme zu bleiben – nochmals ganz neue Perspektiven eröffnen. Und auch in unseren anderen Geschäftsbereichen bieten wir mit Serveranwendungen die Basis für immer umfassendere Publishinglösungen. PDF ist eine solche Basistechnologie und auch Flash passt perfekt in dieses Konzept.

Mit PDF und Flash haben Sie mir jetzt gleich die richtigen Stichwörter geliefert: Es kursieren immer mehr Gerüchte über eine neue Adobe-Technologie mit dem Codenamen «Apollo», die Flash und PDF zu etwas Neuem verschmelzen soll. Was hat es damit auf sich?

Da tut sich in der Tat sehr viel: Wir sind schon seit einiger Zeit daran, Flash in Richtung Collaboration weiterzuentwickeln, sodass damit über das heutige Viewing auch Interaktion möglich wird. Es geht dabei um Rich Internet Anwendungen, wie wir sie jetzt auch sonst überall unter dem Schlagwort Web 2.0 kommen sehen. Damit wird das Publishing als Teil der Geschäftsprozesse einen neuen Stellenwert bekommen. Die Grenzen zwischen Publishing- und Business-Prozessen lösen sich dabei weitgehend auf.

Und wie sieht es mit den Grenzen zwischen Flash und PDF aus; kommt es auch hier zu einer Verschmelzung?

Es ist jetzt noch zu früh, um über konkrete Produkte zu sprechen. Es ist jedoch ganz klar unsere Strategie, Flash und PDF zusammenzuführen. Wie weit in dieser Beziehung eine erste Version von Apollo gehen wird, kann ich heute noch nicht sagen. Aber ich möchte, um das Ganze richtig einzuordnen, nochmals den Bogen zum Anfang unseres Gespräches schlagen: Während wir bei bestehenden Applikationen, wie dem neuen QuarkXPress 7, eine beachtliche evolutionäre Weiterentwicklung sehen, sprechen wir bei Apollo von einem ganz neuen Konzept, von einer Revolution!

Herr Salzmann, ich danke Ihnen für das Gespräch und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg!

Interview: Martin Spaar

Alexandre Salzmann

Nach dem Studium der Betriebswirtschaft war Alexandre Salzmann, Jahrgang 1962, als Unternehmensberater im Bereich Marketing für kleinere und mittlere Unternehmen tätig und dozierte gleichzeitig an mehreren Fachschulen zum Thema Marketing. 1988 wechselte er zu IBM Schweiz, wo er unter anderem massgeblich am Aufbau der Business-Partner-Programme beteiligt war. Nach einer einjährigen privaten Reise um die Welt kam Salzmann 1992 zu Novell (Schweiz) AG, wo er als Channel Sales Manager und später als Marketing Manager für die Schweiz, Osteuropa und den Mittleren Osten tätig war. Seit 1996 ist Alexandre Salzmann Country Manager Schweiz und Geschäftsführer der Adobe Systems (Schweiz) GmbH, Zürich.

Apollo: Flash und PDF vereint

(msp) Das oben stehende Gespräch mit Alexandre Salzmann führten wir vor der Sommerpause. Seither werden zu Adobos neuer Technologie «Apollo» laufend mehr Informationen greifbar, teils in Foren und Blogs, teils auch auf der offiziellen Adobe-Website. Daraus ergibt sich mit Stand Mitte August folgendes Bild:
Mit Apollo will Adobe die Grenzen zwischen Web- und Desktop-Applikationen auflösen respektive das Beste aus beiden Welten zusammenführen. Das heisst, Apollo-Anwendungen sollen für Entwickler so einfach zu erstellen sein wie heutige Flash-Applikationen, dem Anwender aber die Vorzüge einer Desktop-Applikation bieten. Apollo-Programme setzen auf einer Laufzeitumgebung (Runtime) auf, die ein einziges Mal installiert werden muss. Dafür laufen sie dann auch unabhängig vom Webbrowser. Apollo soll sowohl Flash-Animationen, als auch PDF und HTML darstellen können und damit das Zeug zu einem «Universal Client» haben.
Apollo-Anwendungen unterscheiden sich also in zweifacher Hinsicht von bisherigen – beispielsweise mit AJAX realisierten – Rich Internet Applikationen: Erstens laufen sie unabhängig vom Webbrowser auf dem PC und zweitens kann auch offline damit gearbeitet werden. Adobe nennt als Beispiel ein Flugreservationssystem, bei dem sich der Anwender die Apollo-Applikation aus dem Web auf den Desktop des Notebooks zieht, unterwegs offline damit arbeitet und die Reservation automatisch vollziehen lässt, sobald er im Büro wieder online ist. Dabei sollen die Möglichkeiten von Apollo weit über die von Flash hinausgehen. So demonstrierte Apollo-Produktmanager Luis Polanco an einem Entwicklermeeting einen ganz mit Apollo realisierten MP3-Player.
Eine Betaversion von Apollo verspricht Adobe noch für dieses Jahr, die fertige Version 1.0 dann für das erste Halbjahr 2007. Adobe betont dabei, dass Apollo weder den Flash Player noch den Adobe Reader ersetzen werde. In welcher Form Apollo-Technologie in nächste Versionen der Flash- beziehungsweise Acrobat-Sofware einfliessen wird, lässt Adobe im Moment noch offen. Da Adobe-Chef Bruze Chizen Acrobat 8 noch für dieses Jahr versprochen hat, stehen die Chancen gut, dass wir im nächsten Publisher dazu detaillierter berichten können ...