Die FDP und ihr neues Corporate Design
Liberale Ansichten
Die Freisinnig-Demokratische Partei der Schweiz zeigt sich in einem neuen Look. Eine liberale Würdigung.RALF TURTSCHI Wer erinnert sich noch an das alte FDP-Logo? Man konnte es sich nicht merken, ein Kreis mit einem eingebundenen Quadrat in Orange und Blau. Davor die versal geschriebenen Buchstaben FDP in der Times Bold. Der Schriftzug Freisinnig-Demokratische Partei war in der Franklin Gothic gehalten. Regionale Plakate zeigten eine fürchterlich verzogene Frutiger Black. In der Publisher-Ausgabe 5/03 habe ich über das Design in der politischen Landschaft berichtet, inzwischen hat die CVP mit einem neuen Look nachgezogen. Nun versucht die FDP ebenfalls frischen Wind in ihre Segel zu füllen.
Was ist die FDP?
Im Oktober 2005 segnete die FDP-Delegiertenversammlung eine neue Strategie ab, welche vier Themen besetzt: die intelligente, offene, wachsende und gerechte Schweiz. Der alte Look passte plötzlich nicht mehr, so dass ein Wettbewerb für ein neues Design ausgeschrieben wurde. Das Rennen machte Neutral AG aus Zürich. FDP und Neutral, irgendwie witzig. Der neue Look ist seit April 2006 in Kraft. Ob er der FDP im Sinn von bürgerlich nahe kommt oder einfach Zeitgeist transportiert, bleibe dahingestellt. Der dazugestellte Slogan «Wir Liberalen» sorgt jedenfalls für Verwirrung, weil es die Liberale Partei der Schweiz schon gibt. Und die dürfte wohl keine Freude daran haben. Ist das nun freisinniger Unsinn?
In jeder Partei gibt es Strömungen von jung bis sehr alt, es gibt Männer und Frauen. Das Design sollte also vielschichtig ansprechen, ich meine sogar zeitlos aufgebaut werden, damit man ihm den Jahrgang nicht schon von Weitem ansieht. Und in der politischen Landschaft sollte sich das Design klar von jenem der andern bürgerlichen und noch klarer von den linken Parteien abgrenzen.
Generelle Anmutung
Das ganze Design kommt schriftlastig daher. Es ist sehr viel Weissraum vorhanden, darauf aufgesetzt ist eine schwächelnde Schrift auszumachen. Blau sind manche Schriftstile und das Logo gestaltet. Ein Bildkonzept, um all die Köpfe abzubilden, ist nicht ersichtlich und auf mehr Farbpräsenz durch flächige Gestaltung wird verzichtet.
Die Schrift
James Goggin hat 1994 die Courier zur Courier Sans umgezeichnet, sie wird unter dem Schriftenlabel Lineto vertrieben. Die Schrift wurde in drei Stärken ausgeführt: Light, Regular und Bold. Einen kursiven Schnitt gibt es nicht, dafür ein paar Sonderzeichen. Die Schrift wird als PostScript-Type-1-Font angeboten, also ein veraltetes Schriftformat. Weshalb nicht gleich OpenType? Anders als bei der normalen Courier, bei der die Buchstaben und Ziffern einheitlich breit festgelegt wurden (monospaced), sind bei der Courier Sans wie bei einer normalen Schrift unterschiedliche Zeichenbreiten auszumachen. Beim flüchtigen Betrachten meint man, es handle sich ebenfalls um eine Monospaced. Formverwandte Buchstaben wie p und q sind gleich breit, b und d hingegen wieder nicht. Die verwandten Buchstaben o, e und c oder u und n sind wider Erwarten ebenfalls unterschiedlich breit. Auch die Ziffern in den Schnitten Light, Regular und Bold sind verschieden, man kann sie somit in einer Tabelle nicht mischen, weil sie nicht untereinander stehen. Mit einer grosszügigen Zurichtung, überdicken Interpunktionszeichen und einem auffällig langen Trennstrich wird der Look der normalen Courier nachgeahmt. Nun ja, dadurch ist sie wenigstens am Bildschirm okay. Die Schrift ist deswegen auch ein Platzfresser, und manche plakativen Titelzeilen müssen nun kleiner oder in einer anderen Schrift gestaltet werden. Was wiederum nicht der Einheitlichkeit dient.
Eine «Schreibmaschineschrift» als Corporate-Design-Font zu portieren, zeugt von wenig Schriftverständnis, denn eine Courier ist keine Leseschrift, genauso wenig, wie sie eine Plakatschrift ist. Eine solche Schrift in nur drei Stärken ohne Kursiven als Hausschrift für eine national tätige Partei mit vielerlei Bedürfnissen vorzuschlagen, ist entweder naiv, verwegen oder kopflos. Man hat damit einfach zu wenig Ausdrucksmöglichkeiten. Kein Vergleich zu einer Fago, Meta, Unit, Univers usw., die mit Dutzenden von Schriftschnitten alle Anwendungsbedürfnisse abdecken. Flugs hat man denn auch korrigiert: Im Newsletter oder in der Website ist die Verdana im Grundtext sichtbar, ebenfalls eine breit laufende Bildschirmschrift, die auf dem Papier viel Platz beansprucht, und die ebenfalls nur in Regular und Bold zur Verfügung steht. Vom Regen in die Traufe – die Verdana ist keine lesefreundliche Schrift, ungeeignet für textlastige politische Kommunikation. Die Schriftwahl ist nach meiner Auffassung ein Fehlgriff. Auch die Typografie kommt nicht, kann nicht überzeugend daher kommen. Die Leserlichkeit der Courier Sans ist schlecht, Abstände sind vielfach zu klein und in der Mikrotypografie sind die Gestalter ungefähr im 2. Polygrafenlehrjahr stehengeblieben.
Das Logo FDP
Das FDP-Signet mit Kreis und Quadrat wurde geopfert. Stattdessen findet man neu ein dreidimensionales «Schweizerkreuz» in animierter Form. Die Proportionen stimmen nicht mit dem Original überein (Schenkellänge zu Schenkelbreite = 7 : 6). In den Linienkonturen ist es wiederum zu mager, man wird es im Konkurrenzumfeld der Zeitung oder an den Plakatwänden kaum wahrnehmen. Die visuelle Gewalt des Umfeldes kann man sehr gut an der FDP-Internetseite erahnen, wo die grossen roten und schwarzen Buchstaben rechts die Vorherrschaft übernehmen, der Absender FDP geht dabei völlig unter. Weshalb die drei Buchstaben FDP in der Times Bold (1931, Stanley Morison)? Sie vermittelt nun nicht gerade Innovation und Dynamik, eher Tradition und Verkrustung. Und sie passt überhaupt nicht zur Grundschrift.
Die Farbe
Nur noch eine Zusatzfarbe zeichnet die FDP aus: Pantone 2728, in CMYK mit 96 Cyan/69 Magenta umgesetzt. Da die Farben Rot, Grün, Orange in der politischen Landschaft schon besetzt sind, beibt Blau. Das gewählte Blau ist nun drucktechnisch ungünstig, weil das intensive Pantone 2728 in CMYK nur gebrochen wiedergegeben werden kann. Das satte Blau wird auf allen vierfarbigen Druckerzeugnissen sehr leiden. Allerdings wird niemand davon Kenntnis nehmen, weil die Farbe durch die magere Schrift so oder so nicht zur Wirkung kommt.
Fazit
Betrachten wir den Newsletter: Eine zweispaltige Textwüste, man arbeitet mit zwei Linien und Einzügen, ein Bild ist ohne Legende lieblos im Text eingeklemmt. Die Plakate in Versalien, sogar einmal von unten nach oben lesbar, ohne Bild, dafür mit hippem Pfeil –>, zusammengesetzt aus Trennstrich und «Grösser-als-…-Zeichen». Die wichtigen Infos sind am Fuss, wo kein Mensch hinguckt. Wo bleibt die Kommunikations- und Gestaltungskompetenz? Man sieht dem neuen Erscheinungsbild zwar eine freche und junge Handschrift an. Der neue Look will aber nicht so recht zu einer traditionsreichen, bürgerlichen Partei passen. Oder will man sich à tout prix einen jungen Stil im Sinn der kulturbeflissenen Agenturinhaberin zulegen? Und passt denn der politische Stil und der Inhalt zum Design? Man wird bei den Anwendungsbeispielen, die als Vorlagen den Ortsparteien abgegeben werden, den Eindruck nicht los, die Kreativität der Entwerfer habe sich bei der Schriftwahl erschöpft. Im Detail scheint das Erscheinungsbild extrem auf die (rationale) Sprache zugeschnitten, während andere emotionale Elemente wie Bild und Farbe nicht in Erscheinung treten. Ein Konzept mit der Art, wie Köpfe fotografiert und dargestellt, wie Bilderwelten eingesetzt werden, ist nicht auszumachen. Das alles hat nun nichts mit persönlichem Geschmack zu tun, sondern schlicht mit der fehlenden Wirkungskraft. Gerade bei knappen Kampagnen-Budgets ist visuelle Durchschlagskraft für die Aufmerksamkeit aber entscheidend.