Editorial
Individuelles Titelbild als Beispiel für Schubkraft des Digitaldrucks
Ist es Ihnen aufgefallen? Das Titelbild dieser Zeitschrift ist beim Einzelversand auf den Vornamen oder den Firmennamen des Empfängers individualisiert. Damit führt dieses Heft einmal mehr vor Augen, dass Digitaldruck mehr ist als nur eine andere Art, Farbe aufs Papier zu bringen. Hier steht eine tiefgreifende Revolution der Drucksachenproduktion an. Die Aufmerksamkeit, die wir mit einem personalisierten Bild auf der Frontseite erreichen, ist da nur der eine Punkt, wenn auch ein wichtiger. Mindestens so entscheidend ist aber, was sich im Beispiel dieses Heftes auf den anderen Umschlagseiten abspielt. Hier stehen – vom Empfänger unbemerkt – auf verschiedene Zielgruppen speziell angepasste Angebote. Und wo das Angebot passt, wird auch der Rücklauf höher sein. Und darauf kommt es am Schluss in den meisten Fällen an.
Was wir hier praktiziert haben, ist allerdings erst ein ganz kleiner Schritt in Richtung individualisierte Angebote. Für die drei neben der Front verbleibenden Umschlagseiten haben wir neun unterschiedliche Seiten je nach Zielgruppe platziert. In der Zielgruppe «Druckereien» steht dabei auch auf der zweiten Umschlagseite ein individualisiertes Inserat. Weitere Zielgruppen definieren sich aus anderen Branchen und den verschiedenen Aboarten (Probeabo, AboLight, Bold etc.).
Nur schon mit diesen neun Zielgruppen waren wir bei der Produktion ganz schön gefordert. Es zeigte sich, dass es schnell recht komplex wird, wenn man die Möglichkeiten des Digitaldrucks in Sachen Individualisierung nur einigermassen nutzen will. Neben dem klassischen Publishing-Know-how ist dabei einiges an Fertigkeiten im Umgang mit Datenbanken gefordert. Die Drucksachenproduktion wird damit künftig ein ähnliches Teamwork erfordern, wie wir es heute schon vom Web-Publishing her kennen. Zu Redaktor (Texter), Designer (Grafiker) und «Produktiönler» (Polygraf) stossen jetzt neu die Programmierer und Datenbankspezialisten.
Befürchtungen, dass damit den etablierten Berufsständen das Brot ausgeht, sind meiner Meinung nach nicht begründet. Wie unsere Erfahrung mit diesem Heft zeigt, fällt nämlich in allen Bereichen mehr Arbeit an: Um drei Umschlagseiten zu füllen, mussten deren neun getextet, gestaltet und produziert werden. Durch die Individualisierung entsteht ein Mehrwert, der nun mal seinen Preis hat. Dies bedeutet eine Chance für die grafische Industrie mit ihren schon fast chronischen Überkapazitäten.
Der Digitaldruck wertet die Gattung «Drucksache» generell auf, und davon werden alle Sparten von der Vorstufe über den (Offset-)Druck bis zur Endverarbeitung profitieren. Auch dafür ist das Heft, das Sie jetzt in Händen halten, ein schönes Beispiel. Das individualisierte Cover wurde von den Inserenten so gut aufgenommen, dass wir den Umfang in dieser Ausgabe von den sonst üblichen 64 auf 84 Seiten erhöhen konnten: Vier Digitaldruckseiten haben 16 zusätzliche Offsetdruckseiten generiert!
Martin Spaar