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Corel KnockOut in einer neuen Version

Freistellwerkzeug KnockOut in einer neuen Version

Befreiungsschlag

Das Photoshop-Plug-in KnockOut 2 stellt Bildelemente ohne viele Handgriffe und aufwändige Nachbearbeitung im Nu frei. Selbst Schatten, Haarsträhnen und transparente Objekte lassen sich damit präzise von störendem Umfeld befreien, sodass Fotomontagen rasch und äusserst lebensecht geraten.

MARKUS ZITT Die kanadische Softwareschmiede Corel hat sich nach wenig erfolgreichen Engagements in Office- und Linux-Gefilden wieder verstärkt auf ihr ursprüngliches Geschäft mit Imaging-Produkten zu konzentrieren begonnen und dabei etliche Programme von anderen Herstellern wie Metacreations und Micrografx ihrem Softwareportfolio hinzugefügt. Die bisherigen sowie die zugekauften und lizenzierten Programme bietet Corel teils unter eigenem Logo, teils unter dem neu geschaffenen Imaging-HiEnd-Label «Procreate» (www.procreate.com) an. Für Bildbearbeiter dürfte neben dem Mac-OS-X-tauglichen Photoshop-Pendant Corel PhotoPaint das Freistellerprogramm Procreate KnockOut besonders interessant sein, das seit kurzem in Version 2 vorliegt. Neu an der Version 2 ist, dass KnockOut nicht mehr als eigenständiges Programm, sondern als Photoshop-Plugin daherkommt und nun bis zu 99 Arbeitsschritte rückgängig gemacht werden können. Auch lassen sich jetzt CMYK-Bilder freistellen, ohne dass diese zuvor (leidlich) in RGB konvertiert werden müssen. Neu ist ebenfalls die Möglichkeit, Bildbereiche mit Polygon-Kurven (Pfaden) zu erstellen. Ansonsten war für die neue Version eher Kosmetik angesagt. So verfügt KO 2 über eine Optionenleiste im Stile von Photoshop 6. Hervorzuheben ist die Anpassung an Mac OS X, wodurch sich der Anwender bei der Installation für die klassische oder die karbonisierte Version von KnockOut 2 zu entscheiden hat – es sei denn, er installiere nacheinander beide Versionen.

Arbeitsweise

Um KO 2 zu nutzen, wird ein Photoshop-Plugin-kompatibles Bildbearbeitungsprogramm als Hostapplikation vorausgesetzt, das auch mit mehreren Ebenen umgehen kann. Dies trifft zwar auf eine Vielzahl von Programmen zu, doch offiziell ist die Kompatibilität auf neuere Versionen von Photoshop, Painter und PhotoPaint beschränkt. Im Praxistest arbeitete KnockOut 2 aber auch tadellos mit PaintShop Pro 6, jedoch nicht mit Ulead PhotoImpact 7 zusammen. Zwar nicht auf einen Schlag, jedoch ohne grossen Aufwand lassen sich mit KO 2 Objekte rasch aus dem störenden Hintergrund herauslösen – ähnlich wie bei Photoshops Extrahieren-Funktion. Durch grobes Umfahren des freizustellenden Objekts mit speziellen Zeichenwerkzeugen wird der Bereich bestimmt, wo KnockOut das Objekt vom Hintergrund unterscheiden muss. Im Prinzip geht KO 2 dabei so vor wie der Zauberstab und der magische Hintergrundradierer in Photoshop, wobei das Ergebnis ähnlich schnell, jedoch besser ausfällt. Anders als bei herkömmlichen Maskier- und Freistellwerkzeugen wird also nicht pixelgenaues Vorgehen verlangt, denn das Programm übernimmt diese Arbeit selbst und erzeugt so einen Freisteller nach kurzer Rechenzeit.

Freiheit für Bildteile

Bevor man «freistellend» tätig werden kann, muss ein Bild als Ebene vorliegen und ausgewählt sein. Dann ruft man unter dem Menü Filter KnockOut 2 auf und wechselt – schwupps – auf dessen Oberfläche. Es stehen dort verschiedene Zeichenstifte zum Markieren der freizustellenden Bildteile zur Verfügung. In einem ersten Schritt werden die inneren Konturen des Objektes bestimmt, indem diese mit dem entsprechenden Zeichenstift nachgezeichnet werden. Dabei genügt es, dem Konturverlauf nur ungefähr zu folgen. Präziseres und somit deutlich zeitaufwändigeres Vorgehen kann je nach Motiv das Ergebnis verbessern. Für Korrekturen der Innenkonturlinie gilt die Vorgehensweise, die von Photoshop & Co. hinsichtlich des Erweiterns einer Auswahl bekannt ist. In der Optionenleiste von KO 2 wird der «Stift mit dem Plus» ausgewählt oder die Umschalttaste gedrückt und der fehlende Bereich «eingekreist» und so hinzugezählt. Wenn dagegen umgekehrt Bildbereiche – wie etwa das Loch eines Donuts – ausgeschnitten werden müssen, wird die Option «Stift mit dem Minus» gewählt oder dieser Bereich mit dem Stift samt gedrückter Optionentaste bestimmt. Nachdem die innere Konturlinie festgelegt worden ist, wird in gleicher Weise die Aussenkontur gezeichnet. Durch Innen- und Aussenkontur wird so eine Übergangszone bestimmt, in der KnockOut automatisch das Objekt vom Hintergrund trennt. In diesem begrenzten Bereich ordnet KnockOut die Pixel jeweils dem Objekt oder dem Hintergrund zu. Zusätzlich zum Objekt kann – wiederum mit zwei speziellen Zeichenwerkzeugen – auch der Schatten eines freizustellenden Objektes markiert werden. Um bei vielen komplexen Linien nicht die Übersicht zu verlieren, lassen sich die verschiedenen Auswahllinien für Aussen- und Innenkontur für Objekte und ihre Schatten einzeln aus- und einblenden. Für alle Fälle kann das Bild mitsamt allen Auswahllinien als KnockOut-Projekt abgespeichert werden. Durch den Befehl Verarbeiten ermittelt KnockOut schliesslich den Hintergrund innert weniger Augenblicke und löscht diesen. Das Resultat lässt sich visuell mit verschiedenen Farbhintergründen prüfen und kann dann als ausgestanztes Bild an die Hostapplikation (z.B. Photoshop) zurückgegeben werden. Im Gegensatz zum Freistellen mit Lasso, Beschneidungspfaden, dem magischen Hintergrundradierer und anderen Freistellwerkzeugen erzeugt KnockOut nicht eine scharfe, klar abgegrenzte Schnittkante, sondern weiche, in die Transparenz verlaufende Kanten. Das Ergebnis entspricht etwa dem, was mühsam in manueller Retuschearbeit mit dem Radierer und einer verlaufenden Pinselspitze erzeugt werden kann.

Detailzeichnung

Wie der Zauberstab kann auch der Verarbeitungsprozess durch Einstellen eines Toleranzwertes beeinflusst werden. KnockOut stellt vier Stufen zur Verfügung. Die niedrigste (Level 1) ist für Bilder mit Objekten, die vor einem neutralen Hintergrund aufgenommen wurden, während Stufe 4 bei Objekten vor einem heterogenen Hintergrund gedacht ist. Trotz diesen Einstellmöglichkeiten und obwohl die von KnockOut freigestellten Objekte auf den ersten Blick meist tadellos scheinen, steckt der Teufel oft im Detail. Ein Wechsel oder eine nähere Begutachtung mit der Zoomlupe offenbart, dass einzelne dunklere Pixel (z.B. eingescannter Staub) dem Objekt statt dem Hintergrund zugeordnet werden oder umgekehrt. Solche «Irrtümer» in der Erkennung beschränken sich jedoch nur auf die Übergangszone, und so erhält ein freigestelltes Objekt zum Beispiel eine Art «Aura aus Staub» oder «kleine Löcher». Für Retuschen an den Freistellermasken von KnockOut stehen ein Pinsel und ein Radierer mit variablen Pinselspitzen zur Verfügung. KnockOut bietet aber die Möglichkeit, Problemstellen punktuell der Innen- oder Aussenkontur zuzuordnen. So können auch bei transparenten Objekten einzelne Stellen als durchsichtig und andere als undurchsichtig markiert werden. Wenn dagegen das Objekt mangels Detailgenauigkeit und Kontrast für KnockOut nicht mehr klar zu erkennen ist, hilft eine pipettenartige Injektionsspritze. Mit diesem Werkzeug können einzelne Haare «mit Farbe geimpft» werden, damit sie nicht zum Hintergrund gerechnet werden.

Fazit

Eine Betaversion von KnockOut 2 lief unter Windows und Mac OS Classic tadellos und verrichtete den Freistellprozess in der Regel sehr schnell, nur während Detailarbeiten bei starker Vergrösserung ging der Bildaufbau auf schnellsten Mac- und Wintel-Rechnern schleppend voran. Schade ist, dass die von KnockOut erstellten Freisteller- und Schattenmasken nicht direkt als Alpha-Kanal und Ebenenmasken in Photoshop & Co. übernommen werden können, sondern separat gespeichert werden müssen und normalerweise nur das «ausgestanzte» Objekt samt Schatten an Photoshop übergeben wird. Procreate KnockOut 2 ist ein Muss für all jene, die Fotomontagen und -kollagen für Print- und Screendesigns erstellen. Alleine schon durch die Zeit­ersparnis im Vergleich zu konventionelle Freistellmethoden zahlt sich KO2 aus und macht den stolzen Preis beinahe 600 Franken im Nu wett. Das 250-fränkige Update von der Vorgängerversion Corel KnockOut 1.5 lohnt sich dagegen nur für Anwender, die von neuen Funktionen (CMYK, 99 Undos, Mac OS X, Integration in Photoshop & Co.) profitieren können und wollen, denn KO 2 ist zwar komfortabler, die ohnehin schon ausgezeichnete Freistellfunktion jedoch nicht massiv besser geworden.