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Kein Farbmanagement ohne Rendering Intents

Kein Farbmanagement ohne Rendering Intents

Die Theorie des Farbmanagements mittels ICC-Profilen ist relativ einfach. Wer sich jedoch mit Rendering Intents nicht auskennt, wird wenig Freude daran haben, denn diese bestimmen, was das Farbmanagement überhaupt bewirkt.

MARCO CATTAROZZI Wer Farbmanagement in der Praxis einsetzen möchte, muss sich zuerst überlegen, was dieses genau tun soll. Diese Frage stellt sich vor allem dann, wenn Bilder von einem Farbraum in einen anderen umgewandelt werden sollen und diese beiden Farbräume nicht gleich gross sind. Es gibt nämlich ganz unterschiedliche Vorgehensweisen, diese Umwandlung zu bewerkstelligen. Und genau hier kommen die so genannten Rendering Intents ins Spiel, die definieren, auf welche Art und Weise diese Überführung der einzelnen Farben eines Bildes von einem Farbraum in den anderen stattfinden soll. Vor allem dann, wenn Bilder aus einem grösseren in einen kleineren Farbraum transformiert werden, wie das meist bei der RGB-CMYK-Umwandlung der Fall ist, erhält man je nach gewähltem Rendering Intent ganz unterschiedliche Resultate. Die nachfolgenden Ausführungen sollen helfen, die zum Teil verwirrende Begriffsvielfalt in diesem Bereich zu klären.

Die Anwendung der Rendering Intents

Spätestens bei der Wahl des Rendering Intent muss sich der farbmanagende Anwender entscheiden, welche Art der Anpassung der Farben er durchführen möchte. Die Frage, ob Farben möglichst gleich oder möglichst ähnlich angepasst werden sollen, scheint auf den ersten Blick dieselbe zu sein. Wenn man aber bedenkt, dass kein Ein- und Ausgabegerät in der Lage ist, alle Farben darzustellen und gewisse Geräte nur mehr oder weniger darstellen können, dann wird schnell klar, dass ein Unterschied darin besteht, Farben gleich oder eben nur ähnlich darzustellen. Ist der Herkunftsfarbraum kleiner als der Zielfarbraum, bedeutet dies, dass die Farben im Zielfarbraum gleich dargestellt werden können.

Ist jedoch der Zielfarbraum kleiner als der Herkunftsfarbraum, so können die Farben so dargestellt werden, dass das Gesamtergebnis der Farbdarstellung ähnlich ist und die Farbunterschiede innerhalb einer fotografischen Abbildung optisch gleich bleiben. Es ist aber auch möglich, die Farben so anzupassen, dass diejenigen Farben, die im kleineren Zielfarbraum gleich dargestellt werden können, auch identisch dargestellt werden (farbmetrisch), und alle Farben, die nicht identisch dargestellt werden können, nur so dargestellt werden, wie es der Zielfarbraum zulässt. Bei letzterer Methode bleiben die Farbabstände nicht erhalten und der Gesamteindruck eines Bildes kann dadurch verändert werden. Ein weiterer Anspruch an das Color Management ist die Möglichkeit der Simulation einer Papierfarbe auf einem Proofer. Soll ein CMYK-Farbraum eines Akzidenz-Offsetdrucks auf hochweissem gestrichenem Papier in den CMYK-Farbraum für den Zeitungsdruck auf grauem Zeitungspapier überführt werden, so müssen die Farbunterschiede im kleineren Farb­raum des Zeitungsdrucks möglichst erhalten bleiben. Dass sich die Farben dabei verändern, ist in diesem Fall unumgänglich, da nur so der Gesamteindruck eines Bildes erhalten bleiben kann. Anders verhält es sich, wenn z.B. ein CMYK-Farbraum des Zeitungsdrucks auf einem Proofer simuliert werden muss. Da der Farbraum des Proofers grösser ist, werden alle Farben genau so dargestellt, wie diese im Zeitungsdruck erscheinen werden. Zudem soll in einem solchen Fall die Farbe des Zeitungspapiers auf dem hochweissen Proofpapier simuliert werden.

Je nachdem, welches Ziel mit der Farbtransformation erreicht werden soll, wird ein jeweils diesem Ziel entsprechender Rendering Intent gewählt. Vom ICC wurden deshalb vier verschiedene Rendering Intents festgelegt. Es sind dies der wahrnehmungsorientierte, der relativ farbmetrische, der absolut farbmetrische und der sättigungserhaltende Rendering Intent.

Wahrnehmungsorientiert (perzeptiv oder fotografisch)

Dieser Rendering Intent passt die Farben so an, dass die Anmutung der Farbunterschiede erhalten bleibt. Auf diese Weise werden Bilder auch in einem kleineren Farbraum so dargestellt, dass die Bilder als möglichst originalgetreu empfunden werden. Die Farben selbst unterliegen (wenn von einem grösseren in einen kleineren Farb­raum transformiert wird) einer Änderung. Dies bedeutet, dass auch Farben, die in einem kleineren Farbraum dargestellt werden könnten, nicht immer auch identisch dargestellt werden. Dies ist nötig, um die Farbunterschiede in einem Bild so zu erhalten, dass im Gesamtergebnis ein gleichwertiger Eindruck eines Bildes entsteht.

Relativ farbmetrisch

Mit dieser Art der Farbraumtransformation wird keine Rücksicht auf die Farbunterschiede innerhalb eines Bildes genommen. Wird ein Bild mit diesem Rendering Intent transformiert, so werden die Farben, die im kleineren Farbraum dargestellt werden können, exakt so dargestellt wie im Original. Farben, die nicht dargestellt werden können, werden einfach «abgeschnitten» und so reproduziert, wie es möglich ist. Dieser Rendering Intent eignet sich deshalb in der Regel nicht, um Bilder von einem grösseren in einen kleineren Farbraum zu transformieren. Er lässt sich jedoch verwenden, um die Farbdarstellung eines kleineren Farb­raums auf einem Gerät mit grösserem Farbraum zu simulieren, wie dies beim Digitalproof oder Softproof der Fall ist. Da dieser Intent die Farbe des Bedruckstoffs (Weisspunkt) nicht be­- rücksichtigt und z.B. beim Proofen einer Zeitungsseite auf einem hochweissen Proofpapier das Weiss des Bedruckstoffs/Papiers nicht darstellen würde, sollte dieser besonders dann verwendet werden, wenn auf einem Auflagenpapier geprooft wird.

Absolut farbmetrisch

Dieser Rendering Intent funk­tio­niert gleich wie der relativ farb­metrische, jedoch mit dem Unterschied, dass der Weisspunkt (Bedruckstoff/Papier) mitdargestellt wird. Aus diesem Grund eignet sich dieser Rendering Intent besonders, um auf hochweissen Proofpapieren sowohl die Farbdarstellung eines (kleineren) Farbraums wie auch den Weisspunkt (Bedruckstoff/Papier) zu simulieren. Er ist jedoch ungeeignet, um Bildmaterial von einem grösseren in einen kleineren Farbraum zu transformieren.

Sättigungserhaltend

Der vierte Rendering Intent ist vorwiegend für Businessgrafiken gedacht, die möglichst «leuchtend» dargestellt werden sollen. Bei diesem Rendering Intent wird weniger auf die «Farbtreue» als auf die Sättigung Wert gelegt. Er wird in der Farbmanagementpraxis sehr selten angewandt und ist beim farbmanagenden Anwender eher unbeliebt, da beim Farbmanagement ja normalerweise mehr auf kontrollierbare als auf leuchtende, satte Farben Wert gelegt wird.

Begriffsvielfalt bei den Rendering Intents

Leider wurden die Übersetzungen für die Rendering Intents bisher nicht verbindlich festgelegt. Einige Hersteller haben deshalb die Begriffe «frei» übersetzt, sodass der gleiche Rendering Intent in verschiedenen Anwendungen jeweils unterschiedlich benannt ist. Der Kasten auf Seite 29 zeigt, welche «gebräuchlichen» deutschen Begriffe heute von den Softwareanbietern verwendet werden und welcher Rendering Intent jeweils mit diesen Übersetzungen gemeint ist. Wünschenswert wäre, wenn sich alle Hersteller an einen gemeinsamen Standard zur Benennung der Rendering Intents halten würden, damit der Anwender nicht durch die Begriffsvielfalt zusätzlich verwirrt wird.

Auswahl eines Rendering Intent

Leider stellen nicht alle Anwendungsprogramme die Möglichkeit zur Verfügung, für die Farbraumtransformation einen Rendering Intent zu wählen. In einem solchen Fall wird der so genannte «Default Rendering Intent» verwendet, der bei der Erstellung eines Profils als Zusatzinformation im Profil abgelegt ist. Eine der bekanntesten Applikationen, welche die Wahl eines Rendering Intent für die Farbtransformation nicht zulässt, ist Quark­XPress 4.x. Es verwendet für die Farbtransformation den im Zielprofil definierten Rendering Intent.

Der «default» Rendering Intent im Farbprofil

Jedes Farbprofil beinhaltet einen Eintrag, der den bevorzugten Rendering Intent definiert, der bei der Umwandlung in den vom Profil beschriebenen Farbraum verwendet werden soll. Dieser Rendering Intent wird dann dort verwendet, wo keine speziellen Angaben zur Bevorzugung eines bestimmten Rendering Intent gemacht werden. Im Profil selbst sind jedoch immer alle Möglichkeiten vorhanden und der Default Rendering Intent kann mit Softwareprodukten zur Profileditierung problemlos geändert werden.

Die Farbtransformation mit ICC-Profilen

Um eine Farbtransformation mit ICC-Profilen zu ermöglichen, ist es unerlässlich, dass die benutzten Anwendungsprogramme diese auch unterstützen. Eine herstellerunabhängige Farbtransformation ist erst möglich, seit in den Betriebssystemen eine für alle Anwendungsprogramme zur Verfügung stehende Betriebssystemerweiterung zur Verrechnung von ICC-Profilen implementiert ist. Für die standardisierten und applikationsübergreifenden Farbtransformationen wird das so genannte «Color Management Framework» eingesetzt, das auf den Betriebssystemen zur Verfügung steht. Auf dem MacOS ist dies die Systemerweiterung ColorSync und unter Windows 98 und 2000 der ICM (Image Color Manager). Diese Betriebssystemerweiterungen sind der «Rechner», der die Farben vom Herkunfts- in den Zielfarbraum «berechnet». Die Algorithmen für die Berechnung werden dabei vom CMM (Color Matching Module) bezogen und die Art der Farbtransformation wird vom Rendering Intent bestimmt.

Der neutrale «Profile Connection Space»

Um Farben von einem Herkunfts- in den Zielfarbraum zu konvertieren, wird der so genannte «Profile Connection Space» verwendet. Dieser Farbraum ist immer entweder CIELAB oder CIEXYZ. In jedem Geräteprofil sind deshalb Stützpunkte in Form von Tabellen abgelegt, welche die Übersetzung der Herkunftsfarbwerte nach CIELAB oder CIEXYZ und umgekehrt beschreiben. Diese Tabellen übersetzen die geräteabhängigen Farbwerte (wie z.B. RGB- oder CMYK) in einen Standardfarbwert (CIELAB oder CIEXYZ), der eine Farbe so beschreibt, wie das menschliche Auge diese tatsächlich sieht.

Der Arbeitsfarbraum

Mit der Bezeichnung «Arbeitsfarbraum» ist kein spezieller Farbraum gemeint. Als Arbeitsfarbraum wird der Farbraum bezeichnet, in dem «gearbeitet» wird. In der traditionellen Druckvorstufe (ohne Color Management) ist dies der geräteabhängige CMYK-Farbraum. Beim Color Management mit ICC-Profilen ist der Arbeitsfarbraum ein zuvor definierter Farbraum, in den zum Beispiel alle medienneutralen Bilddaten konvertiert werden und mit dem alle Anwender innerhalb eines Betriebes arbeiten. Dieser Farbraum wird oftmals auch als Archivfarbraum für medienneutrale Daten verwendet. Bedenkt man, dass dieser Arbeitsfarb­raum möglichst medienneutral sein sollte, so müsste dieser eigentlich CIELAB sein. Leider ist jedoch die Arbeit in CIELAB nicht sehr komfortabel und neben weiteren Nachteilen bleibt in Photoshop dem Anwender die Benutzung der meisten Filter versagt. Aus praktischen Gründen wird deshalb meist ein RGB-Arbeitsfarbraum gewählt. Dieser Arbeitsfarbraum sollte so gross sein, dass darin alle Farben dargestellt werden können, die auch spätere Ausgabemedien reproduzieren können (wie Bildschirme, div. Drucksachen usw.). In der Regel wird dafür der RGB-Farbraum «ECI-RGB» oder das «ColorMatch-RGB» verwendet. Wird nicht ausschliesslich fürs Web produziert, sollte keinesfallse als Arbeitsfarbraum der «sRGB» verwendet werden, da dieser zu klein ist, um den Ansprüchen gerecht zu werden.