Fine Art Printing Grosses im Sinn
Ralf TurtschiJe mehr Bilder zunehmend das Netz fluten, desto eiliger werden sie betrachtet. Hektisch die Bildschirmbilder, im Minutentakt schrillen sie auf dem Handy, lästig, betrachtet, aber ungesehen landen sie im digitalen Müll. Ein Fingerswipe, das nächste bitte! Wohltuend dagegen sind Bilder in Printform. Sie hängen oder liegen unwischbar da, der Augenblick entschleunigt. Ein Bild auszudrucken, ist immer mit einem Akt der Besinnung verbunden, gedruckte Bilder sind selektioniert, es sind die besten. Ein gedrucktes Bild ist ein schmeichelndes Geschenk an die (noch) Sehenden.
Fine Art Printing treibt diese Hochwertigkeit auf die Spitze. Anders als beim digitalen Fotobuch wird im Fine Art Printing nicht eine Menge Fotos gedruckt, jedes einzelne Bild ist ein Hauptdarsteller.
Per definitionem geht es um die höchstmögliche Qualität, und zwar was die technische Druckausgabe betrifft, der Inhalt des Bildes ist nicht betroffen. Auch bezüglich Haltbarkeit und Beständigkeit werden hohe Anforderungen gestellt, die sich in den ISO-Normen 9706 (Papier) und 11109 (Farben) als «Museumsstandard» niederschlagen. Dienstleister werden auch von Papierherstellern wie Hahnemühle zertifiziert. Die Lichtbeständigkeit wird heute je nach Materialien bei etwa 100 Jahren angesiedelt, wobei ich eher nicht davon ausgehen würde, dass diese Beständigkeit ein paar Winter auf 3000 Metern Höhe in der Sonne «überlebt».
Im Offsetdruck oder im Digitaldruck wird oft von der Gut-genug-Qualität gesprochen, bei Fine Art wird das Ausreizen der Software und der Systeme bis ans Ende der Fahnenstange angestrebt. Wobei alles seine Grenzen hat und das Marketingwort «Qualität» in den verschiedenen Märkten wohl tausend Definitionen kennt. Die «möglichst gute Qualität» ist keine absolute Grösse, sie findet ihre Grenze höchst individuell beim technischen Equipment, in der eingesetzten Software, beim Know-how oder auch beim Sujet. Das Bestmögliche aus dem Bild herauszuholen, bedeutet, die eigenen Grenzen zu erkennen und auszureizen. So beginnt Fine Art nicht damit, ein Bild auf einem Portal hochzuladen und per Klick einen Print zu bestellen. Es beginnt mit dem Einrichten der eigenen Arbeitsumgebung, der Bildschirmkalibrierung, den richtigen Kameraeinstellungen und der Bildentwicklung und -bearbeitung. Das Bildformat RAW und eine genügende Auflösung sollten also vorausgesetzt werden, JPEG muss – weil immer verlustbehaftet – aussen vor bleiben. Wer diese Voraussetzungen, aus welchen Gründen auch immer, nicht ausschöpft, hat wohl noch Luft nach oben. Anderseits gilt es, die Technik nicht um der Technik willen hochzuschrauben. Die Antwort, ob 16- anstelle von 8-Bit-Verarbeitung wegen drohender Tonwertabrisse grundsätzlich zu einer wahrnehmbaren Qualitätsverbesserung beim Print führt, steht noch aus. Drucker können auf Papier schlicht nicht mehr als etwa 8 Bit ausgeben, mehr Farbtonwerte als etwa eine Million sind mit unserem Sehvermögen sowieso nicht mehr unterscheidbar. Wie in anderen Bereichen gibt es beim Fine Art Printing ein theoretisches Wissen und ein praktisches, eher marktgetriebenes Verhalten. Die gegebene Auflösung nimmt bei zunehmender Printgrösse zunehmend ab. Durch intelligente Algorithmen im RIP oder durch eine clevere Bildverarbeitung werden auch Bilder mit einer suboptimalen Auflösung scharf wiedergegeben. Dabei kann die Ausgabeauflösung eines Bildes je nach Sujet bis zu 10-fach hochgerechnet werden – aus 30 ppi werden dann wieder volle 300 ppi. Somit sind auch grossformatige Prints in einer guten Qualität aus Kameras möglich, die nur 8 oder 10 Megapixel leisten. Auch hier gilt natürlich, dass irgendwann mal Schluss ist mit der Hochrechnerei. Wertige Eingangsdaten sind das A und O, Datenfummelei ist nie so gut.
Das «gute» Bild
Obschon mit «bestmöglicher Qualität» im Fine Art Printing nicht die fotografische Bildqualität gemeint ist, sollte man sich auch darüber Gedanken machen. Hier gehen natürlich die Meinungen auseinander und Bildbeurteilung in der eigenen Stube darf ja auch geschmäcklerisch sein. Eines ist sicher: Wenn das eigene Bild inhaltlich und fototechnisch nicht gut ist, wird es durch Fine Art Printing nicht besser. Bildfehler wie mangelnde Schärfe (oder schlimmer noch: Überschärfung), Farbstiche, Farbsäume usw. werden durch die schiere Grösse betont. Der inhaltliche Anspruch an Fine Art Prints sollte gerade deswegen ebenfalls hochgehalten werden. Es passt einfach nicht, einem 08/15-Bild mit einer hochwertigen Drucktechnik ein scheinbares Qualitätssiegel zu verpassen. Aber Kleider machen Leute.
Die Auflösung
Die Eingangsauflösung der Kamera oder auf dem Bildschirm wird mit ppi (pixel per inch) bezeichnet. Im Druck spricht man von dpi (dots per inch). Die physische Grösse der Pixel wird durch den Druckertreiber oder ein RIP in Tröpfchen umgerechnet, die ein Inkjetdrucker zu Papier bringen muss. Dabei geht es um zwei Dinge: Der Farbraum des Fotos auf dem Bildschirm muss in den Farbraum des Druckers mit 4, 8, 10 oder 12 Tintenkartuschen umgerechnet werden. Weiter gehts darum, die Auflösungsfeinheit des Bildes auf die Auflösung des Druckers anzupassen. Es bestehen hier oft Missverständnisse der Begrifflichkeiten. Druckt mein Drucker nun 2880 × 1440 dpi, 360 oder 720 dpi? Was ist damit gemeint? Eine leicht verständliche Grafik mit den Zusammenhängen finden Sie unter der unten aufgeführten PubLink-Nummer.
Die Materialwahl
Mir persönlich sagen Materialien eher zu, die eine stumpfe Mattigkeit aufweisen. Genau genommen ist die Natur auch nicht per se glänzend, Glanz entsteht nur durch Reflexion bei glatten Oberflächen. Anders als beim normalen Druck ersaufen die Tintenfarben nicht im Papier, sie liegen obenauf und bringen ihre Sättigung voll zum Tragen. Selbst bei rauen Oberflächen wie Textilien oder Japanpapier leiden die Auflösung und die Bildqualität kaum. Man wird von der satten Mattigkeit fast erschlagen!
Fine Art Printing zu Hause
Kleine und relativ günstige Tischdrucker im Format A3+ bis A2 machen es dem anspruchsvollen Fotografen möglich, den Workflow und die gewünschte Qualität selbst zu kontrollieren und Ausdrucke von hoher Qualität herzustellen. Ein gewisser Output ist wohl nötig, denn Tintenkartuschen lieben Stillstand nicht. Fine Art Printing ist sicher nicht zu unterschätzen, und wer selbst einsteigen möchte, tut gut daran, sich erst einmal mit dem Know-how einzudecken. ↑
Küttigen liegt lauschig in die Weinberge eingebettet, in der Nachbarschaft winkt Aarau. Nie würde man in diesem dörflichen Abseits den Taktgeber im Fine Art Printing vermuten. Markus Zuber betreibt hier seine FineArtPix Ltd., wo er die Grenzen der Bildaufbereitung und des feinen Drucks in immer neue Höhen zu verschieben versucht – schon seit 15 Jahren.
Zuber ist ein Kompromissloser, er will das Beste aus den Bildern herausholen. Da haben keinerlei qualitätsmindernde Einschränkungen Platz. So diskutiert Zuber nicht über Qualität an sich – die Parallele zur Druckindustrie ist verblüffend –, Qualität sei schlicht ein bedingungsloses Faktum. Zuber umschreibt Fine Art Printing als ein hochwertiges Gesamtpaket aus Bildinhalt, Umsetzung, Material und Präsentation. Einen an sich schlichten Bildinhalt hochwertig auszugeben und unter schummriger Beleuchtung zu präsentieren, sei nicht sein Ding. So wird konsequenterweise jedes Bild individuell zum Bestmöglichen getrimmt. Zuber tüftelt schon seit zwei Jahren an einer brauchbaren Kameraprofilierung, das Thema ist weitgehend Brachland.
Capture One ist die eingesetzte Software, in der die globalen Grundeinstellungen im Sinn einer RAW-Konvertierung vorgenommen werden. Individuelle und kreative Bildverarbeitung nimmt Zuber in Photoshop vor, immer in der vollen Auflösung und 16 Bit Farbtiefe.
Bei den meisten Bildern geht es um ein künstlerisches Herantasten der gewollten Wirkung. Fine Art benötigt individuelles Sehen und Erfahrung, gerade deswegen – kein Widerspruch – ein Höchstmass an Bildkontrolle. Nur wer die Technik im Griff hat, kann sich voll auf die kreative Seite von Fine Art konzentrieren. Die Wirkung des Bildes hängt in hohem Mass davon ab, wie das Bild aufbereitet wird und auf welches Substrat gedruckt wird. Es kann auch vorkommen, dass Zuber auf der richtigen Beleuchtung vor Ort besteht.
Bildschirme von Eizo und Drucker von Epson werden wöchentlich kalibriert, der Aufwand ist nicht unerheblich. Schwarzweiss druckt Zuber mit sieben verschiedenen Grautönen, man kann sich vorstellen, was von Photoshop bis hin zum RIP verarbeitet werden muss. Zuber gehts darum, in seinem Workflow möglichst keine Informationen zu verlieren und für Anpassungen auf die volle Datei zurückgreifen zu können. Ob vertretbares Sparpotenzial bestünde, indem 8-Bit- statt 16-Bit-Files oder JPEG statt TIFF und PSD für Fine Art Printing verwendet würde, will Zuber gar nicht erst wissen, da Rechnerkapazität und Datenmenge heute keine Kostenfaktoren mehr sind und die Bordwerkzeuge aus Prinzip voll ausgeschöpft werden sollten.
Transformationen von RAW zu TIFF/PSD sind stets mit Verlusten behaftet und müssen vorsichtig behandelt werden. Von der Verwendung von JPEG-Dateien für das Fine Art Printing rät Zuber eher ab.
Die Fine-Art-Meisterschaft ist also nicht auf Knopfdruck zu haben, da steckt richtig kreatives und technisches Know-how drin, auch mit entsprechender Fremdhilfe und Kostenfolgen. Wer Grosses im Sinn hat, fasse mal einen Workshop bei FineArtPix ins Auge.
Infos und Workshops
FineArtPix GmbH
Markus Zuber
Burghalde 23
5024 Küttigen
Tel. 062 827 12 45
Fine Art heisst bei Gwerder Art AG, Zürich, die optimale Abstimmung des Sujets mit dem Material. Nur schon bei den Lambda-Fotoprints scheint die Zahl der Materialien verlockend. Man denkt sonst immer in Kategorien «glänzend» oder «matt» – weit gefehlt: seidenmatt, metallic oder flex schaffen ganz neue Bilderlebnisse. Die gleiche Vielfalt erlebt man im Bereich Fine Art. 15 Materialien stehen zur Verfügung. Leinwand oder Japanpapier sind vielleicht die beiden auffälligsten Typen. Die Beratung vor Ort führt aus diesem Grund oft zum bestmöglichen Resultat. Fine-Art-Kunden sind so vielfältig, wie es Fotografen und Motive gibt.
Konfektionieren
Foto- oder Fine-Art-Prints können mit einer Laminage oder mit einem Schutzlack versehen und weitere Materialien aufgezogen werden: Aluminium, Dibond, PVC, Forex. Distanzhalter ergeben einen natürlichen Schatten des gerahmten Bildes. Dann werden auch Keilrahmen aus Holz massgefertigt, das Bild kann hinter oder zwischen Plexiglas geklebt und mit Aufhängevorrichtungen versehen werden.
Proof
Das Angebot bringt es mit sich, dass sich Kunden mit der Wahl etwas schwertun. Ein Teststreifen als Probedruck auf ein gewähltes Substrat ist dabei hilfreich. Druckmuster, die aufliegen, machen Fine Art taktil erfassbar. Der Unterschied eines Bildes auf dem Screen und auf einem Japanpapier ist erheblich und eigentlich kaum zu vergleichen. Ein Bild auf einer samtenen Oberfläche erscheint ganz anders als auf dem Bildschirm. Die Wirkung eines Schwarzweiss-Fotos auf einer Oberfläche, die metallic-silbern glänzt, ist am Screen nicht zu simulieren. Vor Ort kann man Bilder fühlen und in die Hand nehmen.
Allerdings gibt es auch Fotografen und Fotografinnen, die haben genau im Kopf, was sie möchten. Es verhält sich so in der Art wie ein «Kopfprofil», ob passend oder nicht. «Künstler» lassen sich eben nichts vorschreiben.
Gwerder Art steuert die drei Tintenstrahldrucker mit einem RIP und Onyx-Software an. Das RIP separiert die RGB-Datenfiles in acht verschiedene Druckfarben: Cyan, Cyan Light, Magenta, Magenta Light und Yellow sorgen für die Farbbrillanz und sanfte Übergänge. Normalschwarz, Fotoschwarz und Mattschwarz bringen für Schwarzweiss die benötigte Tiefe und feinste Graustufen. Die Rollenbreite beträgt je nach Papier von 61 cm (Japanese KOZO) bis zu 162,6 cm (PhotoRag). Die Länge ergibt sich je nach Motiv. Es werden wasserbasierende Pigmentfarben eingesetzt, die sind lichtbeständiger als Farbstofftinten und dünsten nicht aus. Geruchsemissionen sind am Ausstellungsort nie erwünscht.
Eine regelmässige Kalibrierung der Geräte ist Pflicht, so kommen auch Kunden in den Genuss eines Softproofs, die ihre Bildschirme zu Hause nicht kalibrieren. Für jede der 15 Papiersorten existiert ein eigenes Farbprofil. Am Bildschirm kann anhand des zugewiesenen Profils die Veränderung des Druckbildes auf einem bestimmten Papier am Bildschirm begutachtet werden.
Infos
Gwerder Art AG
Sihlquai 75
8005 Zürich,
Tel. 044 271 77 22