Cover_19-6_gruen_low

Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


Martin Spaar Mit den Covers unserer Zeitschrift wollen wir jeweils zeigen, was mit Print jenseits des konventionellen Offsetdrucks möglich ist und dass Drucksachen auch im Zeitalter von Twitter, Facebook & Co. ihre Stärken ausspielen können und sollen. So haben wir in der Vergangenheit mehrfach demonstriert, was Digitaldrucksachen bezüglich Individualisierung oder grossem Farbraum zu leisten vermögen. Auch bezüglich Materialien durfte Print bei uns schon mehrfach die Muskeln spielen lassen. Vom Gummitouch bis zur Schlangenhauthaptik haben wir da schon fast alles durchgespielt.

Umso mehr freut es uns, mit dem aktuellen Cover wieder in einen ganz neuen Bereich vorzustossen, indem wir zeigen, dass Print auch animiert sein kann. Im Prinzip ist das zwar nichts Neues – Wackelbilder sind altbekannt. Die Technik hat jedoch in den letzten Jahren auch hier sehr grosse Fortschritte gemacht. So basiert zwar auch unser Cover auf zwei Bildern – dem einer exotischen Schönheit und dem einer Raubkatze. Der Effekt ist jedoch viel raffinierter als das einfache Kippen von einem ins andere wie bei einem konventionellen Wackelbild. Bei unserem Cover fliessen diese beiden Bilder verspielt ineinander, sodass man fast immer etwas von beiden Bildern sieht.

Flexible Lentikulardruckfolie

Realisieren konnten wir dieses komplexe Cover dank der Partnerschaft mit Groupdoc in Biel (siehe Kasten), welche im Bereich des Lentikulardrucks in der Schweiz zu den führenden Anbietern gehört. Eine entscheidende Voraussetzung, um dieses Projekt zu wagen, war eine neue Lentikulardruckfolie, welche Groupdoc direkt aus den USA importiert. Während frühere Folien relativ dick und starr waren, ist das neue Material so dünn und flexibel, dass es sich wie ein normaler Papierumschlag verarbeiten lässt. Das heisst, es lief bei der Produktion dieser Zeitschrift ganz normal über den Müller-Martini-Sammelhefter des Jordi Medienhauses in Belp.

Auch beim Bewegungs-Effekt ging das Team von Groupdoc bei unserem Cover neue Wege. Diese ermöglichten erst das raffinierte Ineinandergreifen der beiden Bilder. Der Effekt basiert darauf, dass nicht nur je ein Bild der Frau und des Panthers in der Lentikularfolie hinterlegt ist, sondern eine Serie von 30 Bildern, die den Übergang vom einen ins andere Bild in feinen Zwischenstufen darstellen. Die Linsen der Lentikularfolie zeigen dem Betrachter je nach Blickwinkel eine dieser Zwischenstufen. Wie das im Detail funktioniert, erläutert der Kasten auf der rechten Seite.

Mischung zwischen Flip- und Morphing-Effekt

Mit den vertikal angeordneten Rippen entspricht der hier gezeigte Effekt einer neuartigen Mischung aus Flip und Morphing. Da das Cover der Zeitschrift nie ganz flach liegt, ergeben sich für verschiedene Bildpartien unterschiedliche Blickwinkel, wodurch gleichzeitig unterschiedliche Zwischenstufen des Morphings sichtbar werden. Zusätzlich zu diesem Flip-Morphing zeigt das Cover auch 3D-Effekte: Dies sowohl auf der Front als auch noch ausgeprägter im Adon-Inserat auf der vierten Umschlagseite.

Auch für das grafische Konzept des Covers zeichnete das Team von Groupdoc verantwortlich. Die Idee hinter der Gestaltung der Frontseite war es, mit dem Morphing zwischen Frauengesicht und Pantherkopf etwas emotional Ansprechendes zu kreieren. Dabei sollen die herbstlichen Grautöne, die zur Jahreszeit und zum Sujet passen, dem Cover eine schlichte Eleganz geben. Dies als bewusster Kontrapunkt zum knallig-sportlichen Look des letzten Publisher-Covers.

Ausgefeilte Lentikular-Software

Die Produktion des Covers setzte neben der richtigen Folie auch die richtige Datenaufbereitung mittels spezialisierter Software und einen hochpräzisen Druck voraus. An beidem feilte Groupdoc über längere Zeit. Der Workflow sah konkret so aus, dass die beiden Bilder mit Photoshop aufbereitet und auf verschiedenen Ebenen aufeinander abgestimmt wurden. Diese Daten wurden in die Lentikular-Software übergeben. Diese ist eine Eigenentwicklung von Groupdoc auf Basis einer bestehenden kommerziellen Software. Hier wurden die Lentikular-Effekte auf Basis der Photoshop-Dateien erzeugt. Anschliessend wurden die Daten zur Belichtung der Druckplatten direkt aus dieser Software generiert.

Produziert wurde das Publisher-Cover mit einer speziellen Offset-Druckmaschine des zur Groupdoc-Gruppe gehörenden Druckbetriebes in Novara bei Mailand. Gedruckt wurde mit UV-Farben direkt auf die Rückseite der Lentikularfolie. Dabei muss das in der Spezialsoftware aufbereitete Druckbild ganz exakt mit den Linsen der Folie übereinstimmen. Für eine optimale Bildwirkung wurde das Druckbild mit Weiss als fünfte Farbe abgedeckt. Die inneren Umschlagseiten des Covers wurden im konventionellen Offsetverfahren auf ein 150-Gramm-Papier gedruckt. Dieses wurde am Schluss hinten auf die Lentikularfolie kaschiert.

Starke Wirkung

Alles in allem also ein beträchtlicher Aufwand, der jedoch unserer Meinung nach durch das Resultat mehr als gerechtfertigt wird. Denn die physische Präsenz von Print in Kombination mit Animation in Form von Lentikular-Effekten hat eine besonders nachhaltige Wirkung. Testen Sie dies selbst, indem Sie den Publisher gut sichtbar auf Ihrem Pult platzieren – Sie werden bestimmt darauf angesprochen. Mir selbst erging es mit den Andrucken auf jeden Fall mehrfach so!

Die Wirkung von Lentikulardrucken wird auch in Studien belegt. Eine der bekanntesten bezieht sich auf eine Anzeige mit 3D-Lentikular-Effekt im Time Magazine. 96% der Leser hatten die 3D-Anzeige wahrgenommen. Der Anteil der Leser, welche den zugehörigen Text gelesen hatten, war im Vergleich zu konventionellen Anzeigen mehr als doppelt so hoch. Neben Standard-Drucksachen lässt sich diese Wirkung auch für Merchandising- und Promotionsartikel wie Mailings, Verpackungen und POS-Material nutzen.

Eine relative neue Disziplin ist der Grossformat-Lentikulardruck. Über dessen Wirkung gibt es eine vielbeachtete Studie von Eastman Kodak bezüglich 3D-Displays in amerikanischen Einkaufszentren. 58% der Besucher konnten sich an das 3D-Display erinnern gegenüber nur 7% bei einem konvenionellen Display. Und die Umsätze der beworbenen Produkte sollen um bis zu 12% zugelegt haben. Auch bei Groupdoc setzt man sehr stark auf den Grossformat-Lentikulardruck. Diese Produkte werden direkt in Biel produziert. Für Aufsehen sorgte in diesem Bereich kürzlich eine Kampagne, welche Groupdoc für Nespresso in Zürich realisiert hatte.

Lentikulardruck

Im Lentikulardruck – auch bekannt als Linsenraster-Bild – erzeugen winzig kleine optische Linsen einen Effekt, der ohne optische Hilfsmittel wirkt (siehe Illustrationen unten). Die geläufigsten Lentikular-Effekte sind eine 3D-Wirkung oder der Übergang von einem Bild ins andere je nach Betrachtungswinkel (Wackelbild). Die Lentikulartechnik ist schon relativ alt. Sie wurde 1903 vom Engländer Ives als «Parallax-Stereogramm» patentiert und seither ständig weiterentwickelt. Die Schweizer Post brachte im Jahr 2007 aus Anlass des 100. Geburtstages des Museums für Kommunikation in Bern zwei Sonderbriefmarken in Lentikulartechnik heraus.

Heute sind eine Vielzahl von Effekten möglich. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen 3D- und Bewegungs-Effekten. 3D-Effekte setzen zwingend eine vertikale Ausrichtung der Rippen voraus. Dadurch erreicht man eine Bildtrennung zwischen linkem und rechtem Auge, wie sie sonst – zum Beispiel im 3D-Kino – nur mit einer speziellen Brille möglich ist. Dies lässt sich anhand unseres Covers leicht verifizieren. Drehen Sie das Cover um 90 Grad und der 3D-Effekt (beim Logo und den Schriftblöcken) wird verschwinden!

Fünf verschiedene Bewegungseffekte

Bei den Bewegungseffekten können die Rippen vertikal oder horizontal angeordnet sein. Je nachdem ergibt sich der Effekt bei vertikalem oder horizontalem Schwenken des Lentikulardrucks. Heute werden fünf verschiedene Bewegungseffekte angeboten:

  • Flip-Effekt: Dies ist das klassische Wackelbild mit einem harten Übergang von einem Bild ins andere.
  • Multiframe-Effekt: Bildwechsel mit mehreren Bildern, der zum Beispiel einen kleinen Bewegungsablauf wie beim Daumenkino darstellt.
  • Zoom-Effekt: Spezialfall des Multiframe, indem die Bildfolge genutzt wird, um in einen Bildteil hineinzuzoomen.
  • Morphing-Effekt: Hier geht ein Motiv scheinbar übergangslos in ein anderes über. Je mehr Zwischenschritte hinterlegt sind, desto fliessender der Übergang.
  • Moving-Effekt: Dabei lassen sich mittels Lentikulartechnik kleine Video­sequenzen drucken. Dies setzt sehr viele hinterlegte Phasen voraus. Möglich sind heute Sequenzen mit einer Länge von bis zu neun Sekunden.

Die Wirkung dieser einzelnen Effekte ist auf der speziell für den Lentikulardruck erstellten Website von Groupdoc sehr schön animiert dargestellt:

www.doc3.ch

Groupdoc SA

DOC Communications GmbH wurde 1996 als Dienstleistungsunternehmen für visuelle Kommunikation ins Leben gerufen. Nur wenige Jahre später installierte die Firma ihre ersten Digitaldruckmaschinen in Biel, um dem wachsenden Bedarf ihrer Kundschaft nachzukommen. Im Laufe der Zeit entstanden enge Partnerschaften mit verschiedenen schweizerischen und internationalen Unternehmen in grafiknahen Produktionsbereichen. In einem weiteren Schritt wurden all diese Aktivitäten unter einem einzigen Namen – Groupdoc SA – vereinigt.

Dank zweier Produktionsstandorte (Biel und Novara, Norditalien) sowie dem Erwerb von Beteiligungen und Joint Ventures mit mehreren Firmen ist Groupdoc heute in der Lage, das gesamte Spektrum der visuellen Kommunikation abzudecken. Der Lentikulardruck ist da nur eine von vielen gebotenen Technologien.

www.groupdoc.ch

Produktionspartner

Bei der Produktion des Covers dieser Ausgabe des PUBLISHER unterstützten uns folgende Partner, bei denen wir uns herzlich bedanken:

Groupdoc SA

Produktion des Covers von der Gestaltung bis zum Lentikulardruck
Projektleitung: Nicole Messerli
Datenaufbreitung: Manuel Borgi

www.groupdoc.ch

Jordi – das Medienhaus

Druck Heftinhalt und Ausrüsten der Zeitschriften
Projektleitung: Stephan Rossel

www.jordibelp.ch