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Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


Josef InauenUnter dem Titel «Wenn die Nacht zum Tag wird» wurde das Thema Lichtemission in Publisher 4-15 bereits einmal aufgenommen. Schon damals stellte sich der Schreibende die Frage, passt denn dieses Thema überhaupt zum Leserkreis dieser Fachzeitschrift? Die Redaktion hat zwar die Veröffentlichung gutgeheissen, Reaktionen der Leser blieben aber aus. Eine schlechte Voraussetzung zur Überprüfung des Erfolgs. Trotzdem nun ein weiterer Versuch, den geneigten Leser für dieses Thema zu sensibilisieren. Keineswegs mit der Absicht, Kunstlicht in ein schlechtes Licht zu stellen. Vielmehr sollen die positiven Seiten des Lichts den tendenziell negativen gegenübergestellt und für einen sinn- und massvollen Umgang damit geworben werden.

Licht im Publisher?

Fast alle Themen, die im Publisher vermittelt werden, wären ohne Licht nutzlos, jede Drucksache im Dunkeln unlesbar. Bildschirme von Computern, Tablets und Smartphones haben wohl eine integrierte Beleuchtung, wären aber ohne diese tagsüber bedingt benutzerfreundlich und bei Dunkelheit gänzlich unbrauchbar. Die Fotografie funktioniert einwandfrei bei optimalen Lichtverhältnissen, benötigt aber bei reduziertem natürlichem Licht zusätzliches Kunstlicht, um die Szenerie ansprechend zur Geltung zu bringen. Plakate werden immer öfter von Grossbildschirmen abgelöst, die grundsätzlich nur über Kunstlicht ihre Botschaften aussenden können. Und wenn doch noch Plakate zum Einsatz kommen, sind die meisten in der Nacht be- oder hinterleuchtet, um auch in der Dunkelheit Wirkung zu erzielen. Leuchtreklame, ein Teilbereich der Werbetechnik, ist fast zu 100 Prozent auf Kunstlicht angewiesen.

Die swiss publishing days des Publisher wären ohne Licht nicht durchführbar. Zur Begrüssung des Publikums wird Raumbeleuchtung benötigt, welche dann bei Präsentationen dem Licht des Beamers weichen muss. Selbst wenn ein Redner seine Worte noch mit Folien und dem Hellraumprojektor unterstützen wollte, würde er Licht benötigen.

Die 24-Stunden-Gesellschaft

Durchleuchten Sie einmal Ihren privaten Lichtbedarf oder den Bedarf an Licht in Ihrem beruflichen Umfeld. Sie werden erstaunt sein, welche Menge dabei herauskommt. Legen Sie Rechenschaft darüber ab, wie leichtfertig Sie «Licht» konsumieren und selten hinterfragen, woher es kommt und ob es Ihnen oder jemand anderem schaden könnte. Damit ist nicht das Lesen des Publisher im bequemen Sessel mit dezenter Beleuchtung gemeint, denn Licht hat durchaus seine positiven Seiten. Es ermöglicht uns, gerade in den kommenden Monaten, in denen die Tage kürzer sind, diese zu verlängern und unseren Hobbys nachzugehen. Licht hat auch einen Sicherheitsaspekt, den niemand missen möchte und der auch nicht zu hinterfragen ist.

Die Gesellschaft hat immer wieder gezeigt, dass bei Dingen, die unser Leben bereichern, das gesunde Augenmass schnell verloren gehen kann. Das oft zu späte Eingreifen und Korrigieren ist dann mit einschneidenden und entsprechend teuren Massnahmen verbunden.

Was wird als Emission empfunden?

Was als Emission, das heisst, als störend oder gar schädigend empfunden wird, ist sehr individuell. Das Sprichwort «die Freiheit des einen ist die Unfreiheit des anderen» hilft vielleicht weiter. Das heute oft propagierte verdichtete Bauen in Städten und Agglomerationen löst diesen Konflikt vermehrt aus. Die Geschäfte in den Ladenstrassen haben ihre Schaufenster die ganze Nacht beleuchtet und sind darüber hinaus mit Leuchtreklamen beschriftet. Die Werbeplakate auf der Strasse weichen Grossbildschirmen, über deren Oberflächen rund um die Uhr wechselnde oder gar bewegte Bilder flimmern. Gleich darüber sind Wohnungen, in denen die Bewohner ihre verdiente Nachtruhe wollen. Konflikte sind vorprogrammiert.

Die Flutlichtanlage einer Sportanlage wird Abend für Abend in Betrieb genommen, damit eine Fussballmannschaft mit zwanzig Spielern ihr tägliches Training über einen möglichst langen Zeitraum des Jahres absolvieren kann. Der beheizte Kunstrasen erlaubt sogar den Ganzjahresbetrieb. Stadien, die früher aus gutem Grund in der Peripherie gebaut wurden, sind heute mehr und mehr von Wohnzonen umgeben. Die sich daraus ergebenden Auseinandersetzungen beschäftigen schon heute die Rechtsgelehrten.

Beleuchtete Skipisten, angestrahlte Sehenswürdigkeiten, Strassenbeleuchtungen ohne Dimmer oder Bewegungsmelder und die omnipräsente Werbung, die in der Nacht beleuchtet sein muss, sorgen dafür, dass eigentlich nützliches Licht zur Emission wird.

Schäden, die zu beobachten sind

Der Bund hat zum Thema Lichtemission bereits vor Jahren diverse Arbeitsgruppen eingesetzt, die sich ausführlich damit auseinandergesetzt haben und dies auch weiterhin tun werden.

Schäden, die übermässig eingesetztes Kunstlicht an Flora und Fauna verursachen, sind gut erforscht und belegt. Erstaunlicherweise steckt die diesbezügliche Forschung den Menschen betreffend erst in den Anfängen und ist der breiten Bevölkerung noch viel zu wenig bekannt. Folgender Auszug aus dem Grundlagenbericht zur Aktualisierung der Vollzugshilfe zur Vermeidung unnötiger Lichtemissionen lässt aufhorchen: «Eine Störung des Tag-Nacht-Rhythmus könnte Gesundheitsfolgen wie Schlafstörungen, Veränderungen der Hormonproduktion oder Herzschlagveränderungen nach sich ziehen. Vermutet werden auch Störungen des Menstruationszyklus bei Frauen, eine Verminderung der Abwehrkräfte gegenüber Infektionskrankheiten und ein verfrühtes Einsetzen der Pubertät. Aus wissenschaftlicher Sicht fehlen jedoch Aussagen und Studien dazu, welchen Einfluss ein bestimmtes Beleuchtungsniveau auf die menschliche Gesundheit hat. Hier besteht Forschungsbedarf. Die Untersuchungen des Bundesamts für Gesundheit konzentrieren sich daher in einem ersten Schritt vor allem auf Leuchtmittel und noch nicht auf das Licht von Bildschirmen (LED-Monitore, Tablets etc.), das ebenfalls das Potenzial hat, den Schlaf-Wach-Rhythmus zu beeinflussen.»

Massnahmen gegen Lichtemission

Der Grundlagenbericht des Bundes enthält auch Massnahmen gegen Lichtemissionen und gibt so genannte regulatorische Empfehlungen ab. Die Arbeitsgruppe betont, dass die wichtigsten Massnahmen zur Verminderung der Lichtemissionen im regulatorischen Umfeld angesiedelt sind. Auch die Rückmeldungen der Behörden­tagungen weisen darauf hin, dass Licht noch zu wenig in rechtlichen Grund­lagen behandelt wird oder zumindest noch nicht genug konkret.

Empfohlen wird die Einführung einer visuellen Ruhezeit. Ähnlich wie die akustische Nachtruhe ist in der Vollzugshilfe für Licht eine visuelle Ruhezeit vorzuschlagen. Ab einem bestimmten Zeitpunkt ist das nicht-funktionale Licht auszuschalten. Je nach Beleuchtungsanlage könnte die Abschaltzeit differenziert werden. Diese visuelle Ruhezeit sollte im kommunalen Polizeireglement festgehalten werden, um die Einhaltung einfordern zu können.

Der Gesetzgeber hat für Gewässer- und Luftverschmutzung in den vergangenen Jahren klare Richtlinien erlassen und ahndet entsprechende Verstösse. Es scheint, dass derselbe Gesetzgeber gewillt ist, in den kommenden Jahren ebenso gegen Lichtemissionen vorzugehen.

Viele Wirtschaftszweige betroffen

Der Verband Werbetechnik und Print (VWP), in dem auch die Leuchtreklamebetriebe organisiert sind, hat sich bereits vor rund zwei Jahren dem Thema Lichtemission angenommen und fordert ein Mitspracherecht. Zukünftige Richtlinien sollten nicht wirtschaftsfeindlich erlassen werden, um den betroffenen nternehmen die Betriebsgrundlage nicht zu entziehen. Der VWP setzt sich für schweizweit geltende Vorschriften und Messwerte ein. Es darf nicht sein, dass dies an die Kantone delegiert wird und die Branche mit dutzenden von unterschiedlichen Richtlinien konfrontiert wird.

Zur Kontrolle der erlassenen Werte sind Messinstrumente notwendig, auch hier drängt sich eine Standardisierung auf. Der VWP hat vorausschauend ein Messinstrument entwickelt, das Werbetechnikern, Leuchtreklamebetrieben und Kommunen Sicherheit geben kann, in Streitfällen auf standardisierte Messwerte zurückgreifen zu können. ↑

Weitere Informationen zum Thema Lichtemissionen und Messmethoden erhalten Sie über info@v-w-p.ch.

Publikationen des Bundes

Publikationen zum Thema Lichtemission können von der Internetseite des Bundes kostenlos heruntergeladen werden:

  • Empfehlungen zur Verminderung von Lichtemissionen. Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL
  • Auswirkungen von künstlichem Licht auf die Artenvielfalt und den Menschen. Bericht des Bundesrats in Erfüllung des Postulats Moser 09.3285
  • Vollzugshilfe Lichtemission (Entwurf zur Konsultation). Bundesamt für Umwelt BAFU Abteilung Lärm und NIS
  • Erhebung der Lichtemissionen in verschiedenen Beleuchtungssituationen. Bundesamt für Umwelt BAFU
  • Grundlagenbericht zur Aktualisierung der Vollzugshilfe zur Vermeidung unnötiger Lichtemissionen. Bundesamt für Umwelt BAFU

www.admin.ch

Josef Inauen ist beim Verband Werbetechnik + Print (VWP) Verantwortlicher des Ressorts Marketing.

josef.inauen@v-w-p.ch