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Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


Papier ist das zentrale Thema, wenn es um Ökologie beim Drucken geht. Auch wir beim Publisher haben jeweils den Umweltaspekt bei der Wahl des Papiers für unsere Zeitschrift mit einbezogen. Jahrelang wurde der Publisher auf die Sorte Furioso aus der Papierfabrik Biberist gedruckt. Das ergab kurze Transportwege und das Konzept, wie dort Energie aus der Kehrichtverbrennung genutzt wurde, hatte uns zusätzlich überzeugt. Dann kam die Nachricht von der Schliessung des Werkes und wir mussten uns neu orientieren.

Eine dem Biberist-Papier vergleichbare Qualität wurde uns aus zwei unterschiedlichen Werken angeboten: entweder aus Goricane in Slowenien oder aus Alfeld in Deutschland. Beide Qualitäten entsprachen unseren Wünschen und so wollten wir den Entscheid aufgrund ökologischer Kriterien fällen. Also forderten wir von beiden Werken ein entsprechendes Datenblatt an. Wir erhielten je ein mit «paper profile» überschriebenes Blatt, auf dem die Belastung von Wasser und Luft schön vergleichbar aufgelistet war. Es zeigte sich, dass das Werk Goricane in allen Bereichen deutlich besser abschnitt, besonders aber bei der CO2-Belastung. Damit war der Entscheid gefallen und wir druckten den Publisher während des ganzen Jahres 2012 auf das Papier aus Slowenien im stolzen Bewusstsein, damit einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.

In Hinblick auf unseren Schwerpunkt zum Thema Greenprinting wollten wir es jetzt doch genauer wissen. Wir forderten die Umweltverantwortlichen von Goricane und Alfeld auf, zu den grossen Unterschieden Stellung zu nehmen und diese zu begründen. Und was war das Resultat? Die Leute in Goricane gingen einfach «cleverer» vor: nicht bei der Produktion des Papiers, sondern nur bei der des Datenblattes! Unter Verletzung des für Papierprofile üblichen Standards hatten sie nur die Belastung pro Tonne Papier durch die Prozesse im Werk selbst aufgeführt. Die entsprechenden Werte für den angelieferten Zellstoff, der immerhin über 60 % der Papierrezeptur ausmacht, hatten sie beispielsweise einfach weggelassen. Logisch sahen die Werte besser aus als bei der Konkurrenz aus Deutschland, wo alles ordnungsgemäss berücksichtigt ist, was für eine Tonne fertiges Papier an Belastung anfällt.

Das Beispiel zeigt, dass im Bereich Umweltschutz verbindliche Zertifikate, hinter denen eine Kontrollinstanz steht, ein Muss sind. Wir hatten uns täuschen lassen, weil wir nicht wussten, dass Papierprofile nur aussagekräftig sind, wenn das entsprechende Werk sich an den Standard hält und unter paperprofile.com aufgelistet ist.

Es ist zwar mühsam, sich mit Standards und Zertifikaten herumzuschlagen, aber anders geht es wohl leider nicht. Dazu ist Cleverness im oben beschriebenen Stil wohl einfach zu weit verbreitet. Der Schwerpunkt ab Seite 37 in diesem Heft soll Ihnen helfen, sich im Zertifikate-Dschungel besser zurechtzufinden und das oben beschriebene Beispiel trägt vielleicht dazu bei, Sie zu motivieren, diese Mühen auf sich zu nehmen.

Martin Spaar