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Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck



Mit Erscheinen dieses Heftes wird Adobes neue Creative Cloud verfügbar sein; verfügbar, aber nicht zu kaufen! Adobe will die aktuellen Versionen ihrer Software künftig nur noch im Mietmodell anbieten. Keine Frage, das Angebot ist für sich betrachtet attraktiv. Für rund 70 Franken pro Monat bekommt man nicht nur alles, was die Master Collection der Creative Suite zu bieten hatte, sondern noch vieles zusätzlich obendrauf; unter anderem Software wie Muse und Services wie Typekit und die Digital Publishing Suite (siehe Seite 14/15).

Für den Publishing-Profi, der auch nur einige dieser Werkzeuge täglich nutzt, dürfte dieser Preis eigentlich kaum ein Thema sein. Trotzdem haben jetzt viele langjährige Anwender der Creative Suite ein mulmiges Gefühl. Dieses rührt daher, dass man keine Wahlfreiheit hat, und dies gleich im doppelten Sinn: nämlich beim Lizenzmodell und beim Sortiment. Für die Profis im klassischen Publishing, die bis jetzt mehrheitlich mit der CS Design Premium gearbeitet haben, bedeutet dies: Man muss jetzt mehr nehmen, nämlich das Pendant zur Master Collection, und darf dieses nicht kaufen, sondern muss es mieten.

Dieses ungute Gefühl wird dadurch verstärkt, dass einem der Markt kaum Alternativen bietet. An den Adobe-Werkzeugen führt für den Profi kaum ein Weg vorbei – eine klassische Monopolsituation also. Das hatten wir doch schon einmal ...

Nüchtern betrachtet ist Adobe allerdings noch weit von der Arroganz und Unflexibilität der Firma Quark zu deren «besten» Zeiten entfernt. Adobe hat bis jetzt jeweils flexibel auf den Markt reagiert, spätestens dann, wenn das Äussern von Kundenwünschen in Proteste umschlug. So auch jetzt bei der neuen Creative Cloud mit der Lockerung der ursprünglich sehr straff geplanten Zeitabstände, in denen die Software «nach Hause telefoniert», um zu prüfen, ob die Lizenz noch gültig ist.

Es ist im Interesse der ganzen Publishing-Branche, dass der Markt weiterhin spielt. Und dazu gehört an erster Stelle, dass die Anwender ihre Bedürfnisse kundtun und protestieren, wenn sie sich irgendwo als Kunde nicht ernst genommen fühlen. Zum Beispiel in Form von Leserbriefen an unsere Zeitschrift, die ja immerhin aus einer Adobe User Group heraus gewachsen ist. In diesem Sinn freuen wir uns auf Ihre Meinung, die wir gerne als Ergänzung zu diesem Editorial auf unserer Website veröffentlichen: leserfeedback@publisher.ch.

Martin Spaar



Leser-Feedback

Geradezu eine Frechheit

Vielen Dank für Ihr gelungenes Editorial. Hier mein Meinung, in der Hoffnung, dass damit die negative «Zustimmung» eine kleine Unterstützung zu weiteren Protesten gibt.

Ich finde es mehr als eine Ausnutzung der Marktstellung, geradezu eine Frechheit. Ich habe sogar die grosse Hoffnung, dass dies bis auf die Ebene der EU-Kommission dringt und dass von dort aus ein Vorstoss gegen diese Praktiken unternommen wird. Es kann doch nicht sein, dass man z.B. 2 Jahre lang eine Software mietet, und damit das Produkt 2 x bezahlt, und dann später nicht mehr die Möglichkeit hat, minimalste Änderungen an einem bestehenden Dokument vorzunehmen, ohne wieder ein Abo zu lösen. Zusätzlich wird sich aus dem Abomodell, mit all dem administrativen Aufwand, einen Mehraufwand ergeben.
Und noch ein Kritikpunkt: Ich brauche nur die Programme Illustrator, InDesign, Photoshop und Acrobat. Warum soll ich dann für Software bezahlen, die ich gar nicht benötige?

Auf jeden Fall werde ich all meinen Kunden vom Umstieg auf die Cloud abraten, denn in der Regel lässt sich mit den bestehenden Programmen ohne Weiteres ein paar Jahre lang gut leben.

26.06.2013, G.D. CH-4628 Wolfwil


Adobe Creative Cloud killt tausende unabhängigen Gestalter

Nach über 30jähriger Tätigkeit mit eigener Druckerei bin ich jetzt mit 66 Jahren im Pensionsalter, aber weiterhin solange mein Geist ausreicht, geschäftlich als Gestalter und mit kulturellen Projekten aktiv. Einige Jahre habe ich auch für die Computerworld und die NZZ Fachartikel verfasst. Insbesondere über Drucker und Publishingsoftware.

So habe habe ich 1999 in der NZZ, nach der Präsentation von InDesign für die Fachpresse im Technorama Luzern, einen Artikel mit dem Titel «Adobe präsentiert den Quark-Killer InDesign», überschrieben. Heute würde ich schreiben Adobe Creative Cloud killt tausende unabhängigen Gestalter (…und mich dazu!)

Ich habe seit Aldus PageMaker 1.0 über manche Version Quark bis InDesign 6 alle Updates mitgemacht, welche so als Publisher nötig sind. Zwischendurch habe ich mit «Adobe Premiere» Videos geschnitten, welches dann von Adobe freundlicherweise eingestellt wurde, um dann Jahre später doch wieder mit einer neuen Version zu kommen. Da war ich natürlich längst auf Finalcut umgestiegen, dass jetzt ja auch eingestellt worden ist, resp von Finalcut X ersetzt.

Den Satz im neuen Publisher «Die anfängliche Empörung hat sich gelegt…» kann ich nicht nachvollziehen. Ich bin mit einigen Publishing-Einzelkämpfern und kleinen Druckereien im täglichen Kontakt. Die haben noch gar nichts von Creative Cloud gehört, respt. sind sich deren Konsequenzen nicht bewusst.

Adobe hat in den vergangenen Jahre mit seiner Software jede Innovation vermissen lassen. Andere sind da weiter, ich denke an Produkte wie Nik Software, DxO, OnOne etc.

Zurück zu Creative Cloud:
Creative Cloud verdreifacht meine Kosten für Software, was absolut untragbar ist. Ich werde jetzt mal abwarten und solange wie möglich mit Creative Suite 6 weiterarbeiten. Ich glaube Adobe hat sich selbst ins Bein geschossen und wird mittelfristig wieder auf einen anderen Softwarevertrieb zurückkommen müssen, sonst werden ihnen die Erträge einbrechen.

20.06.2013, Erich Huber, CH 8134 Adliswil