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Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


Die swiss publishing days Anfang November haben gezeigt, wohin die Reise im Publishing geht. Ein Trend setzt sich dabei fort: Bilder werden immer wichtiger. Sie spielen ihre Macht gerade auch über die neuen Kanäle aus; Social Media lebt von kurzen Texten und emotionalen Bildern.

Im Publisher war das Thema Bild schon immer ganz zentral. Auch in dieser Ausgabe finden sich mehrere Artikel dazu. Da wird unter anderem erklärt, wie man Produkte fotografisch ins beste Licht rückt (siehe Artikel «Produkte im besten Licht»). Und damit sind wir schon bei einem viel breiteren Themenfeld. Denn das «Rücken» offenbart einen kritischen Punkt: Es wird bewusst eingegriffen, und da ist der Übergang von der schönen Gestaltung über die Manipulation bis zur Lüge fliessend.

Die Bilder lernten schon lügen, bevor sie laufen konnten – die Geschichtsschreibung ist voll von prominenten Beispielen dafür. Die Zeitschrift «Der Spiegel» hat unter dem Titel «Als die Fotos lügen lernten» eine aufschlussreiche Sammlung an politisch motivierten Bildmanipulationen ins Web gestellt. Da wird einem sofort klar: Was zu Zeiten Stalins viel handwerkliches Geschick erforderte, ist heute mit Photoshop ruckzuck erledigt.

Wir Publisher sitzen bei diesem heissen Thema also an den Schalthebeln und es stellt sich die Frage nach der Verantwortung: Wo liegen die Grenzen des Erlaubten – wo wird aus gut gemeintem «Ins-Licht-Rücken» ein verruchtes Entfernen von der Wahrheit? Ich will hier gar nicht den Mahnfinger heben im Sinn von «so was tut man nicht». Einer tut es sowieso immer, was geht, wird gemacht – damit müssen wir leben!

Was wir Profis tun können, ist mithelfen, das Bewusstsein der Allgemeinheit für den Umstand zu schärfen, dass es keine objektiven Bilder gibt. Dafür, dass bei jedem Foto einer den rechten Zeitpunkt, die richtige Perspektive und eben ganz allgemein das beste Licht ganz bewusst gewählt hat. Und von Photoshop ist dabei noch nicht einmal die Rede!

Aufklärung tut not. Denn während wir das Alphabet von Kindsbeinen an rauf und runter buchstabieren, sind wir bezüglich des Lesens von Bildern völlig unbedarft. Auch davon ist im aktuellen Heft (siehe Artikel «Bilder lesen und interpretieren») die Rede.

Martin Spaar

Hier gehts zur Sammlung von Bildmanipulationen der Zeitschrift «Der Spiegel»