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Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


andreas kraushaar Insbesondere im Werbemitteldruck stehen Druckdienstleister vor einer zunehmenden Anzahl schwer zu kontrollierender Einflussfaktoren. Dies beginnt bei den angelieferten Druckvorlagen, geht über eine grosse Bedruckstoffvielfalt und reicht bis hin zu den unterschiedlichen Licht- und Betrachtungssituationen, in denen die fertigen Druckprodukte eingesetzt beziehungsweise abgemustert werden.

Diese Herausforderungen lassen sich für alle Dienstleister auf drei Schwerpunkte beziehungsweise Fragestellungen eingrenzen:

    Wie stelle ich (über einen längeren Zeitraum und über wechselnde Bedingungen des Umfelds) sicher, eine gleichbleibende Druckqualität (auf allen Maschinen und Materialien) zu gewährleisten ?
    Wie verstehe ich die Erwartungen des Kunden hinsichtlich Farbreferenz und gewünschter Farbgenauigkeit ?
    Wie richte ich mein Arbeitsumfeld samt Daten-Workflow ein, um – weitgehend automatisiert – vorhersehbare Druckqualität zu erreichen?

Diese drei Fragestellungen sind Schwerpunkt des von der Fogra entwickelten ProzessStandards Digitaldruck (PSD). Sie sind in der Illustration skizziert und werden im Folgenden vor dem Hintergrund der Anforderungen im Werbemitteldruck erläutert.

Was ist PSD ?

Während der ProzessStandard Offsetdruck (PSO) schwerpunktmässig auf die Normfamilie ISO 12 647 fokussiert, versteht sich der ProzessStandard Digitaldruck als Sammlung industrieüblicher Vorgaben und Handlungsanweisungen – unabhängig, ob internationale Norm oder De-facto-Standard. In anderen Worten ist der PSD ein kostenloses Handbuch mit Vorgaben und Hintergrundinformationen zur industrieüblichen Vorgehensweise im Digitaldruck. Das Handbuch ist ebenso in englischer Sprache auf der Fogra-Website verfügbar. Die Vorgaben sind unabhängig vom konkreten Druckprozess konzipiert, sodass sie gleichermassen vom Offsetdrucker, der mit seiner «Toner-Maschine» Vor- beziehungsweise Nachauflagen der Offsetproduktion erstellt, als auch vom Werbemitteldrucker, der Office-Daten für die Produktion eines Banners oder einer Fahne bekommt, angewendet werden können. Im Vergleich zum PSO sind folgende Neuerungen integriert:

  • Graduelle Bewertung der Farbgenauigkeit (A, B und C) anstatt nur «Drinnen» oder «Draussen».
  • Medienrelative Bewertung der Druckprodukte (als Ergänzung zur etablierten «Side by Side»-Abmusterung).
  • Prozessunabhängigkeit, die sowohl klein- als auch grossformatige Anwendungen umfasst.

Ausgabeprozesskontrolle

Insbesondere im Werbemitteldruck kommt es häufig zu Nachlieferungen z.B. an einen Messestand, sodass die Reproduzierbarkeit des Drucksystems darüber entscheidet, wie ähnlich Produktion und Nachproduktion ausfallen. Das gilt unabhängig davon, ob die Druckmaschine (konkret die Kombination aus Bedruckstoff, Druckmodus, RIP-Ansteuerung) profiliert ist oder nicht. Der PSD empfiehlt, die jeweilige Druckbedingung messtechnisch zu erfassen – genauso wie der Hersteller es in der Kalibrieranleitung vorschreibt. Um eine Momentaufnahme zu vermeiden und wirklich ein repräsentatives Systemverhalten zu prüfen, werden mehrere Drucke über mehrere Tage gemessen und ausgewertet. Sie bilden die Sollwerte für die weitere Produktion – und auch für den Druck von Farbtafeln, wenn eine Profilierung angestrebt wird. In diesem Fall können die Sollwerte einfach aus dem etablierten Maschinenprofil (beziehungsweise den zuvor erfassten Charakterisierungsdaten) ex­trahiert werden.

In der Praxis gibt es eine Vielzahl an Auswertungsprogrammen, die eine übersichtliche grafische und zunehmend datenbank- und internetfähige Auswertung der jeweiligen Messwerte mit den Referenzwerten ermöglicht. Ob nun jeden Tag, bei jedem Schichtwechsel oder jedem Vollmond geprüft wird, ist abhängig von der Stabilität der Maschinen und den vorhandenen Klimatisierungsmöglichkeiten. Hierzu empfiehlt sich, eine Testform zu verwenden, die sowohl eine messtechnische (beispielsweise mit dem Fogra-Medienkeil CMYK V.3) als auch eine visuelle Prüfung zulässt. Diese Testform wird nach der Kalibrierung ausgedruckt und dient als visuelle Referenz für den Drucker zu Beginn jeder Schicht. Die messtechnische Auswertung der Farbänderungen über die Zeit ermöglicht somit eine direkte Nachvollziehbarkeit von Maschinen- und Materialschwankungen. Der Farbabstand im Bedruckstoff ist beispielsweise ein guter Indikator für die Materialschwankung und dient somit zusätzlich als «Wareneingangskontrolle».

Im gleichen Sinne können auch unterschiedliche Maschinen eines Typs aufeinander abgeglichen werden, um dann mit einem ICC-Profil beschrieben zu werden. Das ist nicht nur bei plötzlichem Maschinenwechsel sehr hilfreich. Mittlerweile gibt es auch Analysewerkzeuge, die für ausgewählte Digitaldruckprozesse neben der Darstellung der Drift auch mögliche Ursachen im Prozess benennen und konkrete Abhilfemassnahmen vorschlagen.

Farberwartungen des Kunden – Farbgenauigkeit

Insbesondere im Werbemitteldruck schwankt die Erwartungshaltung der Kunden enorm. Im Vergleich zum Offsetdruck kommt es hier seltener vor, dass Daten druckfertig sind und mit ISOCoatedV2-Proof angeliefert werden. In diesem Fall gilt es zunächst, die Daten so einheitlich wie möglich aufzubereiten beziehungsweise zu interpretieren. Für diese Normalisierung bietet der PSD eine Liste an Vorgehensweisen an, die aus schlecht definierten oder undefinierten Eingangsdaten möglichst sauber definierte Druckdaten erzeugen. Programme wie die PDF-Toolbox der Firma Callas setzen diese Vorgaben 1:1 um und ermöglichen somit eine automatisierte Normalisierung. Dieses Vorgehen macht eine vergleichbare Ausgabe bei unterschiedlichen Druckdienstleistern möglich und trägt damit zu einer weiteren Standardisierung des Digitaldrucks bei.

Sind die Daten farbmetrisch definiert, gilt es anschliessend abzuwägen, welche Farbgenauigkeit gewünscht ist. Danach richtet sich auch die Fragestellung, ob die konkrete Ausgabedruckbedingung durch ein Standardprofil des Herstellers oder doch durch ein individuelles Maschinenprofil beschrieben sein muss. Wesentliche Neuerung des PSD ist die medienrelative Farbbewertung. Hierbei geht man davon aus, dass der Druck nicht unmittelbar mit dem Sonderfarbenfächer oder dem farbverbindlichen Prüfdruck verglichen wird, sondern dass er alleine betrachtet wird. Dabei stellt sich der Betrachter meist auf den Bedruckstoff des Banners oder der Fahne ein und empfindet ihn als Weiss. Die ∆E-Bewertung bestraft nun die fehlende Papiertonsimulation nicht, sondern bildet die Farben der Referenz (beispielsweise FOGRA39) auf die Farben des aktuellen Bedruckstoffes ab. Auch hier gibt es zunehmend Softwareprogramme am Markt, die eine übersichtliche Auswertung der erzielten Farbgenauigkeit darstellen. Für die Bewertung der Sonderfarben sind ebenso drei Stufen an Farbabständen vorgeschlagen. So kann der Digitaldruckdienstleister schnell herausfinden, ob, und wenn ja, wie genau eine Sonderfarbe des Kunden nachstellbar ist. Dieser Weg ist für farbkritische Kunden relevant, deren Anforderungen sich zunehmend steigern. DeTeMedien definiert beispielsweise klar CIELAB-Werte als Referenz, die alle Werbemittelhersteller in sehr engen Toleranzen einhalten müssen. Hierbei ist das Verständnis der Farbmessung und -kommunikation nicht planer Vorlagen von grosser Bedeutung.

Wesentlich für den Druckdienstleister ist das Verständnis der jeweiligen Kundenerwartungen, um das Druckprodukt so effektiv und effizient wie möglich produzieren zu können. Und wer es versteht, die «anspruchsvollen 10 Prozent» der Kunden zu bedienen, kann die Aufträge der übrigen 90 Prozent noch effektiver produzieren.

Workflow

Nicht zuletzt geht es darum, die Arbeitsprozesse so automatisiert wie möglich umzusetzen. Dazu zählen sowohl die Ausstattung an Abmusterkabinen und externen Farbmessgeräten als auch Workflow-Software, die aktuelle PDF-Features wie beispielsweise Transparenzen fehlerfrei verarbeiten kann.

Dienstleister, die ihre durchgehende PSD-konforme Arbeitsweise nach aussen zum Kunden und nach innen zu den Mitarbeitern darstellen wollen, finden in der PSD-Zertifizierung eine optimale Möglichkeit. Die konkreten Bedingungen sowie die Preise finden Sie auf der Website der Fogra.

Printing the Expected – Textile

Das erfolgreiche Projekt der Drupa wird nun neu aufgelegt. Ziel ist es, eine Textilvorlage (4 unifarbene Baumwollstreifen) auf unterschiedlichen Bedruckstoffen (Textilien oder auch Papier) so gut wie möglich nachzustellen. Und das für mehrere Lichtarten. Wer also zeigen will, dass er Farbmanagement beherrscht, kann gerne an diesem Wettbewerb teilnehmen. Die Siegerehrung erfolgt auf dem kommenden Farbmanagement-Symposium der Fogra am 6. und 7. Februar 2014. Alle Details zu den Teilnahmebedingungen finden sich auf der Fogra-Website.

Colour Management Symposium

Nach drei erfolgreichen Veranstaltungen hat sich das Colour Management Symposium der Fogra als Leitveranstaltung zum Thema etabliert.

Das nächste Colour Management Symposium findet am 6. und 7. Feb­ruar 2014 in München statt. Die Veranstaltung richtet sich an Entscheider, Verantwortliche und Dienstleister im Bereich der farbgetreuen visuellen Kommunikation mit Schwerpunkt auf den Werbemitteldruck. In sieben Themenblöcken werden Lösungen für aktuelle und zukünftige Herausforderungen des Farbmanagements für den klein- und grossformatigen Digitaldruck sowie für konventionelle Druckverfahren vorgestellt und diskutiert. Die begleitende Fachausstellung eignet sich zum wichtigen Informationsgewinn. Unter dem Leitmotiv «Wissenschaft trifft Farbe» können die Teilnehmer ihre Kenntnisse in einem von vier parallel stattfindenden Workshops (à 90 Minuten) vertiefen.

Der reguläre Eintrittspreis beträgt 1075 Euro. Fogra-Mitglieder bezahlen 752,50 Euro. Weitere Informationen unter www.fogra.de