Cover_19-6_gruen_low

Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


Ende März hatte ich Gelegenheit, bei Onlineprinters in Neustadt im Frankenland eine der grössten europäischen Internet-Druckereien zu besuchen. Auf mehrere Hallen verteilt stehen hier Druckmaschinen ohne Ende – 113 Farbwerke im Format 70 × 100, um genau zu sein. Das übertrifft um Faktoren alles, was ich bisher gesehen habe. Und alles auf dem neustem Stand der Technologie mit minimalsten Rüstzeiten zwischen den Aufträgen.

Eine Druckerei also, wie sie im Bilderbuch steht, ein Aushängeschild der grafischen Industrie? Nein, nicht wirklich! Denn das Selbstverständnis ist hier ein anderes: Onlineprinters versteht sich nicht primär als Druckerei, sondern als E-Commerce-Company. Und tatsächlich: Das Druck-Know-how ist bloss eine Basis, die andere auch haben. Druckqualität ist kein Thema, die ist als Selbstverständlichkeit gesetzt. Entscheidend für den Geschäftserfolg sind nicht die zünftigen Jünger Gutenbergs, sondern die Software-Entwickler. Diese programmieren nicht nur die Website und die E-Commerce-Workflows, sondern auch automatische Schneidemaschinen anstelle des aufwendigen manuellen Schneidens der Sammelformen. Programmieren ist ein kreativer Prozess, der Drucker hält die Standards. Ersteres wird noch lange den Menschen vorbehalten sein, Letzteres ist angesichts der Fortschritte der IT als Handwerk wohl ein Auslaufmodell.

Was heisst das nun generell für das Publishing? Ist das Layouten einer Fachzeitschrift ein kreativer Prozess oder mehr Routine und Standard? Heisst es bald: «Siri, mach mir das Layout!»? Wo hört das Automatisierbare auf und wo fängt die dem Menschen vorbehaltene Kreativität an? Diese Fragen sind existenziell und werden uns in den nächsten Jahren ganz schön auf Trab halten. Wir diskutieren diese gerne mit Ihnen an den swiss publishing days vom 19. bis 21. September in Bern!

Martin Spaar