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Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


Die Fespa, die Leitmesse des Large Format ­Printing, brachte Ende Mai viele Neuheiten (siehe Seite 39), zeigte aber auch, dass die Zeiten des rasanten Wachstums vorbei sind. Damit nimmt dieser Markt eine Kurve, in welche die klassische Grafische schon längst eingebogen ist, nämlich hin zu einem gesättigten Markt mit stetig wachsendem Preisdruck.

Wer in einem solchen Umfeld bestehen will, muss die Weichen richtigstellen. Er hat dabei grob betrachtet nur zwei Möglichkeiten: Er kann versuchen, mit den Preisführern mitzuhalten, was kompromisslose Automatisierung und das Erreichen einer kritischen Grösse für die industrielle Produktion voraussetzt. Oder er kann versuchen, einen speziellen Mehrwert zu bieten, seine besonderen Stärken zu vermarkten und sich mit entsprechendem Know-how zu profilieren – und auch das verlangt straffe Konsequenz.

Dazu sollte es auch gehören, konsequent die Stärken von Print zu vermarkten. Genau das versuchen wir immer wieder mit unseren Heftcovern – das aktuelle ist ein schönes Beispiel dafür. Es kombiniert die visuelle Wirkung von Lackeffekten mit spezieller Haptik und Dufteffekten und spricht damit alle Sinne an. Das kann nur Print und das wirkt – und die Macher dahinter können sich mit Ihrem Know-how profilieren. Denn, auch das haben wir mit der Produktion dieses Covers einmal mehr gesehen, ein solches Projekt ist komplex. Das Zusammenspiel von speziellem Papier und Veredelungseffekten birgt viele Stolpersteine (siehe Seite 32). Da ist der Profi mit seinem Erfahrungsschatz gefragt. Damit bewegt man sich hier in einem Segment, das weniger preissensitiv ist als der 0815-Massenmarkt und somit eine gute Perspektive bietet.

Print ist also nicht tot – keine Frage. Aber die Zeiten, als eine stetig wachsende Wirtschaft den Druckern automatisch ein ebenso stetig wachsendes Druckvolumen bescherte, sind definitiv vorbei. Davon sind zumindest wir überzeugt. Ein wichtiger Teil der Branche scheint das zu unserem Erstaunen aber anders zu sehen! Die deutschen Druck- und Medienverbände behaupten in ihrer jetzt neu vorgestellten Kampagne «Die Zukunft wird gedruckt» genau das Gegenteil. «Print wächst» heisst hier der Slogan, der mit einer abenteuerlich zurechtgebogenen Grafik untermauert werden soll (siehe News-Meldung in der linken Spalte).

Dass man die Branche derart plump mit falschen Illusionen ruhigstellen will und damit bitter nötige Weichenstellungen verhindert, ist für mich unverständlich – ja geradezu verantwortungslos. Man kann die vom Markt gezeichnete Kurve nicht zurechtbiegen, man muss sie so kriegen, wie sie ist!

Martin Spaar