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Unfassbar: Schriften mit Typekit

Nun kann man auch die Schriften mieten. Bei Typekit handelt es sich um einen integrierten Abo-Dienst mit einer grossen Schriftenbibliothek für die Verwendung in diversen Desktop-Applikationen der Creative Cloud sowie auf Websites.

Andreas Burkard Im Jahre 1983 hatte Adobe gerade mal 27 Mitarbeiter. Es war das Jahr, als Adobe eine PostScript-Lizenz mit Apple für deren Hardwarelösungen unterzeichnete. Wenige Jahre später übernahmen auch IBM und HP die PostScript-Lizenz für ihre Geräte. Nach und nach digitalisierten verschiedene Hersteller die Schriften und ermöglichten durch die PostScript-Sprache von Adobe eine gestochen scharfe Ausgabe auf den Endgeräten, was damals ausschliesslich Druck bedeutete. Bessere und erschwingliche Hard- und Software beschleunigten den Prozess, welcher die Verlagshäuser ermutigte, auf den Zug aufzuspringen. Die gesamte Branche wurde in kurzer Zeit umgekrempelt.

Heute hat Adobe mit seinen Softwarelösungen ein Branchenmonopol, ist jedoch im Bereich «fassbarer» Schriften einer von vielen Anbietern. Nach wie vor erlaubt Adobe in den Programmen die Verwendung von Schriften unterschiedlicher Hersteller.

Typekit-Schriften

Seit der Adobe Creative Cloud hat sich im Bereich der Schriftenauswahl einiges getan. Eine Voreinstellung erlaubt den Zugriff auf Typekit. Ein Creative-Cloud-Abonnement umfasst automatisch eine Typekit-­Portfolio-Abo-Option. Damit können Benutzer mit einem Creative-Cloud-Abonnement erst mal auf eine beschränkte Auswahl von Typekit-Schriften zugreifen und diese im Web und auf dem Desktop verwenden.

Zugang zu Typekit-Schriften

Typekit-Schriften erreicht man aus einem unterstützten CC-Programm in deren Schriftauswahl. Damit öffnet sich ohne Umweg Typekit.com im Browser. Anderseits kann man sich mit einer gültigen Adobe-ID und dem Kennwort bei Typekit.com anmelden. Dort klickt man auf Browse all Fonts, damit die Schriftauswahl angezeigt wird. Und zu guter Letzt erreicht man Typekit auch über Creative Cloud Desktop, das kleine Symbol oben rechts auf Mac oder die entsprechende Verknüpfung unter Windows.

Das Browser-Fenster von Adobe Typekit listet die Schriften auf, welche für Web oder Desktop zur Verfügung stehen. Typekit.com ist nur in englischer Sprache verfügbar. Die Darstellung der Schriftensuche ist benutzerfreundlich gestaltet. Zurzeit werden 996 Schriftfamilien aufgeführt.

Schriften aussuchen

Schriften werden in Typekit mit dem Namen der Schrift und dem Namen des Herstellers aufgeführt. Typekit bietet im Browser mit Fonts und List zwei Ansichten an. In der Ansicht Fonts kann man Schriften sehr einfach klassifizieren. Schriften mit und ohne Serifen, Hand- und dekorative Schriften, dies alles ist sehr benutzerfreundlich untergebracht und nur einen Klick entfernt. Eine weitere Klassifizierung versucht aufzuzeigen, ob sich eine Schrift für Grundtext oder Auszeichnung eignet.

Die Listendarstellung in Typekit verfügt über eine Auflistung von Themen, Alternativen zu Schriftfamilien und den Verwendungszweck von Schriften. Wählt man dort beispielsweise Alternatives to Helvetica, so werden insgesamt 11 Schriftfamilien aufgeführt, unter anderem die Nimbus, Pragmatice Web, Runda, FF Dagny Pro, DejaRip, Adobe Sans oder die Proxima Nova. Die Listendarstellung kann hilfreich sein, wenn man nicht ganz sicher ist, welche Schriftfamilie zum Gestaltungsthema passt.

Schriften für Web und Desktop

Des Weiteren wird angezeigt, ob die Schrift nur für Web, nur für Desktop oder für beides zur Verfügung steht. Desktop meint letztlich die Verwendung in den Programmen InDesign CC und Co., meist als PDF-Export.

Mit Webfonts wird die Darstellung einer Schrift auf allen Browsern gewährleistet. Dazu muss zuerst ein so genanntes Kit mit dem Domain-Namen der Website angelegt werden. Danach können eine oder mehrere Typekit-Schriften hinzugefügt werden. Abschliessend wird der Website mit der Typekit-Schrift ein Code in HTML eingefügt. Doch der Typekit-Webfont, den ein Gestalter auf seinem Rechner einbindet, ist auch an seine Creative-Cloud-Lizenz gebunden. Das heisst, wenn aus irgendeinem Grund das Abo ausläuft, wird die Schrift der Website auf Standardschrift umgestellt.

Typekit-Schriften beziehen

Ist die Schrift für Desktop oder Web ausgesucht, reicht ein Klick, um sie für die CC-Programme verfügbar zu machen. Dazu wählt man Use Fonts. Es erscheint eine neue Seite, über die man weitere Schriftschnitte beziehen kann. Darauf folgt eine Bestätigungsseite und danach steht die Schrift mit sämtlichen ausgewählten Schriftschnitten als Typekit-Font in den CC-Programmen zur Verfügung.

Vorteile von Typekit

Ein grosser Vorteil für Gestaltungsprozesse ist sicher der sofortige und unkomplizierte Bezug einer Vielzahl von Schriften. Ein weiterer Vorteil liegt in der unkomplizierten Dateiweitergabe innerhalb der CC-Programme. Wird beispielsweise ein InDesign-CC-Dokument mit verwendeten Typekit-Schriften weitergegeben, die Schrift ist beim Empfänger jedoch nicht verfügbar, so kann dieser mit seinem gültigen CC-Abo den Typekit-Font ganz einfach synchronisieren. Typekit-Schriften sind plattformunabhängig, sodass fehlende Schriften innerhalb der CC-Programme nicht mehr zum Problem werden. Typekit-Schriften können auch in Pfade umgewandelt werden, und sie werden für die Erstellung von PDF-Dateien eingebettet.

Nachteile von Typekit

Typekit-Schriften sind nicht fassbar. Diese werden weder sichtbar im System installiert, noch werden Typekit-Schriften aus InDesign CC oder aus Illustrator CC als «fassbare» Schrift verpackt. Ferner sind Typekit-Schriften an die CC-Programme gebunden und auf deren Abodauer beschränkt. Kein Abo, keine Typekit-Schrift.

Das Basisangebot ist zwar vorerst im Abo enthalten, doch wer mehr Schriften möchte oder diese beispielsweise als Webfont breiter einzusetzen gedenkt, wird zur Kasse gebeten. Dabei sind die Lizenzbestimmungen alles andere als selbsterklärend und unterliegen dauernden Änderungen und Anpassungen. Aktuelle Infos dazu gibt es unter https://typekit.com/plans.

Viele namhafte Schriftenanbieter bleiben Adobes Typekit nach wie vor fern. Man kann davon ausgehen, dass hinter den Kulissen eine heftig geführte Diskussion um die Lizenzrechte von Schriften entbrannt ist. Schriftlizenzen unterliegen Nutzungsvereinbarungen. In Schriften im PDF, in Websites, in eBooks und auf den Endgeräten liegt eine Wertschöpfung, die versucht wird, neu zu regeln.

Dabei hat Adobe gute Karten. Der Software-Riese wird die Wertschöpfung der Schriftlizenzen in seinen Produkten wohl mit Typekit lösen. So ist es durchaus denkbar, dass in den CC-Produkten später nur noch Typekit-Fonts verwendet werden können.

Der Autor

Andreas Burkard arbeitet in der Mediengestaltung und in der Ausbildung. Er macht individuelle Firmentrainings und Beratung rund um das Thema Publishing für Print, Tablets und PDF-Lösungen und ist zudem als Trainer und Fachbereichsleiter Publishing bei der Digicomp Academy AG an den Standorten Zürich, Bern, Basel und St. Gallen engagiert.

www.BurkardPublishing.ch