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Die n�chste Rechnung kommt bestimmt

Rechnungen, Bankauszüge, Policen, Verträge und viele andere Dokumente werden mit variablen Daten gedruckt. Der schnelle Digitaldruck hat das Zeug, den üblichen Schwarz-Weiss-Massenoutput zum farbigen «Werbeträger» zu veredeln.

Patrick R. Ekmann UND Ralf Turtschi Unternehmen mit hohen wiederkehrenden Digitaldruckvolumen (z. B. Finanzdienstleister, Versicherer, Telekomunternehmen, Energieversorger, Serviceprovider) müssen ihren Kunden periodisch Rechnungen, Mahnungen, Kontoauszüge, Vermögensverwaltungsauszüge, Policen oder Kaufbestätigungen zustellen. Dieser Massenoutput wird mit Transaktionsdruck bezeichnet. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist ein Optimierungs-, Kosten- und Spardruck naheliegend.

Parallel einhergehende Trends wie die generelle Zunahme von Farbe inPrintdokumenten, immer kürzere Produktionszeiten, variable Inhalte, direkte Kundenansprache, kleinere oder gestückelte Auflagen (Nachdrucke) sowie die vermehrte Nutzung elektronischer Kanäle und interaktiver Workflows sind eine zusätzliche Herausforderung. Unternehmen stehen bezüglich der Dokumentgestaltung und -aufbereitung vor neuen komplexen Aufgaben. Gefragt sind kreative und innovative Ansätze mit ökonomischem Mehrwert. Kosten, Konzentration auf Kernbereiche, Standardisierung, Effizienz, Inlinefinishing, Automatisierung, Zustellung über PDF, angepasste Qualitätsansprüche, Reduzierung von Makulatur wie auch eine stärkere Kunden­orientierung rücken mehr in den Fokus. Wo liegt denn somit der Mehrwert von Hybriddokumenten (mit Promotion angereicherte Transaktionsdokumente) in Kombination mit der Medienkonvergenz?

White Space – brachliegende Weissfläche

Die Entwicklung hin zu Hybriddokumenten und Medienkonvergenz verlangt eine permanente Marktbeobachtung und Innovationsentwicklung auf oberster Managementebene. Die Märkte funktionieren zunehmend intelligenter, und die fokussierten Zielgruppen informieren sich in immer kürzeren Zyklen eigendynamisch. Um in Zukunft grössere Streuverluste in der Massenkommunikation zu verhindern, müssen sich Unternehmen zwangsläufig auf solche Veränderungen einstellen und diese für sich selbst bestmöglich nutzen. Daraus leitet sich die entsprechende Notwendigkeit neuer Geschäftsmodelle ab. Nachfolgend das Beispiel eines Trans­promogeschäftsmodells eines fiktiven Telekommunikations­unternehmens namens +Plus. Dieses Fallbeispiel wurde durch die Agenturtschi, visuelle Kommunikation, Adliswil, für alle Vorkommnisse wie das Kommunikationsverhalten bei einer Mahnung oder einer Kündigung durchgestaltet und hierfür zur Verfügung gestellt. Die Idee von Transpromo beruht darauf, vorhandene Weissflächen (White Space) innerhalb eines Dokumentenversandes wirtschaftlich für Eigenwerbung oder zur Vermarktung der Promotionsfläche an Dritte zu verwenden.

Geschäftsmodell Scheinfirma +Plus

Das fiktive Telekommunikationsunternehmen +Plus muss monatlich eine gros­se Anzahl Rechnungsdrucke erstellen. Parallel dazu hat ein Partnerunternehmen ein latent vorhandenes Werbebedürfnis, eine grosse Anzahl Kunden im Markt mit Werbung zu erreichen. Aus finanziellen Überlegungen kann der Partner im Vergleich zu +Plus nicht annähernd die gleich grosse Anzahl Kunden wiederholt bewerben (beispielsweise für Direktmarketingkampagnen).

Genau an dieser Stelle greift das Geschäftsmodell Transpromo. Es stellt dem Partner Weissflächen auf der Rechnung von +Plus zur Verfügung. Dies eröffnet die individuelle Kundenansprache in der gewünschten zielgruppenorientierten Segmentierungs­tiefe auf jeder einzelnen Rechnungsseite.

Aus der Synergie der Bedürfnisse beiderUnternehmen ergibt sich eine Win-win-Situation. Das Partnerunternehmen ist damit in der Lage, eine gezielte Auswahl von +Plus-Kunden in bestimmten Abständen zu finanziell tragbaren Konditionen zu kontaktieren. Die Vermarktung der Werbefläche an das Partnerunternehmen refinanziert +Plus die entstehenden Produktionskosten.

Preisermittlung von White Space

Nun stellt sich die Frage, wie sich das Preisgefüge für brachliegende Weissflächen gestaltet. Eine kürzlich durchgeführte Studie (s. Kasten) liefert hierzu erstmals wissenschaftlich erhärtete Daten. Als Anhaltspunkt und Vorgabe für die eingesetzte Onlinebefragung dienten fiktive Zielgruppen mit speziellen Segmentierungskrite­rien (s. Abb.).

Die Befragung zeigte auf, dass die Preisbereitschaft von Entscheidungsträgern für unadressierte Mailings bei höchstens 5 Cent oder 8 Rappen pro Adresse liegt. Die Studie hat aber weiter gezeigt: Je höher die Anzahl der Kontakte und je feiner die Segmentierungskriterien sind, desto eher sind die Kunden bereit, mehr zu bezahlen. Die akzeptierten Preise liegen dann im Bereich von 30 Cent oder 48 Rappen pro Adresse. Als wissenschaftlich erhärteter Wert über alle Befragungsteilnehmer wurde die grösste Zustimmung der Preisspanne von 16 Cent oder 24 Rappen zugesprochen.

Im Vergleich dazu kostet bei 150 000 segmentierten Adressen zum einmaligen Gebrauch eine Adresse 21 Rappen. Der Tausenderkontaktpreis liegt bei 9,6 Cent bzw. 15 Rappen. Ergo kann sich der Rechnungsdruck im Direktmarketingmix als Kommunikationsinstrument einreihen und für effektive und erfolgreiche Werbe- und Promotionsmassnahmen eingesetzt werden. Bei 250 000 monatlichen Rechnungen macht ein White-Space-Ertrag von 20 Rappen/Rechnung den Betrag von CHF 50 000.– aus. Bei sechs Wiederholungen im Jahr sind dies CHF 300 000.–. Ein Couvert bzw. eine Zustellung enthält im europäischen Durchschnitt ca. 5 bis 6 Rechnungsblätter, das Potenzial für eine Vermarktung ist dementsprechend höher. Den Löwenanteil der Kosten einer solchen Sendung frisst ohnehin das Porto weg, welches im Transpromomodell (statt eines separaten Mailings) eingespart werden kann. Ein weiteres Refinanzierungspotenzial ergibt sich aus der Nutzung der Medienkonvergenz (Verbindung zwischen Print und E-Mail-Versand per PDF und anderen Kanälen) und der damit verbundenen Marketingmassnahmen. Bisher werden Rechnungen «mehrkanalig» gedruckt: Das Logo wird auf einer Digitaldruckrollenmaschine farbig vorgedruckt, ebenso der Einzahlungsschein. Anschliessend werden die Transaktionsdaten schwarzweiss eingedruckt. Auch hier ergeben sich Kompensationsmöglichkeiten. Farbdruck ist also nicht einfach zweimal teurer, man muss das ganze Umfeld mit in Betracht ziehen.

Transpromo step by step

Es soll nicht verschwiegen werden, dass Transpromo in jedem Fall sehr komplex ist und sowohl an IT als auch an das Marketing und die Druckausgabe hohe Anforderungen stellt. Wenn nur ein Glied in der Kette zu schwach ist, wird das Ganze nicht funktionieren. Massendokumente sind immer zeitkritisch, und variable Bilddaten setzen die Performance stark herunter, sodass nur die leistungsstärkste Soft- und Hardware damit klarkommt. Wer eine Million Rechnungen drei Tage zu spät verschickt, verliert Geld. Diese Aspekte sind jedoch nicht Inhalt dieses Artikels.

Folgende Anwendungen und Ziele von Transpromo sind grundsätzlich realisierbar:

  • Integration des Corporate Design, inklu­sive Bildern.
  • Cashmanagement: Kunden können besser durch die Rechnung geführt werden, die Leserlichkeit wird durch eine farbige Gestaltung erhöht.
  • Substitution: Beilagen können direkt farbig integriert werden, zudem sind sie personalisierbar. Persönliche Internetadressen (PURL) sind integrierbar.
  • Die wichtigste Anwendung von Transpromo ist Upselling/Cross-Selling: Man kann weitere Produkte oder Dienstleistungen des eigenen Unternehmens, die der Kunde noch nicht bezieht, anbieten. Laufende Marketingkampagnen können damit sinnvoll unterstützt werden.

 

Patrick R. Ekmann ist bei Xerox AG als Sales Specialist Continuous Feed Color Transpromo tätig.

Was ist Transpromo?

Es handelt sich dabei um ein als Kunstbegriff zusammengesetztes Wort in der intelligenten Kombination von transaktionsorientierter Kunden- und zielgerichteter Marketingkommunikation. Ein Transpromo-doku­ment vereint klassische Transaktionsdaten – etwa die Daten einer Rechnung oder von Kontoauszügen – mit variablen Botschaften, passend zum Konsumverhalten des jeweiligen Empfängers. Dabei werden Marketingbotschaften auf Grundlage von Kundenpräferenzen selektiert und entsprechend angepasst. Im Aufbereitungsprozess werden variable Elemente mit Bildern in Vollfarbe auf der freien Weissfläche, dem so genannten White Space, im Dokument platziert und nach der Integration in einem Transaktionsdokument physisch oder digital ausgegeben. Transpromo wird als Begriff heute auch breiter ausgelegt, das heisst, er ist nicht nur auf White Space Marketing fokussiert. Zum Beispiel, wenn es wie im nebenstehenden Beispiel darum geht, einer Kundin zum Geburtstag zu gratulieren.

Masterarbeit über Transpromo

Im Rahmen des Masterstudiengangs «Strategisches Management» der Kalaidos University of Applied Science «phw» Business School Zürich hat Patrick R. Ekmann eine Studie zum Thema «Transpromo – Parameter eines Business Case» verfasst. Die zentrale Fragestellung der Arbeit war, wie hochvolumiger Schwarz-Weiss-Rechnungsdruck von einem Kosten- in einen Vollfarben-Umsatzträger transformiert werden kann und welche Hebelwirkung dabei der Parameter White Space Marketing erzielt.

Im Vordergrund des Interesses stand das Fehlen wissenschaftlich erhärteter Daten zur Vermarktung von White Space und damit verbunden die Kompensation der Mehrkosten, die Farbdruck gegenüber Schwarzweiss-Druck bedeutet.

Hierzu wurden in einer Stichprobe 37 Unternehmen (48 Manager auf mittlerer und oberer Führungsstufe) in den Märkten Schweiz und Deutschland mittels einer Onlineumfrage befragt. Dies in den Branchen Tourismus, Finanzdienstleistungen, Versicherungen, Telekommunikation, Service Providers und Energieversorger.

Weitere Informationen beim Autor direkt: patrick.ekmann@xerox.com

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