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Drucksachen als Motor der Crossmedia-Kommunikation

Mit Print-to-Web stossen Drucksachen die Kommunikation an und schlagen Brücken ins Web. Dies bedeutet für die grafische Industrie eine Chance, auch im modernen, Internet-dominierten Kommunikationsmix ein gewichtiges Wort mitzureden.

Martin Spaar Achtung: Print-to-Web ist nicht gleich Web-to-Print, sondern geht den umgekehrten Weg! Hier schlagen Drucksachen Brücken ins Web. Der QR-Code ist das bekannteste Beispiel dafür – dank der Verbreitung von Smartphones ist er in letzter Zeit sehr populär geworden und vom Werbeflyer bis zur Tafel neben einer Sehenswürdigkeit überall anzutreffen.

Die Idee von Print-to-Web besteht darin, die Vorteile von Print und Web zu verbinden. Drucksachen können dabei ihre bewährten Stärken ausspielen: Mit ihrer physischen Präsenz können sie Aufmerksamkeit generieren und Emotionen auslösen. Gerade die Cover unserer Zeitschrift demonstrieren immer wieder, dass man mit speziellen Effekten viel bewegen kann. Wir erhalten auf nichts anderes so viel Feedback wie auf unsere Umschläge. Abgesehen davon ist Print nach wie vor in vielen Situationen das bevorzugte Medium. Die schnelle Orientierung in einem breiten Angebot fällt zum Beispiel vielen Menschen in einem gedruckten Katalog immer noch am leichtesten.

Information on Demand

Diese Trümpfe des Papiers werden ergänzt um die Vorteile des Web. Dazu gehört, dass man weiterführende und aktualisierte Informationen nachliefern kann. Der Anwender bezieht also Informationen on Demand, also genau das, was in der jeweiligen Situation von Interesse ist. Ein geläufiges Beispiel dafür sind Zeitungs- oder Zeitschriften-Inserat mit QR-Code. Der Kunde wird beispielsweise durch ansprechende Printwerbung auf ein Produkt aufmerksam und ruft beim Lesen zusätzliche Informationen über das Smartphone ab. Allenfalls kann er auch gleich weitere Unterlagen bestellen, sich für eine Produkte-Demo anmelden oder einen Termin mit einem Kundenberater vereinbaren.

Print-to-Web kommt dann richtig zum Fliegen, wenn es nicht nur um Einweg-Kommunikation, sondern um Interaktion oder Transaktion geht. Ein Beispiel dafür liefern wir mit der zweiten Umschlagseite dieser Zeitschrift. Hier haben wir die Ausschreibung der Print-to-Web-Konferenz vom 29. Mai (siehe Kasten) mit einem QR-Code versehen. Bei Abonnenten ist dieser QR-Code mittels Digitaldruck personalisiert. Dieser verweist auf eine persönliche URL (PURL), hinter der die Adressinformationen des Abonnenten hinterlegt sind. Somit kann man sich nach dem Scan des Codes mit dem Smartphone komfortabel anmelden, ohne seine Adresse in ein Anmeldeformular eingeben zu müssen. Realisiert wurde diese Lösung von Ziegler Druck mit der XMPie-Software von Xerox. Wie dies genau funktioniert, wird in der Making-of-Story zum Cover ab Seite 50 erläutert.

Marketing-Bombe in der Pharmaindustrie

Individualisierte Matrixcodes werden in Zukunft stark an Bedeutung gewinnen, vor allem im Bereich der Verpackungen. Damit wird der Weg jedes einzelnen Produktes nachverfolgbar, was im Bereich der Logistik und der Produktesicherheit sehr interessant ist. Ein riesiges Projekt hat jetzt die EU im Bereich der Pharmaverpackungen angestossen. Voraussichtlich ab dem Jahr 2017 müssen verschreibungspflichtige und auch einige sogenannte Over-the-Counter-Arzneimittel mit einer individuellen Codenummer versehen sein. Mit dieser Serialisierung soll die Rückverfolgbarkeit eines Medikamentes sichergestellt werden. Dieser Code wird über einen 2D-Matrixcode bei der Abgabe des Medikamentes an den Patienten registriert. Bei rund 200 000 Abgabestellen in der EU eine nicht zu unterschätzende Herausforderung an die IT-Infrastruktur, welche all diese Bewegungen mit den entsprechenden Datenbanken abgleichen muss. Geert de Vries, der als Berater bei der KPMG hauptsächlich multinationale Unternehmen im Bereich Produktesicherheit berät, spricht hier von einer eigentlichen Marketing-Bombe. Er sieht ein grosses Potenzial, diese individuellen Codes über spezielle Apps für Marketingzwecke zu nutzen. Und er ist überzeugt, dass die individuellen Matrixcodes nach der Pharmaindustrie auch schnell andere Branchen erobern werden.

Schritt in Richtung Internetder Dinge

Man muss sich dabei nochmals vor Augen halten, dass es hier nicht einfach um Produktekennzeichnungen geht, wie wir sie als EAN-Codes kennen. Diese kennzeichnen nur eine Produktegattung, also zum Beispiel die Spirituose Blue Curaçao von Bols. Mit dem individuellen 2D-Matrixcode ist dagegen genau die Flasche gekennzeichnet und rückverfolgbar, welche bei mir zu Hause als Geschenk eines Freundes in der Hausbar steht. Dies zielt stark in Richtung Internet der Dinge (Internet of Things): Und diese Verbindung von Dingen mit Strukturen im Internet wird in Zukunft sehr oft Verpackungen oder Etiketten mittels Print-to-Web-Technologie herstellen. Im Verpackungs- und Etikettendruck wird das dazu führen, dass der konventionelle (Offset-)Druck durch (Inkjet-) Digitaldruck ergänzt wird, um individuelle Codes einzudrucken. Genau dasselbe ist jetzt auch im Zeitungsdruck zu beobachten, indem Offset-Rotationen mit Inkjet-Eindrucksystemen ergänzt werden. Anfang März hat zum Beispiel die Axel Springer AG bekannt gegeben, ihre Zeitungsrotationen flächendeckend mit insgesamt 33 Kodak-Prosper-S30-Eindrucksystemen auszurüsten. Individuelle QR-Codes für Multichannel-Kampagnen und Gewinnspiele gehören dabei explizit zu den geplanten Anwendungen.

Medienbrüche überwinden

Aber auch beim klassischen Akzidenzdruck eröffnet Print-to-Web interessante Perspektiven. So kann zum Beispiel bei Gebrauchsanleitungen ein QR-Code den Käufer direkt zur Registrierung des Produktes für den Garantie-Anspruch führen: im Idealfall mit einem individualisierten Code, der schon die Seriennummer mitgibt. Bei Crossmedia-Kampagnen hilft der QR-Code Medienbrüche zu überwinden. Ein schönes Beispiel dafür ist die Kampagne unseres Partners Ziegler Druck auf der vierten Umschlagseite dieses Heftes. Hier führt ein individualisierter QR-Code zu einer PURL, welche das über das gedruckte Cover angerissene Thema weiterführt. Interessanterweise ist auch unser Cover ein Hybrid-Produkt, bei dem die individualisierten Teile mit einer Xerox iGen4 in die Offset-Vordrucke eingedruckt wurden.

Ein weiteres schönes Beispiel für den Einsatz von Print-to-Web liefert Ikea mit dem Katalog 2013. Dazu gibt es eine spezielle App, welche zu den im Katalog gezeigten Produkten weitere mediale Inhalte erschliesst. Man spricht bei solchen Konzepten von Augmented Reality (AR) und meint damit die Erweiterung der Realität des gedruckten Kataloges durch virtuelle Inhalte wie Videos und Animationen. Was in der Theorie kompliziert tönt, erschliesst sich dem Anwender sofort. App herunterladen und starten, Smartphone über eine Seite des Kataloges halten und es startet ein Video, welches das Produkt näher erklärt.

Der Vorteil von Augmented Reality besteht darin, dass man nicht spezielle Codes als Print-to-Web-Schnittstelle in die Drucksachen einbauen muss. Das Ganze funktioniert über Bilderkennung, sodass man damit auch ein schon gedrucktes Produkt nachträglich Print-to-Web-fähig machen kann. Nach diesem Prinzip funktioniert auch die App Kooaba Paperboy, eine Schweizer Entwicklung, welche zum Beispiel in der Gratiszeitung 20 Minuten intensiv genutzt wird.

Wie diese Beispiele zeigen, verspricht die Kombination von immer leistungsfähigeren Smartphones mit immer ausgefeilteren Digitaldrucklösungen und damit verknüpfter Webtechnologie eine vielversprechende Zukunft für Print-to-Web. Da das Druckprodukt hier an erster Stelle steht und die Kommunikation anstösst, bietet Print-to-Web der grafischen Industrie die Gelegenheit, auch im modernen, Internet-dominierten Kommunikationsmix ein gewichtiges Wort mitzureden.

Print-to-Web-Konferenz am 29. Mai 2013

Die Zeitschrift Publisher organisiert am 29. Mai 2013 in Winterthur eine Print-to-Web-Konferenz. Die Teilnehmer erfahren an diesem Event anhand von inspirierenden Beispielen, wie Print-to-Web in der Praxis funktioniert und wo sich für Marketing und Kommunikation neue Chancen auftun.Die Konferenz bietet spezielle Sessions für Marketing, Druckdienstleister und Prepress-Profis. Die insgesamt 16 Vorträge und Workshops decken unter anderem folgende Themen ab:

  • Print und Web: wie aus 1 plus 1 jetzt 4 wird
  • Und dann ist der Dialog da! So verändert Print-to-Web die Kommunikation mit dem Kunden
  • Wie es funktioniert und was es braucht
  • Der technologiegetriebenen Kreativität freien Lauf lassen
  • Bitte nicht wieder billig: Geld verdienen mit Print-to-Web ­­­— auch als Druckdienstleister
  • Tipps & Tricks für Prepress-Profis: vom branded QR-Code bis zum versteckten Wasserzeichen
  • Kommunizierende Verpackungen als Basis für Markenschutz undMarketing

Die Print-to-Web-Konferenz steht unter dem Patronat der Ugra und eröffnet die diesjährige Serie der swiss publishing days. Sie ist gleichzeitig die Ugra-Druckfachtagung 2013.Publisher-Abonnenten profitieren von einer Vergünstigung und zahlen für den Konferenzpass nur CHF 190.00 statt 250.00.

Weitere Informationen und Anmeldung: www.swiss-publishing-days.ch

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