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Drucksachen-Portale legen weiter zu

Der Markt der Drucksachen-Webshops entwickelt sich weiterhin dynamisch. Immer mehr Anbieter präsentieren ein immer grösseres Sortiment zu immer besseren Preisen. Und trotzdem können innovative Dienstleister eine gute Wertschöpfung erzielen.

MARTIN SPAAR Drucksachen-Webshops verkörpern die Publishing-3.0-Revolution geradezu exemplarisch: Sie stellen den Kunden ins Zentrum von Web-basierten, Datenbank-gestützten Lösungen und erreichen eine hohe Effizienzsteigerung mittels durchgängig automatisierter Workflows. Und sie zeigen, dass Publishing 3.0 für Dienstleister der grafischen Industrie interessante Wachstumschancen bietet. Der jährliche Zuwachs liegt hier der Krise zum Trotz noch immer im zweistelligen Bereich.

Das Angebot, rund um die Uhr Drucksachen in Auftrag geben zu können und jederzeit die volle Transparenz bezüglich Preisen und Lieferfristen zu haben, entspricht einem immer breiteren Bedürfnis. Vor allem sind es aber die im Vergleich zur konventionellen Auftragsabwicklung massiv günstigeren Preise, welche den Drucksachen-Webshops Auftrieb geben. Diese tiefen Preise sind möglich, weil der Dienstleister durch das Web-Portal die Effizienz deutlich steigern und die Prozesse automatisieren kann. Die «Automatisierung des Kunden» durch das Prinzip des Selbstbedienungs-Laden entlastet den Dienstleister in den Bereichen Beratung, Avor und Administration.

Den grössten Kostenvorteil bringt jedoch die durch die Beschränkung auf Standardprodukte ermöglichte Automatisierung der Produktion. In letzter Konsequenz führt das zur industrialisierten Produktion in eigentlichen Drucksachen-Fabriken. Wegweisend in dieser Beziehung ist der global aufgestellte Anbieter Vistaprint. Aus 120 Ländern werden Aufträge gesammelt und in den beiden riesigen Druckzentren in Kanada und Holland produziert. Pro Tag gehen rund 57 000 Druckaufträge bei Vistaprint ein, die im Datacenter auf den Bermudas aufbereitet werden. Hier werden die im Sekundentakt eingehenden Jobs innert Minuten zu einer Sammelform aufgefüllt. Auf einer Druckplatte finden so entweder 142 Visitenkarten, 52 Postkarten oder 9 Briefbögen/Flyer Platz. In Winterthur unterhält Vistaprint ein Entwicklungszentrum mit gut einem Dutzend Ingenieuren, welche hoch automatisierte Lösungen für den Druck- und Weiterverarbeitungs-Workflow in den beiden Produktionszentren konzipieren.

Die wichtigsten Anbieter auf einen Blick

Wir haben auf der folgenden Doppelseite eine Übersicht der wichtigsten Anbieter im Schweizer Markt zusammengestellt. Seit unserer letzten Übersicht vom Herbst 2007 sind einige neue Anbieter dazugekommen, sodass die Liste jetzt 20 Anbieter umfasst. Alle bieten Standard-Akzidenzdrucksachen wie Visitenkarten und Flyer an, viele auch Spezielleres wie Etiketten, Präsentationsmappen und Poster.

Wir haben Preisbeispiele von vier Standarddrucksachen erhoben und bei der Recherche festgestellt, dass es gar nicht immer einfach ist, das beste Angebot zu finden. Viele Shops führen je separate Bereiche für Offset- und Digitaldruck, sodass der Kunde selbst schauen muss, wo er am günstigsten fährt. Bei unseren Beispielen fallen die 1000 Flyer und die 500 Broschüren in diesen Grenzbereich zwischen Offset- und Digitaldruck. Die Preisdifferenz kann da schnell mehr als 100 Franken betragen!

Auch die Versandkosten können ein Unsicherheitsfaktor sein. Unsere Ta-belle zeigt, welche Anbieter hier den kundenfreundlichen Weg gehen und die Preise inklusive Versandkosten ausweisen. Speziell ist die Regelung bei Vistaprint, dass man für jeden Datei-Upload extra bezahlt. Dies relativiert dann auch den Preis von CHF 23.90 für die 250 Visitenkarten. Denn kaum ein Publisher-Leser wird seine Visitenkarte nur aus den bei Vistaprint hinterlegten Grafiken kreieren wollen …

Onlinedruckereien mit industrialisierter Produktion

Hinter den 20 aufgeführten Portalen stehen Anbieter mit ganz unterschiedlichen Geschäftsmodellen. Da sind erstens die reinen Onlinedruckereien. Diese haben eine eigene, meist hoch automatisierte Produktion, welche ganz auf die standardisierten, im Webshop angebotenen Produkte ausgerichtet ist. Zu dieser Kategorie gehören Vistaprint, die im Publisher 6-2009 im Detail vorgestellte Pixart.it mit Sitz in Venedig, Unitedprint (Print24) mit Produktion in Radebeul bei Dresden sowie die Onlineprinters GmbH (Diedruckerei.de). Letztere beliefert die Schweiz mit UPS versandkostenfrei aus Deutschland und ist bei Flyern in den von uns erhobenen Auflagen der preisgünstigste Anbieter.

Eine zweite Gruppe sind Anbieter, welche sich ganz auf das Webportal konzentrieren und die Druckaufträge an Partner weitervergeben. Typischer Vertreter dieser Kategorie ist die Firma Maxiprint, welche seit 1999 ein Onlineportal betreibt und einer der etabliertesten Drucksachen-Webshops in der Schweiz ist. Im Moment expandiert Maxiprint sehr stark über die Vergabe von Franchising-Lizenzen. In allen Nachbarländern der Schweiz gibt es schon Vertretungen, dazu in Spanien und England. Die Druckaufträge werden in einem Netzwerk von weltweit rund 400 Lieferanten vergeben. Vor allem bei grösseren Auflagen kann Maxiprint seine Stärken ausspielen. So gibt es 16-seitige Broschüren A5 oder A4 erst ab Auflagen von 15 000 Exemplaren, dafür zu sehr guten Preisen.

Auch das Portal Flyerline.ch hat als Vermittler gestartet, arbeitete aber immer schwergewichtig mit einheimischen Druckpartnern zusammen; rund 90% der Offsetaufträge werden in der Schweiz produziert. Daneben baut Flyerline seit dem Jahr 2008 systematisch eine eigene Digitaldruck-Produktion auf. Ergänzend zu verschiedenen Schwarz-Weiss- und Farbproduktions-Systemen von Océ wird jetzt eine Xerox iGen4 installiert. Das Angebot des früher stark auf Flyer fokussierten Portals deckt heute ein sehr breites Spektrum ab.

Ebenfalls als reiner Vermittler war Onlinedruck.ch gestartet. Anfang 2008 fusionierte die Combite GmbH, welche das Portal lanciert hatte, mit der ehemaligen Buchdruckerei Arlesheim zur neuen bc medien AG. Nebst den bestehenden Offset Druckstrassen wurde zu diesem Zeitpunkt der Digitaldruck neu eingeführt. Heute verfügt die Firma über drei Canon-C7000VP-Farbproduktionssysteme sowie eine Konica Minolta bizhub PRO 1200/P für Schwarzweiss-Druckjobs.

Onlinedruck.ch bietet das umfangreichste Sortiment in unserer Marktübersicht an. Dieses ist dank einem animierten «Produkte-Karussell» auf der sehr übersichtlichen Homepage benutzerfreundlich erschlossen.

Zusätzliches Standbein für klassische Druckdienstleister

Der grösste Teil der Anbieter in unserer Marktübersicht sind klassische Druckereien, welche sich mit dem Onlineportal ein zusätzliches Standbein aufbauen. Die Aufträge aus dem Webshop werden in der Regel über Sammelformen produziert oder bei kleineren Auflagen digital. Ein reines Digitaldruck-Portal ist Druckerei24.ch, welches von der Roth Druck AG in Uetendorf betrieben wird. Das 24 im Namen wird hier doppelt ernst genommen: Hier kann man nicht nur rund um die Uhr bestellen, sondern die Drucksachen werden innerhalb von 24 Stunden produziert und verschickt. Möglich macht das neben einem HP-Indigo-Digitaldrucksystem die selbst entwickelte Softwarelösung. Der Workflow ist so weit automatisiert, dass mit einem einzigen Mausklick eine XML-Datei sowie die zugehörenden Dateien vom Server geladen und eine PDF/X-3-Datei erzeugt wird. Diese wird in einen HotFolder der HP Indigo abgelegt und automatisch ausgeschossen.

Das Software- und Workflow-Know-how der Roth Druck AG steckt auch hinter dem neuen Portal Loonyprint.ch. Produziert werden die Aufträge in diesem Fall allerdings nicht von Roth Druck, sondern von einem Partnerbetrieb in der Region. Dank Sammelformen zu sehr attraktiven Preisen. 1000 A4-Flyer sind bei keinem Schweizer Anbieter günstiger zu haben.

Ein sehr interessantes Geschäftsmodell steht hinter Webdruck.ch. Der von Haller + Jenzer AG in Burgdorf und Netstyle.ch in Bern aufgebaute Drucksachen-Webshop wird von fünf gleich gelagerten, partnerschaftlich verbundenen Druckereien geführt. Jeder der fünf Partner hat sein eigenes Einzugsgebiet und führt die in seinem Gebiet bestellten Drucksachen selbst aus. Gewisse Produkte werden zentral von dem darauf spezialisierten Partner produziert, zum Beispiel Postkarten in Sammelformen oder Advendskalender mit der entsprechenden Stanzform. Da fast alle Partnerunternehmen eigene Regionalzeitungen herausgeben, kann das Portal über Füllerinserate kostengünstig promotet werden. Vom Angebot her ist Webdruck.ch sehr gut auf die Bedürfnisse einer regionalen Kundschaft abgestimmt. Es bietet sehr gute Web-to-Print-Funktionen für Geburts-, Vermählungs- und Trauerkarten. Besonderes für Letzteres wird eine grosse Sammlung von Text- und Grafikvorlagen geboten.

Unterschiedliche Beurteilung der Zukunftsperspektiven

Die Drucksachen-Webshops treiben die Industrialisierung der Drucksachenproduktion nun auch im Bereich der Kleinauflagen voran, die heute meist noch gewerblich produziert werden. International ausgerichtete Anbieter wie Vistaprint und Pixart.it produzieren in eigentlichen Drucksachen-Fabriken. Trotz des Einsatzes von Hightech-Produktionsmitteln bleiben viele manuelle Eingriffe, vor allem im Bereich der Weiterverarbeitung und Konfektionierung. Somit stellt sich die Frage, ob diese Produktion nicht an Standorte mit tiefem Lohnniveau abwandern wird, zum Beispiel nach Osteuropa.

Die von uns befragten Druckdienstleister sind hier unterschiedlicher Meinung. Die einen sehen diesen Abwanderungstrend und wollen daher gar nicht erst ins Onlinedruck-Massengeschäft einsteigen. Die anderen sehen angesichts der langen Transportwege und der damit verbundenen Kosten und Lieferfristen gute Chancen für lokale Drucksachen-Webshops, auch im Massengeschäft mit Standarddrucksachen.

Unbestritten ist, dass es neben dem Massengeschäft interessante Nischen für massgeschneiderte B2B-Lösungen gibt. Hier liegt ein grosses Potenzial für eine gute Wertschöpfung – allerdings nicht primär beim eigentlichen Druck, sondern beim Entwickeln und Implementieren der Lösung. Ein Beispiel dafür ist das von der FO-Smartprint in Kooperation mit der Schweizer Zahnärztekasse implementierte Portal Zahnarztdrucksachen.ch.

Interessant ist auch die Frage nach den Perspektiven für die Publisher in der Vorstufe. Es kann durchaus sein, dass die massiv tieferen Druckkosten dazu führen, dass künftig mehr Drucksachen produziert werden. Das kann mehr Brot für Vorstufe, Texter und Grafiker bedeuten, so denn der Kunde bei diesen günstigen Produktionen nicht alles selber machen will ...

Printshops für Druckspezialitäten

Nebst Standardprodukten wie Visitenkarten oder Flyer gibt es viele weitere Druckprodukte, die per Webshop produziert werden. Im Consumerbereich existieren zum Beispiel spezialisierte Portale für Grusskarten. Als besondere Geschäftsanwendung ist etwa der Sicherheitsdruck für Aktien­zertifikate zu nennen.

 

Poster

Poster-Druckereien produzieren Poster in (fast) jeder Grösse. Es gibt auch die Möglichkeit, Poster auf spezielle Materialien zu drucken: Leinwand, Alu, Acrylglas oder Stoff, UltraTac (Schaumstoff und Karton), Forex (PVC-Hartschaum) oder Leichtschaumplatte:

www.posterjack.ch

www.posterwerkstatt.ch

www.printart.ch

www.posterwerkstatt.ch

www.leinwandfotodruck.ch

www.posterexpress.ch

www.printolino.ch

 

Witterungsfeste Stofffahnen und Banner

Plotfactory plottet Fahnen für den Innen- und Aussenbereich mit unterschiedlichen Befestigungs- bzw. Aufhängemethoden und

bietet auch Tapetendruck für besondere Events, Raumgestaltung oder Messestände.

www.plotfactory.ch

 

Gruss- und andere Karten

Letterjames erstellt bildpersonalisierte Grusskarten, E-Cards, Fotokalender, Namenskalender und Poster: www.letterjames.de

 

Visitenkarten

Cardprint ist ein auf Visitenkarten spezialisiertes Druckportal. Die Gestaltung erfolgt frei oder ab Vorlage: cardprint.ch

 

Sichere Drucksachen

FO-Fotorotar erstellt Drucksachen mit Merkmalen, die vor Fälschung oder Veränderung schützen. Zertifikate, Wertschriftenvordrucke oder Aktien und Obligationen nach Börsenvorschrift, auf Wunsch mit eigenem Guillochen-Hintergrund:

www.fo-print-media.ch

 

Roll-up-Banner

Präsentationssysteme für Messen oder Stände und andere Displays sind bei verschiedenen Anbietern erhältlich. Drei Vertreter in diesem Bereich sind www.pixart.it,

www.printfactory.org und

www.roll-up.ch

 

Zeitungen für jeden Zweck

«In nur drei Schritten zur eigenen Zeitung» ist das Motto von Titelhelden. Dieser Dienst bietet Vorlagen für diverse Publikationstypen für Vereine, Unternehmen und Schulen sowie für Anlässe wie Hochzeit, Geburt und Geburtstag. Auch eigene Gestaltung ist möglich. Die fertige Zeitung kann direkt bestellt und verschickt werden. Betreiber dieses Portals ist die Deutsche Post:

www.titelhelden.de

 

Direct-Mails

Mailings in grösserer Auflage lassen sich beim Dienstleister drucken und verschicken. DirectFactory ist ein neues Angebot der Schweizer Post:

https://directfactory.post.ch

Ein ähnliches Angebot der deutschen Post nennt sich Mailing­factory. Die Vorlagen werden online ausgewählt, angepasst, adressiert und von Mailingfactory gedruckt und verschickt:

www.mailingfactory.de

 

Stempel

Vom einfachen Textstempel, dessen Text im Browser erfasst wird, über den Typomatik-Printer zum Selbersetzen bis zum Logostempel, der ab 1-Bit-Grafik produziert wird, gibt es viele Produkte bei www.onlinestempel.ch. Alternative: www.stempel.ch

 

Fotobücher

Diverse Anbieter produzieren Fotobücher in verschiedenen Varianten. Beachten Sie dazu den separaten Beitrag ab Seite 33.

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