Dossiers >> PDF und Acrobat >> Fachartikel >> PDF/X: Gut zum Druck

PDF/X: Gut zum Druck

Am 22. April 2002 hat die ISO (International Standard Organization) unter dem Namen PDF/X-3 die ISO-Norm 15930-3 für die Definition digitaler Druckvorlagen auf Basis des Portable-Document-Formates (PDF) verabschiedet. Der PDF-Experte Stephan Jaeggi, einer der beiden Autoren dieser ISO-Norm, erläutert die Bedeutung des neuen Standards.

PDF/X – der neue ISO-Standard für digitale Druckvorlagen

PDF/X: Gut zum Druck

STEPHAN JAEGGI Das Portable Document Format (PDF), das von Adobe ursprünglich für die Bürokommunikation konzipiert wurde, hat sich in den letzten Jahren breit durchgesetzt. Neben dem programm- und plattform­unabhängigen Austausch von Bürodokumenten wird PDF auch häufig zur originalgetreuen Seitendarstellung im Internet eingesetzt. Ebenso lassen sich interaktive digitale Publikationen (inklusive Audio- und Video-Sequenzen) und elektronische Formulare einfach mit PDF realisieren.

PDF kann zu viel

PDF wird auch immer beliebter als Austauschformat für digitale Druckvorlagen. Leider eignen sich aber nicht alle PDF-Dateien für diesen Zweck. Die grosse Flexibilität und die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten dieses universellen Datenformates wirken sich oft negativ aus. Einige PDF-Objekte (wie zum Beispiel Formularfelder, Schaltflächen, Verknüpfungen oder Movies) sind für die Belichtung eher ungeeignet. Besonders peinlich ist die unerwünschte Ausgabe von Kommentaren (Notizzetteln etc.). In Acrobat kann der Druck von Anmerkungen zwar manuell ausgeschaltet werden, aber die meisten Prepress-Programme und Workflow-Systeme haben keine derartige Option. Wenn die verwendeten Fonts nicht in der PDF-Datei eingebettet sind, besteht die Gefahr von unkontrollierten Fontsubstitutionen oder gar einer unerwünschten Simulation mit Multiple-Master-Schriften. PDF-Dokumente für das Internet enthalten in der Regel niedrig aufgelöste RGB-Bilder und sind daher für eine hochwertige Belichtung unbrauchbar. Damit eine PDF-Datei sich als Druckvorlage eignet, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Die ISO-Kommission für die grafische Industrie (TC130/WG2/TF2) hat deshalb unter der Bezeichnung PDF/X (das «X» steht für eXchange) eine Reihe von ISO-Normen ausgearbeitet, in denen die Minimalanforderungen an digitale Druckvorlagen festgelegt sind. Die PDF/X-Normen basieren auf der von Adobe veröffentlichten PDF-Spezifikation. In der Norm werden lediglich die notwendigen Einschränkungen und zusätzlichen Voraussetzungen definiert, um PDF für sichere digitale Druckvorlagen verwenden zu können. Dass es bei der ISO verschiedene Varianten der PDF/X-Norm (vgl. Kasten «PDF/X-Varianten») gibt, hat vor allem historische Gründe, denn in den USA wurde schon sehr früh eine (leider nicht umfassende) PDF/X-Norm erarbeitet (vgl. Kasten «Meilensteine»). Deshalb haben die deutsche und die schweizerische ISO-Delegation die beiden PDF-Experten Olaf Drümmer (Callas) und Stephan Jaeggi (PrePress-Consulting) beauftragt, eine neue Norm auszuarbeiten, die auch Color Management ermöglicht (aber nicht zwingend voraussetzt). Diese Version hat die Bezeichnung «PDF/X-3» bekommen.

Zielsetzungen von PDF/X

Eine PDF/X-Datei soll alle Informationen enthalten, die zur qualitativ hochwertigen Ausgabe einer digitalen Druckvorlage erforderlich sind. Der Empfänger einer PDF/X-Datei muss diese ohne zusätzliche Anweisungen oder Rückfragen beim Erzeuger weiterverarbeiten können. Die Amerikaner bezeichnen dies als «Blind Exchange» (blinder Austausch). Das heisst, die Datei muss alle Schriften und alle Bilder in Hochauflösung enthalten. Referenzen auf externe Ressourcen sind nicht erlaubt. Verboten sind alle Elemente, die bei der Belichtung unerwünscht sind (Formularfelder, Schaltflächen, Verknüpfungen, Kommentare innerhalb der unbeschnittenen Seite, Movies mit Voransicht etc.). Ausserdem muss die Seitengeometrie definiert sein, um das Nettoformat und den Beschnitt zu definieren. Auch der Überfüllungsschlüssel muss eindeutig sein (die Standardbelegung «Unbekannt» ist nicht erlaubt). Zudem sind eingebettete Transferfunktionen verboten, da es dadurch zu nicht voraussehbaren Gradationsveränderungen bei der Belichtung kommen kann. Alle diese Elemente sind in der PDF-Spezifikation von Adobe definiert. PDF/X schränkt nur die möglichen Optionen ein respektive schreibt gewisse Einträge zwingend vor.

Zusätzliche Informationen

Es gibt zwei Informationen in der PDF/X-Norm, die in der Adobe-Spezifikation von PDF 1.3 nicht definiert sind. Die erste ist ein Eintrag, in dem die PDF/X-Versionsnummer hinterlegt wird. Die zweite betrifft die Möglichkeit, ein ICC-Ausgabeprofil in die Datei einzubetten. Der Erzeuger eines Dokuments kann damit dem Empfänger eindeutig mitteilen, für welche Druckkonditionen er die Daten aufbereitet hat. Das eingebettete Profil ist vor allem für die Herstellung von Digitalproofs sehr nützlich. Alle Beteiligten können mit Hilfe dieses Profils jederzeit Proofausgaben mit der gleichen Drucksimulation erzeugen. Die Einbettung dieses ICC-Profils bereitete der ISO-Kommission einiges Kopfzerbrechen, da Adobe dies in PDF ursprünglich nicht vorgesehen hatte, denn ein PDF-Dokument sollte per Definition ausgabeunabhängig sein. Wir sind dann im Herbst 2000 mit der Bitte an Adobe gelangt, für PDF/X eine entsprechende Möglichkeit zu spezifizieren. Da wir nicht bis zur Veröffentlichung der PDF-Version 1.4 warten wollten, hat Adobe (übrigens in Rekordzeit) diese Erweiterung in Form einer Technote (Nr. 5413) veröffentlicht, auf die wir in unserer ISO-Norm verweisen konnten. Die Definition dieses «Output-Intents» ist dann in der im Dezember 2001 erschienenen Spezifikation der PDF-Version 1.4 fest aufgenommen worden.

Erzeugung in zwei Schritten

Da PDF/X zwei Einträge enthält, die in PDF 1.3 nicht spezifiziert sind, gibt es zurzeit noch keine Software, die PDF/X-Dateien direkt erzeugen kann. Man muss dies deshalb in zwei Schritten machen. Zuerst wird ein normales PDF-Dokument generiert, das anschliessend in eine PDF/X-Datei konvertiert wird. Neben dem Einbetten des Ausgabeprofils und der Definition der PDF/X-Version muss dabei natürlich auch überprüft werden, ob alle PDF/X-Voraussetzungen erfüllt sind. Der erste Schritt, die Erzeugung des PDF-Dokumentes, kann mit den meisten gängigen Werkzeugen (z.B. PDF-Export aus diversen Applikationen oder dem Acrobat Distiller) erfolgen. (Vom PDFWriter und ähnlichen Lowend-Produkten sei allerdings an dieser Stelle dringend abgeraten.) Eine Arbeitsgruppe der European Color Inititative ECI hat Joboptions-Dateien für Distiller 4.05 und 5.0.x erarbeitet. Diese können unter www.prepress.ch/pdfx/ heruntergeladen werden. Der einzige Unterschied zwischen den zwei Versionen betrifft die Transferkurven, die leider nur im Distiller 5.0.x angewendet (d.h. eingerechnet) werden können.

PDF/X-3 Inspector

Für den zweiten Schritt hat Callas ein Plugin für Acrobat 4.05 und 5.0.x entwickelt. Die Programmierung des PDF/X-3 Inspector wurde in verdankenswerter Weise vom Bundesverband Druck und Medien (bvdm), der EMPA/UGRA und der IFRA gesponsert. Dadurch kann dieses wichtige Tool kostenlos an alle Anwender abgegeben werden. Die aktuellen Versionen für Macintosh und Windows findet man im Internet unter www.pdfx3.org. Mit diesem Zusatz-Plugin können in der Acrobat-Vollversion reguläre PDF-Dokumente als PDF/X-3-Dateien gesichert werden. Zuvor überprüft der PDF/X-3 Inspector allerdings, ob alle Bedingungen der Norm erfüllt sind. Beim Aufruf können zusätzliche Prüfkriterien eingegeben werden, die in der X-3-Norm nicht spezifiziert sind. So ist zum Beispiel in PDF/X keine minimale Auflösung festgelegt, da PDF/X-Dateien sowohl für den Digitaldruck, wo eine Halbtonauflösung von 150 dpi bereits ausreicht, als auch für Feinraster im Offsetdruck, für die man eine Auflösung von mindestens 350 dpi benötigt, eingesetzt werden können. Auch die maximale Anzahl Farbauszüge ist nicht fix definiert. Ausserdem kann man festlegen, ob auch Lab- und ICC-basierte Farbräume zugelassen werden sollen. Diese Prüfkriterien lassen sich zusammen mit dem gewünschten ICC-Ausgabeprofil in so genannten «Sets» ablegen. Falls beim Preflight eines dieser Kriterien nicht erfüllt ist, erhält man eine entsprechende Fehlermeldung. Ist die Prüfung hingegen erfolgreich, dann werden die PDF/X-Identifikation und das ausgewählte ICC-Ausgabeprofil eingebettet. Gegebenenfalls wird das PDF-Dokument auch zurück in die PDF-Version 1.3 konvertiert und abgespeichert. Das Plugin ermöglicht ausserdem die Prüfung, ob eine eingehende Datei der PDF/X-3-Norm entspricht, sowie das Extrahieren des ICC-Ausgabeprofils (zum Beispiel für die Herstellung eines Digitalproofs). Schliesslich können die eingebetteten PDF/X-Informationen auch wieder aus der Datei entfernt werden.

Kommerzielle Software

Die Konvertierung in eine PDF/X-Datei wird auch bereits von einigen kommerziellen Programmen angeboten. Allen voran natürlich der pdfInspector 2.0 von Callas (der die Basis für das Freeware-Plugin war). Aber auch die Konkurrenzprodukte von Enfocus (PitStop-Plugin 5.0, PitStop-Server 2.0 und InstantPDF 2.0) erlauben die Prüfung und Erzeugung sowohl des PDF/X-3- als auch des PDF/X-1a-Formates. Für PDF/X-1 und PDF/X-1a gibt es aus den USA zudem noch das Plugin PDF/X-Checkup von Apago. Ausserdem haben Hewlett Packard und BestColor angekündet, dass sie PDF/X-3 in ihren Remote-Proof-Produkten verwenden werden. Sonst ist die direkte Unterstützung von PDF/X-3 in Ausgabe-Workflowsystemen noch nicht so weit fortgeschritten. Dies wird von den meisten Herstellern damit begründet, dass die X-3-Norm von der ISO noch nicht offiziell veröffentlicht worden ist. Für die Anwendung von PDF/X-3 ist das aber nicht weiter tragisch, da eine PDF/X-3-Datei ein ganz normales PDF-Dokument darstellt, das wie jede andere PDF-Datei verarbeitet werden kann. Angestrebt wird natürlich der direkte Export von PDF/X-Dateien aus den wichtigsten Grafik- und Layout-An-wendungen sowie den PDF-Konvertierungsprogrammen (wie dem Acrobat Distiller oder dem Jaws PDF-Creator). Wir haben diesbezüglich bereits einige Lobby-Arbeit betrieben und ich bin zuversichtlich, dass in den nächsten Versionen der meisten Programme entsprechende Funktionen enthalten sein werden. Auf der letzten Seybold-Konferenz in San Francisco fand zu diesem Zweck ein von der DDAP organisiertes Meeting statt, an dem über ein Dutzend Hersteller (u.a. Adobe, BestColor, Callas, CreoScitex, Enfocus, Global Graphics, Heidelberg, HP, Quark und Xinet) teilnahmen. Es wurde beschlossen, internationale Marketingaktivitäten zur Bekanntmachung von PDF/X vorzubereiten.

Grosses Interesse

Die ISO-Normen stossen auch bei den Anwendern auf grosses Interesse. Meine PDF/X-Seminare (vgl. Kasten «PDF/X-Seminare») sind sehr gut besucht. Einige grosse Verlage und Kunden sind zurzeit daran, ihre Richtlinien zur Anlieferung von Druckvorlagen an die PDF/X-Norm anzupassen. Auch der deutsche «MedienStandard Druck 2001» und die amerikanische SWOP-Spezifikation verwenden in ihren Richtlinien als Datenformat bereits PDF/X. Auf der Seybold-Konferenz in New York hat die Time Inc., eine der weltweit grössten Verlagsgruppen (u.a. mit Zeitschriften wie Time, Sports Illustrated, People, Fortune), die Besucher mit der Bekanntgabe überrascht, dass die Anlieferung von Anzeigen für die 56 amerikanischen Magazine der Time-Gruppe ab 1. Juni 2002 im PDF/X-Format zu erfolgen hat. Auch für die Übermittlung der Ganzseiten an die diversen Druckstandorte soll ab diesem Zeitpunkt PDF/X-1a verwendet werden. Der Projektleiter Kin Wah Lam hat mir im Gespräch ausserdem erzählt, dass er beabsichtigt, so schnell wie möglich auf PDF/X-3 umzustellen, da ein ICC-basierender Arbeitsablauf angestrebt wird.

Bedeutung

Mit dieser ISO-Norm erhält das bereits weit verbreitete PDF-Datenformat eine offizielle Sanktionierung. PDF wird dadurch unabhängig von Adobe. Diese ISO-Norm wird die Verwendung von PDF in der Druckvorstufe sicher weiter fördern. Dank den in PDF/X definierten Einschränkungen wird der Austausch digitaler Druckvorlagen einfacher und sicherer. Dadurch lassen sich Unklarheiten bei der Datenübergabe vermeiden und weitere Kosteneinsparungen realisieren. Ich gehe davon aus, dass sich mittelfristig die PDF/X-3-Norm gegenüber den anderen Varianten weltweit durchsetzen wird, da X-3 das grösste Potenzial (auch für zukünftige, colormanagementbasierte Arbeitsabläufe) aufweist. PDF/X-1 fällt mangels Softwareunterstützung weg und PDF/X-1a ist eine Untermenge von PDF/X-3. Ob PDF/X-2 jemals in Kraft treten wird, ist noch unklar. Ausserdem hat die X-3-Version natürlich den unschlagbaren Vorteil, dass man dank dem kostenlosen PDF/X-3 Inspector zu Erzeugung und Verarbeitung nur das normale Acrobat-Programmpaket benötigt, während für die anderen Varianten spezielle Zusatzsoftware gekauft werden muss.

Kasten: PDF/X und Certified PDF

In einigen Ländern (Belgien, Frankreich, Niederlande und Schweiz) empfehlen Fachverbände (in der Schweiz nur der VSD) den Einsatz von Certified PDF von Enfocus. Dies hat für einige Verwirrung gesorgt. Es handelt sich bei Certified PDF nicht um einen Qualitätsstandard wie PDF/X, sondern um eine proprietäre Methode zur Definition von Regeln (so genannten Profilen) zur Erzeugung und zur Prüfung von PDF-Dateien. Mit dieser Technik können Profile für ganz unterschiedliche Anwendungen (Internet, Archive, Druckvorstufe) definiert werden. Die Verwendung von Certified PDF garantiert daher noch keine einwandfreien Druckvorlagen. Es ist allerdings möglich, Profile zu definieren, die den Regeln der PDF/X-Norm entsprechen. Es können auch noch weitergehende Kriterien (z.B. minimale Auflösung) für bestimmte Druckprodukte festgelegt werden. Damit ist Certified PDF eine Ergänzung und nicht eine Konkurrenz zu PDF/X. Der Nachteil von Certified PDF ist allerdings, dass alle Beteiligten zwingend die Software-Komponenten von Enfocus (PitStop-Plugin 5.0, PitStop-Server 2.0, InstantPDF 2.0) einsetzen müssen.