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Schweizer Fachzeitschrift
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Editorial

Editorial

Jetzt wäre im DTP etwas mehr Komfort angesagt

Die Jagd nach immer mehr Dots und Pixeln prägte die Entwicklung der Prepress-Hardware in den letzten 20 Jahren. Die Messlatte war dabei jeweils die Reproduktion einer A4-Seite in einem 60er-Raster. Wie unser Bericht auf Seite 28 zeigt, sind jetzt die Digitalkameras mit ihren 6-Megapixel-Chips eben daran, diese Hürde zu nehmen. Bei den Flachbettscannern wurde diese kritische Schwelle schon vor einigen Jahren erreicht. Heute bietet schon ein billiger Büroscanner die nötige Auflösung von 1200 dpi, um einen 9×13-Fotoabzug auf A4 zu vergrössern. Es ist also nicht erstaunlich, dass die Produkte­zyklen hier länger geworden sind und die Innovationen sich mehr im Sinne der Modellpflege darauf beschränken, bestehende Modelle mit neuen USB- und Firewire-Schnittstellen auszustatten.

Angesichts dieser Entwicklung stellt sich die Frage, ob die Zeit der grossen Innovationen bei der DTP-Hardware vorbei ist. Zumindest was die Auflösung anbelangt, ist unser Bedarf auf der Eingabeseite gedeckt. Und auch bei den Ausgabegeräten liegt angesichts der 1200 bis 2400 dpi der aktuellen Inkjet- und Laserprinter nicht mehr viel drin. Umso erstaunlicher ist es, dass mit dem Bildschirm ein ganz zentraler Teil unserer Publishing-Infrastruktur von dieser Auflösungssteigerung weitgehend unberührt geblieben ist! So kommt es, dass – wie der Artikel auf Seite 22 in diesem Heft zeigt – die Bildschirmdarstellung von Schriften mit heutigen DTP-Systemen noch absolut unbefriedigend ist.

Ein mit einer Auflösung von 1600×1200 Pixeln betriebener 21-Zoll-Monitor bietet gerade eine Auflösung von 96 dpi, also kaum merklich mehr als die 72 dpi der ersten Macs in den Anfangszeiten des DTP. Damit ist die Darstellung von Typografie am Bildschirm noch immer meilenweit von der Qualität eines heutigen Büroprinters, geschweige denn von der des Offsetdrucks entfernt. Dies ist umso erstaunlicher, als das WYSIWYG (What You See Is What You Get) vor bald 20 Jahren zu den ursprünglichen Versprechen des DTP gehörte.

Der Grund, wieso die DTP-Monitore in den letzten 20 Jahren nur grösser, aber nicht eigentlich feinauflösender geworden sind, ist neben rein technischen Hindernissen wohl auch die mangelnde Nachfrage. Anders als beim Scanner oder bei der Digitalkamera wirkt sich die Auflösung des Monitors nicht direkt auf die Qualität des Endproduktes aus. Ein fein auflösender Monitor gehört damit nicht zu den «Musts» einer DTP-Infrastruktur, sondern bietet dem Publisher bloss einen zusätzlichen Komfort am Arbeitsplatz. Und da man bis anhin an den «Musts» genug zu verbessern hatte, blieben derartige Komfortfaktoren von Anbietern und Käufern bis jetzt eher unbeachtet.

Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass sich das bald ändert und die Entwicklung der Computerhardware künftig stärker auf «Nebensächlichkeiten» wie eine anständige Bildschirmdarstellung ausgerichtet sein wird. Dies umso mehr, als der Pflicht-Forderungs­katalog weitgehend erfüllt ist und kaum mehr Potenzial für Weiterentwicklungen bietet. Die künftige Entwicklung könnte damit analog zur jener der Autoindustrie laufen, wo ja auch irgendwann in den Fünfzigerjahren die «Musts» in Sachen PS, Geschwindigkeit etc. erreicht waren, ohne dass die Entwicklung deswegen stehen blieb. Und wenn ich nun meinen DTP-Arbeitsplatz mit einem voll ausgerüsteten Mittelklassewagen vergleiche, mache ich mir um das weitere Prosperieren der Hardwarebranche keine Sorgen. Ein fein auflösender Monitor wäre da im Vergleich zu Navigationssystem und Sitzheizung erst ein ganz kleiner Anfang ...

Martin Spaar