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PDF und WebDAV in der Praxis

PDF & WebDAV in der Praxis

Sichere Kommunikation via Standard-Webbrowser

Auch wenn es in den Marketingbroschüren der Softwarehersteller anders klingt – die Onlinebearbeitung eines Dokuments durch mehrere Benutzer ist nicht so einfach wie oft versprochen. Adobe bietet mit dem Einsatz von WebDAV eine gute Lösung. Was aber ist WebDAV?

BERND ZIPPER Beim herkömmlichen Verfahren müssen die Online-Daten mittels einer FTP-Anwendung auf den Webserver hochgeladen werden. Der normale Browser ist hierbei wenig hilfreich. Anwender der Microsoft-Software FrontPage und von deren proprietären Systemerweiterungen haben es da einfacher – durch ein eigenes, wohl gemerkt proprietäres Protokoll, können Daten auf einem Webserver installiert werden. Aber dieses Verfahren ist nicht unproblematisch: Kommen mehrere Anwender zusammen, wird das Online-Teamwork auch durch FrontPage kaum vereinfacht.

Files bereitstellen mit HTTP

In Bezug auf den Einsatz von Acrobat sind in diesem Zusammenhang schon verschiedene mögliche Lösungen vorgestellt worden, und der Königsweg scheint nun eine Erweiterung von HTTP 1.1 zu sein. Dieser Auffassung ist zumindest die IEFT-Arbeitsgruppe, die mit dem Titel «RFC 2518: HTTP Extensions for Distributed Authoring» einen Standardentwurf entwickelte, der nun u.a. von Adobe aufgenommen wurde. WebDAV (Distributed Authoring and Versioning) erweitert HTTP um die Fähigkeit, Daten auf einem Webserver zu sichern. Ferner können mittels WebDAV die Mitglieder eines Teams gleichzeitig an einem Dokument arbeiten, ohne am gleichen Ort zu sein – es genügt eine Internetverbindung. Dies wird durch implementierte Funktionen wie «Locking» (Abschliessen) einer Datei und die Versionskontrolle gewährleistet. Mittels «Locking» kann der Bearbeiter einer Datei das gerade verwendete Dokument temporär sperren, seine Änderungen durchführen und anschliessend wieder freigeben. Sperrung und Freigabe erfolgen automatisch gesteuert von WebDAV, um eine Kollision zu vermeiden. Während dieser temporären Sperrung der Datei – «persistent lock» genannt – muss keine Netzwerkverbindung bestehen.

So kann eine PDF-Datei im Netz geöffnet und offline bearbeitet werden. Anschliessend wird die Änderung wieder auf den Server «geschrieben». WebDAV sieht auch vor, dass einzelnen Dokumenten Eigenschaften zugeordnet werden. Diese Eigenschaften – Properties – sind Metadaten auf XML-Basis. WebDAV unterscheidet zwischen «Dead» und «Live» Properties. Live-Properties sind Eigenschaften, die vom Server selbst generiert werden – hierzu gehören u.a. Erstellungs- und Änderungsdatum. Dead-Properties kann der Server nicht modifizieren – so bleibt der Name des Autors erhalten. Der Autor einer PDF-Datei kann der Datei aber auch weitere Properties zuordnen. Diese Properties sind Name-Wert-Kombinationen, die eine URL und XML-Code beinhalten. Im Falle von Adobe Acrobat sind dies Online-Kommentare. Doch auch im Intranet erfüllt WebDAV seinen Dienst und kann für Netzwerkdatei-Server eingesetzt werden. Da es sich bei WebDAV um HTTP «pur» handelt, dürften Firewall- und Proxy-Anwendungen die Kommunikation kaum behindern.

Breite Unterstützung

Viele Softwareprodukte setzen mittlerweile auf WebDAV oder unterstützen diesen neuen Standard. So ist Cadaver ein Command-Line-Client für DAV, mit dem Up- und Download, Copy und Move vom Server-Client ausgeführt werden können. PyDAV ist ein in Python implementierter DAV-Server – eine Python DAV Client Library ist ebenfalls in Vorbereitung. Auch das Jakarta Slide Project ist mit WebDAV befasst. Diese Modulsammlung zielt in Richtung Contentmanagement-System auf WebDAV-Basis. Ein weiteres OpenSource-Tool ist Sitecopy, das auf Basis von WebDAV und FTP das Handling von Webseiten vereinfachen soll. Für Mac OS geht das Projekt DAV & Goliath ins Rennen. In insgesamt vier Einzelprojekten werden Server- und Servermanagement-Lösungen auf WebDAV-­ Basis entwickelt. Auf der Serverseite wird WebDAV u.a. vom Marktführer Apache (via mod_dav) sowie vom Microsoft Internet Information Server 5 und vielen anderen unterstützt.

Aber auch eine Reihe von kommerziellen Produkten nutzt diesen neuen Standard. Adobe Acrobat, Adobe GoLive, Mac OS X, Xythos – ein WebDAV Server, Macromedia Dreamweaver, Excosoft, Xerox Docushare 2.0 and Microsoft Office 2000 – um nur einige zu nennen. Die Implementierung in den allgemein gültigen HTTP-Standard erscheint viel versprechend – zumal der Einsatz von WebDAV damit auf den meisten Webservern in Zukunft gesichert sein dürfte und einige Probleme lösen wird. Auch wenn sich WebDAV noch in der Entwicklung befindet, ist das Bedürfnis im Markt gross. Auch Marktführer Microsoft setzt – trotz eigener Technologien wie FrontPage – auf WebDAV. Für den Endkunden kann dies nur von Nutzen sein, wird doch die sichere Pflege von Dateien und Dokumenten auf Servern und Webservern mit WebDAV auch für den «normalen» Anwender möglich. Die meisten Internet-Provider bieten bereits seit Anfang Januar 2002 WebDAV als normalen Service an – meist sogar ohne Mehrkosten. Was liegt also näher, als die Kombination PDF und WebDAV einzusetzen, um die Team-Kommunikation zu vereinfachen. Auch für Dienstleister kann dieses Verfahren durchaus praktisch sein – so können nun Layoutbesprechungen komplett digital realisiert werden.

WebDAV – was Profis wissen sollten!

Die WebDAV-Technologie steht noch am Anfang ihrer Entwicklung. Zahlreiche Provider stellen derzeit ihre Server auf diesen neuen Standard um. Mit einigen Problemen jedoch. Läuft zum Beispiel das Apache-Modul mod_dav, so werden die Dateien, die von dieser Apache-Erweitung geschrieben werden, un- ter der Unix-UID des Apache-Webservers geschrieben. Damit dies möglich ist, müssen zum Beispiel bei grossen Providern die Home-Verzeichnisse der einzelnen Kunden für den Webserver-Prozess schreibbar sein. Dieser Umstand führt leider zu grossen Problemen. Unter WebDAV ist es erforderlich, dass alle Verzeichnisse für den User WWW mit Schreibrechten versehen werden. CGI-Programme, Login-Shells und FTP-Logins der Kunden laufen aber meist – aus Sicherheitsgründen – unter der Unix-UID des jeweiligen Kunden. Um die von mod_dav geschriebenen PDF-Files per Shell-Login, CGI-Programmen oder FTP manipulieren zu können, müssten aber die Rechte für den jeweiligen User so weit erweitert werden, dass eine eindeutige Absicherung der Kunden-Domains untereinander nicht mehr gegeben ist. Im Extremfall würde dies bedeuten, dass Kunden Zugriff auf fremde Domains erhalten – bei vollen Schreib- und Leserechten. Um diesem Problem zu begegnen, setzen erfahrene Internet-Provider PHP (die in Verbindung mit Linux und Apache populärste Webserver-Scripterweiterung) nicht als Apache-Modul ein – sondern als CGI. In diesem Fall kann dann sueexec – ein CGI-Programm – dies verhindern.

Ein weiteres Problem in Zusammenhang mit der Implementierung von WebDAV auf einem Apache-Server wurde bei den bisher eingesetzten Technologien wie z.B. FTP geschickt umgangen. Grundsätzlich müssen Perl-Scripte in der ersten Zeile mit #!/usr/bin/perl beginnen – wobei das Zeilenende ein Unix-Linefeed sein muss. In der Windows-Welt existiert dieses Unix-Linefeed jedoch nicht. Via FTP wird dieses Problem durch einen ASCII-Übertragungsmodus umgangen, bei dem die Linefeed-Befehle in die jeweilige Systemsyntax übersetzt werden. WebDAV kennt diesen Übersetzungsmodus (noch) nicht. Wird nun aber ein Perl-Script via WebDAV übertragen, ist dieses Script auf dem Zielsystem nicht lauffähig. Selbst die Ausführungsrechte von Scripten, die unter Unix Bedingung sind, werden von WebDAV nicht automatisch vergeben. Daher ist eine Modifikation des Apache-Servers oder von WebDAV notwendig, die erkennt, ob ein Script oder ein ausführbares Programm auf den Server transferiert werden soll. Diese Modifikation muss dann die Linefeed-Übersetzung und die Ausführungsrechte managen. Ein Vorteil von WebDAV ist jedoch, dass der Einsatz dieser Technologie weniger Systemressourcen benötigt. Dies begünstigt das Verhalten und die Performance des Webservers insgesamt und erklärt auch die «Beliebtheit» von WebDAV bei vielen Webadministratoren. Der «normale» Anwender eines Webservers wird ab Ende 2001 (meist kostenlos) in den Genuss einer WebDAV-HTML-Umgebung kommen – als Acrobat-User ist man daher gut gerüstet.

So gehts: Online-Kommentare in der Praxis

Es ist einfacher, als man denkt. Einmal konfiguriert, können grössere Personen­gruppen bequem und gleichzeitig (!) PDF-Dateien besprechen und mit Kommentaren versehen. Alles, was man hierfür benötigt, ist ein Internetbrowser (Netscape oder MS-Explorer), die Vollversion von Adobe Acrobat und natürlich eine beliebige Internet-verbindung. Wichtig: Es sollte unbedingt daran gedacht werden, dass man dieses Verfahren nur per Internetbrowser anwenden kann – in Acrobat selbst funktioniert es natürlich nicht. Um Online-Kommentare nutzen zu können, muss zunächst die URL eines WebDAV-Servers bekannt sein. Dies kann ein eigener WebDAV-Server sein oder aber auch einer der vielen verfügbaren Testserver. (Ein guter Testserver ist der von Planet-PDF unter: http://www.planetpdf.com/planetpdf/ webdavdemo/) In den Acrobat-Grundeinstellungen wird nun im Bereich Online-Kommentare der Servertyp auf WebDAV eingestellt und die o.g. URL eingegeben. Wird nun ein PDF im Internetbrowser geöffnet, werden automatisch die Up- und Download-Buttons sichtbar. Eigene Kommentare können jetzt hochgeladen und die Anmerkungen der Kollegen heruntergeladen werden. Die übliche Verfahrensweise im Teamwork gestaltet sich gleichermassen einfach. Der Autor eines Dokumentes stellt dieses Dokument über ein FTP-Tool (zum Beispiel Fetch) auf eine Internet-Site. Die URL dieser Internet-Site gibt der Autor nun seinen Kollegen bekannt. Diese können nun – nachdem sie sich auf einen gemeinsamen WebDAV-Server geeinigt haben – die PDF-Datei vom Internetserver öffnen und die Datei fleissig mit Kommentaren versehen.

Übrigens: Muss man zwischen verschiedenen Projekten hin und her wechseln und verschiedene WebDAV-Server nutzen, kann man die WebDAV-Server-URL auch später noch im Optionsfenster des PDF-Viewer-Plug-in des Internetbrowsers ändern. Aber Vorsicht, diese Option ist auch gleichzeitig eine der häufigsten Fehlerquellen. Daher sollte stets überprüft werden, welcher WebDAV-Server eingestellt wurde.