Photoshop 7 im Zeichen der Digitalfotografie
Photoshop 7
Im Zeichen der Digitalfotografie
Die Version 7 von Photoshop wird in einigen Wochen erhältlich sein. Publisher vermittelt einen ersten Einblick in die Neuerungen, die vor allem den Digitalfotografen und Mac-OS-X-Anwendern zugute kommen.MARKUS ZITT Alle anderthalb bis zwei Jahre werden neue Versionen von Photoshop lanciert, welche gänzlich neue Funktionen aufweisen, aber auch einige alte in neuem Glanz erscheinen lassen. Den Anwendern bietet sich mit der teuren Aktualisierung die Gelegenheit, sich mit einem monetären Beitrag an der Weiterentwicklung des geliebten Programms zu beteiligen und das Wohlbefinden der Adobe-Shareholder zu finanzieren.
Bei Photoshop ist es nun wieder so weit. Die mittlerweile siebte Version steht vor der Tür. Trotz des markanten Versionssprungs halten sich die Neuerungen jedoch in Grenzen. Als die herausragendste Funktion feiert Adobe den integrierten Datei- bzw. Bilderbrowser, der das Auffinden eines bestimmten Bildes in der Bilderflut vereinfacht. Als weitere Highlights werden zwei neue Bildreparaturwerkzeuge («Healing Brush Tool» und «Patch Tool»), einen Mustergenerator sowie die speicherbaren Einstellungen für Werkzeuge (Presetmanager) und die Arbeitsoberfläche (Workspace) angepriesen.
Viele Mac-Anwender dürften sich jedoch alleine schon an der Tatsache erfreuen, dass Photoshop nun endlich auch unter dem unixbasierten Mac OS X läuft. Dies hat übrigens zur Folge, das alleine die beiden Programme Photoshop und ImageReady mit je 50 MB gut dreimal schwerer auf der Mac-Festplatte lasten als die Vorgänger aus Version 6 oder die schlanken Windows-Programme von Version 7. Natürlich sind Photoshop und das Web-Bildbearbeitungsprogramm ImageReady auch voll kompatibel zu dem anderen neuen Betriebssystem mit dem X vor dem P. Da verwundert es, dass Adobe ihre Programme nicht gleich passend als Version 10 bzw. X lanciert hat, zumal ImageReady gleich mehrere Versionsnummern überspringen durfte und nun in Version 7 vorliegt. Dieses ist allerdings weniger dem Effort der Entwickler als jenem der Marketingleute zu verdanken.
Beherrscher der Bilderfluten
Nach der Konkurrenz hat nun auch Adobe die Bedürfnisse der Digitalfotografen erkannt und Photoshop mit dem längst überfälligen Datei- und Bilderbrowser ausgestattet, wie man ihn unter anderem von PhotoImpact, ACDsee oder vom GraphicConverter her kennt. Der FileBrowser kann gemäss seiner Bestimmung ausschliesslich Bilder auf lokalen und online verfügbaren Speichermedien anzeigen und organisieren. Er vermag also nicht auf Wechselmedien archivierte Bilder zu verwalten, wie dies Bilddatenbanken wie z.B. Portfolio, Cumulus oder Fotostation tun. Wird in Photoshop statt des normalen Öffnen-Dialogs mit seiner Einzelbildvorschau der FileBrowser aufgerufen, so zeigt dieser im rechten Teil seines Fensters Miniaturen aller Bilder eines ausgewählten Ordners. Statt also eine Datei nur anhand von Name und Speicherort zu suchen, können bequem Verzeichnisse durchgeblättert und Bilder anhand ihrer verkleinerten Darstellung verglichen und das geeignete ausgewählt werden. Im FileBrowser-Fenster können Miniaturen der Bilder in drei Grössen als Matrix oder als Liste dargestellt und nach verschiedenen Aspekten sortiert werden. In der linken Hälfte des Fensters sind bis zu drei Teilfenster zu sehen. Eines zeigt die aktuelle Verzeichnisstruktur im Stil des Windows-Explorers bzw. Mac-Finders. Im mittleren wird dagegen eine grössere Vorschau eines angeklickten Bildes gezeigt, während darunter die Metadaten (Dateiname, Auflösung, EXIF-Daten) zum entsprechenden Bild dargestellt werden. Per Mausklick lässt sich das gewünschte Bild aus dem Browser öffnen, wogegen über das Kontextmenü (rechte Maustaste) einzelne Dateien markiert, umbenannt, im Mac-Finder bzw. Windows-Explorer angewählt oder in 90-Grad-Schritten gedreht werden können. Durch die Drehung wird übrigens nur die Vorschau rotiert, die eigentlichen Dateien bleiben vorerst unberührt. Dies spart Zeit und vermeidet bei JPEG-Bildern ein erneutes, verlustbehaftetes Sichern. Erst beim Öffnen in Photoshop werden die Bilder nach Vorgabe des FileBrowsers rotiert. Der FileBrowser dürfte sicherlich für jeden Anwender von grossem Nutzen sein, geradezu unabdingbar ist er jedoch für den Besitzer einer Digicam, dessen Knipsfreudigkeit eine Flut ähnlich lautender Bilddateien auf die Festplatte schwemmt. Was dem FileBrowser leider fehlt, sind die Möglichkeiten, einzelne Dateien zu verschieben, zu kopieren, per E-Mail zu versenden und als Diaschau zu präsentieren. Dafür aber kann er Bilddateien reihenweise umbenennen und dabei allenfalls verschieben. Möglich war das Umbenennen bislang nur im Rahmen des automatischen Sicherns in der Stapelverarbeitung, welche die gleichen Benennoptionen bietet. Hunderte von Digifotos, deren kurze DOS-Dateinamen aus einer Seriennummer und einem davor gesetzten Kürzel für Image oder für Digital Still Camera samt jeweiligem Markennamen bestehen (typische Beispiele: IMG_0034.JPG oder DSCN0033.JPG), können so bequem und schnell mit langen aussagekräftigeren Namen bezeichnet werden. Der Umweg über eine stapelweise Umbenennung im DOS-Modus oder mittels Mac-Shareware (z.B. QuickRename) oder gar manuelle Tipparbeit entfällt. Wünschenswert wäre jedoch, dass bloss Teile des Dateinamens ersetzt bzw. in den neuen Dateinamen übernommen werden könnten.Metadaten
Digitalfotografen, die ihre Arbeit ausführlich dokumentieren oder für die Beurteilung eines Aufnahmeverfahrens gerne die Aufnahmedaten zu Rate ziehen, können fortan diese nicht mehr nur in den Bilderbrowsern der Kamerahersteller, sondern auch in Photoshop einsehen. Metadaten wie das Aufnahmedatum, die gewählte Brennweite, die benutzte Verschlusszeit-Blenden-Kombination, der eingestellte Weissabgleich usw. werden mit den eigentlichen Bilddaten von jeder Kamera gespeichert, die den EXIF-Standard 2.1 (EXchangeable Image File Format) unterstützt. Angezeigt werden die EXIF-Daten sowohl im Photoshop-FileBrowser als auch im überarbeiteten Dialogfenster «Dateiinformation», das wie bisher etliche Datenfelder für Bildautor, Inhalt, Copyright-Inhaber etc. gemäss dem IPTC-Standard (International Press Telecommunications Council) bereithält. Nützlich sind solche Angaben beim professionellen Bilderaustausch (z. B. mittels Bilderserver wie Canto Cumulus oder Adobe AlterCast), und künftig sollen die EXIF-Daten (gemäss EXIF 2.2) gar für optimierte Fotodrucke und Belichtungen sorgen. Die IPTC-Metadaten können zwar als XMP, einem neuen XML-basierten Format gesichert werden, ideal wäre jedoch eine Exportmöglichkeit aller IPTC- und EXIF-Daten aus mehreren Bildern in eine textbasierte Datenbank.Fotos präsentieren
Für den Papier sparenden Ausdruck vermochte schon Photoshop 6 mit der Automatikfunktion «Bildpaket» ein Foto in mehreren Grössen auf einem A4-Blatt auszugeben und so Fotopapier optimal zu nutzen. Neu gibt es nicht nur mehrere Vorlagen, sondern es können verschiedene Bilder automatisch auf dem Bogen platziert und nun zusätzlich mit Textangaben (z.B. Dateiname, Copyright) ergänzt werden. Nicht verbessert wurde dagegen der «Kontaktabzug II». Nach wie vor lässt er einige Einstellvariablen (z.B. Distanz zwischen Bildfeldern, Blattbeschriftung) und Speicherung der Einstellungen vermissen. Idealerweise müsste er ohnehin noch durch eine Katalogdruckfunktion, wie in GraphicConverter oder iPhoto, ersetzt oder ergänzt werden. Getan hat sich dagegen etwas bei der Webgallery, die nun mehrere Vorlagen und zusätzliche Einstellungen bietet. Wer Bilddateien als PDF sichert, um sie so zu verteilen oder später mit Acrobat zu Katalogen oder Präsentationen im Vollbildmodus (Diaschau) zusammenzufassen, dürfte die neu dazu gekommenen Sicherheitseinstellungen für den PDF-Export zu schätzen wissen. Vier separate Einschränkungen lassen sich passwortgeschützt festlegen: 1. PDF kann nicht gedruckt, 2. geändert oder 3. mit Kommentaren versehen werden und/oder 4. Bilder können nicht entnommen werden. Dabei stehen nun die 40-bit-RC4-Verschlüsselung von Acrobat 3 und 4 sowie die 128-bit-Variante aus Acrobat 5 zur Verfügung.Heilsame Bildoptimierungen
Um Bilder auf die Schnelle zu optimieren, hat sich die automatische Tonwertkorrektur, wie sie direkt im Menü oder in den Dialogfenstern «Tonwertkorrektur» und «Gradationskurve» zu erreichen ist, längst bewährt. Ergänzt wurden diese schon vor einiger Zeit durch den farblich neutralen «Auto Kontrast» und in Photoshop 7 durch «Auto Farbe». Neu lässt sich das bevorzugte Optimierungsverfahren auch optional für die Auto-Taste in der «Tonwertkorrektur» und der «Gradationskurve» bestimmen. Neu sind auch die beiden Werkzeuge, die durch ein symbolisches Pflaster und einen Flicken in der Werkzeugpalette dargestellt sind und in der vorliegenden englischsprachigen Betaversion als «Healing Tool» und «Healing Brush Tool» bezeichnet werden. Bei beiden Werkzeugen werden der Farb- und Helligkeitsverlauf an der Retuschestelle berücksichtigt. Das typische Problem beim «Stempeln», dass eine retuschierte Stelle durch einen anderen Helligkeitsverlauf heraussticht, wird so vermieden. Eine Wunderheilung beschädigter Bilder darf man mit beiden Werkzeugen nicht erwarten. Das «Healing Brush Tool» (Pflaster) funktioniert nach dem Prinzip des Stempels. Statt aber wie beim Stempel Farbe, Helligkeit und Textur von einer Stelle auf die Retuschestelle zu übertragen, wird nur die Textur übernommen. Das «Healing Tool» (Flicken) wird wie das Lasso verwendet. Erst wird damit eine Retuschestelle umrandet, dann über die Healing-Taste in der Optionenleiste der «Heilungsprozess» ausgelöst. Dabei wird innerhalb dieser Auswahl ein Mittelwert der Farben ermittelt und angewendet. Die vorhandene Textur geht dabei verloren und die Stelle wirkt wie mit dem Wischfinger oder dem Weichzeichner bearbeitet. Das Werkzeug scheint besonders für das Entfernen von Staubkörnern oder Leberflecken geeignet zu sein. Weniger geeignet ist sein Einsatz, wo zwei kontrastierende Farben (z.B. Rot und Weiss) aufeinander treffen und eine Kontur bilden, denn dann entsteht einfach nur ein texturloser Mischfleck (z.B. mit rosarotem Verlauf). Verschwunden aus der Werkzeugliste ist übrigens die Spritzpistole. Sie steht jetzt als spezielle Betriebsweise von Pinsel, Stempel & Co. in der Optionenleiste zur Verfügung. Die Spitzen des Pinsels und die anderer Werkzeuge können nun auch als kontextsensitives Menü aufgerufen werden. Dort stehen sie dann in einer Liste zusammen mit der Art, wie Farbe aufgetragen wird (normal, Sprenkeln etc.) und den Anweisungen, ob die Werkzeugspitzen durch kleine, mittlere oder grosse Thumbnails oder als Text aufgelistet werden sollen. Ebenfalls kann aus dem Kontextmenü der neue Presetmanager aufgerufen werden. So viele Einstellungen per Kontextmenü zu erreichen scheint praktisch, ist jedoch etwas unübersichtlich oder zumindest stark gewöhnungsbedürftig.Kleine Änderungen und Neuerungen
Offensichtlichste Änderung in der neuen Photoshop-Version sind die neu gestalteten grauen Werkzeugsymbole, die beim Mausover farbig aufleuchten. Auch einige Funktionen sind jetzt an anderer Stelle zu finden. Scheinbar ins Nirwana wurden die Druckoptionen geschickt, die das Platzieren der Bilddatei auf einer Seite oder das automatische Anpassen der Bildgrösse auf die Druckseite erlaubten. Auch die Freistellen-Funktion «Extrahieren» und die Verformung- bzw. Warping-Funktion «Verflüssigen» wurden aus dem Menü «Bild» entfernt, sind aber nun zusammen mit dem neuen Mustergenerator «Pattern Maker» unter dem Menü «Filter» zu finden. Im Mustermacher werden anhand einer kleinen Auswahl automatisch wiederholende Musterziegel aneinander gefügt und das ursprüngliche Bild ersetzt. Die Muster können für spätere Verwendung – zum Beispiel mit dem Stempel – gespeichert werden. Im Vergleich zu vorhandenen Lösungen kann der Mustergenerator jedoch nicht begeistern, denn es mangelt an effektvollen Einstellmöglichkeiten. Neu hinzugekommen ist der bereits erwähnte Presetmanager, der das Sichern und Laden von Werkzeugspitzen, Farben, Verläufen etc. organisiert. Zu den angenehmsten kleinen Neuerungen gehört die Möglichkeit, Arbeitsflächen unter verschiedenen Namen zu speichern und bei Bedarf abzurufen. So lassen sich für verschiedene Arbeiten die geeigneten Paletten auf einen Schlag einblenden und anordnen. Ebenfalls eine Änderung hat die Textpalette erfahren, die fortan Textstile wie fett, kursiv, hoch gestellt, unterstrichen etc. bietet. Neu steht eine Rechtschreibeprüfung in mehreren Sprachen zur Verfügung, die sich auf eine ausgewählte oder gleich auf alle Textebenen anwenden lässt.Fazit: «Must» für Mac OS X, «Nice to have» für alle anderen
Während sich Version 6 durch einige innovative Neuerungen auszeichnete, die jedoch nur für einige Anwender einen echten Zusatznutzen brachten, haben die Entwickler bei Version 7 nun auch auf solche Innovationen verzichtet. Wie jedes grössere Upgrade, bringt auch die Version 7 Neuerungen und Änderungen, die sich im Alltag als praktisch erweisen werden und bald niemand mehr missen will. Gesamthaft sind dies jedoch nur wenige. Die Zeit der Quantensprünge mit vielen massiven Verbesserungen, die von Anwendern bereits sehnsüchtig erwartet wurden, scheint vorbei. Trotz Neuerungen und Verbesserungen, lohnt sich das teure Upgrade sicherlich nicht für jeden Anwender. Als Devise gilt «nice to have» statt «must have». Für alle heutigen und künftigen Mac-OS-X-Anwender ist die neue Version dagegen ein Muss. Mit Einführung von Photoshop 7 dürfte auch das letzte grosse Hindernis für den Einsatz von Mac OS X überwunden sein.