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Rahmen und abgerundete Ecken

Eckengestaltung einmal anders

Rahmen und abgerundete Ecken

Die normale Rahmengestaltung manifestiert sich in den Werkzeugen der entsprechenden Programme. Illustrator, Photoshop, XPress und InDesign können Rechtecke und solche mit abgerundeten Ecken zeichnen. Wer etwas kreativer sein will, muss rechnen.

RALF TURTSCHI Rahmen aller Art werden bei Textboxen, Kästchen, aber auch bei Anzeigen häufig eingesetzt. Sie dienen dazu, den Inhalt von der Umgebung abzugrenzen. Rahmen sind aber nicht unbedingt notwendig, ebenso gut kann ein Hintergrund diese Funktion übernehmen, sei es eine Farbfläche mit oder ohne Verlauf, sei es ein abgesoftetes Bild oder andere Gestaltungsmittel.

Linien positionieren

Linien beinhalten ihre Tücken, vor allem dann, wenn mehrere Dicken miteinander kombiniert werden sollen. Linien werden in den meisten Programmen von der Mitte der Linienstärke aus berechnet. Wenn man eine Linie zeichnet, geht das Programm unabhängig von der Dicke der Linie von einer xy-Position aus. Die Dicke wächst dann auf beiden Seiten dieser Position. Dieses Prinzip wird sowohl bei waagrechten als auch bei senkrechten Linien angewendet. Wer nun zwei dicke Linien wie ein L in der Ecke bündig machen will, hat ein Problem. Mit der Ausrichten-Funktion werden nicht die Linienstärken, sondern die xy-Positionen aufeinander ausgerichtet. Bei dicken Linien stimmen dann die Linienanschlüsse um die Hälfte der Breite nicht. Bei normalen Linien um 0,5 Punkt sieht man so etwas nicht. Bei dickeren Linien ab 2 Punkt wird der Fehler hingegen sichtbar. Es gibt nur einen Weg: Man muss diese halbe Strichbreite manuell korrigieren, indem man die eine oder andere Linie versetzt. Wünschbar und logisch wäre eigentlich, dass nicht die Position der Linie von der Mitte aus gemessen wird, sondern das Wachstum der Linien bestimmt werden kann, ausgehend von einer sichtbaren Kante. Von der xy-Position aus würde eine Linie z.B. immer in Richtung rechts (nach x) oder in Richtung unten (nach y) wachsen. Umgekeht ginge auch ein Wachstum nach links oder oben. Wenn es um das Thema Bündigmachen geht, ist die mittige Position einer Linie ziemlich irrelevant. Zwei Linien sind oben oder unten bündig, und nicht in der Mitte. Da gab es mal das spezielle Formularsatzprogramm «Linoform» (von Siemens) für Mac, welches diese Funktion beherrschte, leider ist es längst verschwunden. Die neuen Tabellenfunktionen in den Programmen XPress 5 und InDesign 2 geben wieder zu reden. Wenn die Macher nur ein bisschen Typografie in ihren Köpfen tragen würden, oder wenn sie auch nur einmal eine Tabelle gestaltet hätten, kämen sie automatisch auf solche Schlüsse. Man vermarktet hüben wie drüben eine unausgereifte und nicht sehr clevere Funktion, welche frei nach Excel eine Tabelle in Kolonnen und Zellen aufteilt, die man mit Linien teilt. Und die Medien klatschen Beifall, da es scheinbar einen Riesenfortschritt darstellt, nach bald 20 Jahren Desktop Publishing überhaupt eine Tabellenfunktion zu integrieren! Teer und Federn!

Rahmen in XPress/InDesign

Unter Dokument, Reiter «Allgemein» findet man in XPress ein Pop-up «Randplatzierung», wo man «Innen» oder «Aussen» einstellen kann. «Innen» ist die normale Einstellung, die das Linienwachstum ausgehend von der xy-Position bei allen Rahmen gegen innen bewirkt. Wenn man die Option «Aussen» anwählt, wächst der Rahmen von einer bestimmten x1y1-Position aus gegen aussen. Wenn die Liniendicke z.B. 5 Punkt beträgt, wird die xy-Position neu um diese 5 Punkt verschoben berechnet und in cm angezeigt. In InDesign steckt diese Funktion unter dem Reiter «Kontur». Dort rechts aussen auf den Optionspfeil klicken, dann erscheint «Stärke ändert den Begrenzungsrahmen». Wie man Bild- oder Textrahmen aufzieht, muss hier nicht besprochen werden. Da die xy-Position jedes Objektes immer oben links angezeigt wird, kann man mehrere Boxen leicht rechnerisch alinieren. Komfortabler geht es mit dem «Ausrichten»-Tool (Abstand/Ausrichtung). Damit können mehrere Objekte oben/mittig/unten oder links/mittig/rechts bündig gestaltet werden. Die gleiche Funktion findet man in InDesign im Fenster «Ausrichten». Solche Rahmenfiguren sind punktgenau in Linienstärke und Abstand definierbar. Leider wird die Rahmenstärke in Punkt angezeigt, die Rahmenbreite in mm, was zu Kommastellen führt, die das Rechnen nicht leichter machen.

Abgerundete Ecken

Rahmen mit abgerundeten Ecken sind ebenso beliebt wie einfach herzustellen. In XPress unter Modifizieren und in InDesign unter Eckeneffekte. Als bestimmbare Grösse für die Rundung wird bei beiden der Radius angegeben. Für normale Kästchen sind 3–5 mm angezeigt. So weit, so gut. Will man nun aber eine Kombination von dicken und dünnen Linien um die Anzeige ziehen, so kommt man der Geometrie ins Gehege. Die beiden Abbildungen nebenan zeigen das Problem auf: Zwischen der dicken und der dünnen Linie entsteht ein beträchtlicher Blitzer. Weil bei zwei verschiedenen Dicken in anderen Positionen unterschiedliche Radien entstehen, bleibt einem nichts anderes übrig, als diese zu errechnen. Erschwerend wirkt sich aus, dass sich die Radien auf die Mitte der Linie beziehen. In der Grafik oben ist beschrieben, wie man rechnerisch in den beiden Beispielen vorgeht. Es ist natürlich ebenso möglich, dass sich die Linien nicht überlappen, sondern dass sie Fläche an Fläche aneinander anstossen. Was nach meiner Beurteilung Passerprobleme mit Blitzern auslösen könnte, da man ja eine kleine Überlappung benötigt. Eine andere Rahmenform ist eine Kombination von abgerundeten und richtigen Ecken. XPress hält ein Funktion bereit ( Form), womit man abgerundete Ecken in ein Polygon mit Ankerpunkten umwandeln kann, die anschliessend bis auf den Eckpunkt gelöscht werden. In InDesign fehlt eine solche Funktion, da muss man eben zeichnen.