Feldtest der Anicolor-Speedmaster bei Fotorotar
MARTIN SPAAR Die Fotorotar AG in Egg ist einer der drei Betriebe in Europa, welche die von Heidelberg neu entwickelte Anicolor-Speedmaster SM 52 (siehe Artikel Seite 53) in einer Konfiguration mit fünftem Farbwerk testen. Dass sich Fotorotar im Bereich dieser neuen Offsettechnologie engagiert, ist insofern erstaunlich, als die Firma Ende 2004 in ein iGen3-Digitaldrucksystem von Xerox investiert hat. Jürg Konrad, Geschäftsführer von Fotorotar, ist zwar nach wie vor ein engagierter Verfechter des Digitaldrucks, positioniert diesen jedoch anders als sonst üblich: «Der Digitaldruck ist die perfekte Technologie bis zur Auflage von drei Exemplaren», bringt er es etwas überspitzt auf den Punkt. In individualisierten Drucksachen und Fotobüchern sieht er denn auch das ideale Futter für die iGen3. Kleinauflagen ab 200–400 Exemplare gehen jetzt in der Regel auf die Anicolor-Speedmaster, welche mit ihrem Kurzfarbwerk blitzschnell eingerichtet ist und mit einem Minimum an Anlaufmakulatur auskommt.
Integration in den Standard-Workflow
Für den Entscheid, Kleinauflagen auf der neuen Speedmaster statt auf der iGen3 zu drucken, sind nicht nur die nackten Druckkosten je Seite ausschlaggebend, sondern auch der Workflow. Mit der Anicolor kann bei Fotorotar derselbe Workflow gefahren werden wie mit anderen Offsetmaschinen: CtP-Platten und Papier werden pro Job bereitgestellt und dann vom Drucker sehr effizient abgearbeitet. Der Drucker sieht auf einen Blick, was ansteht, und kann so rasch optimal disponieren. Den Vorteil des rein digitalen Workflows sieht Konrad dort, wo direkt aus Applikationen und Datenbanken gedruckt wird. Diesen Wachstumsmarkt bedient man mit der Xerox-iGen3, die sich aber auch ganz auf diese Stärke konzentrieren soll. So laufen viele Kleinauflagen, die man bis anhin auf der iGen3 produzierte, jetzt auf der Anicolor-Speedmaster.
Nicht zuletzt dank der speziellen Konfiguration mit einem fünften Farbwerk, einem zusätzlichen Lackwerk und einem Trockenofen produziert man mit diesem System viele Drucksachen in besserer Qualität und rationeller als im Digitaldruck. Beispiele dafür sind Briefschaften mit Pantone-Sonderfarben, Postkarten mit Lackveredelung und Drucksachen auf Kreativpapier. Dank dem Trockenofen sind die Druckbögen wie im Digitaldruck sofort bereit zur Weiterverarbeitung; Dokumentenmappen können also gleich anschliessend gerillt oder Visitenkarten sofort geschnitten werden.
Reaktionsschnelles Kurzfarbwerk
Die von Heidelberg propagierten Vorteile des Anicolor-Kurzfarbwerkes haben sich also im Feldtest von Fotorotar vollauf bestätigt. Während im konventionellen Offsetdruck bis zu vier Abzüge à 150 Bogen zum Einrichten nötig sind, genügen der Anicolor zwei Abzüge à 20 bis 30 Bogen. Gemäss dem technischen Leiter Otto Brunner reagiert das Kurzfarbwerk im Gegensatz zum konventionellen Offsetdruck blitzschnell. Vor allem Minuskorrekturen sind im konventionellen Offset mit langen Farbwegen sehr träge, sodass schnell 200 Bogen durchgelaufen sind, bis eine neue Einstellung wirklich greift. Bei Kleinauflagen auf Kreativpapier waren die damit verbundenen Kosten früher oft das K.-o.-Kriterium, welches die Auftraggeber abschreckte.
Disziplinierte Vorstufe
Das Wegfallen der Zonensteuerung – ermöglicht durch die gleichmässige Versorgung mit Farbe aus der Rasterwalze – spart zusätzlich Zeit beim Einrichten. Zudem ist die Konstanz über die ganze Auflage ohne Zutun des Druckers sehr gut.
Die Kehrseite der fehlenden Zonensteuerung ist, dass «Lithografie an der Druckmaschine» nach altem Muster gar nicht mehr möglich ist. Dies zwingt zu grösster Disziplin in der Druckvorstufe. Bei Fotorotar sieht man darin keinen Nachteil, im Gegenteil: Gerade bei Aufträgen mit von Kunden gelieferten Daten herrschen so klare Verhältnisse. Man erstellt im Hause ein Proof und dieses ist verbindlich. Ein Abstimmen an der Maschine mit dem Kunden gibt es nicht mehr. Da der Aufwand dafür dem Kunden meist nicht weiterverrechnet werden konnte, verbessert das die Wertschöpfung zusätzlich. Der Kunde wird zur Disziplin gezwungen und kann nicht mehr mangelhaft aufbereitete Daten mit der Einstellung abliefern, das Ganze lasse sich dann schon noch irgendwie an der Maschine ins Lot bringen.
Andererseits setzt dies auch voraus, dass die Druckerei das Farbmanagement so weit im Griff hat, dass man dem Kunden ein Proof vorlegen kann, das dann auch tatsächlich dem späteren Druck auf der Anicolor-Speedmaster entspricht. Bei Fotorotar hat man die Voraussetzungen dazu schon vor drei Jahren geschaffen und die verantwortlichen Prepress-Mitarbeiter entsprechend geschult. So erreichte man mit dem auf die Anicolor-Technologie abgestimmten Prinect-Color-Management-Workflow von Heidelberg sehr schnell hervorragende Resultate. Der optimal auf die Ausgabe abgestimmte Prepress-Workflow trägt entscheidend dazu bei, dass etliche Aufträge bereits ab dem 20. Bogen verkauft werden können.
Hohe Ansprüche an Sonderfarben
Während die Anicolor-Speedmaster mit vier Farbwerken schon seit Anfang 2007 serienreif ist, kommt das Fünffarbenmodell erst im nächsten Jahr auf den Markt. Dies hängt damit zusammen, dass der Umgang mit Sonderfarben mit der Anicolor-Technologie anspruchsvoller ist als im konventionellen Offsetdruck. Durch die Rasterwalze ist nämlich der maximale Farbauftrag auf rund 9 Gramm pro Quadratmeter beschränkt. Es lassen sich also nicht dieselben Schichtdicken erreichen wie im konventionellen Offsetdruck. Dies kann dazu führen, dass man mit herkömmlichen Druckfarben die gewünschte Leuchtkraft gewisser Pantone-Farben nicht erreicht. Bei Fotorotar konnte man im Rahmen des Feldtestes diese Probleme dank der sehr guten Zusammenarbeit mit dem Schweizer Farbenhersteller Amra lösen.
Wirtschaftlich bis zu 20000er-Auflagen
Mit der Investition in die Anicolor Speedmaster SM 52 hat man bei der Fotorotar AG das Mittelformat (50x70 cm) ausrangiert. Man verfügt somit im Kleinformat über die Xerox iGen3 und die Fünffarben-Anicolor-Speedmaster und im Grossformat (70x100 cm) über je eine 2-, eine 6- und eine 10-Farben-Speedmaster. Auf dem Anicolor-System produziert man in der Regel Auflagen von 200 bis hinauf zu 20000 Exemplaren. Ein Zeitschriftencover wird also auf der Anicolor-Speedmaster auch bei einer Auflage von 20000 günstiger produziert als auf dem 70x100-System im Vierfachnutzen mit anschliessendem Schneiden. Dies kommt daher, dass die «Kleine» neben den kurzen Einrichtzeiten auch mit um rund 50% tieferen Personalkosten punkten kann. Während die Bedienung der konventionellen Grossformat-Speedmaster meist zwei Personen erfordert – einen Drucker plus Hilfskraft –, ist es bei der Anicolor nur eine Person, welche durch das Wegfallen der Zonensteuerung auch nicht mehr so hoch qualifiziert sein muss. Jürg Konrad sieht hier eine Entwicklung weg vom konventionellen Berufsbild des Druckers hin zum «Operator», der vor allem Material zuführt und kaum noch in den hochautomatisierten Prozess eingreifen muss.
Umwälzungen in der Druckindustrie
Jürg Konrad ist überzeugt, dass die Anicolor-Technologie die grafische Industrie nachhaltig prägen wird. Aufgrund seiner Erfahrungen kann ein Kleinoffsetdrucker mit dieser Technologie seine Produktivität um 30–50% steigern. Was das in einem Markt bedeutet, der schon jetzt von Überkapazitäten geprägt ist, dürfte jedem klar sein. «Die Unternehmen, welche noch genügend Spielraum haben, in die neue Technologie zu investieren, werden überleben. Für den Rest ist Schluss, es sei denn, man richtet sich neu aus und findet eine Marktnische abseits des Mainstreams», gibt sich Konrad überzeugt.
Eine weitere Herausforderung für viele gestandene Kleinoffsetdruckunternehmen besteht darin, dass die Anicolor-Technologie sehr hohe Ansprüche an die Vorstufe stellt. Nur wer das Farbmanagement im Griff hat, kann die Technologie gewinnbringend einsetzen. Konrad ist daher überzeugt, dass die Anicolor-Technologie die Druckbranche härter durchschütteln wird als der Digitaldruck.
Innovative Lösungen aus einer Hand
Die Fotorotar AG gilt als eines der führenden vollstufigen Unternehmen der grafischen Branche im Grossraum Zürich. Sechs Geschäftsbereiche mit mehr als 130 qualifizierten Fachkräften offerieren zahlreiche Dienstleistungen, die weit über das Druckhandwerk hinausgehen.Das Angebot erstreckt sich vom klassischen Akzidenzdruck auf Offset- oder Digitaldruckwerken über Cross-Media-Projekte und Workflow-Optimierungen bis hin zu Gestaltung und Unterhalt von anspruchsvollen Websites. In ihrem Kerngeschäft, dem Drucken, liefert die Fotorotar AG mit topmodernen Produktionsmitteln täglich Spitzenqualität – ob individuelle Einzelexemplare, Printwerbemittel in mittleren bis hohen Auflagen oder gar Grossauflagen im Zeitschriftenbereich. Sprachgewandte Korrektoren, kreative Text- und Bildprofis sowie eine speditive Ausrüsterei runden das Ganze ab. Der Kunde hat Zugriff auf sämtliche Produktionsvarianten und geniesst den Vorteil, alles unter einem Dach realisieren zu können.
FO Print & Media
Am 1. Januar 2008 wechselt die 76-jährige Fotorotar AG ihren Namen und betont mit der Veröffentlichung der neuen Struktur die Gewichtung der einzelnen Bereiche. Unter der Dachmarke FO Print & Media erhält jeder Geschäftsbereich eine eigenständige Bezeichnung:FO-Fotorotar (Druckerei), FO-Cyberfactory (Web, Automatisierung), FO-Smartprint (internetbasierte Druckprozesse), FO-Security (Sicherheitsdruck), FO-Publishing (Verlag), FO-Services (Dienstleistungen).
Die einzelnen FO-Bereiche treten im Markt autonom auf, arbeiten im Hintergrund jedoch eng zusammen. Der Kunde profitiert von einem breit vernetzten Wissenspool und erhält auch für komplexe Probleme eine umfassende Lösung.
Anicolor am Heidelberg-OpenHouse
Die Heidelberg Druckmaschinen AG will an ihrem OpenHouse vom 12. bis 15. September in Bern Antworten auf die wichtigsten Fragen der Branche geben: Auf welche Weise sichert man die Wettbewerbsfähigkeit und wie lassen sich Produktivität und Qualität steigern? Eine dieser Antworten heisst «Anicolor». Die Speedmaster SM 52 mit dem Kurzfarbwerk wird hier erstmals in der Schweiz einem breiten Publikum vorgeführt.Zu den weiteren Highlights gehört das ebenfalls erstmals in der Schweiz gezeigte Prinect Impress Control. Dieses Inline-Mess- und Regelsystem überwacht und steuert auf einer Heidelberg Speedmaster CD 74+LX2 bei 18 000 Bg./h den Passer und die Farbführung. Im Rahmen der Sonderschau «Prinect Live» wird gezeigt, dass der vollständig integrierte Workflow vom Auftragseingang über die Vorstufe, den Druck bis hin zur Weiterverarbeitung auf der Grundlage von JDF bei Heidelberg Realität ist.
Die Teilnahme am Open House 2007 ist kostenlos, eine Anmeldung über die Heidelberg-Website ist jedoch erforderlich.
Heidelberg Schweiz AG
Brunnmattstrasse 20
3001 Bern